Urteil des BGH vom 16.11.2010

BGH (stpo, stgb, gesamtstrafe, treffen, schwere, rechtsmittel, schuldspruch, bildung, vorschrift, verurteilung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 469/10
vom
16. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 16. November 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Essen vom 14. Juni 2010
a) im
Schuldspruch
dahin geändert, dass der Ange-
klagte des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in
sechs Fällen und des sexuellen Missbrauchs einer
Schutzbefohlenen in sieben Fällen schuldig ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch mit der Maßgabe auf-
gehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Ent-
scheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460,
462 StPO zu treffen ist.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs ei-
nes Kindes in sechs Fällen, davon in vier Fällen wegen schweren sexuellen
Missbrauchs eines Kindes, und wegen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in
sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hierge-
gen richtet sich die auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge ge-
stützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entschei-
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dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Strafkammer hat bei den Taten II. 3. bis 6. der Urteilsgründe je-
weils § 176 StGB in der bis zum 31. März 1998 geltenden Fassung angewandt
und besonders schwere Fälle gemäß § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F. bejaht. Da
das Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere Fälle nicht in
die Urteilsformel aufzunehmen ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 260
Rn. 25 m.w.N.), ändert der Senat den Schuldspruch.
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2. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe kann keinen Bestand haben,
weil das Landgericht für die verschiedenen an sich gesamtstrafenfähigen Verur-
teilungen des Angeklagten zu Geldstrafen keine Feststellungen zu dem jeweili-
gen Vollstreckungsstand getroffen hat. Dies hat zur Folge, dass revisionsrecht-
lich nicht geprüft werden kann, ob der Tatrichter bei der Bildung der Gesamt-
strafe die zwingende Vorschrift des § 55 StGB beachtet hat. Der Senat macht
von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entschei-
dung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach §§ 460, 462
StPO zuzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung kann der Senat selbst treffen, weil sicher an-
zunehmen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung
insgesamt angegriffen hat, nur einen geringen Teilerfolg haben wird. Dieser
rechtfertigt keine teilweise Freistellung von der Kosten- und Auslagenlast (§ 473
Abs. 4 StPO).
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Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender