Urteil des BGH vom 25.06.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X I I Z B 4 1 0 / 1 2
vom
25. Juni 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
VersAusglG § 9
a) Auch nach Inkrafttreten des Versorgungsausgleichsgesetzes zum 1. September
2009 ist der Versorgungsausgleich bei der Scheidung auf den Ausgleich sämtli-
cher ausgleichsreifer Anrechte der Ehegatten gerichtet, die einen einheitlichen
Verfahrensgegenstand bilden.
b) Eine bewusste Teilentscheidung über den Versorgungsausgleich liegt nur vor,
wenn in der Entscheidung oder in den Begleitumständen zum Ausdruck kommt,
dass das Gericht nur über einen Teil des Verfahrensgegenstands vorab ent-
scheiden und die Entscheidung über konkret bezeichnete Anrechte später treffen
will (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548).
c) Sofern eine bewusste Teilentscheidung nicht vorliegt, steht einem späteren Aus-
gleich eines fehlerhaft nicht ausgeglichenen Anrechts in einem neuen Verfahren
nach den §§ 9 ff. VersAusglG die Rechtskraft der Ausgangsentscheidung entge-
gen.
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2014 - XII ZB 410/12 - OLG Braunschweig
AG Braunschweig
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Be-
schluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts
Braunschweig vom 14. Juni 2012 insoweit aufgehoben, als das
Anrecht des Antragstellers aus der Beamtenversorgung bei der
weiteren Beteiligten zu 4 ausgeglichen worden ist.
Der weitergehende Antrag auf Feststellung, dass hinsichtlich des
Anrechts des Antragstellers aus der Beamtenversorgung bei der
weiteren Beteiligten zu 4 ein Versorgungsausgleich nicht stattfin-
de, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegenei-
nander aufgehoben
.
Beschwerdewert: 1.000
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Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Die am 21. Januar 1972 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde auf den
am 16. Oktober 2010 zugestellten Scheidungsantrag mit Beschluss vom
7. September 2011 geschieden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich da-
hingehend geregelt, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts
des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) bei der gesetzlichen Rentenversi-
cherung zu Gunsten der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) ein Anrecht
in Höhe von 1,6954 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der ge-
setzlichen Rentenversicherung und ebenfalls im Wege der internen Teilung zu
Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu
Gunsten des Ehemanns ein Anrecht in Höhe von 7,4259 Entgeltpunkten auf
dessen Konto bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen wurde. Hin-
sichtlich der von der Ehefrau bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Post
erworbenen Zusatzversorgung hat das Amtsgericht ausgesprochen, dass ein
Versorgungsausgleich nach § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG nicht stattfindet.
Zuvor hatte das Amtsgericht den Versorgungsausgleich hinsichtlich des
Anrechts der Ehefrau bei dem Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V. mit
gesondertem Beschluss vom 7. September 2011 gemäß § 140 FamFG abge-
trennt.
In dem fortgeführten Verfahren zur Durchführung des Versorgungsaus-
gleichs hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 18. November 2011 (berichtigt
durch Beschluss vom 21. Dezember 2011) im Wege der externen Teilung das
betriebliche Versorgungsanrecht der Ehefrau bei dem Deutsche Post Betriebs-
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renten-Service e.V. dergestalt ausgeglichen, dass zu Gunsten des Ehemanns
ein Anrecht in Höhe von 24.293,04
€ auf einem zu errichtenden Versicherungs-
konto bei der Versorgungsausgleichkasse begründet worden ist.
Auf die Beschwerde der Ehefrau und der Versorgungsanstalt der
Deutschen Bundespost hat das Beschwerdegericht die Entscheidung des
Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass der Ausgleich des betrieblichen
Versorgungsanrechts der Ehefrau bei dem Deutsche Post Betriebsrenten-
Service e.V. lediglich in Höhe von 22.620,82
€ durchzuführen ist. Ferner hat
das Beschwerdegericht das erst in der Beschwerdeinstanz ermittelte Anrecht
des Ehemanns aus der Beamtenversorgung bei der Beteiligten zu 4 ausgegli-
chen, indem es im Wege der internen Teilung zugunsten der Ehefrau ein An-
recht in Höhe von monatlich 629,03
€ übertragen hat.
Mit seiner hiergegen eingelegten Rechtsbeschwerde begehrt der Ehe-
mann die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts insoweit, als
sein Anrecht aus der Beamtenversorgung im Versorgungsausgleich ausgegli-
chen wurde und die Feststellung, dass diesbezüglich ein Versorgungsausgleich
nicht stattfinde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt im angefochte-
nen Umfang zur ersatzlosen Aufhebung des Beschlusses.
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass das in ers-
ter Instanz übersehene Anrecht des Ehemanns aus der Beamtenversorgung bei
der Beteiligten zu 4 nachträglich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen
und im Wege der internen Teilung auszugleichen sei. Das Amtsgericht sei nicht
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nur befugt, sondern von Amts wegen verpflichtet gewesen, das Anrecht des
Ehemanns aus der Beamtenversorgung zu ermitteln und im Versorgungsaus-
gleich auszugleichen, zumal es der Ehemann in seinem Fragebogen zum Ver-
sorgungsausgleich zutreffend mit der richtigen Personalnummer angegeben
habe. Hieran habe sich durch die Teilentscheidung des Amtsgerichts vom
7. September 2011 nichts geändert. Zwar habe das Amtsgericht das Versor-
gungsausgleichsverfahren ausdrücklich nur hinsichtlich des Anrechts der Ehe-
frau bei dem Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V. abgetrennt. Da im an-
schließend verkündeten Scheidungsbeschluss jedoch über das Anrecht des
Ehemanns aus der Beamtenversorgung weder eine positive noch eine negative
Entscheidung ergangen sei, hätte das Amtsgericht dieses Anrecht auch weiter-
hin ermitteln und dem Ausgleich zuführen können und müssen. Aufgrund der
Beschwerde der Ehefrau sei der Versorgungsausgleich in vollem Umfang, so-
weit über ihn nicht durch die rechtskräftige Teilentscheidung vom 7. September
2011 befunden worden sei, in die Beschwerdeinstanz gelangt. Eine Beschrän-
kung der Beschwerde der Ehefrau allein auf das vom Amtsgericht mit Be-
schluss vom 18. November 2011 geteilte Anrecht lasse sich der Beschwerde
nicht entnehmen. Die Ehefrau habe ihre Beschwerde auf § 27 VersAusglG ge-
stützt. Bei der danach durchzuführenden Prüfung sei eine Gesamtwürdigung
des Versorgungsausgleichs und der ihn beeinflussenden beiderseitigen Anrech-
te vorzunehmen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Einem Ausgleich des Anrechts des Ehemanns aus der Beamtenversor-
gung bei der Beteiligten zu 4 steht die Rechtskraft des Verbundbeschlusses des
Amtsgerichts vom 7. September 2011 entgegen.
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a) Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschie-
den, dass Gegenstand des Versorgungsausgleichsverfahrens alle bei Ehezeit-
ende vorhandenen und dem Versorgungsausgleich unterfallenden Versor-
gungsanwartschaften und -anrechte der Ehegatten sind (Senatsbeschluss
BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 26). Aus der Natur des Versorgungs-
ausgleichsverfahrens als Amtsermittlungsverfahren folgt, dass sämtliche vor-
handenen Anrechte Gegenstand des Verfahrens werden, unabhängig davon,
ob sie von den Ehegatten mitgeteilt oder verschwiegen wurden. Auch nach In-
krafttreten des Versorgungsausgleichsgesetzes zum 1. September 2009 ist der
Versorgungsausgleich bei der Scheidung auf den Ausgleich sämtlicher aus-
gleichsreifer Anrechte der Ehegatten gerichtet, die einen einheitlichen Verfah-
rensgegenstand bilden (a.A. Hoppenz FamRZ 2013, 1553). Der Umstand, dass
anders als nach dem früher geltenden Recht im öffentlich-rechtlichen Versor-
gungsausgleich nunmehr kein Einmalausgleich der Anwartschaften mehr statt-
findet, sondern gemäß § 1 Abs. 1 VersAusglG ein Hin-und-her-Ausgleich jedes
einzelnen Anrechts, führt nicht dazu, dass mehrere Verfahrensgegenstände
gegeben wären. Vielmehr handelt es sich auch nach neuem Recht um einen
einheitlichen und lediglich teilbaren Verfahrensgegenstand (vgl. zur alten
Rechtslage Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 601/81 - FamRZ
1983, 38, 39 und vom 18. Februar 2009 - XII ZB 54/06 - FamRZ 2009, 950
Rn. 20 f.), allerdings mit der Folge, dass Teilentscheidungen nunmehr in deut-
lich größerem Umfang möglich sind als nach früherem Recht (vgl. Borth Ver-
sorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1314; Johannsen/Henrich/Hahne Familienrecht
5. Aufl. § 224 FamFG Rn. 1; Wick Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 592).
Nach Ermittlung der beiderseitigen Versorgungsanwartschaften führt das
Gericht nach § 9 Abs. 1 VersAusglG den Wertausgleich bei der Scheidung
durch, es sei denn, die Ehegatten haben den Ausgleich nach den §§ 6 bis 8
VersAusglG geregelt oder die Ausgleichsreife der Anrechte nach § 19
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VersAusglG fehlt. Wird hierbei eine dem Wertausgleich bei der Scheidung
grundsätzlich unterfallende Versorgungsanwartschaft fehlerhaft nicht ausgegli-
chen, weil sie dem Gericht nicht bekannt war oder von diesem übersehen wur-
de, liegt ebenso wie nach bisheriger Rechtslage eine fehlerhafte, weil unvoll-
ständige Entscheidung und keine Teilentscheidung vor (Senatsbeschluss
BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 28). Von einer bewussten Teilent-
scheidung über den Versorgungsausgleich kann nur ausgegangen werden,
wenn in der Entscheidung oder in den Begleitumständen zum Ausdruck kommt,
dass das Gericht über einen Teil des Verfahrensgegenstands vorab entschei-
den und die Entscheidung über konkret bezeichnete Anrechte später treffen will
(Senatsbeschlüsse vom 29. Februar 1984 - IVb ZB 28/83 - FamRZ 1984, 572,
573 und vom 23. September 1987 - IVb ZB 107/85 - FamRZ 1988, 276, 277;
Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1316; Wick Versorgungsausgleich
3. Aufl. Rn. 592, 647; Bork/Jacoby/Schwab/Borth FamFG 2. Aufl. § 225 Rn. 11).
Sofern eine bewusste Teilentscheidung nicht vorliegt, steht einem späte-
ren Ausgleich des fehlerhaft nicht ausgeglichenen Anrechts in einem neuen
Verfahren nach den §§ 9 ff. VersAusglG die Rechtskraft der Ausgangsentschei-
dung entgegen (vgl. Holzwarth in: FS Hahne 2012, 407, 411; Wick Versor-
gungsausgleich 3. Aufl. Rn. 592, 648; Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl.
Rn. 933; Haußleiter/Fest FamFG § 225 Rn. 17; vgl. auch Ruland Versorgungs-
ausgleich 3. Aufl. Rn. 682; a.A. Hoppenz/Hoppenz Familiensachen 9. Aufl. § 19
VersAusglG Rn. 17 und § 20 VersAusglG Rn. 1; Palandt/Brudermüller BGB
73. Aufl. § 20 VersAusglG Rn. 3). Die fehlerhafte Entscheidung über den Ver-
sorgungsausgleich erwächst mit Ablauf der Beschwerdefrist nicht nur insoweit
in formelle und materielle Rechtskraft, als Versorgungsanwartschaften tatsäch-
lich ausgeglichen wurden, sondern auch mit dem Inhalt, dass keine weiteren
Anrechte im Wertausgleich bei der Scheidung nach §§ 9 ff. VersAusglG auszu-
gleichen sind (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 28;
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a.A. Hoppenz/Hoppenz Familiensachen 9. Aufl. § 224 FamFG Rn. 9). Denn
trotz des Hin-und-her-Ausgleichs der Versorgungsanwartschaften nach dem
seit dem 1. September 2009 geltenden Recht entscheidet das Familiengericht
nicht nur über die Teilung bestimmter, im Beschluss genannter Anrechte, son-
dern abschließend über den gesamten Wertausgleich bei der Scheidung (eben-
so Holzwarth in: FS Hahne 2012, 407, 411 mwN). Ziel des Versorgungsaus-
gleichsverfahrens ist es nach wie vor, frühzeitig eigenständige Versorgungsan-
rechte der ausgleichsberechtigten Person zu schaffen und damit die Versor-
gungsschicksale der geschiedenen Eheleute möglichst bei der Scheidung end-
gültig zu trennen (BT-Drucks. 16/10144 S. 30). Die Eheleute sollen möglichst
frühzeitig und verlässlich über den Stand der eigenen Altersvorsorge informiert
sein und ihre Zukunftsplanung hierauf einstellen können (vgl. Abschlussbericht
der Kommission "Strukturreform des Versorgungsausgleichs" S. 34). Für einen
ergänzenden Wertausgleich übersehener, vergessener oder verschwiegener
Anrechte nach §§ 9 ff. VersAusglG zu einem nicht vorhersehbaren späteren
Zeitpunkt bleibt dann kein Raum.
Auch eine Ergänzung des Ausgangsbeschlusses nach § 43 FamFG
(nach bisherigem Recht nach § 321 ZPO analog) kommt nicht in Betracht. Nach
dieser Vorschrift kann ein Beschluss nachträglich ergänzt werden, wenn ein
Antrag, der nach den Verfahrensakten von einem Beteiligten gestellt wurde,
ganz oder teilweise übergangen wurde. In Amtsermittlungsverfahren wie dem
Versorgungsausgleichsverfahren ist die Ergänzung des Beschlusses dann
möglich, wenn ein in das Verfahren eingeführtes bestimmtes Rechtsschutzbe-
gehren eines Beteiligten versehentlich nicht vollständig beschieden wurde. Vo-
raussetzung ist also eine versehentliche Teilentscheidung des Gerichts. Eine
solche kann aber bei einer Entscheidung über den einheitlichen Verfahrensge-
genstand des Versorgungsausgleichs nicht vorliegen (ebenso Borth Versor-
gungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1316 und 1328; a.A. Hoppenz FamRZ 2013, 1553
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zu § 321 ZPO; Holzwarth in: FS Hahne 2012, 407, 408 ff. für den Fall des
Übergehens eines ausdrücklich formulierten Rechtsschutzbegehrens). Da in
Verfahren zum Versorgungsausgleich sämtliche auszugleichenden Anrechte
einen einheitlichen Verfahrensgegenstand bilden, ist davon auszugehen, dass
eine gerichtliche Entscheidung mit dem gesamten Verfahrensgegenstand
grundsätzlich auch alle ausgleichsreifen Anrechte abschließend regelt. Eine
Teilentscheidung ist deshalb nur als bewusste Teilentscheidung denkbar.
b) Die angefochtene Entscheidung trägt diesen Grundsätzen nicht hinrei-
chend Rechnung.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Beschwerdegericht davon aus-
gegangen, dass das Amtsgericht mit seinem Verbundbeschluss vom 7. Sep-
tember 2011 eine bewusste Teilentscheidung in der Folgesache Versorgungs-
ausgleich getroffen hat, nachdem es durch gesonderte Entscheidung das Ver-
sorgungsausgleichsverfahren im Hinblick auf das Anrecht der Ehefrau bei dem
Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V. gemäß § 140 FamFG aus dem Ver-
bund abgetrennt hatte.
bb) Jedoch hätte das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren ge-
gen den Beschluss des Amtsgerichts vom 18. November 2011 nicht über das
bislang nicht ausgeglichene Anrecht des Ehemanns aus der Beamtenversor-
gung bei der Beteiligten zu 4 entscheiden dürfen.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann stets nur die Entscheidung
im Rahmen des Verfahrensgegenstands sein, über den im ersten Rechtszug
entschieden worden ist (Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. § 68 Rn. 87 f.; vgl.
auch Schulte-Bunert/Weinreich/Unger FamFG 4. Aufl. § 69 Rn. 2 f.). Verfah-
rensgegenstand in dem vom Amtsgericht nach der Abtrennung fortgeführten
Verfahren zum Versorgungsausgleich war nur noch der Ausgleich des Anrechts
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der Ehefrau bei dem Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V., dessen Aus-
gleich das Amtsgericht mit Beschluss vom 18. November 2011 angeordnet hat.
Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, dass es sich bei dem
Versorgungsausgleichsverfahren um ein Amtsermittlungsverfahren handelt und
die Gerichte auch ohne ausdrücklichen Antrag der Verfahrensbeteiligten gehal-
ten sind, den Versorgungsausgleich umfassend durchzuführen. Denn dem
erstmaligen Ausgleich des Anrechts des Ehemanns aus der Beamtenversor-
gung im Beschwerdeverfahren stand die mit Ablauf der Beschwerdefrist nach
§ 63 Abs. 1 FamFG eingetretene Rechtskraft des Verbundbeschlusses des
Amtsgerichts vom 7. September 2011 entgegen. Dabei ist die Entscheidung in
der Folgesache Versorgungsausgleich, anders als das Beschwerdegericht
meint, nicht nur insoweit in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen, als
darin ausdrücklich über die Teilung der im Beschluss genannten Anrechte ent-
schieden worden ist. Vielmehr hat das Amtsgericht - mit Ausnahme des zuvor
ausdrücklich abgetrennten Verfahrensteils betreffend das Anrecht der Ehefrau
bei dem Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V. - abschließend über den
gesamten Wertausgleich entschieden (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 198, 91
= FamRZ 2013, 1548 Rn. 24).
Soweit die Ehefrau ihre Beschwerde auf die grobe Unbilligkeit des Ver-
sorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG gestützt hat, führt auch dies nicht zu
einer Erweiterung des Verfahrensgegenstands im Beschwerdeverfahren. Zwar
ist nach dieser Vorschrift eine Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen
und persönlichen Verhältnisse unter Einbeziehung aller Versorgungsanrechte
beider Ehegatten durchzuführen. Allerdings kann die Beschränkung oder der
Wegfall des Versorgungsausgleichs stets nur soweit eingreifen, wie über den
Versorgungsausgleich (noch) zu entscheiden ist. Soweit eine Teilentscheidung
über einzelne Anrechte bereits rechtskräftig erfolgt ist, ohne dass die Voraus-
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setzungen eines Härtefalls im Sinne des § 27 VersAusglG bekannt geworden
sind, kann bei nachträglichem Bekanntwerden eines Härtegrundes nur hinsicht-
lich der noch nicht ausgeglichenen Anrechte eine grobe Unbilligkeit nach § 27
VersAusglG geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 1983
- IVb ZB 15/82 - FamRZ 1983, 890, 891; Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl.
Rn. 1315).
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.
Der Senat kann nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen
selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG). Der Ausspruch über den Aus-
gleich des Anrechts des Antragstellers aus der Beamtenversorgung bei der Be-
teiligten zu 4 entfällt ersatzlos.
Über die Frage, ob ein Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei dem
Deutsche Post Betriebsrenten-Service e.V. gemäß § 27 VersAusglG aus Billig-
keitsgründen ausnahmsweise nicht stattfindet, hat der Senat nicht zu entschei-
den, weil dieses Anrecht mangels Anschlussrechtsbeschwerde der Ehefrau
nicht Verfahrensgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens geworden ist.
4. Der von der Rechtsbeschwerde gestellte Antrag auf Feststellung, dass
hinsichtlich des Anrechts des Antragstellers aus der Beamtenversorgung bei
der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Deutsche Post AG, Nie-
derlassung Rentenservice, ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, ist zu-
rückzuweisen. Für diese Feststellung besteht weder ein Rechtsschutzbedürfnis
noch eine Rechtsgrundlage. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus § 224
Abs. 3 FamFG. Im Übrigen ergibt sich aus der nunmehr vorliegenden abschlie-
ßenden Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung und aus den
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Gründen dieses Beschlusses hinreichend, dass ein Ausgleich des Anrechts des
Ehemanns aus der Beamtenversorgung bei der Beteiligten zu 4 nicht stattfindet.
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Klinkhammer
Günter
Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 18.11.2011 - 250 F 337/10 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 14.06.2012 - 1 UF 2/12 -