Urteil des BGH vom 18.11.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 397/10
vom
18. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 18. November 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Wiesbaden vom 17. März 2010, soweit es ihn betrifft, im
Ausspruch über die Anordnung des Verfalls von Wertersatz
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von
sechs Jahren verurteilt und außerdem den Verfall von Wertersatz in Höhe von
22.500 € angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Antrag ersichtlichen
Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
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Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält rechtlicher Nachprüfung
nicht stand.
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Das Landgericht hat sich bei der Verfallsanordnung ersichtlich allein
daran orientiert, dass der Angeklagte für seine Beteiligung an dem Anbau der
Marihuanaplantage insgesamt mindestens 22.500 € erlangt hat (UA S. 11, 18).
Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dieses Geld
bei dem Angeklagten noch vorhanden ist, hat die Kammer nicht getroffen. Wo-
möglich hat sie sich bei der Anordnung des Verfalls von Wertersatz aber von
der nicht näher konkretisierten Vorstellung leiten lassen, dass das Geld bei dem
Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Sollte dies der Fall sein, hätte das
Landgericht schon deshalb prüfen müssen, ob von der Anordnung des § 73c
Abs. 1 Satz 2 StGB ganz oder teilweise abgesehen werden kann (vgl. BGH
NStZ-RR 2003, 144). Andernfalls hätte sich das Landgericht angesichts des
Umstands, dass das Konto des Angeklagten am 1. September 2009 einen ge-
ringfügigen negativen Saldo aufwies (UA S. 11), und mit Blick auf seine Einlas-
sung, er habe aus Geldnot gehandelt (UA S. 7), zu einer solchen Prüfung ge-
drängt sehen müssen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 94). Dass die Kammer die
Möglichkeit des § 73c StGB bedacht und das ihr eingeräumte Ermessen pflicht-
gemäß ausgeübt hat, kann dem Urteil jedenfalls nicht entnommen werden. Da
nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der aufgezeigte Erörterungs-
mangel zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, ist die Verfallsan-
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ordnung aufzuheben. Über den Wertersatzverfall muss unter weiterer Aufklä-
rung, ob zumindest der Wert des Erlangten noch bei dem Angeklagten vorhan-
den ist, neu entschieden werden.
Rissing-van
Saan
Fischer
Schmitt
Krehl
Eschelbach