Urteil des BGH vom 02.07.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
X I I Z B 2 0 1 / 1 3
Verkündet am:
2. Juli 2014
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 242 A, 1607 Abs. 3
a) Zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter des Kindes auf
Mitteilung des möglichen Erzeugers (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ
191, 259 = FamRZ 2012, 200 und Senatsbeschluss BGHZ 196, 207
= FamRZ 2013, 939).
b) Durch die Mitteilung der Mutter, der mögliche Erzeuger oder dessen Name
sei ihr nicht bekannt, wird der Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Eine fehlende
Kenntnis kann von der Mutter aber als eine den Anspruch ausschließende
Unmöglichkeit geltend gemacht werden. Dazu gehört auch der Vortrag und
erforderlichenfalls der Beweis, dass sie die ihr unter den Umständen des
Einzelfalls zumutbaren Erkundigungen eingeholt hat.
BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 - OLG Frankfurt am Main
AG Friedberg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für
Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
28. März 2013 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewie-
sen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute.
Die Beteiligten heirateten 1971. Im Jahr 1981 gebar die Antragsgegnerin
eine Tochter. Nach der Ehescheidung im Jahr 2006 stellte das Amtsgericht auf
Antrag des Antragstellers fest, dass die Tochter nicht von diesem abstammt. Im
vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin Aus-
kunft über die Person des (mutmaßlichen) Erzeugers, gegen den er wegen des
von ihm an die Tochter geleisteten Unterhalts Rückgriff nehmen will.
Das Amtsgericht hat dem auf Nennung des Vaters gerichteten Antrag mit
der Maßgabe stattgegeben, dass die Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen ha-
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be, wer ihr während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Das
Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts folgt die Auskunftspflicht der
Antragsgegnerin aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) und beruht darauf, dass
die Beteiligten mit der Eheschließung weitgehende Rechtsbeziehungen be-
gründet hätten. Der Antragsteller habe es als Scheinvater nicht zu vertreten,
dass er keine Kenntnis davon habe, wer (außer ihm) als Vater in Betracht
komme. Das wisse nur die Antragsgegnerin. Ihr Vortrag, sie sei immer von der
Vaterschaft des Antragstellers ausgegangen, sei wenig überzeugend. Wenn
nicht irgendwelche außergewöhnlichen Umstände vorlägen, sei es jeder Frau
bewusst, wenn auch ein anderer als ihr Ehemann als Vater in Betracht komme.
Es entspreche - jedenfalls in durchschnittlichen bürgerlichen Verhältnissen - der
Regel, dass Frauen den Namen desjenigen, mit dem sie ungeschützt verkeh-
ren, kennen oder kennen könnten. Bereits mit Beginn der Schwangerschaft,
spätestens aber unmittelbar nach der Geburt sei die Antragsgegnerin verpflich-
tet gewesen, den Antragsteller zu informieren, dass auch ein anderer Mann als
Vater in Betracht komme. Die Verpflichtung ergebe sich spiegelbildlich aus der
gesetzlichen Fiktion der Vaterschaft des Ehemanns, insbesondere wenn dieser
über viele Jahre für den Unterhalt des Kindes aufgekommen sei.
Die Auskunftspflicht entfalle nicht allein deswegen, weil die Kindesmutter
behaupte, den Namen des tatsächlichen Erzeugers nicht zu kennen. Es sei
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vielmehr darauf abzustellen, ob sie gegenüber ihrem Ehemann und ihrem Kind
verpflichtet sei, sich die Informationen zu verschaffen, welche zur Ermittlung
des biologischen Vaters erforderlich seien. Eine solche Obliegenheit sei grund-
sätzlich anzunehmen, weil die Auskunft für die Angehörigen existenziell wichtig
sei und sie ihre Unkenntnis nicht zu vertreten hätten. Es wäre unbillig, wenn
sich eine Ehefrau ihren Mitteilungspflichten mit der einfachen und nicht über-
prüfbaren Behauptung ihrer Unkenntnis entziehen könnte.
Soweit die Antragsgegnerin behaupte, den Namen des biologischen Va-
ters nicht zu kennen, weil es sich nur um eine flüchtige Bekanntschaft gehan-
delt habe, reiche dieses Vorbringen nicht aus, um daraus herleiten zu können,
dass für sie die Auskunftserteilung im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich
und der Anspruch auf Leistung deswegen ausgeschlossen sei. Dazu habe sie
substantiierter vortragen müssen, mit wem sie während der Empfängniszeit
verkehrt habe, wie lange die Beziehung gedauert habe, welche Informationen
sie bezüglich dieses Mannes gehabt habe und warum es ihr nicht, auch nicht
auf Umwegen, zum Beispiel über gemeinsame Bekannte, möglich sei, die vom
Antragsteller geforderten Auskünfte zu beschaffen.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Ein Verstoß gegen §§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 308 ZPO liegt nicht
vor.
Die Rechtsbeschwerde rügt, das Oberlandesgericht sei über den vom
Antragsteller gestellten Antrag hinausgegangen. Dieser habe sich auf die Be-
nennung des Vaters bezogen, während das Oberlandesgericht ausweislich sei-
ner Entscheidungsbegründung daraus weitergehende Pflichten (Auskunft über
die Dauer der Beziehung und weitere Informationen bezüglich des biologischen
Vaters) entnommen habe.
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Die Rüge ist unbegründet, weil die genannten Gesichtspunkte schon
nicht Bestandteil des Entscheidungsausspruchs geworden sind. Dieser besteht
allein in der Zurückweisung der Beschwerde. Bei den genannten Umständen
handelt es sich um Tatsachen, welche lediglich die der Antragsgegnerin zumut-
baren Bemühungen bezeichnen sollen und nicht Gegenstand der vom Amtsge-
richt ausgesprochenen Verpflichtung sind. Ob eine entsprechende Verpflichtung
der Antragsgegnerin besteht oder ob die von ihr gemachten Angaben zur Erfül-
lung ihrer Auskunftsverpflichtung ausreichend sind, ist eine Frage der Begrün-
detheit des Antrags.
b) Das Oberlandesgericht hat den zuerkannten Auskunftsanspruch zu
Recht auf § 242 BGB gestützt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten es
Treu und Glauben, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zu-
zubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen
es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte, der zur Durchsetzung sei-
ner Rechte auf die Auskunft angewiesen ist, in entschuldbarer Weise über das
Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete
in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderli-
chen Auskünfte zu erteilen (Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200
Rn. 20 mwN und Senatsbeschluss BGHZ 196, 207 = FamRZ 2013, 939 Rn. 30;
vgl. Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 260 BGB Rn. 4 ff. mwN). Eine Sonder-
verbindung der beteiligten Personen, die eine Auskunftspflicht nach Treu und
Glauben rechtfertigt, liegt auch dann vor, wenn ein sonstiges familienrechtliches
Verhältnis unmittelbar zwischen den Beteiligten besteht (Senatsurteil BGHZ
191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 20 mwN und Senatsbeschluss BGHZ 196,
207 = FamRZ 2013, 939 Rn. 30).
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(1) Ein sonstiges familienrechtliches Verhältnis im vorgenannten Sinne
besteht, wenn die Mutter mit dem Scheinvater verheiratet ist und die Vater-
schaft erfolgreich angefochten wurde (Senatsbeschluss BGHZ 196, 207
= FamRZ 2013, 939 Rn. 32). In diesem Fall sind die Eheleute nicht nur durch
die rechtliche Vaterschaft, sondern darüber hinaus durch die Ehe selbst gemäß
§§ 1353 ff. BGB in vielfältiger Weise miteinander verbunden. Für das Fortbe-
stehen der Auskunftsverpflichtung im Falle der Scheidung gilt im Ergebnis
nichts anderes als im Falle der Anfechtung der anerkannten Vaterschaft (vgl.
Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 21). Die fortdauernde Un-
terhaltspflicht dem Kind gegenüber aus §§ 1601 ff. BGB stellt sich als Rechts-
folge der durch die Ehe begründeten Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB dar
(Senatsbeschluss BGHZ 196, 207 = FamRZ 2013, 939 Rn. 32).
(2) Der Auskunftsanspruch setzt weiterhin die Zumutbarkeit der Aus-
kunftserteilung voraus. In Bezug auf die Nennung des möglichen Erzeugers
darf die Pflicht zur Erteilung der Auskunft nicht in den unantastbaren Bereich
privater Lebensgestaltung eingreifen und das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG verletzen (vgl. Senatsur-
teil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 24 mwN; Senatsbeschluss BGHZ
196, 207 = FamRZ 2013, 939 Rn. 33 ff. und BGH Beschluss vom 3. Juli 2008
- I ZB 87/06 - FamRZ 2008, 1751 Rn. 13 ff. [zur Vollstreckung]). In diesem
Rahmen sind das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter und der Anspruch
des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander ab-
zuwägen, wobei insbesondere der Zweck der Auskunft sowie auf Seiten der
Mutter bestehende berechtigte persönliche Geheimhaltungsinteressen einzube-
ziehen sind (vgl. BVerfG FamRZ 2014, 1097). Da die außereheliche Zeugung
des Kindes aufgrund der durchgeführten Vaterschaftsanfechtung bereits fest-
steht, verbleibt insoweit für ein Geheimhaltungsinteresse der Mutter kein Raum
mehr. Der Mutter muss aber auch die Benennung der konkreten Person zumut-
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bar sein und es erscheint nicht ausgeschlossen, dass ihr je nach den Umstän-
den des konkreten Falles eine Auskunft unter diesem Gesichtspunkt nicht ab-
verlangt werden kann (vgl. im Ergebnis etwa den Fall des OLG Köln FamRZ
1994, 1197 für den Anspruch des Kindes gegen die Mutter). Entgegen einer in
der Literatur geäußerten Annahme (vgl. Schneider NZFam 2014, 406, 407) hat
der Senat diesen Aspekt in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht etwa für
unerheblich gehalten, sondern es im entschiedenen Fall als zulässige tatrichter-
liche Interessenabwägung angesehen, dass das Rechtsschutzinteresse des
Scheinvaters, der von der Mutter unter wahrheitswidrigen Angaben zur Aner-
kennung veranlasst worden war, als gewichtiger angesehen wurde (Senatsurteil
BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 26). Auch aus dem Senatsbeschluss
BGHZ 196, 207 (FamRZ 2013, 939 Rn. 35) folgt nichts anderes, denn hier hat
der Senat ebenfalls auf die Notwendigkeit einer Interessenabwägung hingewie-
sen, bei der das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter einzubeziehen sei.
Ferner kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter das Informa-
tionsinteresse des Scheinvaters überwiegen, wenn dieser mit seinem Aus-
kunftsbegehren vorrangig andere Zwecke verfolgt als die Vorbereitung seines
Regressanspruchs oder wenn er Interessen des Kindes geltend machen will,
wozu er nicht (mehr) befugt ist (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2014, 223,
224 f.).
Im Rahmen der zu treffenden Grundrechtsabwägung hat jeder Beteiligte
die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände darzulegen und erforderlichen-
falls zu beweisen.
(3) Dass die Auskunft für den Schuldner unschwer zu erteilen ist, bedeu-
tet nicht, dass er die betreffenden Tatsachen aktuell kennen muss, sondern le-
diglich, dass diesem deren Ermittlung zumutbar sein muss (Palandt/Grüneberg
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BGB 73. Aufl. § 260 Rn. 8 mwN). Der Auskunftsanspruch setzt daher nicht vo-
raus, dass die Umstände, über die Auskunft erteilt werden soll, sich im präsen-
ten Wissen des Auskunftspflichtigen befinden. Der Anspruch ist vielmehr
grundsätzlich bereits dann gegeben, wenn es sich um Tatsachen aus der Sphä-
re des Auskunftspflichtigen handelt, die ihm unter regelmäßigen Umständen
bekannt sind oder über die er sich auf zumutbare Weise Kenntnis verschaffen
kann.
Über welche konkreten Tatsachen sich der Schuldner erkundigen muss,
um die geschuldete Auskunft erteilen zu können, richtet sich nach den Umstän-
den des Einzelfalls. Die Bedeutung der Auskunft für den Anspruchsteller sowie
die Wahrung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Auskunftsschuldners
sind in die Betrachtung einzubeziehen, sofern nicht bereits eine generelle Un-
zumutbarkeit der Auskunftserteilung im oben ausgeführten Sinn anzunehmen
ist. Erst wenn der Schuldner die ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen
hat und er keine Kenntnis von den für den Gläubiger wesentlichen Umständen
erlangen konnte, kann er sich auf eine den Anspruch ausschließende Unmög-
lichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB berufen (zur eingeschränkten Möglichkeit eines
Schadensersatzanspruchs vgl. Senatsbeschluss BGHZ 196, 207 = FamRZ
2013, 939 Rn. 13 ff.).
bb) Dass in der vorliegenden Fallkonstellation nach erfolgreicher Anfech-
tung der Vaterschaft ein Auskunftsanspruch im Ausgangspunkt besteht und die
Erteilung der Auskunft der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung ihrer durch
das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützten Intimsphäre auch zumutbar
ist, hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Die Antragsgeg-
nerin macht mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend, dass sie durch die Pflicht
zur Erteilung der Auskunft in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt
werde. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller mit seinem Antrag etwa
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andere Zwecke als die Vorbereitung seines Regressanspruchs nach §§ 1601,
1607 Abs. 3 BGB verfolgt. Demnach ist das Oberlandesgericht aufgrund einer
nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung zu dem Ergebnis gelangt,
dass es der Antragsgegnerin zumutbar ist, die verlangte Auskunft zu erteilen.
c) Der Auskunftsanspruch ist nicht bereits durch Erfüllung nach § 362
Abs. 1 BGB erloschen oder wegen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB aus-
geschlossen.
aa) Der Anspruch richtet sich auf die Benennung des Mannes oder der
Männer, die der Mutter während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt
haben (vgl. Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 17 und Se-
natsbeschluss BGHZ 196, 207 = FamRZ 2013, 939 Rn. 29).
Die Auskunft ist in der Form zu erteilen, dass dem Anspruchsteller Name
und Adresse des möglichen Erzeugers mitgeteilt werden. Mit der Nennung ist
der Anspruch erfüllt. Auf die Richtigkeit der Auskunft kommt es grundsätzlich
nicht an. Denn die Richtigkeit der Auskunft ist vorrangig durch den Anspruch
auf eidesstattliche Versicherung und die diesbezügliche Strafdrohung sicherzu-
stellen. Eine offensichtlich unrichtige Auskunft stellt allerdings noch keine Erfül-
lung dar (BGH Beschluss vom 3. Juli 2008 - I ZB 87/06 - FamRZ 2008, 1751
Rn. 23; vgl. BGHZ 148, 26, 36 = WM 2001, 1830, 1833 mwN).
Die Mitteilung der Anspruchsgegnerin, dass sie den Namen des mögli-
chen Erzeugers nicht oder nicht mehr kenne, ist indessen unvollständig. Mit ihr
kann der Auskunftsanspruch nicht erfüllt werden, weil der Anspruchsteller in
diesem Fall keine näheren Informationen für die Ermittlung und Durchsetzung
seines Rückgriffsanspruchs erlangt. Zwar kann dem Informationsinteresse des
Auskunftsgläubigers gegebenenfalls auch durch eine sogenannte negative
Auskunft genügt werden (Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 260 Rn. 14 mwN).
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Eine solche kann aber nur als ausreichend angesehen werden, wenn der An-
spruchsteller mit ihr zugleich erschöpfend die Tatsachen erfährt, die für den
Bestand seines Anspruchs von Bedeutung sind. Dagegen steht die bloße An-
gabe des Schuldners, ihm fehle die Kenntnis, einem Bestreiten des geltend
gemachten Auskunftsanspruchs gleich (vgl. BGH Urteil vom 24. März 1959
- VIII ZR 39/58 - NJW 1959, 1219; BGHZ 148, 26, 36 = WM 2001, 1830, 1833
mwN). Nicht anders verhält es sich in der vorliegenden Fallkonstellation. Denn
durch die Mitteilung der Mutter als Auskunftsschuldnerin, ihr fehle die Kenntnis
vom Namen des möglichen Erzeugers, erhält der Scheinvater als Auskunfts-
gläubiger keine Informationen, die für den Bestand seines Regressanspruchs
von Bedeutung sind. Da dieser nach wie vor ungewiss ist, stellt die Mitteilung
der Mutter noch keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs dar (ebenso OLG Köln
FamRZ 1994, 1197 für den Anspruch des Kindes gegen die Mutter und - im
Ergebnis - auch OLG Hamm FamRZ 2013, 637, 640 f. für den Auskunftsan-
spruch des durch heterologe Insemination gezeugten Kindes gegen den be-
handelnden Arzt).
bb) Dass die Auskunftsschuldnerin den Namen des möglichen Erzeugers
nicht kenne und ihn auch nicht mit ihr zumutbaren Maßnahmen in Erfahrung
bringen könne, kann von ihr folglich nur als eine den Anspruch ausschließende
Unmöglichkeit eingewandt werden. Dies entspricht der Lage bei Geltendma-
chung des verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG ge-
schützten Rechts eines Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung und des dar-
aus resultierenden Auskunftsanspruchs gegen seine Mutter (vgl. BVerfG
BVerfGE 96, 56 = FamRZ 1997, 869). Ist der Mutter der Name des möglichen
Vaters nicht (mehr) bekannt und ist sie auch nach Einholung der ihr zumutbaren
Erkundigungen nicht in der Lage, diesen zu benennen, so ist der Auskunftsan-
spruch nach § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen.
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Die Darlegungs- und Beweislast für die die Unmöglichkeit als Einwen-
dung begründenden Tatsachen trägt die Mutter als Auskunftsschuldnerin. Be-
hauptet sie, dass sie den möglichen Erzeuger oder seinen Namen nicht kennt,
so trifft sie im Bestreitensfall insoweit die Beweislast (a.A. OLG Köln FamRZ
1994, 1197 zum Auskunftsanspruch des Kindes; dem zustimmend Staudinger/
Rauscher BGB [2011] Einl zu §§ 1589 ff. Rn. 131; Staudinger/Coester BGB
[2007] § 1618 a Rn. 49; Palandt/Brudermüller BGB 73. Aufl. Einf vor § 1591
Rn. 2), und zwar nicht nur für ihre Unkenntnis, sondern auch dafür, dass sie die
ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um die Erteilung der begehr-
ten Auskunft zu ermöglichen. Die für seine abweichende Auffassung gegebene
Begründung des Oberlandesgerichts Köln (FamRZ 1994, 1197), die Beweislast
für die Kenntnis liege entsprechend der Beweislast für die Unrichtigkeit einer
ehrverletzenden Behauptung beim Anspruch auf Widerruf beim Gläubiger, ver-
mag schon mangels Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen nicht zu überzeugen.
Ebenso wenig trägt das Argument, dass eine potentielle Vollstreckung im Fall
des non liquet nicht hinnehmbar sei (so Staudinger/Rauscher BGB [2011] Einl
zu §§ 1589 ff. Rn. 131 mwN). Denn dass gegen einen Schuldner trotz behaup-
teter, aber nicht erwiesener Unmöglichkeit vollstreckt werden kann, ist die re-
gelmäßige Folge dessen, dass ihm im Erkenntnisverfahren der Beweis der Un-
möglichkeit nicht gelungen ist. Eine fortgesetzte Vollstreckung durch Anordnung
von Zwangsgeld und Zwangshaft nach §§ 120 Abs. 1 FamFG, 888 ZPO lässt
sich bei einer nach Rechtskraft eingetretenen Unmöglichkeit im Übrigen
dadurch abwenden, dass diese im Vollstreckungsverfahren eingewandt werden
kann (vgl. BGHZ 161, 67 = NJW 2005, 367, 369). Selbst wenn der Einwand der
Unmöglichkeit aber gemäß §§ 120 Abs. 1 FamFG, 767 Abs. 2 ZPO ausge-
schlossen sein sollte, hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen, ob die (fortge-
setzte) Zwangsvollstreckung im Einzelfall zu einem unverhältnismäßigen Ein-
griff in die Grundrechte der Mutter führen und sich aus diesem Grund als unzu-
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lässig erweisen kann (vgl. BGH Beschluss vom 3. Juli 2008 - I ZB 87/06 -
FamRZ 2008, 1751 Rn. 20). Die Mutter als Auskunftsschuldnerin wird dadurch
hinreichend geschützt, während im anderen Fall ein nicht vollstreckbarer An-
spruch für den Gläubiger letztlich wertlos wäre.
cc) Die angefochtene Entscheidung wird den genannten Grundsätzen
gerecht. Das Oberlandesgericht, das die von der Antragsgegnerin behauptete
fehlende Kenntnis als wahr unterstellt hat, hat zu Recht ausgeführt, dass das
Vorbringen der Antragsgegnerin jedenfalls nicht erkennen lässt, welche An-
strengungen sie unternommen hat, um die Person des möglichen Erzeugers
namhaft zu machen. Die alleinige Angabe, es habe sich um einen einmaligen
Verkehr mit einem Kurgast gehandelt, dessen Name sie nicht mehr wisse, ge-
nügt zur Darlegung einer Unmöglichkeit nicht. Dass die Antragsgegnerin dem
Vorfall trotz anschließend eingetretener Schwangerschaft keine Bedeutung bei-
gemessen habe, hat das Oberlandesgericht als nicht überzeugend angesehen.
Dies liegt im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung und ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dem Oberlandesge-
richt schließlich nicht der Vorwurf zu machen, es habe gegen seine prozessuale
Hinweispflicht verstoßen. Vielmehr hat die Berichterstatterin des zuständigen
Senats die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, ihr Vortrag sei dahin auszule-
gen, dass sie eine Unmöglichkeit der Auskunftserteilung geltend mache, und
dass sie für ihre Behauptung beweispflichtig sei. Die Antragsgegnerin hat sich
demgegenüber lediglich auf den - unzutreffenden - Standpunkt gestellt, schon
die Anspruchsvoraussetzung, dass die Auskunft für den Schuldner unschwer zu
erteilen sein muss, liege nicht vor.
Dose
Klinkhammer
Günter
Botur
Guhling
Vorinstanzen:
AG Friedberg, Entscheidung vom 09.03.2012 - 700 F 43/12 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 28.03.2013 - 3 UF 114/12 -
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