Urteil des BGH vom 04.11.2010

BGH (stgb, stpo, förderung, minderjähriger, strafkammer, vollstreckung, rechtsmittel, freiheitsstrafe, beurteilung, bewertung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 374/10
vom
4. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 4. November 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Essen vom 29. April 2010 dahin geändert,
dass der Angeklagte wegen Förderung sexueller Hand-
lungen Minderjähriger zu der Freiheitsstrafe von einem
Jahr verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt ist.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Förderung sexueller Hand-
lungen Minderjähriger in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem
Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen
richtet sich die auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des An-
geklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen
Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Die Annahme von drei selbständigen, real konkurrierenden Taten der
Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger gemäß § 180 Abs. 2 2. Alt.
StGB hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Strafkammer hat das nach
§ 180 Abs. 2 2. Alt. StGB tatbestandsmäßige Vorschubleisten durch Vermittlung
(vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1998 - 1 StR 745/97, BGHR StGB § 180 Abs. 2
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Bestimmen 1; KG, NJW 1977, 2223, 2225; Perron/Eisele in Schönke/Schröder,
StGB, 28. Aufl., § 180 Rn. 8; Hörnle in LK, StGB, 12. Aufl., § 180 Rn. 16 f.;
MünchKommStGB/Renzikowski § 180 Rn. 29) zutreffend darin gesehen, dass
der Angeklagte dem 17jährigen Tatopfer auf Betreiben des gesondert Verfolg-
ten P. die Ausübung einer Prostitutionstätigkeit in seinem als Tagesbordell
organisierten Bordellbetrieb gestattete, wodurch die zu entgeltlichen sexuellen
Handlungen führenden Kontakte zwischen dem Tatopfer und den das Bordell
aufsuchenden Freiern hergestellt wurden. In dieser Handlung erschöpfte sich
aber der Tatbeitrag des Angeklagten, der für sämtliche sexuellen Handlungen
während der an drei Tagen im Tatzeitraum entfalteten Prostitutionsausübung
des Tatopfers ursächlich war. Weitere konkrete Vermittlungstätigkeiten des An-
geklagten, welche sich auf die Kontakte zu einzelnen Freiern bezogen, hat die
Strafkammer nicht festgestellt. Das Tun des Angeklagten stellt sich daher als
einheitliche Tat nach § 180 Abs. 2 2. Alt. StGB dar (vgl. BGH, Urteil vom
20. September 1996 - 2 StR 289/96, insoweit in NStZ 1997, 145 nicht abge-
druckt).
Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurtei-
lung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert
der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen,
weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer
als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt
zum Wegfall der drei Einzelstrafen. Die von der Strafkammer festgesetzte Ge-
samtstrafe kann dagegen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1
StPO als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben. Der Senat kann aus-
schließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzver-
hältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt der von dem Angeklagten be-
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gangenen Tat unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2010 - 4 StR
592/09), auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Ange-
klagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und
Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
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Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender