Urteil des BGH vom 14.01.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZB 5/12
vom
14. Januar 2014
in dem Verfahren auf Auskunftserteilung
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
AktG §§ 131, 132
a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 Abs. 2 ZPO
bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer verlangten Auskunft nach § 131 AktG grund-
sätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat.
Das gilt auch für die Frage, ob die Erteilung der Auskunft geeignet wäre, der Gesellschaft
einen nicht unerheblichen Nachteil im Sinne des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zuzufü-
gen.
b) Die Gesellschaft muss die ein Auskunftsverweigerungsrecht begründenden Umstände
nicht darlegen und beweisen, sondern es genügt, diese Umstände plausibel zu machen.
c) Wenn der Vorstand in der Hauptversammlung entgegen § 131 Abs. 5 AktG die Gründe für
die Auskunftsverweigerung nicht in die Niederschrift über die Verhandlung aufnehmen
lässt, führt das nicht dazu, dass im Verfahren nach § 132 AktG Auskünfte erzwungen
werden können, deren Offenbarung der Gesellschaft nicht unerhebliche Nachteile zufü-
gen würde (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG) oder hinsichtlich derer objektiv ein anderer in
§ 131 Abs. 3 AktG aufgeführter Auskunftsverweigerungsgrund vorliegt.
d) Der Vertraulichkeitsschutz und das mit diesem korrespondierende Recht des Vorstands,
Auskünfte in der Hauptversammlung zu verweigern, erstreckt sich auch auf die Zusam-
menarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat im Bereich der Tätigkeit des Aufsichtsrats.
BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 - II ZB 5/12 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Prof. Dr. Strohn, die
Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter Sunder
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde
gegen
den
Beschluss
des
20. Zivilsenats
des
Oberlandesgerichts
Stuttgart
vom
29. Februar 2012 wird auf Kosten des Antragstellers zurück-
gewiesen.
Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 80.000 € fest-
gesetzt.
Gründe:
A. Der Antragsteller hält mindestens seit dem 29. Januar 2010 Vorzugs-
aktien ohne Stimmrecht an der Antragsgegnerin, der Porsche Automobil Hol-
ding SE.
Die Antragsgegnerin hatte im Jahr 2005 mit dem Aufbau einer Beteili-
gung an der Volkswagen AG (VW) begonnen. Sie erwarb zunächst 10,26% der
VW-Stammaktien und stockte ihre Beteiligung bis zum 16. September 2008 auf
einen Anteil von 35,14% der Stammaktien auf, nachdem der Aufsichtsrat einer
Pressemitteilung der Antragsgegnerin zufolge sein Einverständnis zur Erhö-
hung der Beteiligung auf über 50% gegeben hatte. Neben dem Erwerb von VW-
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Stammaktien schloss die Antragsgegnerin Derivatgeschäfte auf VW-
Stammaktien ab.
Nach erheblichen Kursbewegungen der VW-Stammaktie Mitte Oktober
2008 gab die Antragsgegnerin in einer Pressemitteilung am 26. Oktober 2008
bekannt, dass sie zum Ende der vorausgegangenen Woche 42,6% der VW-
Stammaktien sowie 31,5% Optionen auf VW-Stammaktien gehalten habe, bei
deren Auflösung sie die Differenz zwischen dem dann aktuellen Kurs der VW-
Stammaktie und dem darunter liegenden Absicherungskurs ausbezahlt be-
komme. Zielsetzung sei es, sofern die entsprechenden wirtschaftlichen Rah-
menbedingungen stimmten, im Jahr 2009 die Beteiligung an VW auf 75% auf-
zustocken und damit den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu machen.
Die Tatsache, dass sich die Porsche-Eigentümerfamilien geschlossen und un-
eingeschränkt hinter das Vorgehen der Vorstände Dr. W. und H.
gestellt hätten, bestärke den jetzt erfolgten Schritt zur Offenlegung der Aktien
und Kurssicherungspositionen im Zusammenhang mit der Übernahme von VW.
Der Kurs der VW-Stammaktie stieg nach der Pressemitteilung stark an
und erreichte am 28. Oktober 2008 vorübergehend gut 1.000 €, woraufhin die
Antragsgegnerin entsprechend einer Ankündigung in einer weiteren Pressemit-
teilung vom 29. Oktober 2008 Kurssicherungsgeschäfte in Höhe von bis zu 5%
der VW-Stammaktien auflöste. Am 5. Januar 2009 erwarb die Antragsgegnerin
ein weiteres Aktienpaket und baute so ihre Beteiligung an VW auf 50,76% der
Stammaktien aus.
Der Antragsgegnerin war von einem Bankenkonsortium wegen eines
Pfl
ichtangebots im März 2007 ein Kredit in Höhe von 35 Mrd. € eingeräumt
worden, der später unter Erweiterung des Verwendungszwecks auf allgemeine
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geschäftliche Zwecke auf 10 Mrd. € reduziert wurde und Ende März 2009 zur
Rückzahlung fällig war. Am 24. März 2009 vereinbarte die Antragsgegnerin mit
einem Konsortium von 15 Banken eine Refinanzierung des Kredits, der mit VW-
Aktien besichert wurde. Dabei wurde der Kredit durch Beitritt eines weiteren
Vertragspartners um 750 Mio. € - statt geplanter 2,5 Mrd. € - aufgestockt.
Im Juli 2009 wurde die Amtsniederlegung der Vorstandsmitglieder
Dr. W. und H. vereinbart. Mitte August 2009 stimmte der Aufsichts-
rat der Antragsgegnerin einer Grundlagenvereinbarung zwischen der Antrags-
gegnerin und VW zu, die unter anderem für das Jahr 2011 die Verschmelzung
der Antragsgegnerin auf VW vorsah. Ferner erwarb das Emirat K. über die
Q. H. LLC 10% der Stammaktien an der Antragsgegnerin sowie einen
Großteil der von ihr gehaltenen Derivate.
Seit August 2009 wurde gegen die Vorstandsmitglieder Dr. W.
und H. wegen des Verdachts der Verletzung aktienrechtlicher Publizitäts-
pflichten und Marktmanipulationen durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart und
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ermittelt. In den
USA wurden gegen die Antragsgegnerin Klagen wegen Manipulation des Kur-
ses der VW-Stammaktie in Milliardenhöhe erhoben.
Die ordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin für das Ge-
schäftsjahr 2008/2009 fand am 29. Januar 2010 statt. Ihr lag der Geschäftsbe-
richt für das Geschäftsjahr 2008/2009 vor, das am 31. Juli 2009 endete. Der
Geschäftsbericht enthielt im Rahmen der Wiedergabe des Konzernlageberichts
den Hinweis, dass die Liquiditätssituation der Antragsgegnerin zum Bilanzstich-
tag am 31. Juli 2009 kritisch gewesen sei und die Veräußerung der Optionen an
die Q. H. LLC kurz nach dem Bilanzstichtag zu einer Erhöhung der
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freien Liquidität um mehr als eine Milliarde Euro geführt habe. Es wurde ferner
darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die Schritte zur Zusammenführung
der Unternehmen der Antragsgegnerin und VW und damit auch die Entschul-
dung der Antragsgegnerin nicht wie geplant erfolgen sollten, sich bis Ende des
Jahres 2009 erneut eine kritische Liquiditätssituation bei der Antragsgegnerin
ergeben könne, die den Fortbestand des Unternehmens und des Konzerns ge-
fährden könne. Der Vorstand der Antragsgegnerin sei auf Grund des derzeiti-
gen Stands der Verhandlungen davon überzeugt, dass sich dieses Risiko nicht
verwirklichen werde.
Die Tagesordnung der Hauptversammlung sah u.a. die Beschlussfas-
sung über die Entlastung zweier Mitglieder des Vorstands und der Mitglieder
des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2008/2009 vor; die Entlastung der Vor-
standsmitglieder Dr. W. und H. sollte nach dem Beschlussvorschlag
von Vorstand und Aufsichtsrat zurückgestellt werden (Tagesordnungspunkte 3
und 4). Ferner war die Beschlussfassung über die Verwendung des im Ge-
schäftsjahr 2008/2009 erzielten Bilanzgewinns (Tagesordnungspunkt 2), die
Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds (Tagesordnungspunkt 5), die Wahl des Ab-
schlussprüfers für das Geschäftsjahr 2009/2010 (Tagesordnungspunkt 6) und
die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals unter Aufhebung des bisheri-
gen genehmigten Kapitals und entsprechender Änderung der Satzung (Tages-
ordnungspunkt 7) vorgesehen. In der Hauptversammlung richtete der Antrag-
steller insgesamt 14 Fragen an die Antragsgegnerin und machte sich weitere 6
Fragen des Aktionärs B. zu eigen.
Der Antragsteller hält die Fragen für nicht ausreichend beantwortet und
möchte mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung entsprechend weiter-
gehende Auskünfte der Antragsgegnerin erzwingen. Das Landgericht hat den
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Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos ge-
blieben (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Februar 2012 - 20 W 5/11, juris;
auszugsweise abgedruckt in ZIP 2012, 970). Hiergegen richtet sich die vom
Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
B. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Zulassung durch das Beschwerdegericht
nach Art. 53 VO (EG) 2157/2001, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG, § 70
Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
I. Die SE-Verordnung (VO [EG] 2157/2001) enthält für das Auskunfts-
recht der Aktionäre keine Regelungen, sondern verweist in Art. 53 auf die für
deutsche Aktiengesellschaften maßgeblichen Regelungen, mithin auf §§ 131 f.
AktG (MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., Art. 53 SE-VO Rn. 16).
II. Das Beschwerdegericht hat die Zulassung ausdrücklich nicht auf das
Auskunftsverlangen zu einzelnen Fragen beschränkt. Hieran ist das Rechtsbe-
schwerdegericht gebunden, § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG.
III. Die Antragsgegnerin wendet zu Unrecht ein, die Rechtsbeschwerde
sei wegen unzureichender Begründung unzulässig, weil sie bezüglich einzelner
Fragen und Unterfragen nicht auf die die Entscheidung tragenden Erwägungen
des Beschwerdegerichts eingehe. Die Rechtsbeschwerde greift die Entschei-
dung des Beschwerdegerichts schon mit ihrer Rüge, das Beschwerdegericht
habe verfahrensfehlerhaft von der Durchführung einer (öffentlichen) mündlichen
Verhandlung abgesehen, in vollem Umfang und den Anforderungen des § 71
Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FamFG entsprechend an. Damit ist den Begründungsan-
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forderungen genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 1990 - IX ZB 89/89,
NJW 1990, 1184; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 20).
C. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Erstbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat
gemäß Art. 53 VO (EG) 2157/2001, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG, § 63
Abs. 1 FamFG ist gewahrt.
II. Die vom Antragsteller erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Er-
folg.
1. Die auf einen absoluten Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 3 Satz
1, § 99 Abs. 1 AktG, § 72 Abs. 3 FamFG, § 547 Nr. 5 ZPO zielenden Rügen
des Antragstellers greifen nicht durch.
a) Mit der Rüge, die Vorschriften über die Öffentlichkeit seien im Verfah-
ren erster Instanz verletzt worden, kann ein Verfahrensmangel nicht begründet
werden, weil Gegenstand der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur
die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist.
b) Dass ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit durch
das Beschwerdegericht selbst vorliegt, hat der Antragsteller nicht den Anforde-
rungen der § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG, § 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b
FamFG entsprechend gerügt.
Zwar stellt die Übernahme eines unter Verletzung der Öffentlichkeitsvor-
schriften in der Vorinstanz zu Stande gekommenen Verfahrensabschnitts einen
erneuten Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit dar (BGH, Urteil
vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, NJW 2000, 2508, 2509; MünchKomm
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ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 547 Rn. 14 jeweils für das Berufungsverfahren; vgl.
auch Brinkmann in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 32 Rn. 16).
Die Rechtsbeschwerde zeigt jedoch nicht auf, welche vom Landgericht ge-
troffenen Feststellungen das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zu Grun-
de gelegt hat. Damit ist davon auszugehen, dass das Beschwerdegericht seine
Entscheidung aufgrund eigener Feststellungen getroffen hat. Dabei durfte das
Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung
einer mündlichen Verhandlung absehen.
2. Die weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für
durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 132
Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 564 Satz 1 ZPO
abgesehen.
III. Auch im Übrigen hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen
der Rechtsbeschwerde stand. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Ertei-
lung weitergehender Auskünfte nach Art. 53 VO (EG) 2157/2001, § 131 AktG.
1. Das Auskunftsrecht des Aktionärs wird unter anderem durch das Krite-
rium der Erforderlichkeit in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG und durch das Auskunfts-
verweigerungsrecht des Vorstands aus § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG be-
grenzt.
a) Das Merkmal der Erforderlichkeit der Auskunft in § 131 Abs. 1 Satz 1
AktG zielt nach der Rechtsprechung des Senats darauf ab, missbräuchlich aus-
ufernde Auskunftsbegehren zu verhindern, um die Hauptversammlung nicht mit
überflüssigen, für eine sachgemäße Beurteilung des Beschluss- oder sonstigen
Gegenstands der Tagesordnung unerheblichen Fragen zu belasten (BGH,
Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 388 f.). Entspre-
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chend der Funktion des Auskunftsrechts, das auch zur Meinungs- und Urteils-
bildung anderer Aktionäre, insbesondere der Minderheitsaktionäre, in der
Hauptversammlung beitragen soll, ist Maßstab für die „Erforderlichkeit“ eines
Auskunftsverlangens der Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs, der
die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen
kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurtei-
lungselement benötigt. Durch dieses Kriterium wird das Informationsrecht ge-
mäß § 131 AktG in qualitativer und quantitativer Hinsicht sowie hinsichtlich sei-
nes Detaillierungsgrads begrenzt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004
- II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 389; Urteil vom 16. Februar 2009
- II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 39 - Kirch/Deutsche Bank; Beschluss vom 5.
November 2013 - II ZB 28/12, ZIP 2013, 2454 Rn. 20).
Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde verstößt § 131 Abs. 1 Satz 1
AktG nicht gegen Art. 9 der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parla-
ments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte
von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (Abl. L 184 vom 14. Juli 2007,
S. 17 ff.) - nachstehend: Aktionärsrechterichtlinie -, soweit das Auskunftsrecht
des Aktionärs auf zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tages-
ordnung erforderliche Auskünfte beschränkt ist. Der Senat hat nach dem Erlass
des angegriffenen Beschlusses entschieden, dass die Begrenzung des Aus-
kunftsrechts durch das Merkmal der Erforderlichkeit eine zulässige Maßnahme
nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie darstellt (BGH,
Beschluss vom 5. November 2013 - II ZB 28/12, ZIP 2013, 2454 Rn. 27 ff., 37).
Auf die Frage, ob mögliche Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie für die Aus-
legung von § 131 AktG nur insoweit gelten, als die Rechte von Aktionären mit
Stimmrechtsaktien betroffen sind, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an
(verneinend Kersting in Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 651, 666 f.;
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ders., ZIP 2009, 2317, 2320; Pöschke, ZIP 2010, 1221, 1224; aA
Kocher/Lönner, AG 2010, 153, 155).
b) Der Vorstand darf die Auskunft nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG
verweigern, soweit die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer
Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unterneh-
men einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Im Rahmen dieser Prüfung
ist abzuwägen, ob von einer offenen Antwort auf die in der Hauptversammlung
gestellten Fragen auch Vorteile für die Gesamtheit der Aktionäre und die Ge-
sellschaft selbst zu erwarten sind, die zu befürchtende Nachteile aufwiegen
(BGH, Urteil vom 29. November 1982 - II ZR 88/81, BGHZ 86, 1, 19). Dies kann
bei einem objektiv begründeten Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen
der Verwaltungsorgane der Gesellschaft in Betracht kommen (BGH, Urteil vom
16. Februar 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 43 - Kirch/Deutsche Bank).
2. Gemessen hieran hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei ange-
nommen, dass der Antrag unbegründet ist.
a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG,
§ 559 Abs. 2 ZPO bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der verlangten Aus-
künfte grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerde-
gericht festgestellt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - V ZB 230/10,
NJW 2011, 3450 Rn. 9; Beschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 17/12,
FamRZ 2013, 214 Rn. 11; Beschluss vom 23. April 2013 - II ZB 7/09, ZIP 2013,
1165 Rn. 11). Die den Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung ist
grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Rechtsbeschwerdeverfahren nur
darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der Erforderlichkeit
zutreffend erfasst und sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen
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umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung
also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004
- II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; Urteil vom 13. Dezember 2011
- XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 29; Beschluss vom 23. April 2013 - II ZB 7/09,
ZIP 2013, 1165 Rn. 11; MünchKommFamFG/Ulrici, 2. Aufl., § 37 Rn. 10; Mey-
er-Holz in Keidel, FamFG, 17. Aufl., § 37 Rn. 11; § 74 Rn. 30). Ebenso unter-
liegt die Beurteilung des Beschwerdegerichts, ob die Erteilung der Auskunft ge-
eignet wäre, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (§
131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG), nur einer eingeschränkten Prüfung im Rechtsbe-
schwerdeverfahren (s. zum vergleichbaren Rechtsbegriff des wichtigen Grunds
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2002 - II ZR 353/00, ZIP 2002, 2254, 2255; Be-
schluss vom 20. April 2010 - VIII ZR 254/09, WuM 2010, 431 Rn. 5; Urteil vom
7. März 2013 - III ZR 231/12, BGHZ 196, 285 Rn. 18; Urteil vom 24. September
2013 - II ZR 216/11, ZIP 2013, 2310 Rn. 14).
Danach zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler auf.
b) Frage 1:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Nennen Sie bitte die Strike-Preise der Call- und Put-Optionen, die
Porsche am 26. Oktober 2008 in seinem Bestand hatte. Wie viele
Call- und Put-Optionen hatte Porsche an folgenden Stichtagen in
seinem Bestand? Nennen Sie bitte auch den jeweiligen Strike-
Preis und die Laufzeiten, und zwar an folgenden Stichtagen:
17. November 2006, 27. Januar 2007, 25. Februar 2008, 10. März
2008, 18. September 2008, 5. Oktober 2008."
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
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„Herr W. fragt nach den sog. Strikes der Optionsgeschäfte,
die Porsche am 26. Oktober 2008 in seinem Bestand hatte. Er
fragte weiter nach dem Bestand an Optionsgeschäften am
17. November 2006 sowie 27. Januar 2007.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu Einzelheiten der
Optionsgeschäfte keine Auskunft geben wollen. Wir können ihnen
jedoch mitteilen, dass der durchschnittliche Strike der von Porsche
seit 2005 abgeschlossenen Kurssicherungsgeschäfte im Hinblick
auf VW-Aktien deutlich unterhalb des Wertes lag, mit dem die VW-
Stammaktien im Jahresabschluss der Gesellschaft für das Ge-
schäftsjahr 2008/09 angesetzt wurde(n).
Zu Vorgängen vor dem Geschäftsjahr 2008/09, das allein Gegen-
stand dieser Hauptversammlung ist, können wir keine Auskunft
geben."
bb) Das Beschwerdegericht hat eine weitergehende Auskunftspflicht im
Wesentlichen mit folgender Begründung verneint:
Zwar seien die begehrten Auskünfte zu Einzelheiten der Derivatgeschäf-
te nicht erteilt worden. Der Auskunft habe aber entnommen werden können,
dass der durchschnittliche Basispreis (Strike) unter 144
€ gelegen habe. Hin-
sichtlich der genauen Höhe der vereinbarten Basispreise und der übrigen Ein-
zelheiten der Derivatgeschäfte habe sich der Vorstand der Antragsgegnerin zu
Recht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Die Antragsgegnerin habe
hinreichend dargelegt, dass die konkrete Gefahr nicht unerheblicher Nachteile
für die Antragsgegnerin im Falle der Offenlegung von Einzelheiten der Derivat-
geschäfte bestehe, weil die Informationen von Kapitalmarktteilnehmern zu Spe-
kulationen zum Nachteil der Antragsgegnerin verwendet werden könnten. Ein
Diskretionsinteresse der Antragsgegnerin bestehe auch unter dem Aspekt des
Erhalts ihrer Kontrahierungsfähigkeit, weil Kapitalmarktteilnehmer Informationen
zum Nachteil der Q. H. LLC hätten nutzen können, auf welche die An-
tragsgegnerin große Teile ihrer Derivate im August 2009 übertragen habe. Un-
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abhängig davon, ob und mit welchem Inhalt zwischen der Antragsgegnerin und
der Q. H. LLC eine ausdrückliche Vertraulichkeitsvereinbarung getrof-
fen worden sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Q. H.
LLC von der Antragsgegnerin Stillschweigen über die Einzelheiten der Derivat-
geschäfte erwarten dürfe. Das Diskretionsinteresse der Antragsgegnerin werde
nicht durch ein Aufklärungsinteresse überwogen.
Hinsichtlich der meisten vom Antragsteller zur Begründung seines Aus-
kunftbegehrens geltend gemachten Pflichtverletzungen des Vorstands fehle es
schon an der Aufklärungseignung der verlangten Auskünfte. Dies gelte etwa für
den Vorwurf der Überschreitung des Unternehmensgegenstands. Diesbezüglich
sei eine Pflichtverletzung nicht schlüssig vorgetragen, weil das Landgericht die
Derivatgeschäfte auf VW-Aktien zu Recht als zulässige Hilfsgeschäfte der An-
tragsgegnerin zum Aufbau einer Beteiligung an VW eingestuft habe. Soweit der
Antragsteller rüge, die im Januar 2009 erworbenen weiteren VW-Stammaktien
seien "zu teuer" erworben worden bzw. ihr Erwerb habe nicht im Unterneh-
mensinteresse gelegen, fehle es ebenfalls an der Aufklärungseignung. Eine
Aufklärungseignung der Informationen zu den Einzelheiten der Derivatgeschäf-
te sei auch in Bezug auf die Rüge, beim Erwerb der weiteren Aktien sei gegen
elementare Finanzierungsregeln verstoßen worden, nicht ersichtlich.
Soweit die Aufklärungseignung der mit der Frage begehrten Informatio-
nen zu Einzelheiten der Derivatgeschäfte nicht von vornherein auszuschließen
sei, habe der Antragsteller ein Aufklärungsinteresse nicht hinreichend dargetan.
Es sei nicht festzustellen, dass dem handelnden Vorstand angesichts der
"übermäßigen Komplexität und Intransparenz von Derivatgeschäften" das Tref-
fen von Entscheidungen auf ausreichender Informationsgrundlage unmöglich
gewesen sei, weil Derivatgeschäfte nicht per se "übermäßig komplex" oder "in-
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transparent" seien. Zu Unrecht berufe sich der Antragsteller auf eine Pflichtwid-
rigkeit unter dem Aspekt der mangelnden Risikodiversifizierung, weil sich das
Risiko bei der Entscheidung zum Erwerb einer auf Dauer angelegten Beteili-
gung an einem anderen Unternehmen notwendig auf das Gelingen des Beteili-
gungserwerbs und den wirtschaftlichen Erfolg der Beteiligung konzentriere. Die
Auffassung des Antragstellers, durch den Abschluss der Derivatgeschäfte seien
unter Missachtung des Wohls der Gesellschaft existenzielle Risiken eingegan-
gen worden, sei jedenfalls nicht durch Tatsachen belegt. Soweit ein Aufklä-
rungsinteresse mit dem Vorwurf begründet werde, der Vorstand habe absehen
müssen, dass seine Pressemitteilung vom 26. Oktober 2008 zu einem Anstieg
des Kurses der VW-Stammaktien führen würde, begründeten die vorgebrachten
Tatsachen allenfalls einen Anfangsverdacht, nicht jedoch den nötigen hinrei-
chenden Verdacht.
cc) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde bleiben
ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass
die Antragsgegnerin den Auskunftsanspruch erfüllt hat, soweit sie näherungs-
weise Angaben über den durchschnittlichen Basispreis der Kurssicherungsge-
schäfte gemacht hat. Im Ergebnis rechtsfehlerfrei ist auch die Beurteilung, dass
der Antragsgegnerin im Hinblick auf das weitergehende Auskunftsbegehren
gemäß Art. 53 VO (EG) 2157/2001, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG das Recht
zustand, die Auskunft zu verweigern.
(1) Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der
Auskunftsanspruch erfüllt ist, soweit die Antragsgegnerin Angaben zum durch-
schnittlichen Basispreis der Kurssicherungsgeschäfte gemacht hat. Die Aus-
kunft hat gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG den Grundsätzen einer gewissenhaf-
ten und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Ob eine Auskunft diesen An-
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forderungen genügt, wenn die begehrte Information ihr nicht unmittelbar, son-
dern nur durch weitergehende Recherchen entnommen werden kann, ist im
vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Das Beschwerdegericht hat
festgestellt, dass den in der Hauptversammlung erteilten Auskünften entnom-
men werden konnte, dass der durchschnittliche Basispreis der Kurssicherungs-
geschäfte unter 144 € lag. Diese Würdigung ist - unter Berücksichtigung der auf
die Frage 20 erteilten Auskunft ("… Die durchschnittlichen Anschaffungskosten
für die 50,8 %-ige Beteiligung am stimmberechtigten VW-Stammkapital liegen
bei 144 € pro Aktie. Unter Berücksichtigung der getätigten Kurssicherungsge-
schäfte liegt der durchschnittliche Anschaffungspreis pro Aktie deutlich unter
144 €.") - frei von Rechtsfehlern. Dass diese Information über den durchschnitt-
lichen Basispreis der Kurssicherungsgeschäfte den Umständen nach nicht auch
als Antwort auf die Frage 1 des Antragstellers aufgefasst werden konnte, macht
die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Allein daraus, dass die Information auf
eine andere Frage hin gegeben wurde, lässt sich dies nicht herleiten (vgl. auch
MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., § 131 Rn. 80).
(2) Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Bewertung
des Beschwerdegerichts, dass die Erteilung der übrigen verlangten Auskünfte
zum Zeitpunkt der Hauptversammlung für die Gesellschaft nachteilig i.S.d.
§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG gewesen wäre. Die dieser Bewertung zu Grun-
de liegende Abwägung der durch die Erteilung der Auskunft drohenden Nach-
teile und der von ihr zu erwartenden Vorteile ist aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden.
(a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
Antragsgegnerin die ein Auskunftsverweigerungsrecht begründenden Umstän-
de nicht darlegen und beweisen muss, sondern dass es genügt, die das Aus-
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- 16 -
kunftsverweigerungsrecht begründenden Nachteile plausibel zu machen (BGH,
Urteil vom 15. Juni 1992 - II ZR 18/91, BGHZ 119, 1, 17; OLG Düsseldorf, WM
1991, 2148, 2152; Decher in Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 301;
Grigoleit/Herler, AktG, § 131 Rn. 43; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 131 Rn. 25;
Kersting in KK-AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 510 f.; MünchKommAktG/Kubis,
3. Aufl., § 131 Rn. 113; Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine
Durchsetzung im Prozess, 1970, S. 83), und dass es demgegenüber Sache des
Aktionärs ist, diejenigen Umstände darzulegen, aus denen ein vorrangiges Auf-
klärungsinteresse der Gesamtheit der Aktionäre und der Gesellschaft folgt
(Kersting in KK-AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 512; Decher in Großkomm.AktG,
4. Aufl., § 131 Rn. 301; Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht,
3. Aufl., § 131 Rn. 62; Reger in Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 20; s.
auch BGH, Urteil vom 29. November 1982 - II ZR 88/81, BGHZ 86, 1, 20; Urteil
vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 43). Der gemäß § 26
FamFG geltende Untersuchungsgrundsatz wird im Auskunftserzwingungsver-
fahren relativiert, weil es in diesem Verfahren den Beteiligten obliegt, die für sie
jeweils vorteilhaften Umstände darzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, WM 1991,
2148, 2152; MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., § 132 Rn. 32; Decher in
Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 132 Rn. 33; Grigoleit/Herler, AktG, § 132 Rn. 10;
Reger in Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 132 Rn. 6; Siems in Spindler/Stilz,
AktG, 2. Aufl., § 132 Rn. 17; demgegenüber den Amtsermittlungsgrundsatz
stärker betonend: Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 132 Rn. 18;
Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 114).
Für die Frage, ob ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, kommt es
allein auf die objektive Sachlage an. Die Antragsgegnerin wird insoweit auch mit
einer im Auskunftserzwingungsverfahren gemäß § 132 AktG nachgeschobenen
Begründung gehört (BGH, Urteil vom 23. November 1961 - II ZR 4/60, BGHZ
43
- 17 -
36, 121, 130 f. zu § 112 AktG 1937; Decher in Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 131
Rn. 291; MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., § 131 Rn. 108 f.; Kersting in KK-
AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 507; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl.,
§ 131 Rn. 73; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 36; Ebenroth,
Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine Durchsetzung im Prozess, 1970,
S. 127 f.; aA Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 131
Rn. 60; Hommelhoff, ZHR 151 (1987), 493, 511 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom
9. Februar 1987 - II ZR 119/86, BGHZ 101, 1, 8 f. zur Frage, ob ein Begrün-
dungsmangel eine Gesetzesverletzung nach § 243 Abs. 1 AktG darstellt). Dem
steht nicht entgegen, dass nach § 131 Abs. 5 AktG auf Verlangen des Aktionärs
die für die Auskunftsverweigerung angeführten Gründe in die Niederschrift über
die Verhandlung aufzunehmen sind. Denn diese Vorschrift regelt lediglich eine
Dokumentationspflicht in der Hauptversammlung, nicht aber die Folgen eines
möglichen Begründungsmangels. Selbst wenn eine Begründungspflicht des
Vorstands anzuerkennen wäre (offen lassend BGH, Urteil vom 9. Februar 1987
- II ZR 119/86, BGHZ 101, 1, 8; bejahend OLG Dresden, AG 2003, 433, 435;
Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 131 Rn. 26; Liebscher in Henssler/Strohn, Gesell-
schaftsrecht, § 131 AktG Rn. 15; für den Fall, dass dies ausdrücklich verlangt
wird,
Kersting,
KK-AktG,
3.
Aufl.,
§
131
Rn.
505;
Decher
in
Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 291), könnte ein Verstoß gegen diese
Pflicht nicht dazu führen, dass im Verfahren nach § 132 AktG Auskünfte er-
zwungen werden könnten, deren Offenbarung der Gesellschaft nicht unerhebli-
che Nachteile zufügen würde (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG) oder hinsichtlich
derer objektiv ein anderer in § 131 Abs. 3 AktG aufgeführter Auskunftsverwei-
gerungsgrund vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1961 - II ZR 4/60,
BGHZ 36, 121, 130 f.).
- 18 -
(b) Der Entscheidung des Beschwerdegerichts liegt entgegen der Sicht
der Rechtsbeschwerde nicht die Annahme zu Grunde, dass nicht mehr marktre-
levante Informationen geeignet seien, der Gesellschaft Nachteile zuzufügen.
Das Beschwerdegericht hat vielmehr im Einzelnen ausgeführt, dass die ver-
langten Informationen zum Zeitpunkt der Hauptversammlung noch marktrele-
vant waren. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin zum
Zeitpunkt der Hauptversammlung im Falle der Offenbarung der Basiswerte und
Laufzeiten der von ihr zu den jeweiligen Stichtagen gehaltenen Optionen unab-
hängig davon Nachteile durch die Möglichkeit von Spekulationen auf den Kurs
der VW-Aktie gedroht haben, ob die jeweiligen Optionen noch im Bestand der
Antragsgegnerin waren oder diese ihre Annahmen über den Wert von VW in-
zwischen geändert hatte. Gegen diese Würdigung ist von Rechts wegen nichts
zu erinnern.
(c) Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen des Beschwerdege-
richts zur Marktrelevanz der verlangten Informationen konnte es von einer Ge-
fahr der Beeinträchtigung der Kontrahierungsfähigkeit der Antragsgegnerin
(hierzu BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 42
- Kirch/Deutsche Bank) unabhängig davon ausgehen, ob es sich bei den an die
Q. H. LLC veräußerten Optionen um diejenigen gehandelt hat, auf die
sich das Auskunftsverlangen bezieht.
(d) Das Beschwerdegericht hat auch ohne Rechtsfehler angenommen,
dass ein vorrangiges Aufklärungsinteresse im Hinblick auf einen Schadenser-
satzanspruch wegen Überschreitung des Unternehmensgegenstands nicht in
Betracht kommt.
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- 19 -
Dass der Aufbau der VW-Beteiligung vom Unternehmensgegenstand der
Antragsgegnerin gedeckt war, stellt die Rechtsbeschwerde zu Recht nicht in
Frage. Hieran anknüpfend hat das Beschwerdegericht festgestellt, dass die An-
tragsgegnerin mit den Derivatgeschäften keinen eigenständigen unternehmeri-
schen Zweck verfolgt hat, sondern diese lediglich als Hilfsgeschäfte dem Auf-
bau der VW-Beteiligung gedient haben. Mit der pauschalen Behauptung, die
Derivatgeschäfte hätten den Charakter reiner Wetten gehabt, deren Erlös nach
freiem Ermessen verwendet worden sei, vermag die Rechtsbeschwerde eine
fehlerhafte Tatsachenfeststellung des Beschwerdegerichts in diesem Punkt
nicht aufzuzeigen.
Der Senatsentscheidung vom 15. Mai 2000 (II ZR 359/98, BGHZ 144,
290, 293) kann entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde nicht entnommen
werden, dass lediglich Geschäfte, die in „unmittelbarem Zusammenhang mit
dem ‚Unternehmensgegenstand laut Satzung‘ stehen“, als zulässige Hilfsge-
schäfte angesehen werden können (vgl. auch MünchKommAktG/Spindler,
3. Aufl., § 82 Rn. 35). Für die Abgrenzung ist vielmehr allein entscheidend, ob
die Derivatgeschäfte dem Aufbau der Beteiligung an VW gedient haben oder ob
sie auf eine selbstständige Gewinnerzielung gerichtet waren (vgl. BGH, Urteil
vom 15. Januar 2013 - II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Rn. 19). Letzteres hat das
Beschwerdegericht auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfrei getroffenen Fest-
stellungen verneint.
(e) Die Rüge, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht ein Aufklärungs-
interesse wegen eines Gesetzesverstoßes der Organmitglieder verneint, weil
die Richtlinien zur fristenkongruenten Finanzierung grundlegend verkannt wor-
den seien, hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat insoweit nicht nur eine
Pflichtverletzung der Organmitglieder verneint, sondern auch angenommen,
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dass die begehrte Auskunft nicht zur Aufklärung der vom Antragsteller ange-
nommenen Pflichtverletzung beitragen kann. Gegen diese rechtlich nicht zu
beanstandende Würdigung bringt die Rechtsbeschwerde nichts vor. Ein Aufklä-
rungsinteresse, das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen gewesen
wäre, fehlt damit unabhängig davon, ob die vom Antragsteller gerügte Pflicht-
verletzung tatsächlich vorliegt.
(f) Die Bewertung des Beschwerdegerichts, es sei nicht festzustellen,
dass mit den Derivatgeschäften angesichts der „übermäßigen Komplexität und
Intransparenz“ unvertretbare Risiken eingegangen worden seien, ist frei von
Rechtsfehlern. Das Beschwerdegericht hat diesbezüglich festgestellt, dass das
Risikoprofil der Derivatgeschäfte ausschließlich vom in Bezug genommenen
Kurs der VW-Aktie abhing. Unter welchen Gesichtspunkten die von dieser Prä-
misse ausgehende Bewertung des Beschwerdegerichts unvertretbar oder wi-
dersprüchlich sein könnte, zeigt die Rechtsbeschwerde durch den Hinweis auf
Feststellungen in einem aktienrechtlichen Beschlussmängelverfahren nicht auf.
(g) Gegen die Würdigung des Beschwerdegerichts, der Antragsteller ha-
be nicht durch Tatsachen einen hinreichenden Verdacht dafür belegt, dass
durch den Abschluss der Derivatgeschäfte existentielle Risiken für die Antrags-
gegnerin eingegangen worden seien, bringt die Rechtsbeschwerde ebenfalls
nichts Erhebliches vor. Sie zeigt keinen Sachvortrag des Antragstellers auf, der
dem Beschwerdegericht Anlass für weitere Ermittlungen (§ 26 FamFG) zu ei-
nem solchen Verdacht hätte geben können. Mit dem Hinweis auf den im Ge-
schäftsjahr 2008/2009 erwirtschafteten Verlust in Höhe von
4,4 Mrd. € wird ein
Zusammenhang mit den zur Kurssicherung abgeschlossenen Derivatgeschäf-
ten und hieraus folgenden existentiellen Risiken nicht hergestellt. Auch der Um-
stand, dass im Vorjahreskonzernabschluss nicht über eine kritische Liquiditäts-
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situation zu berichten war, ist kein Anhaltspunkt dafür, dass mit den Kurssiche-
rungsgeschäften existentielle Risiken für die Antragsgegnerin eingegangen
wurden.
(h) Ob - wie das Beschwerdegericht angenommen hat - objektiv begrün-
dete Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands im
Hinblick auf die Auswirkungen der Presseerklärung der Antragsgegnerin auf
den Kurs der VW-Stammaktie fehlen, kann offen bleiben, weil insoweit jeden-
falls ein vorrangiges Aufklärungsinteresse zu verneinen ist. Der Vorstand kann
sich bei Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung, die er
kennt oder kennen muss, zwar auf ein objektiv begründetes Diskretionsinteres-
se der Gesellschaft regelmäßig dann nicht berufen, wenn die Offenlegung für
die Beurteilung seiner Amtsführung maßgeblich ist und nicht schon ein wirksa-
mes Eingreifen des Aufsichtsrats zu erwarten ist. Insoweit liegt die Offenbarung
pflichtwidriger Versäumnisse vielfach im wohlverstandenen Interesse der Ge-
sellschaft, wenn die Hauptversammlung sich hierdurch vernünftigerweise veran-
lasst sehen könnte, der Verwaltung die Entlastung zu verweigern oder dem
Vorstand das Vertrauen zu entziehen und dadurch zum Nutzen der Gesell-
schaft einen Wechsel in der Geschäftsleitung herbeizuführen (BGH, Urteil vom
29. November 1982 - II ZR 88/81, BGHZ 86, 1, 19 f.).
Ein auf solche Umstände gegründetes Aufklärungsinteresse liegt hier
aber nicht vor. Die Mitglieder des Vorstands, gegen die sich die Vorwürfe eines
pflichtwidrigen Verhaltens richten, waren zum Zeitpunkt der Hauptversammlung
nicht mehr im Amt. Es ging daher in der Hauptversammlung nicht darum, den
betroffenen Personen für die künftige Amtsführung das Vertrauen auszuspre-
chen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385,
389; Urteil vom 21. Juni 2010 - II ZR 24/09, ZIP 2010, 1437 Rn. 24). Ferner sah
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- 22 -
der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat vor, die Entscheidung
über die Entlastung der betreffenden ehemaligen Vorstandsmitglieder im Hin-
blick auf die laufenden Ermittlungen zurückzustellen. Selbst wenn damit eine
positive Beschlussfassung über die Entlastung auf einen aus der Mitte der
Hauptversammlung gestellten Antrag (Art. 53 VO (EG) 2157/2001, § 124 Abs. 4
Satz 2 AktG) nicht von vornherein ausgeschlossen sein mochte (vgl. Werner in
Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 124 Rn. 86), tritt das Interesse an der Aufklärung
über mögliche Versäumnisse der ehemaligen Mitglieder des Vorstands, die an-
gesichts der Komplexität der erhobenen Vorwürfe innerhalb der Hauptver-
sammlung ohnehin nicht zu leisten war, hinter das Diskretionsinteresse der Ge-
sellschaft zurück.
c) Frage 2:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Wann haben sich die Rechtsabteilungen oder externe Kanzleien
mit welchen Fragen zum möglichen Abschluss eines Beherr-
schungsvertrages mit VW seit dem Jahr 2005 befasst?
Wann wurden erste Bewertungsfragen und etwaige Abfindungs-
und Ausgleichszahlungen erörtert und geprüft? Wurden in diesem
Zusammenhang bereits Wirtschaftsprüfer tätig?
Wann hat der Vorstand erstmals Planungen angestellt und Aktivi-
täten unternommen, um den möglichen Erwerb von 76 Prozent an
VW durch den Aufbau von Derivatpositionen abzusichern?"
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
„Herr W. fragte danach, wann sich Rechtsberater oder ex-
terne Kanzleien mit dem möglichen Abschluss eines Beherr-
schungsvertrages mit VW seit dem Jahr 2005 befasst haben und
wann und durch wen im Zusammenhang damit stehende Bewer-
tungsfragen geprüft wurden.
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- 23 -
Bereits vor dem Einstieg der Porsche SE bei Volkswagen im Sep-
tember 2005 hatte Porsche durch ihre Rechtsberater diverse Sze-
narien für den Beteiligungserwerb, spätere Beteiligungsaufsto-
ckungen und mögliche Zielstrukturen in Bezug auf Volkswagen un-
ter rechtlichen Gesichtspunkten prüfen lassen. Zu diesen Szenari-
en gehörten unter anderem der Erwerb einer Sperrminorität, der
Erwerb einer faktischen Hauptversammlungsmehrheit, das Über-
schreiten der 50 %-Schwelle, die weitere Aufstockung auf 75 %
der VW-Stammaktien und die Implementierung eines Beherr-
schungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen Porsche und
VW. Auch nach dem Einstieg von Porsche bei Volkswagen im
September 2005 wurden die verschiedenen Szenarien fortlaufend
überprüft."
Und:
„Herr W. fragte danach, wann erstmals Pläne aufgestellt
und Initiativen ergriffen (wurden), um den Erwerb von 75 Prozent
an VW durch den Aufbau von Derivatpositionen abzusichern.
Bereits seit Juli 2005 wurde mit dem Aufbau einer sogenannten
synthetischen Optionsstrategie im Hinblick auf VW-Stammaktien
begonnen. Die Kurssicherungsgeschäfte sollten gewährleisten,
dass Porsche zu einem späteren Zeitpunkt ggf. beabsichtigte Be-
teiligungsaufstockungen bei Volkswagen zu wirtschaftlich abgesi-
cherten Konditionen durchführen konnte."
bb) Das Beschwerdegericht hat eine weitergehende Auskunftspflicht im
Wesentlichen mit folgender Begründung verneint: Der erteilten Auskunft habe
ein objektiver Empfänger entnehmen können, dass die verschiedenen Szenari-
en einer Beteiligung im Jahr 2005 durch die Rechtsberater der Antragsgegnerin
geprüft worden seien. Auch das mögliche Szenario "Beherrschungsvertrag" sei
bereits im Jahre 2005 und anschließend fortlaufend durch die Rechtsberater
der Antragsgegnerin geprüft worden. Die Mitteilung genauerer Daten zum Zeit-
punkt der Befassung und zu den geprüften Fragen sei nicht erforderlich gewe-
sen. Eine Auskunft auf die Frage, wann "Bewertungsfragen" geprüft und ob da-
bei Wirtschaftsprüfer tätig geworden seien, sei nicht erforderlich gewesen. Ein
objektiver Durchschnittsaktionär habe der erteilten Auskunft entnehmen kön-
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nen, dass mit dem Aufbau der "synthetischen Optionsstrategie", also mit den
Derivatgeschäften auf VW-Stammaktien, bereits im Jahre 2005 begonnen wor-
den sei und dass diese von Anfang an auch der Absicherung künftiger Beteili-
gungsaufstockungen hätten dienen sollen.
cc) Die Beurteilung des Beschwerdegerichts ist rechtlich nicht zu bean-
standen.
(1) Zur ersten Teilfrage nach der Befassung der Rechtsabteilungen oder
externen Kanzleien mit Fragen zum Beherrschungsvertrag rügt die Rechtsbe-
schwerde zu Unrecht die Unvollständigkeit der Auskunft. Die Antwort erschöpft
sich gerade nicht in de
r Mitteilung, dass „verschiedene Szenarien“ seit dem
Jahr 2005 fortlaufend überprüft wurden, sondern enthält nach den Feststellun-
gen des Beschwerdegerichts darüber hinaus die Information, dass der Ab-
schluss eines Beherrschungsvertrags von vornherein und anschließend fortlau-
fend in die Prüfungen mit einbezogen war. Nähere Auskünfte zum Inhalt der
geprüften Fragen und zum Zeitpunkt der Befassung hat das Beschwerdegericht
rechtsfehlerfrei für nicht erforderlich gehalten. Der fragende Aktionär ist bei ei-
ner aus seiner Sicht unzureichenden Auskunft spätestens im Auskunftserzwin-
gungsverfahren gehalten, die Beurteilungserheblichkeit seines Auskunftsver-
langens darzulegen, wenn die Gesellschaft die Auskunftserteilung unter Beru-
fung auf die fehlende Erforderlichkeit verweigert (vgl. BGH, Beschluss vom
21. September 2009 - II ZR 223/08, juris; MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl.,
§ 131 Rn. 46 f.). Den Feststellungen des Beschwerdegerichts lässt sich hierzu
nichts entnehmen. Die Rechtsbeschwerde zeigt auch kein Vorbringen des An-
tragstellers auf, aus dem sich ein Auskunftsinteresse zur Prüfung bestimmter
Fragestellungen zum Abschluss eines Beherrschungsvertrags und dem Zeit-
punkt der Prüfung ergeben könnte.
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(2) Auch hinsichtlich der zweiten Teilfrage nach der Prüfung und Erörte-
rung von Bewertungsfragen hat das Beschwerdegericht mit Recht die Erforder-
lichkeit einer Auskunft verneint. Ein Informationsinteresse erschließt sich inso-
weit weder aus den Feststellungen des Beschwerdegerichts noch zeigt die
Rechtsbeschwerde entsprechenden Vortrag des Antragstellers auf.
(3) Die dritte Teilfrage nach der Absicherung des Beteiligungserwerbs
durch Derivatpositionen wurde beantwortet. Nach der rechtsfehlerfreien tatrich-
terlichen Würdigung des Beschwerdegerichts enthielt die Auskunft die Informa-
tion, dass „die Derivatgeschäfte von Anfang an auch eine künftige möglicher-
weise anstehende Aufstockung der Beteiligung auf 75 % der Stammaktien ab-
sichern sollten.“
d) Frage 3:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Herr Wu. sagte in einem Interview gegenüber der Wirtschafts-
woche im Juli 2009, dass es Voraussetzung vieler Porsche-Kredite
bei Banken gewesen sei, dass es zu einem Beherrschungsvertrag
zwischen VW und Porsche komme. Ist diese Aussage zutreffend?
Gab es bereits 2008 Kreditverträge, in denen Klauseln enthalten
waren, die sich mit einem solchen Beherrschungsvertrag befas-
sen? Bitte nennen Sie dazu auch die Daten der Abschlüsse dieser
Verträge und den wesentlichen Inhalt dieser Klauseln sowie die
Namen der Banken, mit denen diese Verträge geschlossen wur-
den."
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
„Herr W. fragte, ob es zutreffend sei, dass Vorausset-
zung(en) vieler Porsche-Kredite gewesen sei, dass es zu einem
Beherrschungsvertrag zwischen VW und Porsche komme. Dar-
über hinaus fragte er, ob es bereits 2008 Kreditverträge gab, in
denen Klauseln enthalten waren, die sich mit einem solchen Be-
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herrschungsvertrag befassen? Bitte nennen Sie dazu auch die Da-
ten der Abschlüsse dieser Verträge und den wesentlichen Inhalt
dieser Klauseln sowie die Namen der Banken, mit denen diese
Verträge geschlossen wurden.
Die wesentliche Fremdfinanzierung der Porsche SE während des
Jahres 2008 erfolgte durch eine bereits 2007 der Gesellschaft ge-
währte Kreditlinie, die im Jahr 2008 noch in Höhe von
10 Mrd. EUR verfügbar war. Dieser Vertrag war im Vorfeld des
Pflichtangebots von Porsche für Volkswagen abgeschlossen wor-
den. Seinerzeit hielt die Gesellschaft erst weniger als 30 % der
VW-Stammaktien. Dessen ungeachtet enthielt er auch Regelun-
gen für den Fall, dass zwischen Porsche und Volkswagen ein Be-
herrschungsvertrag abgeschlossen würde. Entsprechende Ver-
tragskautelen sind marktüblich. Eine Verpflichtung der Gesell-
schaft zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder Klau-
seln, nach denen die Gesellschaft unter dem Vertrag besser ge-
stellt gewesen wäre, wenn es zum Abschluss eines solchen Ver-
trags gekommen wäre, waren in dem Vertrag nicht enthalten. Das
Bankenkonsortium bestand aus zahlreichen nationalen und inter-
nationalen Banken unter Führung der folgenden Institute: Merrill
Lynch, UBS, Commerzbank, Barclays, ABN Amro.
(…)“
bb) Das Beschwerdegericht hat eine weitergehende Auskunftspflicht ver-
neint. Ein objektiver Empfänger habe der erteilten Auskunft entnehmen können,
dass der Vorstand durch das Abstellen auf den syndizierten Kredit die Existenz
anderer wesentlicher Kreditverträge im Jahre 2008 verneint habe. Unter Be-
rücksichtigung der vom Antragsteller zum Beleg der Erforderlichkeit der Aus-
kunftserteilung konkret angeführten Gründe benötige ein objektiver Durch-
schnittsaktionär keine Auskunft über den Inhalt unwesentlicher Kreditverträge.
Der wesentliche Inhalt der Klauseln sei ausreichend erläutert worden. Aus dem
Gesamtzusammenhang habe ein objektiver Empfänger erkennen können, dass
es sich jedenfalls nicht um solche Klauseln gehandelt habe, welche die An-
tragsgegnerin zum Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit VW verpflichtet
oder sie für diesen Fall besser gestellt hätten. Die Erteilung von Auskünften
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zum Inhalt von Klauseln, welche die Antragsgegnerin weder zum Abschluss
eines Beherrschungsvertrags mit VW verpflichteten noch sie für diesen Fall
besser gestellt hätten, sei nicht erforderlich gewesen.
cc) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung stand.
(1) Soweit die Rechtsbeschwerde die Teilfrage 2 nach Kreditverträgen
mit Klauseln zu einem Beherrschungsvertrag als unzureichend beantwortet
rügt, weil diese keine Tatsachen, sondern Wertungen enthalte, erfasst sie den
Inhalt der erteilten Auskunft - worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu
Recht hinweist - nur unvollständig. Die Auskunft benennt die das Kreditkonsor-
tium führenden Institute und enthält zum Inhalt der im Jahr 2007 gewährten und
im Jahr 2008 noch zu einem Betrag von 10 Mrd. € - später auf 10,75 Mrd. €
erhöht - verfügbaren Kreditlinie die Aussage, dass eine Verpflichtung zum Ab-
schluss eines Beherrschungsvertrags nicht bestanden habe und die Gesell-
schaft in diesem Fall auch nicht besser gestellt gewesen wäre.
Der Inhalt der einen Beherrschungsvertrag betreffenden Regelungen des
Kreditvertrags wird damit zwar nicht (positiv) genannt. Das Beschwerdegericht
hat jedoch ohne Rechtsfehler die Erforderlichkeit einer weitergehenden Aus-
kunft im Hinblick auf das hinter der Frage stehende Informationsinteresse des
Antragstellers verneint. Die Rechtsbeschwerde wendet sich insoweit nicht ge-
gen die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts, nach der der objek-
tive Durchschnittsaktionär der Auskunft entnehmen konnte, dass der Antrags-
gegnerin auf der Grundlage anderweitiger Regelungen weder ein Beherr-
schungsvertrag hätte aufgezwungen werden können noch solche den Schluss
erlaubt hätten, dass die Antragsgegnerin bereits vor dem 26. Oktober 2008 zum
Abschluss eines Beherrschungsvertrags entschlossen gewesen sei. Dies zu
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Grunde gelegt war die Information ausreichend. Die Rechtsbeschwerde zeigt
ein weitergehendes Informationsinteresse des Antragstellers nicht auf.
(2) Ein weitergehender Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht daraus,
dass die Auskunft auf die „wesentliche“ Kreditlinie beschränkt wurde. Eine In-
formation über unwesentliche Kreditverträge war nicht geboten. Etwas anderes
macht die Rechtsbeschwerde auch nicht geltend. Soweit sie rügt, die Organ-
mitglieder der Antragsgegnerin hätten anstelle der erfragten Tatsachen Wer-
tungen mitgeteilt, verkennt sie, dass die Frage sich auch auf nicht beurteilungs-
erhebliche Informationen bezog. Da der Antragsteller seine Frage auf sämtliche
Kreditverträge der Antragsgegnerin richtete und deren vollständige Beantwor-
tung nicht geboten war, überließ er dem auskunftserteilenden Vorstand die Be-
urteilung der Wesentlichkeit.
e) Frage 4:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Laut aktuellem Spiegel hat der Aufsichtsrat am 23. Juli 2008 den
Vorstand in einem Vorratsbeschluss ermächtigt, die Beteiligung an
VW auf 75 Prozent zu erhöhen. Wer hat einen solchen Beschluss
vorgeschlagen? Was war der Anlass für einen solchen Beschluss?
Ging diesem Beschluss ein Vorstandsbeschluss oder eine Anre-
gung des Vorstands voraus?“
Hierauf teilte die Antragsgegnerin folgendes mit:
„Herr W. hat nach der im Spiegel genannten Beschlussfas-
sung des Aufsichtsrats gefragt - wir bitten um Verständnis, dass
wir zu Beschlussgegenständen und Aufsichtsratssitzungen (oder
‚Inhalt von Aufsichtsratssitzungen‘) im Hinblick auf das Beratungs-
geheimnis des Aufsichtsrats keine Angaben machen können."
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bb) Das Beschwerdegericht hat eine Auskunftspflicht im Wesentlichen
mit folgender Begründung verneint: Der Vorstand habe die Erteilung einer Aus-
kunft auf die konkret gestellten Fragen zu Recht verweigert. Gegenstand der
Frage sei aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht die Durchführung der
Aufsichtsratssitzung oder der Inhalt des dort gefassten Beschlusses, sondern
der diesem zugrunde liegende Anlass bzw. Vorschlag. Richte sich die Frage auf
Vorgänge in Aufsichtsratssitzungen, sei zwar grundsätzlich von einer Angele-
genheit der Gesellschaft auszugehen. Dem Vorstand komme aber ein Aus-
kunftsverweigerungsrecht zu, soweit diese Vorgänge vertraulich seien. Die Ver-
traulichkeit erstrecke sich hier jedenfalls auf Anlass und Beschlussvorschlag,
was auch gelte, soweit die Frage darauf abgezielt habe, ob der Vorstand eine
Beschlussfassung des Aufsichtsrats angeregt habe.
cc) Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Der Vorstand darf regelmäßig die Auskunft verweigern, wenn sich
das Auskunftsverlangen auf vertrauliche Vorgänge aus den Sitzungen des Auf-
sichtsrats bzw. der von ihm nach § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG bestellten Aus-
schüsse richtet (BGH, Beschluss vom 5. November 2013 - II ZB 28/12, ZIP
2013, 2454 Rn. 47). Der Vertraulichkeitsschutz und das mit diesem korrespon-
dierende Recht des Vorstands, Auskünfte in der Hauptversammlung zu verwei-
gern, erstrecken sich nach der zutreffenden Sicht des Beschwerdegerichts auch
auf die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat im Bereich der
Tätigkeit des Aufsichtsrats, weil anderenfalls die vertrauensvolle Zusammenar-
beit und offene Diskussion zwischen den Organen gefährdet wäre (vgl. Ziff. 3.5
DCGK; Drygala, AG 2007, 381, 384; MünchKommAktG/Habersack, 3. Aufl.,
§ 116 Rn. 54; Hoffmann-Becking in Münchener Handbuch des Gesellschafts-
rechts, Band 4, 3. Aufl., § 33 Rn. 51). Ob im Einzelfall der Vertraulichkeitsschutz
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hinter ein überwiegendes Aufklärungsinteresse zurücktritt, kann offen bleiben,
weil der Antragsteller ein solches Interesse nicht aufzeigt.
(2) Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde ist es für das Auskunfts-
verweigerungsrecht nicht ausschlaggebend, dass die verlangte Auskunft nicht
vom Aufsichtsrat, sondern vom Vorstand zu geben wäre. Es kommt vielmehr
ausschließlich darauf an, dass die Frage, ob der Anstoß für eine bestimmte
Entscheidung des Aufsichtsrats vom Vorstand oder aus der Mitte des Aufsichts-
rats gekommen ist, in den vertraulichen Bereich der Zusammenarbeit der Orga-
ne fällt. Dies hat das Beschwerdegericht zutreffend bejaht, weil die Anregung
einer bestimmten Beschlussfassung zu den Informationen des Aufsichtsrats
zählt, die Grundlage seiner Willensbildung sind. Müssten derartige Informatio-
nen offengelegt werden, bestünde die Gefahr, dass der Vorstand von solchen
Anregungen Abstand nimmt, auch wenn diese sachgerecht und dem Interesse
des Unternehmens dienlich sind.
f) Frage 5:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Porsche hat nach dem 26. Oktober 2008 durch Auflösung eines
Teils der Call-
Optionen € 5,2 Mrd. brutto erlöst. Gleichwohl stand
Porsche nach Medienberichten bereits wenige Monate später, im
März 2009, wegen Liquiditätsschwierigkeiten kurz vor der Insol-
venz und konnte nur durch einen Rettungskredit von VW eine sol-
che abwenden.
Vor diesem Hintergrund ist offensichtlich, dass Porsche Ende Ok-
tober 2008 vor erheblichen Liquiditätsproblemen gestanden haben
muss. Bestand für Porsche zu diesem Zeitpunkt bereits eine dro-
hende Insolvenzgefahr und wie lange hätte die Liquidität von Por-
sche noch ohne diese € 5,2 Mrd. gereicht?"
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
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„Herr W. fragt, ob Ende 2008 drohende Insolvenzgefahr für
die Porsche SE bestand.
Porsche stand Ende Oktober 2008 nicht vor erheblichen Liquidi-
tätsproblemen und es bestand auch keine Insolvenzgefahr.
Die angekündigte teilweise Auflösung von Kurssicherungsgeschäf-
ten erfolgte nicht zum Zwecke der Liquiditätsgenerierung. Die Auf-
lösung erfolgte ausschließlich mit dem Ziel, weitere Kursturbulen-
zen der VW-Stammaktie und daraus resultierende negative Folgen
für die beteiligten Akteure zu vermeiden."
Und:
„Wir hatte(n) im Oktober 2008 unabhängig von der Auflösung der
Kurssicherungsgeschäfte keine Liquiditätsprobleme. Darüber hin-
aus haben wir im März 2009
eine neue Finanzierung über € 10
Mrd. abgeschlossen. Sie sehen daran, dass Ihre (Frage) nach der
Reichweite der Liquidität hypothetisch ist und von uns nicht weiter
beantwortet wird."
bb) Das Beschwerdegericht meint, die Frage sei ausreichend beantwor-
tet worden. Die Frage nach einer Insolvenzgefahr Ende 2008 sei verneint wor-
den. Der Antragsteller habe keine ausreichenden Tatsachen dargelegt, aus de-
nen sich nicht bloß die Möglichkeit, sondern die Wahrscheinlichkeit der sachli-
chen Unrichtigkeit der erteilten Auskunft ergebe. Der Beanstandung der BaFin
zum Zwischenlagebericht der Antragsgegnerin per 31. Januar 2009 lasse sich
nicht entnehmen, dass die Antragsgegnerin Ende Oktober 2008 vor erheblichen
Liquiditätsproblemen gestanden bzw. zu diesem Zeitpunkt eine Insolvenzgefahr
bestanden habe. Die Darstellung einer Liquiditätsentwicklung der Antragsgeg-
nerin für den theoretischen Fall des Hinwegdenkens der bereits in der Vergan-
genheit durchgeführten Teilauflösung der Derivate sei jedenfalls nicht erforder-
lich gewesen.
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cc) Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. Das Be-
schwerdegericht hat seine Entscheidung in diesem Punkt auf die Feststellung
gestützt, dass die Antragsgegnerin im Oktober 2008 Schwierigkeiten bei der
Verlängerung des Kredits übe
r 10 Mrd. € nicht habe absehen können. Auf
Grund dieser Feststellung, die der Senat seiner Entscheidung zu Grunde zu
legen hat, ist nicht ersichtlich, welche Anhaltspunkte das Beschwerdegericht für
weitergehende Ermittlungen zu einer kritischen Liquiditätssituation bei der An-
tragsgegnerin Ende Oktober 2008 gehabt haben soll. Dementsprechend bedarf
es keiner Entscheidung dazu, ob im Verfahren gemäß § 132 AktG geprüft wird,
ob die Auskunft zutreffend erteilt wurde (bejahend Decher in Großkomm.AktG,
4. Aufl., § 132 Rn. 7; Kersting in KK-AktG, 3. Aufl., § 132 Rn. 6; MünchKomm-
AktG/Kubis, 3. Aufl., § 132 Rn. 16; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 132 Rn. 4a; Hellwig
in Festschrift Budde, 1995, S. 265, 275 ff.; aA KG, ZIP 2010, 698, 699; OLG
Dresden, AG 1999, 274, 276; Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs und
seine Durchsetzung im Prozess, 1970, S. 143).
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das Beschwerdegericht
führe bei Auskünften zu künftigen Entwicklungen der Gesellschaft einen unbe-
stimmten, einer objektiven Beurteilung nicht zugänglichen Rechtsbegriff ein,
verkennt es, dass das Beschwerdegericht die Erforderlichkeit einer Auskunft zu
einer hypothetischen Liquiditätsprognose verneint hat. Diese Beurteilung lässt
auf der Grundlage der Feststellung, dass Anzeichen für eine kritische Liquidi-
tätslage Ende Oktober 2008 nicht vorlagen, keinen Rechtsfehler erkennen.
Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch nicht die tatrichterliche Würdigung, dass
Gegenstand der Frage die hypothetische Liquiditätsprognose für die Antrags-
gegnerin war. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Antragsteller aus-
drücklich um die Darstellung der Liquiditätsprognose für die Antragsgegnerin
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unter Außerachtlassung der Liquidität aus der Auflösung von Derivatgeschäften
ging.
g) Frage 7:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Wurde(n) in dieser Sitzung (des Aufsichtsrats am 20. Oktober
2008) über ernsthafte Risiken aus den Derivaten berichtet? Was
hat der Vorstand in dieser Sitzung als Maßnahme vorgeschla-
gen?"
Ein von der Antragsgegnerin vorgelegtes "Frage- und Antwortblatt 6.20"
sieht auf diese Frage folgende Antwort vor:
„Herr W. , Sie haben eine Frage an Herrn Prof. P. ge-
stellt. Bitte beachten Sie, dass hier in dieser Hauptversammlung
nur Fragen an die Gesellschaft beantwortet werden können. Im
Übrigen können wir Ihnen mitteilen, dass der Aufsichtsrat in seiner
Sitzung am 20. Oktober 2008 die Strategie im Hinblick auf die VW-
Beteiligung und das weitere Vorgehen der Porsche SE mit seinen
Folgen umfassend behandelt hat."
bb) Das Beschwerdegericht meint, die Frage 7 sei ausreichend beant-
wortet worden. Die Feststellung des Landgerichts, der Vorstand habe auf diese
Frage die Auskunft verweigern können, sei jedenfalls insoweit nicht zu bean-
standen, als nach Maßnahmen gefragt worden sei, die der Vorstand in der Auf-
sichtsratssitzung vorgeschlagen habe. Im Übrigen sei die Frage durch die Mit-
teilung, dass der Aufsichtsrat die Strategie im Hinblick auf die VW-Beteiligung
und das weitere Vorgehen der Antragsgegnerin mit seinen Folgen umfassend
behandelt habe, beantwortet worden, soweit dies erforderlich gewesen sei.
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cc) Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass sich das Auskunftsver-
weigerungsrecht der Antragsgegnerin zu den Vorgängen in der Aufsichtsratssit-
zung auch auf die dem Aufsichtsrat vom Vorstand unterbreiteten Vorschläge
erstreckt, ist rechtlich nicht zu beanstanden (s. oben Rn. 76 f.). Das weiterge-
hende Auskunftsverlangen ist nach den von der Rechtsbeschwerde nicht ange-
griffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts erfüllt worden, soweit dies für
die sachgemäße Beurteilung der Gegenstände der Tagesordnung erforderlich
war.
h) Frage 11:
aa) Die Frage des Antragstellers lautet:
„Können Sie Berichte bestätigen, dass Porsche in den 14 Tagen
vor der Pressemitteilung am 26. Oktober 2008 wegen der sin-
kenden Aktienkurse unter erheblichem Druck stand?"
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
„Herr W. fragt, ob wir Berichte bestätigen können, dass
Porsche in den 14 Tagen vor der Presseerklärung vom
26. Oktober 2008 unter erheblichem Druck wegen eines sinken-
den Börsenkurses der VW-Aktie stand.
Seit Anfang Oktober 2008 hatte es, wie gesagt, auffällige Kurs-
entwicklungen bei der VW-Stammaktie gegeben. Ursache dafür
waren nach Auffassung des Vorstands offenbar erfolgte Leerver-
käufe von VW-Stammaktien, die weit über das von Porsche er-
wartete Maß hinausgingen.
Angesichts
dessen
gelangte
der
Porsche-Vorstand
am
26. Oktober 2008 zu der Überzeugung, dass die unverzügliche
Offenlegung der physischen und synthetischen Positionen der
Porsche SE in VW-Stammaktien angezeigt war. Die Veröffentli-
chung diente ausschließlich dem Zweck, den offensichtlich in
großer Zahl vorhandenen Leerverkäufern in VW-Stammaktien
Gelegenheit zu geben, ihre Positionen aufzulösen."
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Das von der Antragsgegnerin vorgelegte "Frage- und Antwortblatt 6.16"
enthält folgende Antwort auf eine Frage des Antragstellers zur Lage der An-
tragsgegnerin im Oktober 2008:
„Der Vorstand der PSE hat bereits in der 2. Jahreshälfte 2008 vor
dem Hintergrund der sich abzeichnenden Krise am Finanzmarkt
zahlreiche Gespräche mit Banken zur Refinanzierung des beste-
henden syndizierten Kredits geführt. Nach intensiven Diskussionen
über Refinanzierungsmöglichkeiten signalisierten die Banken,
dass sie von einer deutlichen Erholung der Kreditmärkte ab Januar
2009 ausgehen, so dass der Vorstand zu keinem Zeitpunkt den
Eindruck gewinnen konnte, dass eine Ablösung des Kredites im
März 2009 gefährdet sein könnte. Vielmehr ging der Vorstand vor
dem Hintergrund der in den Gesprächen gesammelten Erkennt-
nisse und den ausführlichen Diskussionen davon aus, dass die
Banken nach Abschluss des Jahres 2008 und der Bereinigung von
Problemkrediten aus ihren Bilanzen wieder auf eine expansivere
Kreditpolitik einschwenken. Darüber hinaus erzielten die beiden
Beteiligungen der PSE, der Volkswagen Konzern und die Porsche
AG zu diesem Zeitpunkt hohe operative Renditen, so dass der
Vorstand unverändert von einer positiven Bonitätseinstufung der
Porsche SE ausging. Es gab daher keinen Anlass, Rechtsanwälte
oder Wirtschaftsprüfer mit diesem Thema zu beauftragen."
bb) Das Beschwerdegericht hält die Frage für beantwortet. Die pauscha-
le Frage nach einer "Drucksituation" habe der Vorstand durch ein pauschales
"Nein" beantworten dürfen. Die sachliche Unrichtigkeit der erteilten Auskunft sei
nicht hinreichend dargetan. Dabei sei zu bedenken, dass die erteilte Auskunft
keine objektive Aussage, sondern eine subjektive Einschätzung zum Gegen-
stand habe. Zudem genüge der Tatsachenvortrag des Antragstellers nicht den
Anforderungen, weil es zwar theoretisch möglich erscheine, dass mit der Pres-
semitteilung der tatsächlich eingetretene Anstieg des Kurses der VW-
Stammaktie habe bewirkt werden sollen, der Antragsteller aber keine tatsächli-
chen Umstände vortrage, die dies nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich
erscheinen ließen.
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cc) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne
Erfolg. Die Auskunft enthält nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts
- was die Rechtsbeschwerde verkennt - zum einen die Mitteilung, dass eine
Drucksituation der Antragsgegnerin im Vorfeld der Pressemitteilung vom 26.
Oktober 2008 nicht bestanden habe und zum anderen Ausführungen zum An-
lass der Pressemitteilung. Die Würdigung, dass sich hinreichende Anhaltspunk-
te für die Unrichtigkeit der Auskunft zum Anlass der Pressemitteilung nicht allein
aus dem Kursverlauf der VW-Stammaktie unmittelbar vor der Veröffentlichung
der Pressemitteilung ergeben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Be-
schwerdegericht hat insoweit auch darauf abgestellt, dass keine hinreichenden
Anhaltspunkte für erhebliche Liquiditätsprobleme bzw. eine Insolvenzgefahr im
Herbst 2008 bestanden, die im Zusammenhang mit dem Kursverlauf hinrei-
chend gewichtige Indizien für eine andere Motivlage hätten sein können. Mit der
Rüge, ihr Tatsachenvorbringen sei keinesfalls weniger wahrscheinlich als das-
jenige der Antragsgegnerin, zeigt die Rechtsbeschwerde einen Verstoß gegen
den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) nicht auf. Ob im Auskunftser-
zwingungsverfahren die Richtigkeit der Auskunft geprüft wird (vgl. oben Rn. 83),
kann daher auch hier offen bleiben.
i) Frage 17:
aa) Die Frage des Aktionärs B. , die sich der Antragsteller zu Ei-
gen gemacht hat, lautet:
„Welche Kosten sind mit dem Aufbau und der Finanzierung der
Optionen auf VW-Vorzugsaktien entstanden? Welcher Erlös und
wann ist Porsche bei der Veräußerung der Optionen auf VW-
Vorzugsaktien an Q. zugeflossen?"
Auf diese Frage erteilte die Antragsgegnerin keine Auskunft.
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bb) Das Beschwerdegericht meint, die Frage sei jedenfalls deshalb nicht
zu beantworten gewesen, weil die begehrte Information aus der Sicht eines ob-
jektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs für die Beurteilung von Gegenständen
der Tagesordnung nicht erforderlich gewesen sei. Im Übrigen könne der An-
tragsteller aus der Nichtbeantwortung der zweiten, auf die Erlöse der Veräuße-
rung von Derivaten auf VW-Vorzugsaktien an die Q. H. LLC gerichte-
ten Frage schon deshalb keine unzureichende Auskunftserteilung ableiten, weil
die Erteilung der begehrten Auskunft unmöglich gewesen sei. Die Antragsgeg-
nerin habe hierzu vorgetragen, dass die Veräußerung der Derivate im Paket
ohne die Bestimmung von Einzelpreisen erfolgt sei.
cc) Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass
die Frage nicht beantwortet werden musste. Auf der Grundlage der Feststel-
lung, dass Einzelpreise für die veräußerten Derivate nicht vereinbart wurden, ist
nicht ersichtlich, warum die Annahme der Unmöglichkeit der Auskunftserteilung
rechtsfehlerhaft sein soll. Vielmehr trifft es zu, dass der auf die Derivate auf
Vorzugsaktien entfallende Erlösanteil allenfalls hätte geschätzt werden können.
Die Annahme des Beschwerdegerichts, die verlangten Auskünfte seien
nicht geeignet gewesen, auf eine Überschreitung des Unternehmensgegen-
stands zu schließen und hätten auch nicht Grundlage einer sinnvollen Risiko-
abschätzung sein können, weil für eine solche neben den (geschätzten) Veräu-
ßerungserlösen noch weitere Ertragspositionen in den Blick zu nehmen gewe-
sen wären, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt.
j) Frage 18:
aa) Die Frage des Aktionärs B. , die sich der Antragsteller zu Ei-
gen gemacht hat, lautet:
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„Wie hoch waren die Kosten für das Weiterrollen der Call-Optionen
auf 31 % an VW-Stammaktien pro Jahr im Jahr 2008 und hochge-
rechnet im Jahr 2009?"
Hierauf erteilte die Antragsgegnerin folgende Auskunft:
„Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass die Kosten im Ergebnis der
Aktienoptionsgeschäfte berücksichtigt sind."
bb) Das Beschwerdegericht meint, weitere Auskunft auf die Frage könne
nicht verlangt werden. Eine Bezifferung der Rollkosten der Call-Optionen sei
aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsaktionärs nicht erforderlich gewe-
sen. Jedenfalls könne die Antragsgegnerin die Auskunft verweigern. Dabei sei
es unschädlich, dass der Vorstand sich in der Hauptversammlung am
29. Januar 2010 nicht ausdrücklich auf ein diesbezügliches Auskunftsverweige-
rungsrecht berufen habe. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass
bei detaillierten Angaben zu den Rollkosten die Gefahr bestünde, Informationen
zu offenbaren, die Rückschlüsse auf Einzelheiten der Derivate ermöglichten.
cc) Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Die
Rechtsbeschwerde stellt nicht in Frage, dass die Preisgabe der verlangten In-
formationen geeignet wäre, der Antragsgegnerin nicht unerhebliche Nachteile
zuzufügen, und sie zeigt auch kein Vorbringen zu einem diese Nachteile über-
wiegenden Aufklärungsinteresse auf (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG). Der Um-
stand, dass der Vorstand sich nicht bereits in der Hauptversammlung auf das
Auskunftsverweigerungsrecht berufen hat, führt nicht dazu, dass die Auskunft
vom Antragsteller nunmehr erzwungen werden kann (vgl. Decher in Groß-
komm.AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 291; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl.,
§ 131 Rn. 36; s. auch oben Rn. 43).
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k) Bezüglich der Fragen 6, 8, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 19 und 20 wendet
sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls ohne Erfolg gegen die aus den dargeleg-
ten Gründen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bzw. gegen die an die-
se Feststellungen anknüpfenden rechtlich unbedenklichen Bewertungen des
Beschwerdegerichts.
Bergmann Strohn Caliebe
Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 17.05.2011 - 32 O 33/10 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 29.02.2012 - 20 W 5/11 -
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