Urteil des BGH vom 26.06.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 19/13
vom
26. Juni 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 120; ZPO § 719
Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Rechtsbeschwerdegericht
kommt auch in einer Familienstreitsache nicht in Betracht, wenn der Schuldner es
versäumt hat, vor dem Beschwerdegericht einen Antrag auf Einstellung oder Be-
schränkung der Zwangsvollstreckung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FamFG zu stellen (im
Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZR 111/10 - FamRZ 2011,
884; vom 24. November 2010 - XII ZR 31/10 - NJW-RR 2011, 705; vom 4. Juni 2008
- XII ZR 55/08 - NJW-RR 2008, 1038; vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR
2006, 1088 und vom 4. September 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, 1650).
BGH, Beschluss vom 26. Juni 2013 - XII ZB 19/13 - OLG Karlsruhe in Freiburg
AG Singen
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Der Antrag des Antragsgegners, die Zwangsvollstreckung aus
dem Beschluss des 5. Familiensenats in Freiburg des Oberlan-
desgerichts Karlsruhe vom 21. Dezember 2012 einstweilen einzu-
stellen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt.
Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht den Antragsgegner für die Zeit
ab März 2011 zur Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt verpflichtet. Auf
die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Entschei-
dung des Amtsgerichts teilweise abgeändert, indem es den Unterhalt erst ab
März 2012 und mit geringeren Beträgen festgesetzt hat.
Der Antragsgegner hat die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt,
mit welcher er die Abweisung der Unterhaltsanträge erstrebt. Er beantragt, die
Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss ohne Sicherheitsleis-
tung einstweilen einzustellen.
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II.
1. Auf das Verfahren ist nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG - ohne Rücksicht
auf das noch im Juli 2009 eingereichte Prozesskostenhilfegesuch - das seit
dem 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, wovon das
Oberlandesgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsbe-
schluss vom 29. Februar 2012 - XII ZB 198/11 - FamRZ 2012, 783) ausgegan-
gen ist.
2. Der Einstellungsantrag ist gemäß §§ 120 Abs. 1 FamFG, 719 Abs. 2
ZPO zulässig, aber unbegründet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie sie zum
Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergangen ist, kommt eine
Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht nicht in Be-
tracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen
Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein sol-
cher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom
6. April 2011 - XII ZR 111/10 - FamRZ 2011, 884; vom 24. November 2010
- XII ZR 31/10 - NJW-RR 2011, 705; vom 4. Juni 2008 - XII ZR 55/08 - NJW-RR
2008, 1038; vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom
4. September 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, 1650). Zumutbar ist ein
solcher Antrag unabhängig davon, ob die Partei damit rechnet, dass das Beru-
fungsgericht die Revision zulassen werde.
Diese Grundsätze sind in Bezug auf Ehe- und Familienstreitsachen auch
im Rahmen des seit dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechts un-
verändert anzuwenden. Dem Antragsgegner stand in der Beschwerdeinstanz
ein Antrag auf Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach
§ 120 Abs. 2 Satz 2 FamFG offen, der mit der Glaubhaftmachung zu verbinden
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war, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen
würde. Ein solcher Antrag entspricht einem Antrag nach § 712 ZPO aufgrund
der vorherigen Rechtslage. Da dem Antragsgegner zumutbar war, den Antrag
auf Vollstreckungsschutz zu stellen und er hiervon keinen Gebrauch gemacht
hat, scheidet eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Rechtsbe-
schwerdegericht aus.
Dose
Weber-Monecke
Klinkhammer
Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Singen, Entscheidung vom 18.01.2011 - 3 F 73/09 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 21.12.2012 - 5 UF 43/11 -