Urteil des BGH vom 20.10.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 246/07
vom
20. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 743, 745
a) Das Nutzungsrecht ist kein wesentlicher Bestandteil des Eigentums und damit
einer schuldrechtlichen Sondervereinbarung zugänglich (Bestätigung Sen.Urt. v.
8. Dezember 1997 - II ZR 203/96, ZIP 1998, 348 f.).
b) Die Gebrauchsvorteile eines im Miteigentum stehenden Grundstücks (hier: Miet-
zins aus der Vermietung von Stellplätzen) stehen den Teilhabern aufgrund ihrer
Mitberechtigung nur dann gemeinsam zu, wenn die Nutzungen mit dem Grund-
stück verbunden und nicht aufgrund einer Sondervereinbarung einzelnen Mitei-
gentümern als Sondernutzungsrecht zugewiesen sind. § 743 Abs. 1 BGB garan-
tiert nur die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 246/07 - LG Berlin
AG
Berlin-Mitte
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beab-
sichtigt, die Revision der Kläger gegen das Urteil der Zivilkam-
mer 51 des Landgerichts Berlin vom 30. November 2006 durch
Beschluss nach § 552 a ZPO zurückzuweisen.
Gründe:
Zulassungsgründe liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht
auf Erfolg.
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1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt der von ihm for-
mulierten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es steht außer Streit
und ist deshalb schon nicht klärungsbedürftig, dass innerhalb einer Bruchteils-
gemeinschaft in den Grenzen des § 745 Abs. 3 BGB durch Mehrheitsbeschluss
der Teilhaber Sondernutzungsrechte für einzelne Teilhaber begründet werden
können (siehe insoweit nur BGH, Urt. v. 17.
April 1953 - V ZR 58/52,
NJW 1953, 1427; Staudinger/Langhein, BGB [2002] § 743 Rdn. 40, § 745
Rdn. 14; MünchKommBGB/K. Schmidt, 4. Aufl. §§ 744, 745 Rdn. 24).
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Der Rechtsstreit wirft auch im Übrigen keine Rechtsfragen auf, die die
Zulassung der Revision rechtfertigen würden, und beruht nicht auf einem Ver-
fahrensverstoß zu Lasten der Kläger.
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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass den
Klägern gegen die Beklagte kein Anspruch auf Abrechnung über die Verwaltung
des Flurstücks 1180 und Auskehrung eines sich daraus ergebenden Verwal-
tungsüberschusses sowie auf Zahlung von 1.628,19 € nebst Zinsen zusteht.
Der Anspruch der Kläger scheitert bereits daran, dass ihnen kein Nutzungsrecht
an dem Flurstück zusteht. Fehlt es an dem Nutzungsrecht, hat die Beklagte
über die ihr allein zustehenden Nutzungen keine Abrechnung zu erteilen und
vor allem keinen Überschuss auszukehren, da sich ein solcher zugunsten der
Kläger nicht ergeben kann. Dies führt zur Unbegründetheit der Stufenklage und
des Zahlungsanspruchs.
a) Zwar besagt § 743 BGB, dass die Früchte und die Gebrauchsvorteile
des im Miteigentum (u.a. der Kläger) stehenden Grundstücks, worunter der aus
der Vermietung der Stellplätze erzielte Mietzins fällt, den Teilhabern aufgrund
ihrer Mitberechtigung gemeinsam zustehen. Dass mit dem im Miteigentum ste-
henden Grundstück Nutzungen verbunden sind, wird jedoch in § 743 BGB nicht
geregelt, sondern vorausgesetzt (Staudinger/Langhein aaO § 743 Rdn. 1), denn
§ 743 Abs. 1 BGB garantiert nur die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen
(MünchKommBGB/K. Schmidt aaO § 743 Rdn. 4).
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b) Hier ist aufgrund der Vereinbarungen in den zwischen den Klägern
und der Beklagten geschlossenen Kaufverträgen, mit denen sie das Bruchteils-
eigentum an dem Flurstück 1180 erworben haben, das Nutzungsrecht an dem
Flurstück nicht mitübertragen worden, sondern gemäß § 7 Abs. 3 des jeweiligen
Kaufvertrages bei der Beklagten verblieben.
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Eine derartige vertragliche Vereinbarung widerspricht entgegen der An-
sicht der Revision nicht dem abgeschlossenen Katalog des Sachenrechts, da
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sich an der dinglichen Zuordnung des Eigentums durch die rein schuldrechtli-
che Vereinbarung, das Nutzungsrecht bei der veräußernden Beklagten zu be-
lassen, nichts geändert hat. Auch sonst gibt es keine zwingenden gesetzlichen
Vorschriften, die eine derartige Vereinbarung ausschließen. Das Nutzungsrecht
ist kein wesentlicher Bestandteil des Eigentums und damit einer schuldrechtli-
chen Sondervereinbarung zugänglich (siehe nur Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997
- II ZR 203/96, ZIP 1998, 384 f.). Es war der Beklagten daher unbenommen,
das Nutzungsrecht, wie bei anderen Erwerbern geschehen, zusätzlich zu den
Miteigentumsanteilen gesondert zu einem dafür ausgewiesenen Kaufpreis zu
veräußern, und, soweit der Erwerb des Nutzungsrechts von den Grundstücks-
käufern - wie den Klägern - wegen des damit verbundenen erhöhten Kaufprei-
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ses nicht gewünscht war, dieses zu behalten und in ihrem eigenen wirtschaftli-
chen Interesse durch Vermietung der Stellplätze zu realisieren.
Hinweis:
erledigt worden.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 14.11.2005 - 22 C 101/04 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2006 - 51 S 348/05 -