Urteil des BFH vom 21.01.2015

Innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 21.1.2015, XI R 5/13
Innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren
Leitsätze
1. Ob der innergemeinschaftliche Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch den
Abnehmer im Bestimmungsmitgliedstaat den Vorschriften über die Umsatzbesteuerung
unterliegt, ist grundsätzlich nach Unionsrecht zu beurteilen.
2. Eine Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch einen im Inland ansässigen
Unternehmer an einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer, der keine USt-IdNr.
verwendet, kann als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein, wenn der Lieferer
redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese USt-IdNr.
nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass
der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt
hat.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 18. Dezember
2012 2 K 2283/10 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Lieferungen von Wein in das Vereinigte Königreich
(UK) umsatzsteuerfrei sind.
2 Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen Groß- und Einzelhandel mit
hochwertigen Weinen.
3 In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 (Streitjahr) vom 17. Januar 2005
behandelte die Klägerin u.a. Zahlungen auf sieben Rechnungen über Weinlieferungen an
den F-Fonds, UK, als Anzahlungen auf steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In
den Rechnungen wird jeweils auf die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche
Lieferungen hingewiesen. Ferner ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)
der C genannt, die im UK ein Verbrauchsteuerlager unterhielt und bei der der F-Fonds
über ein Verbrauchsteuerlagerkonto verfügte.
4 Der F-Fonds war eine nach dem Recht der Cayman Islands gegründete und in das
dortige Handelsregister eingetragene GmbH. Gegenstand des Fonds war die Geldanlage
in hochwertige Weine.
5 Die in Rechnung gestellten Beträge gingen bei der Klägerin noch im Streitjahr 2003 ein.
6 Die Lieferung der Weine in das Verbrauchsteuerlager der C im UK erfolgte im März 2004;
dazu sind neben den Rechnungen ein CMR-Frachtbrief, eine weiße
Spediteursbescheinigung sowie ein vom Zollamt R für Verbrauchsteuerzwecke
ausgestelltes begleitendes Verwaltungsdokument vorhanden.
7 Nachdem die Finanzverwaltung des UK der deutschen Finanzverwaltung im Jahr 2007
mitgeteilt hatte, dass die Klägerin innergemeinschaftliche Lieferungen an C angemeldet
habe und dies nicht korrekt sei, weil es sich bei C um ein Zoll- bzw. Verbrauchsteuerlager
handele, führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bei der
Klägerin eine Überprüfung der Weinlieferungen in das UK durch. Dabei wurde
festgestellt, dass auf den Rechnungen jeweils nicht eine USt-IdNr. des F-Fonds, sondern
die USt-IdNr. der C angegeben ist. Die Klägerin hatte sich die auf den Rechnungen
verwendete USt-IdNr. nicht gemäß § 18e Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
bestätigen lassen.
8 Das FA sah aufgrund dieser Erkenntnisse im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das
Streitjahr vom 17. Juli 2009 die o.g. Weinlieferungen als steuerpflichtig an, weil Abnehmer
der Weine der F-Fonds gewesen und eine gültige USt-IdNr. des F-Fonds nicht
nachgewiesen sei. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
9 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte
(EFG) 2013, 649 veröffentlichten Urteil ab. Es führte aus, nach den von der Klägerin
vorgelegten Belegen und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung stehe zwar fest,
dass sie die Weine in das UK versendet habe und der F-Fonds Abnehmer der
Weinlieferungen sei. Die Klägerin habe aber den Buch- und Belegnachweis nicht richtig
und vollständig erbracht, weil sie auf den zu den streitgegenständlichen Weinlieferungen
ausgestellten Rechnungen und in ihren Büchern nicht die USt-IdNr. des tatsächlichen
Abnehmers (F-Fonds) angegeben bzw. aufgezeichnet habe.
10 Die Steuerbefreiung könne der Klägerin darüber hinaus deshalb nicht gewährt werden,
weil nicht sämtliche Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erfüllt seien. Zwar sei der F-
Fonds als Abnehmer Unternehmer i.S. von § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG. Die Klägerin
könne aber nicht nachweisen, dass der Erwerb des Weins beim Abnehmer im UK den
Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliege (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG); denn die
Weinlieferungen unterlägen nicht gemäß Art. 28a Abs. 1 Buchst. a und c der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten (Richtlinie 77/388/EWG) der Umsatzbesteuerung,
insbesondere der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen.
Unter Verweis auf das Mehrwertsteuerrecht des UK lege die Klägerin vielmehr dar, dass
innergemeinschaftliche Erwerbe von Waren, die in ein Verbrauchsteuerlager überführt
werden, im UK nicht steuerbar seien, da der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs
aufgrund dieser Vorschriften als außerhalb des UK gelegen angesehen werde.
11 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts sowie hilfsweise eine
unzureichende Aufklärung des Mehrwertsteuerrechts des UK.
12 Sie legt dar, sowohl aus Sicht des deutschen Rechts als auch aus Sicht des Unionsrechts
unterliege der innergemeinschaftliche Erwerb der Weine durch den F-Fonds der
Erwerbsbesteuerung. Es komme nicht darauf an, dass der innergemeinschaftliche Erwerb
tatsächlich besteuert werde, sondern darauf, dass der innergemeinschaftliche Erwerb
steuerbar sei. Der innergemeinschaftliche Erwerb müsse zudem der
innergemeinschaftlichen Lieferung nicht unmittelbar folgen. Aus der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ergebe sich, dass Waren in einem Zolllager
den Vorschriften über die Umsatzbesteuerung unterlägen; dies gelte auch für Steuerlager.
Die Lieferung der Waren sei lediglich umsatzsteuerfrei. Soweit das Recht des UK in
Section 18 Abs. 3 VAT act 1994 möglicherweise den Ort des innergemeinschaftlichen
Erwerbs an einen Ort außerhalb des UK verlege, bestehe eine Befugnis zur Änderung
des Orts des Umsatzes nach Unionsrecht nicht; es handele sich bei richtlinienkonformer
Auslegung in Wahrheit um eine Steuerbefreiung. Unabhängig davon sei für die Prüfung,
ob der innergemeinschaftliche Erwerb den Vorschriften über die Erwerbsbesteuerung
unterliege, das Unionsrecht und nicht eine möglicherweise unzutreffende Umsetzung
durch den Bestimmungsmitgliedstaat maßgeblich. Hilfsweise beruft sich die Klägerin
unmittelbar auf Art. 28c der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 138 der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).
13 In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin dargelegt, der deutsche
Gesetzgeber habe die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht in nationales Recht umgesetzt. Sie, die Klägerin,
sei daher bei Ausführung der Umsätze nicht in der Lage gewesen, ihre dabei zu
beachtenden steuerrechtlichen Pflichten zu erkennen.
14 Ferner trägt sie vor, die Steuerbefreiung dürfe nicht deshalb versagt werden, weil sie, die
Klägerin, keine USt-IdNr. des F-Fonds buchmäßig aufgezeichnet habe; denn sie sei
redlich gewesen und habe alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine USt-IdNr.
des F-Fonds nachzuweisen. Dies sei unmöglich, weil der F-Fonds über eine solche nicht
verfüge. Nach der Rechtsprechung des EuGH reiche es aus, dass der Unternehmer die
USt-IdNr. nicht mitteilen könne, er aber andere Angaben mache, die die
Unternehmereigenschaft des Erwerbers hinreichend belegen; das zusätzliche Erfordernis,
dass der Leistende alle zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung einer USt-IdNr. ergriffen
haben müsse, gelte nur im Falle des Mehrwertsteuerbetrugs.
15 Die Klägerin beantragt, die angefochtene Vorentscheidung sowie den
Umsatzsteuerbescheid vom 17. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 auf ... EUR festzusetzen.
16 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise, unter
Aufhebung der Vorentscheidung die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
17 II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
18 Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb der
Weine beim F-Fonds nicht den Vorschriften über die Umsatzbesteuerung unterliegt.
Allerdings könnte der Gewährung der Steuerbefreiung entgegenstehen, dass die Klägerin
eine USt-IdNr. des F-Fonds nicht aufgezeichnet hat. Dazu sind vom FG weitere
Feststellungen zu treffen.
19 1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a
Abs. 1 Satz 1 UStG), wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der
Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der
Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG)
und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen
Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
UStG).
20 Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung im vorliegenden
Zusammenhang beruhte im Streitjahr u.a. auf Art. 28c Teil A Buchst. a und c der Richtlinie
77/388/EWG. Danach
21 "... befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer
korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur
Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen:
a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer
oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3
bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden,
wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine
nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in
einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung
der Gegenstände handelt.
Diese Befreiung gilt weder für die Lieferungen von Gegenständen, die von
Steuerpflichtigen, für die die Steuerbefreiung gemäß Artikel 24 gilt, bewirkt werden, noch
für Lieferungen von Gegenständen, die an Steuerpflichtige oder an nichtsteuerpflichtige
juristische Personen, für die die Abweichung gemäß Artikel 28a Absatz 1 Buchstabe a)
Unterabsatz 2 gilt, bewirkt werden;
b) ...
c) die Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die an den Käufer durch den
Verkäufer, durch den Käufer oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3
bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden,
für Steuerpflichtige oder für nichtsteuerpflichtige juristische Personen, für die die
Abweichung gemäß Artikel 28a Absatz 1 Buchstabe a) Unterabsatz 2 gilt, wenn der
Versand oder die Beförderung der Gegenstände gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 oder
Artikel 16 der Richtlinie 92/12/EWG durchgeführt worden ist.
Die Befreiung findet keine Anwendung auf die Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger
Waren durch Steuerpflichtige, die unter die Befreiung nach Artikel 24 fallen."
22 2. Ausgehend davon hat das FG zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des
§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG nur dann erfüllt sind, wenn im UK ein steuerbarer
innergemeinschaftlicher Erwerb durch den F-Fonds stattgefunden hat.
23 a) Die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands und sein
innergemeinschaftlicher Erwerb sind in Wirklichkeit ein und derselbe wirtschaftliche
Vorgang (EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos, Slg. 2007, I-7797,
BStBl II 2009, 70, Rz 23; vom 18. November 2010 C-84/09, X, Slg. 2010, I-11645,
Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 103, Rz 28; Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH--
vom 17. Februar 2011 V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769, Rz 15; vom
17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 17; vom
14. Dezember 2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006, Rz 19).
24 b) Es besteht aber keine strenge Konnexität in der Weise, dass die Steuerbefreiung nur zu
gewähren ist, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wird (EuGH-
Urteil Teleos in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 24, 69 ff.; BFH-Urteil vom
8. November 2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55). Vielmehr genügt hierfür
--wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat-- die bloße Steuerbarkeit in dem anderen
Mitgliedstaat (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 XI B 24/09, BFHE 226, 449, BFH/NV
2009, 1567; Handzik in Offerhaus/Söhn/Lange, § 6a UStG Rz 52; Vogel in
Vogel/Schwarz, UStG, § 6a Rz 112). Der Umsatzbesteuerung im
Bestimmungsmitgliedstaat unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb deshalb z.B.
auch dann, wenn er dort steuerfrei ist (z.B. nach Art. 28c Teil B, Teil E i.V.m. Art. 16
Abs. 1a der Richtlinie 77/388/EWG, jetzt: Art. 140 f., 162 der MwStSystRL, § 4b UStG)
oder einem sog. Nullsatz unterliegt (so zutreffend Abschn. 6a.1. Abs. 18 Satz 4 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses). Deshalb hindert eine Steuerbefreiung des
innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat die Steuerbefreiung im
Ursprungsmitgliedstaat nicht.
25 3. Zu Unrecht ist das FG allerdings davon ausgegangen, dass im Streitfall im UK kein
steuerbarer innergemeinschaftlicher Erwerb durch den F-Fonds stattgefunden und der
innergemeinschaftliche Erwerb beim F-Fonds im UK nicht den Vorschriften der
Umsatzbesteuerung unterlegen habe.
26 a) Nach Art. 28a Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG unterliegen u.a. der Mehrwertsteuer
27 "a) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland
durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder aber durch eine
nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, wenn der Verkäufer ein
Steuerpflichtiger ist und als solcher handelt und für ihn die Steuerbefreiung gemäß
Artikel 24 nicht gilt und er nicht unter Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 oder
Artikel 28b Teil B Absatz 1 fällt. ...
b) ...
c) der innergemeinschaftliche Erwerb von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, der gegen
Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen oder durch eine nichtsteuerpflichtige
juristische Person, die unter die Ausnahmeregelung nach Buchstabe a) Unterabsatz 2
fällt, bewirkt wird und bei dem der Verbrauchsteueranspruch nach der Richtlinie
92/12/EWG im Inland entsteht."
28 b) Diese Voraussetzungen für die Steuerbarkeit des innergemeinschaftlichen Erwerbs im
UK liegen beim F-Fonds vor.
29 aa) Der F-Fonds ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ein Steuerpflichtiger,
der beim Erwerb der Weine überdies auch als solcher gehandelt hat. Er ist auch kein
Kleinunternehmer i.S. des Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG; die anderen in Art. 28a
Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG genannten Ausnahmen greifen ebenfalls
nicht ein. Gemäß Art. 28a Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG haben bei der
Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren an Unternehmer diese regelmäßig im
Bestimmungsmitgliedstaat eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs
vorzunehmen (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 32).
30 bb) Wein ist eine verbrauchsteuerpflichtige Ware: Auf Wein als alkoholisches Getränk i.S.
des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das
allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle
verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG--
Nr. L 76 vom 23. März 1992, S. 1 --Richtlinie 92/12/EWG--) müssen die Mitgliedstaaten
eine Verbrauchsteuer erheben (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom
19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und
alkoholische Getränke, ABlEG Nr. L 316 vom 31. Oktober 1992, S. 21 --Richtlinie
92/83/EWG--). Der nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 92/83/EWG i.V.m. Art. 5 der Richtlinie
92/84/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der
Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABlEG Nr. L 316 vom
31. Oktober 1992, S. 29 --Richtlinie 92/84/EWG--) maßgebliche
Mindestverbrauchsteuersatz auf Wein beträgt zwar 0 ECU, so dass in der Bundesrepublik
Deutschland (Deutschland) zulässigerweise keine Verbrauchsteuer auf Wein erhoben
wird (vgl. z.B. Jatzke, Betriebs-Berater 1993, 41). Dies ändert indes nichts daran, dass
Wein eine verbrauchsteuerpflichtige Ware im Sinne der Richtlinie 92/12/EWG ist; obwohl
Deutschland keine Weinsteuer erhebt und Wein auch kein Steuergegenstand des
Gesetzes zur Besteuerung von Schaumwein und Zwischenerzeugnissen
(SchaumwZwStG) ist, enthielten die §§ 26 ff. SchaumwZwStG in der im Streitjahr
geltenden Fassung (jetzt: §§ 32 f. SchaumwZwStG) Vorschriften zum
innergemeinschaftlichen Warenverkehr mit und zum innergemeinschaftlichen Verbringen
von Wein.
31 c) Der Ort dieses innergemeinschaftlichen Erwerbs lag nach Art. 28b Teil A Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG im UK, weil sich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG
die Weine dort zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands befunden haben. Auch
Verbrauchsteuerlager sind --wie Zolllager (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 8. November 2012
C-165/11, Profitube, UR 2013, 68, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR--
2013, 77, Rz 55 ff.; s. auch BFH-Urteil vom 3. November 2005 V R 63/02, BFHE 212, 161,
BStBl II 2006, 337, unter II.2.b, zu "duty-free-shops")-- Teil des Inlands des betreffenden
Mitgliedstaats.
32 aa) Soweit das FG ausgeführt hat, dass seiner Auffassung nach der Ort des
innergemeinschaftlichen Erwerbs aufgrund von Vorschriften des UK vom UK als
außerhalb des UK gelegen angesehen wird, führt dies zu keiner anderen Beurteilung.
33 Ob das UK die Bestimmungen des Unionsrechts in seinem nationalen Recht zutreffend
umgesetzt hat oder nicht, bedarf keiner Entscheidung durch das FG oder den Senat; denn
nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne in Ermangelung
fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die
inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber allen nicht
richtlinienkonformen mitgliedstaatlichen Vorschriften berufen; er kann sich auf diese
Bestimmungen auch berufen, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die
der Einzelne dem Staat gegenüber geltend machen kann (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom
28. November 2013 C-319/12, MDDP, HFR 2014, 177, Mehrwertsteuerrecht --MwStR--
2014, 15, Rz 47 und 52; vom 9. Oktober 2014 C-492/13, Traum, HFR 2014, 1131, MwStR
2014, 795, Rz 45, 47; vgl. auch BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 17/13, BFHE 243,
456, BFH/NV 2014, 284, Rz 17 f.). Dies ist vorliegend der Fall, da Art. 28a und Art. 28c der
Richtlinie 77/388/EWG so auszulegen sind, dass sie dieselbe Bedeutung und dieselbe
Reichweite haben (vgl. EuGH-Urteil X in Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 28). Ein --
vom FG angenommenes-- Umsetzungsdefizit des UK ginge deshalb nicht zu Lasten der
im Inland ansässigen Klägerin, die sich auf das für sie günstigere Unionsrecht berufen
könnte.
34 bb) Der Einwand des FA, eine Berufung der Klägerin auf Unionsrecht sei nicht möglich,
weil Art. 28c Teil E, Art. 16 Abs. 1, Abs. 1a der Richtlinie 77/388/EWG es den
Mitgliedstaaten erlaubten, Umsätze nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, was so
verstanden werden müsse, dass der Erwerb der Weine dann nicht steuerbar sei, greift
nicht durch; denn bei Art. 16 der Richtlinie 77/388/EWG (als Teil des Abschnitts X
"Steuerbefreiungen") handelt es sich um eine Steuerbefreiung (vgl. EuGH-Urteil vom
9. Februar 2006 C-305/03, Kommission/ Vereinigtes Königreich, Slg. 2006, I-1213,
BFH/NV Beilage 2006, 250, Rz 40). Deshalb kann dahinstehen und bedarf keiner
weiteren Feststellung durch das FG, ob Section 18 VAT act 1994 eine zulässige
Lagerregelung i.S. des Art. 28c Teil E, Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. e, Abs. 1a der
Richtlinie 77/388/EWG, Art. 4 Buchst. b der Richtlinie 92/12/EWG enthielt (vgl. zum
deutschen Recht § 4b Nr. 2, § 4 Nr. 4a UStG sowie Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen --BMF-- vom 28. Januar 2004 IV D 1 –S 7157- 1/04, BStBl I 2004, 242,
Tz. 15 und Anlage 2 Beispiel 4; bejahend Büchter-Hole, EFG 2013, 651, 652).
35 d) Der Auffassung des FA, die Existenz einer USt-IdNr. des Erwerbers sei ein materielles
Tatbestandsmerkmal des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bzw. sei in diese Vorschrift
"hineinzulesen", vermag der Senat ebenfalls nicht beizupflichten.
36 Vielmehr ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH, dass es sich dabei
um ein formelles Erfordernis handelt (vgl. EuGH-Urteile vom 6. September 2012 C-
273/11, Mecsek-Gabona, UR 2012, 796, HFR 2012, 1121, Rz 59; vom 27. September
2012 C-587/10, VSTR, UR 2012, 832, HFR 2012, 1212, Rz 51; s. auch EuGH-Urteile vom
21. Oktober 2010 C-385/09, Nidera Handelscompagnie, Slg. 2010, I-10385, UR 2011, 27,
Rz 50; vom 12. Juli 2012 C-284/11, EMS-Bulgaria, UR 2012, 642, HFR 2012, 1022, Rz 26
bis 28, 60).
37 4. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Der Gewährung der Steuerbefreiung könnte
nach der Rechtsprechung des EuGH --trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 6a
Abs. 1 UStG-- entgegenstehen, dass die Klägerin die USt-IdNr. des F-Fonds nicht
aufgezeichnet hat. Dazu sind vom FG weitere Feststellungen zu treffen.
38 a) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen u.a. die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG
vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das BMF kann mit Zustimmung des Bundesrates
durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat
(§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG). Davon hat der Verordnungsgeber u.a. in § 17c der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) Gebrauch gemacht.
39 b) § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV sieht vor, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der
Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers"
buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen
eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1
Satz 2 UStDV).
40 c) Diese Verpflichtung hat die Klägerin --worauf das FG zutreffend hingewiesen hat-- im
Streitfall nicht erfüllt; denn sie hat eine USt-IdNr. des F-Fonds als Abnehmer der Weine
nicht buchmäßig aufgezeichnet. Auch die Annahme der Klägerin, der Buchnachweis sei
zulässigerweise nachgeholt worden, trifft nicht zu.
41 d) Ob die fehlende Aufzeichnung einer USt-IdNr. des F-Fonds unschädlich ist, kann
aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt
werden.
42 aa) Der EuGH hat durch das Urteil VSTR (UR 2012, 832, HFR 2012, 1212) entschieden,
dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --für den im Streitfall
einschlägigen Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG kann insoweit nichts
anderes gelten-- dahin auszulegen ist, dass er es der Finanzverwaltung eines
Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen
Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die USt-IdNr. des Erwerbers
mitteilt. § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV ist deshalb unionsrechtlich nicht zu beanstanden
(BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09, BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 80).
43 bb) Dies gilt allerdings nach dem EuGH-Urteil VSTR (UR 2012, 832, HFR 2012, 1212,
Rz 52 und 58) unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund
verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer
redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die USt-
IdNr. des Erwerbers nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die
hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem
betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat (s. auch BFH-Urteil in BFHE 242, 84,
BFH/NV 2013, 1524, Rz 81).
44 cc) Soweit die Klägerin einwendet, die Annahme dieser kumulativen Voraussetzung
beruhe auf einer Übersetzungsungenauigkeit, berücksichtigt sie zunächst nicht, dass die
Verfahrenssprache des EuGH in der Rechtssache VSTR (UR 2012, 832, HFR 2012,
1212) deutsch war. Im Übrigen verlangt der EuGH auch in Rz 52 und 58 der von der
Klägerin angeführten Sprachfassungen, dass der Lieferer gutgläubig gehandelt und alle
Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können ("acting
in good faith and having taken all the measures which can reasonably be required of him"
bzw. "de bonne foi, et après avoir pris toutes les mesures pouvant être raisonnablement
exigées de lui"). Diese vom EuGH (nur) für die USt-IdNr. zusätzlich aufgestellte
Voraussetzung ist geeignet, die korrekte und einfache Anwendung der Befreiung zu
gewährleisten und Missbräuche, Steuerumgehungen oder -hinterziehungen im
Bestimmungsland zu verhüten (vgl. EuGH-Urteil VSTR in UR 2012, 832, HFR 2012,
1212, Rz 43; s. auch Frye in Rau/ Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 6a Rz 586;
Schießl, HFR 2013, 824, 826).
45 dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt dieses zusätzliche Erfordernis nicht
lediglich in Fällen des Mehrwertsteuerbetrugs, wie sich aus Rz 52 und 58 des EuGH-
Urteils VSTR in UR 2012, 832, HFR 2012, 1212 ergibt. Im Übrigen hatte auch im
Verfahren VSTR offenbar keiner der Beteiligten betrügerisch gehandelt (vgl. EuGH-Urteil
in UR 2012, 832, HFR 2012, 1212, Rz 53).
46 ee) Als ebenfalls nicht durchgreifend erweist sich der Einwand der Klägerin, der
Gesetzgeber habe in § 6a UStG und §§ 17a, 17c UStDV die Steuerbefreiung für
innergemeinschaftliche Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht zutreffend
umgesetzt, weshalb sie die Verpflichtung, im Rahmen des Buchnachweises die USt-IdNr.
aufzuzeichnen, nicht habe vorhersehen können. Die Klägerin macht zwar sinngemäß
geltend, der Wortlaut des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG sei insoweit zu eng gefasst;
jedoch setzt auch Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG u.a. den
"Steuerpflichtigen" voraus. Dass eine Person Steuerpflichtiger ist, weist die USt-
IdNr. nach (s. Art. 22 Abs. 1 Buchst c und e der Richtlinie 77/388/EWG; zur Bedeutung der
USt-IdNr. s. z.B. EuGH-Urteil vom 14. März 2013 C-527/11, Ablessio, UR 2013, 392, HFR
2013, 548, Rz 19 f., 29). Den Buchnachweis der USt-IdNr. verlangt § 17c Abs. 1 Satz 1
UStDV deshalb zu Recht für alle innergemeinschaftlichen Lieferungen. Dies war auch
bereits im Streitjahr für die Klägerin erkennbar.
47 Anders als die Klägerin meint, belegt überdies der Vergleich mit dem gegenwärtigen
Rechtszustand die fehlende Lückenhaftigkeit des § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV: Der
Verordnungsgeber hat zwar mit der Elften Verordnung zur Änderung der UStDV vom
25. März 2013 (BGBl I 2013, 602) einen abweichenden Belegnachweis für
verbrauchsteuerpflichtige Waren in § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UStDV zugelassen (s. Frye
in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 6a Rz 687 ff.; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a
Rz 103, 155). Am Buchnachweis des § 17c Abs. 1 UStDV sind jedoch gleichzeitig keine
Änderungen erfolgt.
48 e) Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können,
ob die unter II.4.d bb genannten Anforderungen im Streitfall erfüllt worden sind. Die Sache
geht deshalb zur Nachholung weiterer tatsächlicher Feststellungen zu dieser Frage an
das FG zurück.
49 aa) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist der F-Fonds als Abnehmer der
Weine Unternehmer. Diese Feststellung ist aufgrund der vom FG festgestellten Tatsachen
möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher
den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO). Die im Revisionsverfahren vorgebrachten Einwendungen
des FA gegen die Würdigung des FG greifen daher nicht durch.
50 bb) Auch hat die Klägerin Angaben gemacht, die aus Sicht des FG hinreichend belegen
konnten, dass der F-Fonds als Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden
Vorgang als solcher gehandelt hat.
51 cc) Allerdings hat das FG nicht festgestellt, ob die Klägerin alle ihr zumutbaren
Maßnahmen ergriffen hat, um eine USt-IdNr. des F-Fonds mitzuteilen. Diese Frage ist
zwischen den Beteiligten umstritten.
52 Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin die USt-IdNr. des C "auf Nachfrage ...
verwendet, ohne sich darüber zu vergewissern, ob es sich hierbei um die USt-IdNr. des F
handelt" (S. 13 des Urteils). Das FG hat jedoch --ausgehend von seiner
Rechtsauffassung-- nicht festgestellt, von wem wann welche Maßnahme ergriffen worden
ist und zu welchem genauen Ergebnis dies geführt hat. Der von der Klägerin dem FG
ergänzend vorgelegte E-Mail-Verkehr, in dem nicht ausdrücklich darauf hingewiesen ist,
dass es sich bei der mitgeteilten Nummer um die Nummer eines Dritten handelt, stammt
aus dem Jahr 2007 und lässt schon deshalb keine Rückschlüsse auf 2003 (Anzahlung)
und 2004 (Lieferung) zu. Bereits zu dieser Zeit muss es Gespräche über die zu
verwendende USt-IdNr. gegeben haben, nachdem in den Rechnungen und
Aufzeichnungen der Klägerin sowie in den Zusammenfassenden Meldungen (§ 18a
UStG) der Klägerin eine solche enthalten war.
53 Das FG wird Feststellungen dazu zu treffen haben, wie der konkrete tatsächliche
Geschehensablauf war.
54 f) Von einer Zurückverweisung kann nicht deshalb abgesehen werden, weil der Klägerin
Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG zu gewähren sein könnte.
55 Der Klägerin ist, wovon das FG zutreffend ausgegangen ist, kein Vertrauensschutz zu
gewähren, weil sie --wie unter II.4.c dargelegt-- ihre Nachweispflichten nicht erfüllt hat
(vgl. dazu zuletzt BFH-Urteile vom 14. November 2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596;
vom 25. April 2013 V R 28/11, BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656).
56 5. Der Senat weist das FG aus verfahrensökonomischen Gründen für den zweiten
Rechtsgang auf folgende Erwägungen hin:
57 Soweit das FG festgestellt hat, dass die Klägerin sich die mitgeteilte USt-IdNr. nicht
gemäß § 18e Nr. 1 UStG habe bestätigen lassen, wird das FG die Zumutbarkeit einer
solchen Abfrage im Lichte seiner tatsächlichen Feststellungen zu der Nachfrage der
Klägerin beim F-Fonds zu prüfen haben.
58 a) Im Verfahren VSTR war von der dortigen Klägerin eine solche Bestätigung eingeholt
worden (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09, BFHE 231, 382, BStBl
II 2011, 237, Rz 4; BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 3) und hatte
ergeben, dass die Nummer von einem Dritten stammte. Dies stand der Gewährung der
Steuerbefreiung nicht entgegen (vgl. EuGH-Urteil in UR 2012, 832, HFR 2012, 1212,
Rz 53 ff.; BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 81 ff.).
59 b) Sollte das FG im Streitfall z.B. feststellen, dass der F-Fonds der Klägerin bereits zu
Beginn der langjährigen Geschäftsbeziehung auf die Frage nach seiner USt-IdNr.
mitgeteilt hat, dass er über keine eigene USt-IdNr. verfüge, und der Klägerin deshalb die
USt-IdNr. eines Dritten (hier: C) mitgeteilt hat, wird das FG prüfen müssen, ob es dann
entbehrlich erscheint, sich die Aussage des F-Fonds, die mitgeteilte USt-IdNr. stamme
nicht von ihm, sondern von C, noch zusätzlich durch eine Abfrage der USt-IdNr. beim
Bundeszentralamt für Steuern gemäß § 18e Nr. 1 UStG bestätigen zu lassen. Im Rahmen
seiner Prüfung der Zumutbarkeit hat das FG zu berücksichtigen, dass --was das FA in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigt hat-- im Streitfall kein
betrügerisches Verhalten der beteiligten Personen erkennbar ist, eine Gefährdung des
Steueraufkommens des UK wegen Überführung der Weine in ein Verbrauchsteuerlager
des UK nicht bestand und die Klägerin die gültige USt-IdNr. der Lagerhalterin C, bei der
der F-Fonds ein Verbrauchsteuerlagerkonto unterhielt, aufgezeichnet hat.
60 c) Sollte die Klägerin möglicherweise andere formelle Erfordernisse nicht erfüllt haben, ist
dies grundsätzlich unschädlich (vgl. EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-146/05,
Collée, Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 31 ff.).
61 6. Das vorliegende Verfahren ist nicht wegen des EuGH-Vorlagebeschlusses des FG
München vom 4. Dezember 2014 14 K 1511/14 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2015,
358), auf den beide Beteiligte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
hingewiesen haben, gemäß § 74 FGO auszusetzen.
62 Denn unabhängig davon, dass es dort um einen Fall des innergemeinschaftlichen
Verbringens geht, bedarf es hier --anders als dort-- weiterer tatsächlicher Aufklärung durch
das FG, ob die Klägerin alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung einer USt-IdNr.
des F-Fonds ergriffen hat. Diese Voraussetzung war in dem der EuGH-Vorlage des FG
München in DStR 2015, 358 zugrunde liegenden Fall erfüllt, wie sich aus der
Vorlagefrage ergibt.
63 7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.