Urteil des BFH vom 25.02.2015

Innergemeinschaftliches Reihengeschäft: Zuordnung der Warenbewegung, Vertrauensschutz; Ermittlungspflicht des Gerichts

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.2.2015, XI R 15/14
Innergemeinschaftliches Reihengeschäft: Zuordnung der Warenbewegung, Vertrauensschutz;
Ermittlungspflicht des Gerichts
Leitsätze
1. Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und
gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten
Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), ist die Beförderung oder Versendung
des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen.
2. Bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und zwei
Lieferungen (A an B sowie B an C) setzt die erforderliche Zuordnung der (einen)
innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung des Gegenstands zu einer der beiden
Lieferungen eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere die
Feststellung voraus, ob der Ersterwerber (B) dem Zweiterwerber (C) die Befähigung, wie ein
Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, im Inland übertragen hat.
3. Dabei kommt es auf die objektiven Umstände an; hiervon abweichende
Absichtsbekundungen können im Rahmen der Prüfung des Vertrauensschutzes von Bedeutung
sein.
4. Verbleiben nach der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der
insbesondere der Ersterwerber (B) zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden kann,
nicht behebbare Zweifel daran, dass der Ersterwerber (B) dem Zweiterwerber (C) die
Verfügungsmacht noch im Inland übertragen hat, ist die Warenbewegung der ersten Lieferung
(A an B) zuzuordnen.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. März
2014 2 K 1127/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1 I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.
2 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin
der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen A-GmbH.
3 Am 24. November 1998 bestellte die B mit Sitz in M/Vereinigte Staaten von Amerika
(USA), die über eine feste Niederlassung in der Portugiesischen Republik (Portugal)
verfügte, bei der A-GmbH zwei Maschinen (nebst Zubehör) für 750.000 DM.
4 Nachdem die A-GmbH die B aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
(USt-IdNr.) mitzuteilen, antwortete die B, sie habe die Maschinen an die in der Republik
Finnland (Finnland) ansässige C-Ltd. (weiter) veräußert und teilte der A-GmbH die USt-
IdNr. der C-Ltd. mit, die die A-GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.
5 Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die B
beauftragt hatte, bei der A-GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am
17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft.
6 Am 14. Dezember 1998 erteilte die A-GmbH gegenüber B in den USA eine Rechnung
über die Lieferung der Maschinen für 750.000 DM. Umsatzsteuer wies die A-GmbH nicht
offen aus. Dabei gab sie die USt-IdNr. der C-Ltd. als Abnehmerin an. Des Weiteren
vermerkte sie u.a., dass der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in
Finnland und damit nicht in Deutschland den Vorschriften der Umsatzsteuerbesteuerung
unterliege.
7 B hatte bereits am 10. Dezember 1998 eine Rechnung über den Verkauf der Maschinen
zum Preis von 880.000 DM an die C-Ltd. in Rechnung gestellt. Die C-Ltd. zahlte am
24. November 1998 86.000 DM und am 14. Dezember 1998 den Restbetrag von
794.000 DM an B. Die C-Ltd. zahlte außerdem an die Z auf eine Rechnung vom
8. Februar 1999 Frachtkosten für den Transport von L nach Helsinki/Finnland.
8 In der Folgezeit nahm die Klägerin Kontakt zum seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA X)
auf und vermerkte am 17. August 2004 auf der Rechnung an die B, dass der
Rechnungsinhalt im Zeitpunkt der Rechnungslegung mit dem Sachgebietsleiter
abgestimmt worden sei und dass die Betriebsprüfung diesen Sachverhalt nicht
beanstandet habe.
9 Die Klägerin behandelte die Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr
1998 (Streitjahr), der das FA X am 31. März 2000 zustimmte, als umsatzsteuerfrei.
10 Das FA X erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das
Streitjahr, in dem es die Lieferung als umsatzsteuerpflichtig behandelte. Den Einspruch
der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar
2007 als unbegründet zurück. Es sei ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft mit
zwei Lieferungen durchgeführt worden, die erste zwischen der A-GmbH und B und die
zweite zwischen der B und der C-Ltd. B habe die Ware befördert, daher sei sie
Abnehmerin der ersten Lieferung. Ort der Lieferung sei Deutschland. Die Steuerbefreiung
des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) greife gleichwohl
nicht ein, da B als Abnehmerin keine USt-IdNr. des Bestimmungslandes oder eines
anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) verwendet habe.
11 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007
geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1998 mit Urteil vom 25. Februar
2009 2 K 484/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1418) ab.
12 Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl
II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen
Union (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat diese
Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10, VSTR (Höchstrichterliche
Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832)
beantwortet.
13 Im Anschluss daran hat der Senat mit Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09 (BFHE 242, 84,
BFH/NV 2013, 1524) das Urteil des FG in EFG 2009, 1418 aufgehoben und die Sache
zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurückverwiesen.
14 Im zweiten Rechtsgang richtete das FA ein Auskunftsersuchen an die finnischen
Steuerbehörden. Dieses ergab u.a., dass die Maschinen unmittelbar von der A-GmbH zur
C-Ltd. "geliefert" worden seien. Es habe keine direkten Zahlungen zwischen der C-Ltd.
und der A-GmbH gegeben. Schriftliche Verträge oder Liefervereinbarungen zwischen der
B und der C-Ltd. lägen nicht vor. Es existiere noch eine Rechnung der B an die C-Ltd. Die
C-Ltd. habe die Anschaffung als innergemeinschaftlichen Erwerb gebucht, aber
möglicherweise nicht als solchen erklärt. Allerdings könnten die Steuererklärungen später
geändert worden sein. Dies könne in den Datenbanken nicht mehr überprüft werden, da
die Transaktion im Jahr 1998 stattgefunden habe.
15 Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt. Sein Urteil ist in Mehrwertsteuerrecht
(MwStR) 2014, 619 veröffentlicht.
16 Mit seiner Revision führt das FA im Wesentlichen aus, es halte das Urteil des FG Münster
vom 16. Januar 2014 5 K 3930/10 U (EFG 2014, 682), das dem zurückverweisenden
Urteil des Senats in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 in der zentralen Aussage
widersprochen habe, für zutreffend.
17 Ergänzend merkt das FA an, nach § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG obliege es dem mittleren
Unternehmer nachzuweisen, dass er den Gegenstand als Lieferer versende oder
befördere. Das FG gehe davon aus, dass im Verwaltungsverfahren das FA zur
Sachverhaltsermittlung verpflichtet sei. Dies verkehre § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG in sein
Gegenteil und widerspreche in gewisser Weise § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG.
18 Obwohl der hier zu beurteilende Umsatz mithin (an sich) steuerpflichtig sei, müsse der
Rechtsstreit trotzdem an das FG zurückverwiesen werden, weil das FG --von seinem
Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob das FA nach
Treu und Glauben gehindert sei, den Steueranspruch gegen die Klägerin geltend zu
machen.
19 Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG
zurückzuverweisen.
20 Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
21 Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
22 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Entscheidung des FG ist im Ergebnis
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
23 1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfreie-- innergemeinschaftliche
Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn der Unternehmer oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der
Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchst. a), und der Erwerb des
Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den
Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).
24 b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG
vom Unternehmer nachgewiesen sein.
25 aa) Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der im Streitjahr geltenden Fassung
geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im
Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar
ergeben (sog. Belegnachweis).
26 bb) Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die
Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog.
Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der
Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).
27 c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m.
§ 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG).
28 Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung
einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur
Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen: a) die
Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder
durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3
bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden,
wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine
nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in
einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung
der Gegenstände handelt".
29 2. Der Senat hat zu der streitbefangenen Lieferung in Rz 36 ff. des Urteils des
Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, auf die er zur
Vermeidung von Wiederholungen verweist, Folgendes entschieden:
30 a) Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen.
Die A-GmbH kann nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt
haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland
nach Finnland der ersten Lieferung zwischen der A-GmbH und B zugeordnet werden
kann; denn die Beförderung oder Versendung des Gegenstands sei gemäß § 3 Abs. 6
Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.
31 Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom
Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die
Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder
Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch
Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen
des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten
dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als
ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."
32 b) § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend,
dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der
Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung
kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG widerlegt werden. Zwar ist in der
Richtlinie 77/388/EWG keine entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen.
§ 3 Abs. 6 Satz 6 UStG ist trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der
Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen
Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen nach
wie vor anwendbar, muss aber unionsrechtskonform ausgelegt werden. Der Auffassung,
die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig, ist der Senat
nicht gefolgt.
33 c) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6
Halbsatz 2 UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass
der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --
wie der EuGH (Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall
entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls
ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein
Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden
ist.
34 3. An den genannten Grundsätzen hält der Senat trotz der in Rechtsprechung und
Literatur geäußerten Kritik, der sich sowohl das FA als auch das FG in dem
angefochtenen Urteil angeschlossen haben, fest.
35 a) Das FG Münster hat in seinem Urteil in EFG 2014, 682 die Rechtsansicht vertreten, es
komme in Fällen der vorliegenden Art allein auf die "Verpflichtung und
Absichtsbekundung" des Zwischenerwerbers an, den Liefergegenstand zu befördern oder
zu versenden (Rz 32, 35 ff. des Urteils). Die Vorinstanz folgt dem im Grundsatz, hat seiner
Entscheidung aber gleichwohl (zutreffend) gemäß § 126 Abs. 5 FGO die --davon
abweichende-- rechtliche Beurteilung des BFH in seinem zurückverweisenden Urteil in
BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zugrunde gelegt (vgl. MwStR 2014, 619, juris-Rz 36).
Auch das FA hält die Auffassung des FG Münster für zutreffend.
36 aa) Das FG Münster hält die Rechtsprechung des Senats für "problematisch" (EFG 2014,
682, Rz 35). Bei grenzüberschreitenden Lieferumsätzen könne der erste Lieferer
insbesondere bei Abholfällen regelmäßig nicht beurteilen, ob und wann dem
Letztempfänger die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen,
übertragen werde. Mit der Übergabe der Ware habe der erste Lieferer seine vertraglichen
Pflichten erfüllt. Der Zwischenerwerber habe regelmäßig weder eine Pflicht noch ein
Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, was er "zu welchen
Zeitpunkten mit der Ware macht". Die Steuerpflicht könne nicht von Umständen
abhängen, die weder in der Willens- noch der Wissenssphäre des Liefernden liegen (EFG
2014, 682, Rz 36).
37 bb) Das FG Münster, die Vorinstanz und das FA verkennen im Rahmen ihrer Analyse,
dass es bei der Prüfung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung --aus
unionsrechtlicher Sicht-- auf die objektiven Umstände ankommt (vgl. z.B. EuGH-Urteile
vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70,
Rz 39 f.; vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Slg. 2010, I-12605, BStBl II 2011, 846,
Rz 39; vom 16. Dezember 2010 C-430/09, Euro Tyre Holding, Slg. 2010, I-13335, UR
2011, 176, Rz 28; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 30, jeweils m.w.N. aus
der ständigen Rechtsprechung des EuGH).
38 Dabei kommt es gerade nicht nur --wie das FG Münster und die Vorinstanz meinen-- auf
die "Verpflichtungen und Absichtsbekundungen" des Lieferers und des Erwerbers an (vgl.
EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 37; Sterzinger, UR 2013, 45,
48).
39 So kann z.B. im Abholfall der Lieferer ebenfalls nicht beurteilen, ob und wann der
Gegenstand der Lieferung den Mitgliedstaat physisch verlassen wird. Mit der Übergabe
der Ware hat der Unternehmer seine Pflichten an sich erfüllt. Der Zwischenerwerber hat
kein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, dass der Gegenstand im
Inland verbleiben wird. Gleichwohl ist für die Steuerbefreiung des § 6a Abs. 1 UStG,
Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erforderlich, dass der
Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat
physisch verlassen hat (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70,
Rz 33 ff., 42; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, Slg. 2007, I-7897, BStBl II 2009,
83, Rz 23).
40 cc) Eine andere, hiervon zu trennende Frage ist es, ob dem Steuerpflichtigen --trotz
Nichtvorliegens der objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung-- aufgrund der
Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit (im Wege des
Vertrauensschutzes) die Steuerbefreiung zu gewähren ist (vgl. EuGH-Urteil Teleos u.a. in
Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 43 ff.).
41 (1) Diese Frage ist nach nationalem Recht nicht im Rahmen des § 6a Abs. 1 UStG,
sondern des § 6a Abs. 4 UStG zu prüfen.
42 (2) Diese Unterscheidung muss auch unionsrechtlich vorgenommen werden, weil die
Rechtsfolgen verschieden sind.
43 Während bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen
Lieferung als logische Folge ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch den Erwerber im
Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II
2009, 70, Rz 24, 26 f., 36 f., 41 f.; vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-
7861, BStBl II 2009, 78, Rz 23; vom 18. November 2010 C-84/09, X, Slg. 2010, I-11645,
UR 2011, 103, Rz 28; vom 6. September 2012 C-273/11, Mecsek-Gabona, HFR 2012,
1121, UR 2012, 796, Rz 29) und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Umsatz
des Lieferers steuerfrei zu belassen ist, ist in dem Fall, dass dem Lieferer trotz
Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG Vertrauensschutz zu gewähren ist, der Erwerber (hier: B) im
Liefermitgliedstaat zur Umsatzsteuer heranzuziehen (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg.
2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 67; in Deutschland umgesetzt durch § 6a Abs. 4 Satz 2
UStG; insoweit zutreffend aus österreichischer Sicht Schwab, Österreichische
Steuerzeitung 2014, 32, 35).
44 Daran zeigt sich auch, dass es für die Steuerpflichtigen nicht lediglich um formale
Zuordnungen, sondern um "finale Besteuerungswirkungen" geht (a.A. Prätzler, juris
PraxisReport Steuerrecht 34/2014, Nr. 6, unter D.), weil jeder Umsatz für sich zu
betrachten ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Januar 2006 C-484/03 u.a., Optigen, Slg.
2006, I-483, BFH/NV Beilage 2006, 144, Rz 47). Auch bei Reihengeschäften ist eine klare
Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zu gewährleisten (vgl. EuGH-Urteil vom
6. April 2006 C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006,
294, Rz 26 ff., 40 ff.).
45 b) Entgegen der Auffassung des FG Münster ist das EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012,
1212, UR 2012, 832 nicht abweichend von dem Senatsurteil in BFHE 242, 84, BFH/NV
2013, 1524 zu verstehen.
46 aa) Das FG Münster hat dazu (in EFG 2014, 682, Rz 35 ff.) ausgeführt, der EuGH wolle in
Rz 32 und 34 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 die
Fallgestaltungen darstellen, in denen die bewegte Lieferung keinesfalls mehr (Rz 32)
bzw. zweifellos (Rz 34) der ersten Lieferung zugeordnet werden müsse. Aus Rz 32 könne
jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Zuordnung der bewegten Lieferung
auf den zweiten Liefervorgang nur dann erfolgen könne, wenn die tatsächliche
Verfügungsmacht an den Liefergegenständen bereits vor dem Warentransport noch im
Herkunftsland auf den Letzterwerber übergegangen sei. Rz 35 des EuGH-Urteils VSTR in
HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 sei zu entnehmen, "dass eine Zurechnung der bewegten
Lieferung zum 2. Umsatzgeschäft auch dann erfolgen kann, wenn der 1. Erwerber dem
1. Lieferer mitteilt, dass er die Ware an einen dritten Unternehmer in einem anderen Land,
als dem des 1. Umsatzgeschäfts, weiterverkauft hat". In Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR
stelle der EuGH zwar auf weitere Umstände ab, die eine Zuordnung der bewegten
Lieferung möglich machen sollen und nenne in diesem Zusammenhang die Übertragung
der tatsächlichen Sachherrschaft auf den Letzterwerber vor der Beförderung. Diese
Formulierung könne aber auch so verstanden werden, dass eine bloße "Erklärung" des
Ersterwerbers über den Weiterverkauf der Liefergegenstände an einen dritten
Unternehmer nicht ausreichend sein solle. Es müsse vielmehr eine "umfassende
Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalles" erfolgen.
47 bb) Dieser Auslegung des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 durch
das FG Münster liegt zunächst das unter II.3.a bb geschilderte Fehlverständnis zugrunde.
Insbesondere sind in dem vom FG in Rz 38 (in EFG 2014, 682) geschilderten Fall, wenn
im Ursprungsmitgliedstaat dem zweiten Erwerber noch keine Verfügungsmacht verschafft
worden ist, die objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG trotz Mitteilung
des Weiterverkaufs gegeben und der Umsatz des ersten Lieferers ist --bei Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG-- im Ursprungsmitgliedstaat steuerfrei zu
belassen (vgl. EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 30). Damit
geht im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten
Erwerbers (und nicht des zweiten Erwerbers) einher (vgl. allgemein z.B. EuGH-Urteil X in
Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 27). Das Recht, einen in seinem Hoheitsgebiet
erfolgten innergemeinschaftlichen Erwerb des ersten Erwerbers und die anschließende
Lieferung an den zweiten Erwerber beim ersten Erwerber zu besteuern, kann dem
Bestimmungsmitgliedstaat nicht durch eine (bloße) Absichtsbekundung des ersten
Erwerbers entzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 XI R 5/13, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de, Rz 35 f., m.w.N.).
48 cc) Der vom FG Münster in Rz 37 ff. seines Urteils in EFG 2014, 682 vertretenen
Auslegung des EuGH-Urteils VSTR stehen vor allem klar Rz 36 und Rz 37 des EuGH-
Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 entgegen, in denen der EuGH ausgeführt
hat:
49 "36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des
Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da
Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden
Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein
finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.
50 37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass
die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein
Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser
Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts,
unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der
Fall war."
51 Diese Ausführungen des EuGH können nur so verstanden werden, dass eine (bloße)
Erklärung des Ersterwerbers B vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände
nach Finnland gegenüber A, dass die Gegenstände bereits an das finnische
Unternehmen C weiterverkauft worden seien, gerade nicht für eine Zurechnung der
Beförderung der Gegenstände zur ersten Lieferung ausreicht.
52 Zudem hat der EuGH in Rz 37 des Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 den
nationalen Gerichten aufgegeben, unter Berücksichtigung aller Umstände des
vorliegenden Falles zu beurteilen, ob "dies", das heißt "die Übertragung des Rechts, über
die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische
Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden" hat.
53 Dies bestätigen auch die Rz 33 und 34 desselben EuGH-Urteils: Der EuGH stellt dort die
beiden möglichen Alternativen für die Lösung des Streitfalls dar und grenzt danach ab, in
welchem Staat dem Zweiterwerber (C) Verfügungsmacht verschafft wird. Erlangt der
Zweiterwerber (C) sie bereits im Inland, kann nur die zweite Lieferung die
grenzüberschreitende sein. Umgekehrt kann nur die erste Lieferung die
grenzüberschreitende sein, wenn der Zweiterwerber (C) keine Verfügungsmacht im Inland
erlangt (ebenso z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 154).
54 dd) Aufgrund dieser Erwägungen greift auch der Einwand von Teilen der Literatur, der
Senat habe Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832
"missverstanden" (Nieskens, Der Betrieb --DB-- 2013, 1872, 1874) nicht durch (das
Verständnis des Senats teilend z.B. Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012,
941, 944; von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater --UStB-- 2013, 47, 50, 54; Meurer,
Steuerberater Woche 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Matheis/Kandlhofer,
Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2013, 380, 384; Ismer/Pull, MwStR
2014, 152; Looks, MwStR 2015, 52, 54).
55 c) Soweit in der Literatur der Einwand erhoben wird, der Senat unterliege einem
"Zirkelschluss", weil aus der Beförderung oder Versendung die Verschaffung der
Verfügungsmacht abzuleiten sei und nicht umgekehrt bei Verschaffung der
Verfügungsmacht die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ausgelöst werden (Hiller,
MwStR 2013, 652, 654 f.; Nieskens, DB 2013, 1872; Nieskens, UR 2013, 823, 824 ff.;
Nieskens/ Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513, 516; Sterzinger, Neue Wirtschafts-
Briefe --NWB-- 2013, 4028, 4033), übersieht diese Auffassung, dass es sich bei der
Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG, Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) und der Beförderung bzw. Versendung in den
anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 UStG, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL) um zwei verschiedene
Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
handelt (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen neben Rz 29 des EuGH-Urteils Euro Tyre
Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, und Rz 30 des EuGH-Urteils VSTR in HFR
2012, 1212, UR 2012, 832; aus neuerer Zeit EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 C-492/13,
Traum, HFR 2014, 1131, UR 2014, 943, Rz 24 und 25).
56 aa) Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur leitet zwar aus § 3
Abs. 6 Satz 1 UStG, Art. 8 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1
MwStSystRL ab, diese regelten neben dem Ort auch den Zeitpunkt der Lieferung (BFH-
Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 24/05, BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.b,
m.w.N. zur herrschenden Meinung in der Literatur; Abschn. 13.1. Abs. 2 Satz 2 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; a.A. z.B. Frye, UR 2013, 889, 892 ff.; Michl in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 11, 115; wohl auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152,
155). Liegen beide Tatbestandsmerkmale vor, fällt nach dieser Auffassung die
Verschaffung der Verfügungsmacht (als erstes Tatbestandsmerkmal) mit dem Beginn der
Beförderung oder Versendung (als zweites Tatbestandsmerkmal) zeitlich zusammen.
57 bb) Trotzdem handelt es sich um verschiedene Tatbestandsmerkmale, die getrennt zu
prüfen sind; sonst bedürfte es auch einer Fiktion nicht.
58 Weder allein der Besitz befähigt den Besitzer (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 2005 C-
435/03, British American Tobacco International Ltd., Slg. 2005, I-7077, BFH/NV Beilage
2005, 332, Rz 36) noch allein die Beförderung eines Gegenstands den Beförderer (vgl.
EuGH-Urteil vom 3. Juni 2010 C-237/09, De Fruytier, Slg. 2010, I-4985, HFR 2010, 892,
Rz 25) dazu, über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen.
59 Entsprechend ist auch nach Auffassung des V. Senats des BFH bei Beförderung oder
Versendung von Gegenständen die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht und
ihr tatsächlicher Zeitpunkt zu prüfen, wenn es um die Entscheidung geht, ob die
Warenbewegung der Lieferung zugeordnet werden kann oder nicht (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.e, zum Kauf auf Probe: Verschaffung der
Verfügungsmacht nach Beförderung als Lieferung i.S. des § 3 Abs. 7 UStG; Ismer/Pull,
MwStR 2014, 152, 153 f.; ebenso möglicherweise früher noch Nieskens, UR 2012, 17,
21).
60 d) Die Auffassung, der Senat hätte § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG für unionsrechtswidrig erklären
sollen (so z.B. Weymüller, MwStR 2014, 623, 624; ebenso im Ergebnis bereits von Streit,
UStB 2013, 47, 49; zweifelnd Kettisch, UR 2014, 593, 605 f.), beachtet nicht hinreichend,
dass das in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG zum Ausdruck kommende Regel-Ausnahme-
Verhältnis dem Unionsrecht entspricht.
61 Auch der EuGH geht --wie übrigens auch Art. 28c Teil E Abs. 3 der Richtlinie
77/388/EWG (jetzt: Art. 141 MwStSystRL) und § 25b Abs. 1 und 3 UStG-- davon aus, dass
die Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der Regelfall ist (EuGH-Urteile
Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 32; VSTR in HFR 2012, 1212,
UR 2012, 832, Rz 32) und die Zuordnung zur zweiten Lieferung die Ausnahme (EuGH-
Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 33; VSTR in HFR
2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 33).
62 Deshalb hält der Senat daran fest, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG unionsrechtskonform
ausgelegt werden kann und der in Halbsatz 2 mögliche Gegenbeweis nur unter den im
BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 47 ff. genannten Umständen geführt
ist.
63 4. Die Kritik, aufgrund dieser Rechtsprechung (des EuGH und/oder des BFH) könnten
weder die leistenden Unternehmer noch die Finanzverwaltungen rechtssicher beurteilen,
welcher Lieferung eine Warenbewegung zuzuordnen ist (Büchter-Hole, EFG 2014, 684;
Herzing, Steuerrecht kurzgefasst 2013, 433; Höink/Forster, DB 2014, 1896; Meurer,
MwStR 2013, 555; Nieskens/Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513; dies., Deutsches
Steuerrecht --DStR-- 2014, 1368; dies., UVR 2014, 249; Slapio in Birkenfeld/Wäger,
Umsatzsteuer-Handbuch, § 64 Rz 137; Sterzinger, NWB 2013, 4028, 4032 f.; Wäger, UR
2014, 81, 101; Winter, DStR 2013, 1979, 1980 f.; s. auch zu Unklarheiten im Vereinigten
Königreich Lang-Horgan, MwStR 2013, 394, 395 f.; zur unterschiedlichen Beurteilung von
Reihengeschäften durch die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten s. auch Bericht
Nr. 29 der "VAT Expert Group" der EU vom 13. Januar 2014, taxud.c.1(2014)83538,
abrufbar auf der Internetseite der EU, Tz. 6.2 und Anlage 3, sowie Körner, MwStR 2014,
763), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.
64 a) Zum einen ist eine ggf. vorliegende Unsicherheit bei Beurteilung der Umstände des
Einzelfalls im Wesentlichen Folge der Entscheidung des Richtliniengebers, trotz des
Wegfalls der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Union im
innergemeinschaftlichen Warenverkehr am Bestimmungslandprinzip festzuhalten (vgl.
dazu EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 21 f.; Mecsek-
Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 34 f.).
65 b) Zum anderen besteht bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme
einer Lieferung keine Rechtsunsicherheit.
66 Zu dem Begriff der Lieferung liegt eine ständige Rechtsprechung des EuGH vor (neben
den genannten Urteilen z.B. auch vgl. EuGH-Urteile vom 6. Februar 2003 C-185/01, Auto
Lease Holland BV, Slg. 2003, I-1317, BFH/NV Beilage 2003, 108, BStBl II 2004, 573,
Rz 31 ff.; vom 21. April 2005 C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BStBl II 2007, 24, Rz 64; vom
29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, UR 2007, 420, Rz 32). Der
BFH umschreibt diesen Vorgang seit jeher und ebenfalls in ständiger Rechtsprechung als
Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1969
V 176/64, BFHE 95, 410, BStBl II 1969, 451; vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV
1986, 311; vom 29. September 1987 X R 13/81, BFHE 151, 469, BStBl II 1988, 153; vom
16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909), ohne damit inhaltlich von
der Rechtsprechung des EuGH abzuweichen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1997
XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585, unter II.6.; vom 8. September 2011
V R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014, 203, unter II.1.). Eine Übertragung der Befugnis,
wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann danach z.B. sowohl in der
Eigentumsübertragung auf den Erwerber (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013,
1524, Rz 72, m.w.N.; Kettisch, UR 2014, 593, 600) als auch in der freiwilligen Übergabe
durch den Eigentümer an den Erwerber (vgl. EuGH-Urteil vom 21. November 2013 C-
494/12, Dixons, HFR 2014, 84, MwStR 2013, 774, Rz 23 f., 27 f.) zu sehen sein.
67 c) Ebenso liegt zu den im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigenden Umständen
eine ständige Rechtsprechung vor.
68 Die Frage, ob, wann und wo eine Lieferung erfolgt, d.h. die Befugnis, wie ein Eigentümer
über einen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, ist von den nationalen
Gerichten anhand des gegebenen Sachverhalts zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteile vom
8. Februar 1990 C-320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285,
Rz 7 f., 13; vom 15. Dezember 2005 C-63/04, Centralan Property, Slg. 2005, I-11087,
BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 60 ff., 63; vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset
Menidjmunt, HFR 2012, 454, UR 2012, 230, Rz 38 ff., 41; vom 18. Juli 2013 C-78/12,
Evita-K, HFR 2013, 857, UR 2014, 475, Rz 33 bis 35). Maßgeblich sind die
Gesamtumstände des Einzelfalls, d.h. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen (vgl.
dazu z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155, unter 3.2.1) und deren tatsächliche
Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. BFH-Urteile
vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727; in BFHE 221, 475,
BStBl II 2008, 909; s. auch BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198,
208, BStBl II 2004, 622).
69 d) Zudem stellen sowohl das nationale Recht als auch die Rechtsprechung des EuGH
dem Lieferer Vertrauensschutzregelungen zur Verfügung (vgl. die Ausführungen unter
II.3.a cc; s. auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 157).
70 In diesem Rahmen kann sich der leistende Unternehmer zur Minimierung von Risiken z.B.
vom Erwerber versichern lassen, dass der Erwerber die Befugnis, über den Gegenstand
der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten
übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung den Liefermitgliedstaat physisch
verlassen hat. Dies zu tun (oder nicht), liegt derzeit in seiner unternehmerischen
Entscheidung.
71 e) Im Übrigen ist es ggf. Aufgabe des Gesetz- oder Verordnungsgebers --über die
Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und den Belegnachweis des § 17a
Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 4 UStDV a.F., § 17a Abs. 1 und 2 UStDV i.d.F. ab 1. Oktober
2013 hinaus-- durch Änderung des UStG oder der UStDV in den Grenzen des
Unionsrechts z.B. andere widerlegbare Vermutungen aufzustellen oder in anderer Form
die Bedürfnisse der Praxis zu berücksichtigen (vgl. Art. 28c Teil A Einleitungssatz der
Richtlinie 77/388/EWG, Art. 131 MwStSystRL, § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).
72 Sieht das nationale Recht eines EU-Mitgliedstaats jedoch nur vor, dass die Lieferung
nachzuweisen ist, bzw. hängt das Niveau der verlangten Nachweise von den konkreten
Umständen des betreffenden Umsatzes ab, sind die Nachweispflichten lediglich nach den
im nationalen Recht dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen und nach der für
ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona in HFR
2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 37 f.). Es ist dem BFH weder möglich, Wahlrechte für
Unternehmer zu schaffen, die das Unionsrecht nicht vorsieht, noch allgemeine
Nachweispflichten für leistende Unternehmer vorzusehen, die das nationale Recht nicht
enthält.
73 5. Die Entscheidung des FG, die Warenbewegung sei im Streitfall der Lieferung der
Klägerin (zivilrechtlich: der A-GmbH) an B zuzuordnen, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
74 a) Das FG konnte nicht feststellen, ob die B der C-Ltd. (bereits) im Inland die Befähigung
übertragen hat, wie ein Eigentümer über die Maschinen zu verfügen.
75 Es hat zur Begründung ausgeführt, Lieferbedingungen oder der Kaufvertrag könnten nicht
vorgelegt werden. Ob ein solcher "als Urkunde" existiere, habe ebenfalls nicht geklärt
werden können. Die A-GmbH komme als Lieferer an die B in Betracht. Für eine Lieferung
der B an die C-Ltd. als der bewegten Lieferung spreche zwar der Umstand, dass die B die
Transportverantwortlichkeit und einen Teil der Kosten zu tragen gehabt habe, dass die C-
Ltd. den Kaufpreis vor Beginn der Lieferung am 14. Dezember 1998 gezahlt und dass B
der A-GmbH den Verkauf vor diesem Zeitpunkt mitgeteilt habe. In der Gesamtschau der
Umstände sei dennoch nicht der Nachweis geführt, dass B die Maschinen als Lieferer
befördert habe und die C-Ltd. die Sachherrschaft bereits vor Beginn der Lieferung habe.
Das FG lege § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG so aus, dass die gesetzliche Vermutung erst dann
erschüttert sei, wenn der Nachweis als Lieferer durch den mittleren Unternehmer auch
tatsächlich geführt sei. Bloße Zweifel genügten insoweit nicht. Zur Zuordnung der
bewegten Lieferung reiche allein die Mitteilung des Ersterwerbers an den Erstlieferer über
einen Weiterverkauf nicht aus.
76 b) Diese --von den Rechtsgrundsätzen des zurückverweisenden BFH-Urteils in BFHE
242, 84, BFH/NV 2013, 1524 ausgehende-- Würdigung des FG ist auf Basis seiner
tatsächlichen Feststellungen, die kein Beteiligter mit Verfahrensrügen angegriffen hat,
möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher
gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09,
BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 13. November 2013 XI R 24/11, BFHE 243,
471, BFH/NV 2014, 471); denn wenn sich schon das der Lieferung von B an die C-Ltd.
zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht ermitteln lässt, kann auch nicht beurteilt
werden, welche Regelungen zur Verschaffung der Verfügungsmacht darin enthalten
waren.
77 c) Ferner ist das FG zutreffend davon ausgegangen, für den Fall, dass --nach (der von
Amts wegen durchzuführenden) Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der Dritte,
insbesondere der Ersterwerber, zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden
können (z.B. §§ 93, 97 der Abgabenordnung, § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4, §§ 81, 85
FGO)-- Zweifel daran verbleiben, ob der Ersterwerber den Gegenstand "als Lieferer
befördert oder versendet hat" oder nicht, sei nach § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG die
Warenbewegung der ersten Lieferung zuzuordnen (ebenso Szabo/Tausch/Kraeusel, UVR
2013, 280, 282; a.A. Nieskens, UR 2013, 823, 826).
78 Die regelmäßige Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung, wenn keine
besonderen Umstände vorliegen, die einer Zuordnung der innergemeinschaftlichen
Warenbewegung zur Lieferung des Erstverkäufers entgegen stehen, entspricht im
Übrigen auch der Ansicht des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem
Nachfolgeerkenntnis "EMAG Handel Eder" (Erkenntnis vom 25. Juni 2007 2006/14/0107,
abrufbar unter www.ris.bka.gv.at, a.E.).
79 aa) Zwar weist das FA zu Recht darauf hin, dass auch das FA von der Vermutung des § 3
Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen dürfe. Deshalb ist auch das FA --insoweit
möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- nicht generell verpflichtet, den
Gegenbeweis des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG zu führen, sondern darf ebenfalls
(bis Anhaltspunkte vorliegen, dass der tatsächliche Geschehensablauf hiervon abweicht)
von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen. Dies hat das FA
sowohl in der Einspruchsentscheidung als auch im Verfahren des ersten Rechtszugs
noch getan.
80 bb) Wenn das FA jedoch nun im zweiten Rechtszug die Vermutungsregelung nicht mehr
angewendet wissen will und geltend macht, die Lieferung der Klägerin sei steuerpflichtig,
weil die Warenbewegung der zweiten Lieferung zuzurechnen sei, so ist es an ihm, den
Nachweis dieses für ihn günstigen Umstands zu führen.
81 6. Ebenso hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitfall
dahin gehend gewürdigt, dass der innergemeinschaftliche Erwerb der B in Finnland der
Erwerbsbesteuerung unterliegt.
82 a) Das FG hat dazu festgestellt, dass die B nicht unter einer eigenen USt-IdNr. aufgetreten
sei und auch keine gehabt habe. Damit habe die A-GmbH auch keine
Aufzeichnungspflichten verletzen können. Die A-GmbH habe die USt-IdNr. der C-Ltd. der
Finanzverwaltung mitgeteilt. Des Weiteren habe die A-GmbH redlicherweise alle ihr
zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der B ergriffen. Dafür
spreche insbesondere, dass der Vorgang mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA
besprochen worden und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden sei. Dem sei das FA
nicht entgegengetreten.
83 b) Auch diese Würdigung des FG ist aufgrund der von ihm im Urteil festgestellten
Tatsachen, insbesondere der dem FG vorliegenden Unterlagen zum Ablauf der
Bestellung und Lieferung, die sämtlich keine portugiesische USt-IdNr. der B enthalten,
sondern die ausdrückliche, schriftliche Mitteilung der USt-IdNr. eines Dritten, sowie
aufgrund des Aktenvermerks des Prokuristen der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs mit
dem FA, verbunden mit dem Beweisangebot, Prokuristen, Sachgebietsleiter und
Außenprüfer als Zeugen zu vernehmen, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze
oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).
84 aa) Zwar reicht --möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- allein der Umstand,
dass das FA dem Vortrag der Klägerin nicht entgegen getreten ist, für sich genommen
nicht aus, um auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten; denn das zur Ermittlung
von Amts wegen verpflichtete FG (§ 76 Abs. 1 FGO) muss auch Fragen nachgehen, über
welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteil
vom 17. Mai 1995 X R 185/93, BFH/NV 1995, 1076).
85 bb) Jedoch hängen Umfang und Intensität der vom FG anzustellenden Ermittlungen auch
vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten ab; denn das Gericht ist nicht verpflichtet, einen
Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom
22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, m.w.N.).
86 Hier durfte das FG berücksichtigen, dass das FA trotz der Hinweise des Senats im
Rahmen der Zurückverweisung hinsichtlich beider Punkte im zweiten Rechtsgang einen
abweichenden tatsächlichen Geschehensablauf noch nicht einmal behauptet,
geschweige denn beantragt hat, zum Beweis eines abweichenden Geschehensablaufs
Beweise zu erheben, z.B. Zeugen zu vernehmen.
87 7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.