Urteil des BFH vom 09.03.2016

Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 9.3.2016, X R 46/14
Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines
betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten
gehörenden Grundstück
Leitsätze
1. Errichtet der Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem
Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte
--sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden--
sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen
Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem
Privatvermögen.
2. Die vom Unternehmer-Ehegatten für die typisierte Verteilung seines eigenen Aufwands
gebildete Bilanzposition kann nicht Sitz stiller Reserven sein. Daraus folgt zum einen, dass
dem Unternehmer-Ehegatten Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des
Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Gebäudeteil eingetreten sind, ertragsteuerrechtlich
nicht zugerechnet werden können. Auf der anderen Seite kann der Unternehmer-Ehegatte in
dieser Bilanzposition nicht dadurch stille Reserven bilden, dass er hierauf
ertragsteuerrechtliche Subventionsvorschriften anwendet, die der Gesetzgeber nur für
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des
Privatvermögens vorgesehen hat (Fortführung des BFH-Urteils vom 19. Dezember 2012 IV
R 29/09, BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387).
3. Übertragen in derartigen Fällen sowohl der Unternehmer-Ehegatte den Betrieb als auch
beide Eheleute ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück samt Gebäude unentgeltlich
auf einen Dritten, kann dieser den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten zum
Teilwert in seinen Betrieb einlegen und von diesem Wert AfA vornehmen.
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg,
Außensenate Freiburg, vom 11. Dezember 2013 2 K 3693/13 aufgehoben.
Der verbleibende Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1999 wird
unter Abänderung des Bescheids vom 19. Oktober 2004 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 auf 301.985 DM festgestellt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben, soweit sie vor dem 9. März 2016 entstanden
sind, der Beklagte zu 94 % und die Kläger zu 6 % zu tragen. Die ab dem 9. März 2016
entstandenen Kosten hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1999 zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.
2 Mit notariell beurkundetem Übergabevertrag vom 17. Juni 1994 erhielt der Kläger von
seinem Vater (V) im Wege vor-weggenommener Erbfolge ein Einzelunternehmen
unentgeltlich übertragen. Das Unternehmen sollte als "vom Bilanzstichtag an"
(31. Dezember 1993) für Rechnung des Klägers geführt gelten. Nach dem Vertrag
sollte die Bilanz des V zum 31. Dezember 1993 "nicht nur den Wert, sondern auch
den Umfang der übertragenen Aktiven und Passiven" bestimmen. V trat alle ihm
zustehenden Forderungen gegen Dritte an den Kläger ab.
3 Im Rahmen dieses Übergabevertrags übertrugen V sowie die Mutter (M) des Klägers
diesem ferner zwei Grundstücke, deren Miteigentümer sie je zur Hälfte waren. Im
Zeitraum zwischen 1960 und 1970 hatte V auf dem einen Grundstück mit eigenen
Mitteln mehrere betrieblich genutzte Gebäude errichtet. Auf dem anderen Grundstück
hatte er im selben Zeitraum mehrere Mehrfamilienhäuser errichtet, deren Wohnungen
an Arbeitnehmer des Betriebs vermietet wurden (Werkswohnungen).
4 Nach der Errichtung der Gebäude hatte V zunächst den gesamten Grund und Boden
und die gesamten Herstellungskosten der Gebäude --auch soweit sie zivilrechtlich auf
die der M gehörenden Grundstücksteile entfielen-- in seinen Bilanzen unter den
Positionen "Grund und Boden" bzw. "Gebäude" aktiviert und auf die gesamten
Herstellungskosten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach den für Gebäude
geltenden Regeln vorgenommen. Anlässlich einer Außenprüfung für die Jahre 1977
bis 1979 verständigten sich V und der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt --FA--) darauf, den hälftigen Grund und Boden erfolgsneutral
auszubuchen, die zivilrechtlich auf den hälftigen Miteigentumsanteil der M
entfallenden Teile der Herstellungskosten der Gebäude als immaterielle
Wirtschaftsgüter anzusehen und die AfA insoweit gemäß § 7 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe einer betriebsgewöhnlichen
Nutzungsdauer von 50 Jahren vorzunehmen. Die Restbuchwerte dieser
Bilanzpositionen beliefen sich zum 31. Dezember 1993 auf 200.454 DM.
5 Der Kläger behandelte die Übertragung der Grundstücke im Rahmen der
Betriebsübergabe wie folgt:
- Hinsichtlich der zuvor dem V gehörenden hälftigen Miteigentumsanteile am
Grund und Boden und der hierauf entfallenden hälftigen Herstellungskosten führte
er auf der rechtlichen Grundlage der seinerzeit noch geltenden Vorschrift des § 7
Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) --heute § 6
Abs. 3 EStG-- die Buchwerte fort. Diese Behandlung ist zwischen den Beteiligten
unstreitig.
- Die zuvor der M gehörenden hälftigen Miteigentumsanteile am Grund und Boden
sah der Kläger als zum Teilwert in sein Betriebsvermögen eingelegt an. Auch
dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
- In Bezug auf die zivilrechtlich der M zuzurechnenden Gebäudehälften, deren
Herstellungskosten V getragen und bereits größtenteils im Wege der AfA als
Betriebsausgaben abgesetzt hatte, nahm V eine erfolgsneutrale Ausbuchung der
hierfür gebildeten Bilanzpositionen vor. Demgegenüber ging der Kläger im
Rahmen der Übernahme von einer Einlage zum Teilwert aus. Hinsichtlich der
Höhe der Teilwerte zum 1. Januar 1994 legte er ein auf den 1. Januar 1991
erstelltes Gutachten zugrunde, in dem nach seiner Mitteilung für die Anteile der M
an den Gebäudewerten ein Gesamtbetrag von 1.351.397 DM ausgewiesen sein
soll. Von diesen Teilwerten nahm er seit 1994 AfA vor. Diese Sachbehandlung ist
im Rahmen des vorliegenden Verfahrens streitig.
6 Das FA folgte im Ergebnis zunächst der Behandlung durch den Kläger, nahm im
Gegenzug aber --unter Berufung auf den damaligen Stand der Rechtsprechung--
(Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 1987 III R 188/81, BFHE
152, 125, BStBl II 1988, 493, unter 2.c) an, bei V sei in Höhe der Differenz zwischen
den Teilwerten und den Buchwerten ein Aufgabegewinn angefallen (infolge eines
Übertragungsfehlers vom FA mit 1.130.943 DM ermittelt). Gegen den
entsprechenden Einkommensteuerbescheid 1994 vom 8. Juli 1996 legten V und M
Einspruch ein. Sie vertraten die Auffassung, es sei "lediglich wirtschaftliches
Eigentum durch rechtliches Eigentum ersetzt" worden.
7 Während des mehrjährigen Einspruchsverfahrens wurden die
Einkommensteuerbescheide der Kläger für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1998
unter Zugrundelegung der seinerzeit übereinstimmenden Rechtsauffassung der
Kläger und des FA bestandskräftig. Im Jahr 2002 verstarb M; der Kläger wurde als
deren Alleinerbe ihr Gesamtrechtsnachfolger. Nach Ergehen des BFH-Urteils vom
14. Mai. Mai 2002 VIII R 30/98 (BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741) vertrat das FA die
Auffassung, V sei wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M
stehenden Gebäudehälften gewesen, so dass im Rahmen der Betriebsübertragung
die Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 EStDV auch insoweit anzuwenden sei. Es kündigte
daher an, dem Einspruch der Eltern des Klägers gegen den
Einkommensteuerbescheid 1994 stattzugeben, und zog den Kläger am 28. April 2004
zu diesem Einspruchsverfahren hinzu. Auf den Einspruch des Klägers gegen die
Hinzuziehung, den dieser mit dem Eintritt der Festsetzungsverjährung bezüglich
seiner Einkommensteuerveranlagung 1994 begründete, hob das FA die Hinzuziehung
wieder auf, half dem Einspruch der Eltern des Klägers gegen deren
Einkommensteuerbescheid 1994 aber gleichwohl in vollem Umfang ab.
8 Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 2004
änderte das FA die für die Kläger ergangene --noch unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehende-- gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags
zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1999 dahingehend, dass keine AfA von
den Teilwerten der von M übernommenen Miteigentumsanteile an den Gebäuden
mehr berücksichtigt wurden. Das FA vertrat vielmehr die Auffassung, der Kläger sei
im Rahmen der Betriebsübernahme auch insoweit zur Buchwertfortführung
verpflichtet gewesen. Es änderte die Ansätze in der Anfangsbilanz des Klägers zum
1. Januar 1999 in der Weise, dass die zum 31. Dezember 1993 vorhandenen
Buchwerte des von V aktivierten Aufwands übernommen und nach Abzug von AfA
bis zum 1. Januar 1999 fortentwickelt wurden. Danach überstieg die Summe der vom
Kläger in den bestandskräftig veranlagten Jahren 1994 bis 1998 vorgenommenen AfA
bereits die zum 31. Dezember 1993 vorhandenen Restbuchwerte. Das FA machte
daher die vom Kläger für 1999 abgezogenen AfA von 76.063 DM in vollem Umfang
rückgängig.
9 In der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 nahm das FA im Hinblick
auf zwei Übertragungsfehler, die ihm im angefochtenen Änderungsbescheid bei den
nicht abziehbaren Betriebsausgaben unterlaufen waren, nach vorherigem Hinweis
eine --insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitige-- Verböserung vor. Der
verbleibende Verlustvortrag wurde nunmehr auf 225.922 DM festgestellt. Hinsichtlich
der im vorliegenden Verfahren interessierenden Rechtsfrage ging das FA weiterhin
davon aus, V sei wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M
stehenden Gebäudeteile gewesen. Eine Einlage zum Teilwert würde voraussetzen,
dass zuvor V eine Entnahme aus seinem Betriebsvermögen getätigt hätte. Hiervon
könne aber keine Rede sein, da der Kläger nach dem Willen des V den gesamten
Betrieb einschließlich der Nutzung der Betriebsgebäude habe fortführen wollen.
Danach hätten sich die Gebäudeteile ununterbrochen im Betriebsvermögen befunden.
10 Im Klageverfahren vertraten die Kläger die Auffassung, mit der Übertragung der
Grundstücke hätten sich die Nutzungsrechte des V mit den entsprechenden
Verpflichtungen der M vereinigt; sie seien damit erloschen und hätten nicht auf den
Kläger übergehen können. Daher seien die hälftigen Miteigentumsanteile der M aus
deren Privatvermögen auf den Kläger übergegangen und von diesem zum Teilwert in
sein Betriebsvermögen eingelegt worden. Dies folge auch aus dem BFH-Urteil vom
19. Dezember 2012 IV R 29/09 (BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387), das eine
Steuerverhaftung stiller Reserven in derartigen Fällen ausdrücklich abgelehnt habe.
11 Das FA brachte demgegenüber vor, selbst wenn man nicht von wirtschaftlichem
Eigentum ausgehe, sondern die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 240, 83, BStBl
II 2013, 387 anwende, wäre die erstmalige Zuordnung des von V getragenen
Aufwands an M als Anschaffungsvorgang im Zeitpunkt der Betriebsübertragung
anzusehen. Bei einer Einlage innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung der
Wirtschaftsgüter seien als Einlagewerte aber nicht die Teilwerte, sondern gemäß § 6
Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG die fortgeführten Anschaffungs- oder
Herstellungskosten anzusetzen. Dies führe im Streitfall zum selben Ergebnis wie die
Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV. Weiter hilfsweise vertrat das FA die Ansicht, die
vom Kläger angesetzten Teilwerte seien angesichts der schlechten wirtschaftlichen
Entwicklung, die der Betrieb in der Folgezeit genommen habe, von Anfang an
überhöht gewesen.
12 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zwar sei V nicht wirtschaftlicher
Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften
gewesen, weil keine Nutzungsvereinbarung existiere, die M auf Dauer von der
Einwirkung auf diese Gebäudehälften habe ausschließen können. Nach den
Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387 habe der für den
aktivierten Aufwand des V im Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch vorhandene
Restbuchwert aber die beim Kläger fortzuführenden Herstellungskosten erhöht. Dies
habe dieselbe bilanzielle Auswirkung wie das vom FA angenommene wirtschaftliche
Eigentum.
13 Mit ihrer Revision rügen die Kläger, das FG habe die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5
EStG nicht beachtet. Nach der neuen Rechtsprechung des IV. Senats des BFH seien
dem Nutzungsberechtigten über den bilanziellen Aufwandverteilungsposten keine
Wertsteigerungen zuzurechnen. Genau dies würde aber eintreten, wenn eine
Buchwertfortführung anzunehmen wäre. Die vom FA hilfsweise angeführte Vorschrift
des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG sei nicht anwendbar, weil ein
unentgeltlicher Erwerb nicht als Anschaffung anzusehen sei und dem Beschenkten
eine Anschaffung durch seinen Rechtsvorgänger nach den Grundsätzen des BFH-
Urteils vom 14. Juli 1993 X R 74-75/90 (BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15) nicht
zugerechnet werden könne.
14 Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum
31. Dezember 1999 vom 19. Oktober 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 22. November 2006 dahingehend zu ändern, dass ein Verlust von 301.985 DM
festgestellt wird.
15 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
16 Es wiederholt und vertieft seine bereits im Klageverfahren vorgebrachte
Argumentation.
17 Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten.
Es ist der Auffassung, dass die Einlage beim Kläger zwar mit dem Teilwert zu
bewerten sei; jedoch sei die von V begonnene AfA-Reihe auf den
Aufwandverteilungsposten auch vom Kläger fortzuführen. Einen Antrag hat das BMF
nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
18 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
zur antragsgemäßen Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum
31. Dezember 1999 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
19 Das FG hat die Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur
Behandlung von Aufwendungen für die Errichtung betrieblich genutzter Gebäude auf
fremdem Grund und Boden (dazu unten 1.) nicht in vollem Umfang nachvollzogen.
Aus diesen Entwicklungen ergibt sich, dass die zuvor im zivilrechtlichen und
wirtschaftlichen Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden
Gebäudehälften --auch ertragsteuerrechtlich-- zu dessen Privatvermögen gehört
haben und die beim Unternehmer-Ehegatten zur Verteilung von dessen eigenem
Aufwand gebildete Bilanzposition nicht zur Verhaftung stiller Reserven geeignet ist.
Hieraus folgt, dass diese Bilanzposition vom Anwendungsbereich solcher
steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, die auf Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens beschränkt sind und der gezielten Legung stiller Reserven
dienen, ausgeschlossen ist (unten 2.). Danach können die im zivilrechtlichen und
wirtschaftlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften nur im Wege der Einlage
in das Betriebsvermögen des Klägers gelangt sein (unten 3.). Diese Einlagen sind mit
dem Teilwert zu bewerten (unten 4.). Der Teilwert ist auch die Bemessungsgrundlage
für die vom Kläger vorzunehmenden AfA (unten 5.). Die Einwendungen, die das FA
erstmals im Klageverfahren gegen die vom Kläger auf der Grundlage eines
Gutachtens angesetzten --und vom FA zunächst akzeptierten-- Teilwerte erhoben
hat, sind nicht substantiiert, so dass dem Kläger die begehrten AfA zustehen
(unten 6.).
20 1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur ertragsteuerrechtlichen Beurteilung von
Aufwendungen für die Errichtung betrieblich genutzter Gebäude(teile) auf
Grundstücken, die dem Betriebsinhaber nicht alleine gehören, insbesondere zu den
bei Beendigung der betrieblichen Nutzung zu ziehenden Rechtsfolgen, hat die
folgende Entwicklung genommen:
21 a) Schon vor dem Ergehen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom
30. Januar 1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) waren derartige
Aufwendungen nach der Rechtsprechung des I., III., VIII. und X. Senats des BFH zu
aktivieren. Der die Kosten tragende Unternehmer-Ehegatte wurde allerdings nicht als
wirtschaftlicher Eigentümer der zivilrechtlich im Eigentum des Nichtunternehmer-
Ehegatten stehenden Anteils am Gebäude angesehen (BFH-Urteile vom 31. Oktober
1978 VIII R 182/75, BFHE 127, 163, BStBl II 1979, 399, unter 1.b; vom 10. August
1984 III R 98/83, BFHE 142, 90, BStBl II 1984, 805, unter 1.b, und in BFHE 152, 125,
BStBl II 1988, 493, unter 1.). Die AfA waren nicht nach den für Gebäude geltenden
Regeln zu bemessen, sondern nach der Grundnorm des § 7 Abs. 1 EStG, wobei die
voraussichtliche Dauer der Nutzungsbefugnis maßgebend sein sollte (BFH-Urteile in
BFHE 127, 163, BStBl II 1979, 399, unter 2., und vom 31. Oktober 1978 VIII R 146/75,
BFHE 127, 501, BStBl II 1979, 507, unter 2.). Allerdings war Investitionszulage nach
den für Gebäude geltenden Begünstigungsnormen zu gewähren (BFH-Urteil in BFHE
142, 90, BStBl II 1984, 805, unter 2.). Die Schwierigkeiten, denen sich die
Rechtsprechung bei dem Versuch einer dogmatischen Einordnung derartiger
Vorgänge gegenüber sah, wurden u.a. daran deutlich, dass mitunter in derselben
Entscheidung sowohl die Wendung "wie ein materielles Wirtschaftsgut" als auch der
Begriff "Nutzungsrecht" --der für ein immaterielles Wirtschaftsgut steht-- gebraucht
wurde (so etwa in den BFH-Urteilen vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77, BFHE 127,
168, BStBl II 1979, 401, unter 2.a; vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485,
BStBl II 1980, 244, unter 3.a; in BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493, unter 2.a, und
vom 20. September 1989 X R 140/87, BFHE 158, 361, BStBl II 1990, 368, unter 3.b).
22 Die Finanzverwaltung nahm hinsichtlich dieses Bilanzpostens --deutlich über die
seinerzeitige Rechtsprechung hinausgehend-- schon damals eine weitestgehende
Gleichstellung mit Gebäuden vor und gewährte den Steuerpflichtigen daher sowohl
die Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4, 5 EStG als auch die für Gebäude geltenden
erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie die Möglichkeit der
Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG und der Inanspruchnahme von
Investitionszulagen (BMF-Schreiben vom 3. Mai 1985, BStBl I 1985, 188).
23 Ausnahmen von der gewinnmindernden Auswirkung der Baukosten im Wege der
Gewährung von AfA galten, wenn die Nutzungsbefugnis nur für einen kurzen
Zeitraum eingeräumt (BFH-Urteil vom 13. Juli 1977 I R 217/75, BFHE 123, 32, BStBl
II 1978, 6, unter 2.) oder die Übernahme der Baukosten als Zuwendung an den
Nichtunternehmer-Ehegatten anzusehen war (BFH-Urteil in BFHE 127, 163, BStBl II
1979, 399, unter 2.).
24 Für den Fall der Beendigung des Nutzungsverhältnisses ging die Rechtsprechung
vom Bestehen eines Ausgleichsanspruchs nach §§ 951, 812 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) aus, der gewinnerhöhend zu aktivieren bzw. zu entnehmen und
dem Aufwand aus der Ausbuchung der für die Baukosten gebildeten Bilanzposition
gegenüber zu stellen sein sollte (erstmals obiter dictum im BFH-Urteil in BFHE 127,
501, BStBl II 1979, 507, unter 2.). In einer späteren Entscheidung hat der III. Senat --in
einem Verfahren, in dem es um die Frage ging, ob die Beendigung der betrieblichen
Nutzung des Grundstücks aus Anlass einer Betriebsveräußerung unter
Zurückbehaltung des Grundstücks auch in Bezug auf den aktivierten Aufwand eine
Gewinnrealisierung bewirkt-- ausgeführt, der Ersatzanspruch bemesse sich zwar
grundsätzlich nach dem Wert des Gebäudes im Zeitpunkt seiner Fertigstellung. Für
den Umfang des Bereicherungsanspruchs könne nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs aber ein späterer Zeitpunkt maßgebend sein, wenn der
zivilrechtliche Eigentümer --wie im dort zu beurteilenden Sachverhalt-- erst später
wieder in die Lage komme, das Grundstück nutzen zu können (BFH-Urteil in BFHE
152, 125, BStBl II 1988, 493, unter 2.c; darauf für einen Fall der Beendigung der
Nutzungsbefugnis durch Scheidung Bezug nehmend BFH-Urteil vom 20. Mai 1988
III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269, unter 2.b; ebenso BFH-Urteil vom
17. März 1989 III R 58/87, BFHE 157, 83, BStBl II 1990, 6, unter II.3.: Entnahme zum
Teilwert). Diese Äußerungen wurden allgemein so verstanden, als solle der
zivilrechtliche Wertersatzanspruch auf den aktuellen Verkehrswert gerichtet sein.
25 Eine davon abweichende Konzeption verfolgte der IV. Senat des BFH: Er sah die
Übernahme der Baukosten grundsätzlich als Zuwendung des Unternehmer-
Ehegatten an den Nichtunternehmer-Ehegatten an, so dass die Aufwendungen im
Betriebsvermögen nicht aktiviert werden durften. Im Gegenzug nahm er aber
zunächst an, dass der Nichtunternehmer-Ehegatte dem Unternehmer-Ehegatten ein
Nutzungsrecht zugewendet habe, das dieser ins Betriebsvermögen eingelegt und
daher zum Teilwert zu aktivieren habe, und von dem im Ergebnis AfA nach den für
Gebäude geltenden Regeln vorzunehmen seien. Bei Beendigung der Nutzung falle
das Nutzungsrecht allerdings ersatzlos weg, weil es nur auf den Ehegatten, nicht aber
auf etwaige Betriebserwerber zugeschnitten sei (zum Ganzen BFH-Urteil vom
20. November 1980 IV R 117/79, BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68). Mit Beschluss
vom 9. Juli 1992 IV R 115/90 (BFHE 169, 56, BStBl II 1992, 948) hat der IV. Senat
den Großen Senat angerufen. Nach seiner nunmehrigen Auffassung sollte die
Tragung der Baukosten durch den Unternehmer-Ehegatten, soweit sie auf die ideelle
Gebäudehälfte des Nichtunternehmer-Ehegatten aufgewandt waren, weder durch eine
AfA auf eine selbst zu aktivierende Bilanzposition noch im Wege des Drittaufwands
zu einer Gewinnminderung führen.
26 b) Der Große Senat (BFH-Beschluss in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) hat auf
diese Vorlage entschieden, dass der Unternehmer-Ehegatte seinen im betrieblichen
Interesse getragenen eigenen Aufwand auf das fremde Wirtschaftsgut zur Wahrung
des objektiven Nettoprinzips im Wege der AfA als Betriebsausgabe abziehen kann.
Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung seien jedoch die für Gebäude
geltenden AfA-Vorschriften maßgebend. Auch erhöhte Absetzungen --im dortigen
Verfahren: die erhöhten Absetzungen für Baudenkmale gemäß § 82i EStDV a.F.
(heute § 7i EStG)-- könnten in Anspruch genommen werden. Zur Begründung hat der
Große Senat ausgeführt, wenn die Nutzungsbefugnis "wie ein materielles
Wirtschaftsgut" behandelt werde, müssten sich auch die Absetzungen daran
orientieren. Im Übrigen hat der Große Senat die bisherige Rechtsprechung, wonach
der die Baukosten tragende Unternehmer-Ehegatte grundsätzlich nicht als
wirtschaftlicher Eigentümer des zivilrechtlich dem anderen Ehegatten gehörenden
Gebäudeanteils anzusehen sei, zustimmend referiert. Bei einer tatsächlichen
langfristigen Nutzung durch den Unternehmer-Ehegatten bestehe aber eine
tatsächliche Vermutung dafür, dass diesem auch eine Nutzungsbefugnis gegenüber
dem Nichtunternehmer-Ehegatten zustehe. Zu den Rechtsfragen, die sich bei
Beendigung der Nutzungsbefugnis stellen, hat sich der Große Senat in dieser
Entscheidung nicht geäußert.
27 In der Folgezeit wurden in Fortführung der Konzeption des Großen Senats auch
solche Begünstigungsvorschriften, deren Anwendungsbereich der Gesetzgeber
ausdrücklich auf zu einem Betriebsvermögen gehörende --und damit
steuerverstrickte-- Gebäude beschränkt hatte, auf diese Bilanzposition angewandt.
So hat der IV. Senat ausgeführt, wenn die Baumaßnahmen wie materielle
Wirtschaftsgüter zu aktivieren seien, dann könne "auf ein solches Gebäude" auch
eine Rücklage nach § 6b EStG übertragen werden (BFH-Urteil vom 10. April 1997
IV R 12/96, BFHE 183, 134, BStBl II 1997, 718, unter 1.). Investitionszulagen konnten
weiterhin in Anspruch genommen werden (BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 III R 19/05,
BFHE 215, 425, BStBl II 2007, 131).
28 In der Besteuerungspraxis wurde zudem zugelassen, den Buchwert dieser
Bilanzposition auch durch --vom Gesetzgeber in aller Regel nur für steuerverstricktes
Betriebsvermögen vorgesehene-- Sonderabschreibungen zu mindern. Die
höchstrichterliche Rechtsprechung hat dies verschiedentlich erwähnt, jedoch nicht
tragend entschieden (vgl. den Sachverhalt des Senatsurteils vom 25. Juni 2003
X R 72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403: Inanspruchnahme von
Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes --ZRFG--
in Höhe von 40 % des aktivierten Aufwands; BFH-Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II
2013, 387, Rz 28). Gleiches gilt für die erhöhten Sätze der linearen Regel-AfA nach
§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG, die auf Gebäude beschränkt sind, die zu einem
Betriebsvermögen gehören, und zu einer wesentlich schnelleren vollständigen
Absetzung führen, als wenn dasselbe Gebäude sich im Privatvermögen befinden
würde.
29 Damit wurde in dieser Phase der Entwicklung der Rechtsprechung und
Besteuerungspraxis zugelassen, dass in der für das "Wie-Wirtschaftsgut"
vorgesehenen Bilanzposition erhebliche stille Reserven gebildet werden konnten.
30 Verfestigt wurde diese nahezu vollständige Gleichstellung der für die aktivierten
Baukosten gebildeten Bilanzposition mit einem materiellen Wirtschaftsgut noch
dadurch, dass der Wertersatzanspruch nach §§ 951, 812 BGB zunehmend als
Grundlage für die Annahme von wirtschaftlichem Eigentum des Unternehmer-
Ehegatten angesehen wurde (z.B. BFH-Urteile vom 11. Juni 1997 XI R 77/96, BFHE
183, 455, BStBl II 1997, 774, unter II.3.; vom 4. Februar 1998 XI R 35/97, BFHE 185,
121, BStBl II 1998, 542, unter II.4.; vom 18. Juli 2001 X R 23/99, BFHE 196, 145,
BStBl II 2002, 281, unter II.2.c, und vom 18. Juli 2001 X R 15/01, BFHE 196, 151,
BStBl II 2002, 278). Umfassend begründet wurde die Annahme wirtschaftlichen
Eigentums dann im BFH-Urteil in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741. Der VIII. Senat
ging dabei in zivilrechtlicher Hinsicht davon aus, dass der Wertersatzanspruch in
derartigen Fällen stets auf den aktuellen Wert des Gebäudes im Zeitpunkt der
Beendigung des Nutzungsverhältnisses gerichtet sei (unter I.2.b). Auf dieser
Grundlage entschied er, die spätere Veräußerung der Grundstückshälfte des
Nichtunternehmer-Ehegatten an den Unternehmer-Ehegatten führe weder zur
Gewinnrealisierung noch zu einer Änderung der bisherigen AfA-
Bemessungsgrundlage für den aktivierten Aufwand. In einem wirtschaftlich
vergleichbaren Übertragungsfall verneinte auch der erkennende Senat sowohl eine
Gewinnrealisierung als auch eine Änderung der AfA-Bemessungsgrundlage, ließ aber
aufgrund einer anderen Beurteilung der zivilrechtlichen Lage --die letztlich offen
bleiben konnte-- Distanz zur Annahme wirtschaftlichen Eigentums erkennen (Urteil in
BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403, unter II.2.b ee (2), 3.b).
31 Aber auch ohne die Bejahung wirtschaftlichen Eigentums haben einige Senate des
BFH in dieser Phase der Rechtsprechungsentwicklung angenommen, dass es
aufgrund eines zivilrechtlichen Wertersatzanspruchs, der auf den aktuellen Zeitwert
gerichtet sei, im Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses zu einer
Gewinnrealisierung komme (für einen Fall der Betriebsaufgabe umfangreiches obiter
dictum im Senatsurteil vom 22. April 1998 X R 101/95, BFH/NV 1998, 1481, unter
B.II.1.b, e; tragend dann für einen Fall der Einbringung des Betriebs in eine
Personengesellschaft unter Wahl des Teilwertansatzes BFH-Urteil vom 10. März
1999 XI R 22/98, BFHE 188, 304, BStBl II 1999, 523). Zur Begründung wurde
angeführt, der Große Senat habe die allgemeinen für materielle Wirtschaftsgüter
geltenden Besteuerungsregeln für anwendbar erklärt. Diese Gleichsetzung gelte nicht
nur für die Abschreibung, sondern auch für andere Vorgänge, wie z.B. Entnahmen
oder Einbringungen. Die Annahme einer Gewinnrealisierung entsprach auch der
Position der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 5. November 1996, BStBl I
1996, 1257).
32 c) Die dritte --gegenwärtige-- Phase der Rechtsprechungsentwicklung ist dadurch
gekennzeichnet, dass der BFH, beginnend mit Entscheidungen des VIII. und
IV. Senats, sowohl wirtschaftliches Eigentum als auch die Annahme eines anderen
Wirtschaftsguts beim Unternehmer-Ehegatten verneint. In Fällen der Beendigung der
betrieblichen Nutzung fehle es daher an einem Gewinnrealisierungstatbestand (für
einen Fall der Betriebsveräußerung unter Zurückbehaltung des Grundstücks BFH-
Urteil vom 29. April 2008 VIII R 98/04, BFHE 221, 129, BStBl II 2008, 749; für eine
tatbestandlich nicht unter § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) fallende
Einbringung in eine Kapitalgesellschaft unter zwingender Aufdeckung stiller Reserven
BFH-Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387, Rz 26 ff.).
33 Für dieses Ergebnis berief sich der VIII. Senat zum einen auf den Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 23. August 1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II
1999, 782), der allerdings zu einer Sachverhaltsgestaltung ergangen war, in der
derjenige Ehegatte, der einen Raum der allein dem anderen Ehegatten gehörenden
Wohnung als Arbeitszimmer --im Privatvermögen-- beruflich nutzte, keinerlei Kosten
für diesen Raum getragen hatte. Darüber hinaus führte der VIII. Senat eine Passage
aus dem --ebenfalls ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens betreffenden--
Beschluss des Großen Senats vom 23. August 1999 GrS 1/97 (BFHE 189, 151,
BStBl II 1999, 778, unter C.I.2.b) an. Darin betonte der Große Senat --wie bereits im
Beschluss in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281-- nochmals, dass entscheidend für
den Abzug von AfA nicht das Vorhandensein eines Wirtschaftsguts, sondern die
Kostentragung sei, und die Aufwendungen "ihrer Natur nach Herstellungs- oder
Anschaffungskosten eines Gebäudes" darstellten.
34 Auch der IV. Senat berief sich im Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387 (Rz 30)
auf die letztgenannte Entscheidung des Großen Senats in BFHE 189, 151, BStBl II
1999, 778 und entschied, der verbleibende Betrag gehe nicht unter, wenn die Nutzung
des Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung des Aufwendenden ende, bevor die
Aufwendungen vollständig von ihm abgezogen worden seien. Vielmehr sei der
verbleibende Betrag dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder
Herstellungskosten des Wirtschaftsguts zuzurechnen.
35 Mit diesen Entscheidungen des VIII. und IV. Senats war die bisherige Konzeption,
nach der es zulässig war, durch steuerliche Gestaltungsmaßnahmen in erheblichem
Umfang stille Reserven in dieser Bilanzposition zu bilden, nicht mehr vereinbar. Der
IV. Senat gab daher seine Rechtsprechung, wonach stille Reserven gemäß § 6b
EStG auf diese Bilanzposition übertragbar seien, auf (obiter dictum im BFH-Urteil in
BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387, Rz 29). Zur Bildung stiller Reserven durch die
Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen, Sonderabschreibungen oder die
Zugrundelegung der erhöhten Abschreibungssätze, die auf zu einem
Betriebsvermögen gehörende Gebäude beschränkt sind (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
EStG), sowie zur Gewährung von Investitionszulagen hat er sich hingegen nicht
geäußert.
36 2. Der erkennende Senat schließt sich der Konzeption des VIII. und IV. Senats an und
führt diese fort.
37 a) Unbestritten ist der Nichtunternehmer-Ehegatte in einer Konstellation, wie sie dem
Streitfall zugrunde liegt, zivilrechtlicher Eigentümer der ideellen Grundstückshälften
und damit auch der Gebäudehälften.
38 Soweit zwischen den Ehegatten --wie hier-- keine besonderen Vereinbarungen
feststellbar sind, nach deren Inhalt der Unternehmer-Ehegatte die tatsächliche
Herrschaft über die Gebäude in der Weise ausüben darf, dass er den Eigentümer-
Ehegatten im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer der Gebäude von der
Einwirkung auf sie wirtschaftlich ausschließen kann (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung), kommt es nicht zu einem Auseinanderfallen von zivilrechtlichem
und wirtschaftlichem Eigentum. Dem Unternehmer-Ehegatten steht in derartigen
Fällen daher auch kein wirtschaftliches Eigentum an den zivilrechtlich im Eigentum
des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Gebäudehälften zu. Zur näheren
Begründung verweist der Senat auf die vorstehend unter 1.c dargestellte neuere
Rechtsprechung des VIII. und IV. Senats sowie auf seine Entscheidung in BFHE 202,
514, BStBl II 2004, 403 (unter II.2.b ee (2), 3.b).
39 Die Gebäudehälften, um die es im vorliegenden Verfahren geht, haben daher vor der
Übertragung an den Kläger zum Privatvermögen der M gehört.
40 b) Der von V gebildete Bilanzposten diente allein der typisierten Verteilung seines
betrieblich bedingten Aufwands. Er ist jedoch nicht einem Wirtschaftsgut
gleichzustellen. Daher können mittels dieses Aufwandverteilungspostens dem
Unternehmer Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des
Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Wirtschaftsgut eingetreten sind, nicht
zugerechnet werden (BFH-Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387, Rz 29).
41 c) Wenn dieser Aufwandverteilungsposten nicht Sitz solcher stiller Reserven sein
kann, die auf Wertsteigerungen beruhen, dann kann aber auch umgekehrt der
Unternehmer-Ehegatte keine stillen Reserven in dieser Bilanzposition bilden. Insofern
hat der IV. Senat in folgerichtiger Weise seine frühere Rechtsprechung aufgegeben,
wonach stille Reserven auf der rechtlichen Grundlage des § 6b EStG auf diese
Bilanzposition übertragen werden konnten (vgl. auch hierzu BFH-Urteil in BFHE 240,
83, BStBl II 2013, 387, Rz 29).
42 Ebenso folgerichtig ist es dann aber, auch die Inanspruchnahme aller anderen
Steuersubventionen, die der Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens vorgesehen
hat, auszuschließen. Dies betrifft zum einen die meisten Sonderabschreibungen, die
in der Regel nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gewährt werden (vgl. zu
den in der Vergangenheit vorgesehenen Sonderabschreibungen z.B. die Vorschriften
der §§ 7e, 7f EStG a.F., § 3 Abs. 2 ZRFG, § 3 Satz 2 Nr. 2 des
Fördergebietsgesetzes --FördG--), einen Teil der Vorschriften über erhöhte
Absetzungen (im früheren Recht z.B. § 7d EStG a.F.), aber auch die erhöhten Sätze
der linearen AfA für Gebäude des Betriebsvermögens (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG)
und die daran anknüpfenden erhöhten Sätze der degressiven AfA für derartige
Gebäude (§ 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG).
43 Demgegenüber können solche Subventionsvorschriften, die der Gesetzgeber
unterschiedslos sowohl für Gebäude des Betriebsvermögens als auch für solche des
Privatvermögens gewährt, auch für Zwecke der typisierten Verteilung des dem
Unternehmer-Ehegatten für betriebliche Zwecke entstandenen Aufwands auf
Wirtschaftsgüter des Nichtunternehmer-Ehegatten in Anspruch genommen werden.
Dies betrifft im geltenden Recht die erhöhten Absetzungen nach §§ 7h, 7i EStG, in der
Vergangenheit ferner die degressive Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, 3
EStG, die erhöhten Absetzungen nach §§ 7c, 7k EStG a.F., sowie
Sonderabschreibungen nach dem FördG, die nicht solche i.S. des § 3 Satz 2 Nr. 2
FördG waren. Die nach diesen Vorschriften beabsichtigte Förderung einschlägiger
Baumaßnahmen (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281,
unter C.V.) ist vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht auf Fälle beschränkt worden, in
denen die entstehenden stillen Reserven in einem Betriebsvermögen steuerverstrickt
sind.
44 d) Der erkennende Senat weicht damit nicht von der bisherigen Rechtsprechung des
BFH ab. Mit Ausnahme der --vom IV. Senat bereits aufgegebenen, zu § 6b EStG
ergangenen-- Entscheidung in BFHE 183, 134, BStBl II 1997, 718 hat es der BFH in
keinem einzigen Fall in tragenden Erwägungen zugelassen, dass der Unternehmer-
Ehegatte in der für den eigenen Aufwand gebildeten Bilanzposition stille Reserven
legt, die auf der Anwendung solcher Subventionsvorschriften beruhen, deren
Anwendungsbereich der Gesetzgeber ausdrücklich auf Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens beschränkt hat.
45 aa) Der Große Senat hat zwar die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach
§ 82i EStDV a.F. (heute § 7i EStG) zugelassen (Beschluss in BFHE 176, 267, BStBl
II 1995, 281). Diese Vorschrift war und ist aber unterschiedslos sowohl für Betriebs-
als auch für Privatvermögen anwendbar.
46 bb) Der erkennende Senat brauchte im Urteil in BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403, in
dem der dortige Kläger Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 ZRFG in Anspruch
genommen hatte, mangels Entscheidungserheblichkeit nicht über diese Rechtsfrage
zu befinden.
47 cc) Der IV. Senat hat in seinem Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387 (Rz 28)
zwar formuliert: "Deshalb werden die Regelungen des EStG für AfA, erhöhte
Absetzungen und Sonderabschreibungen insoweit entsprechend angewendet". Zur
Begründung hat er aber lediglich auf den Beschluss des Großen Senats in BFHE 176,
267, BStBl II 1995, 281 verwiesen, in dem sich indes --wie unter aa bereits dargelegt--
nur eine Aussage zur Anwendbarkeit der auch für Wirtschaftsgüter des
Privatvermögens geltenden Vorschrift des § 82i EStDV a.F. findet. Hinzu kommt,
dass diese Passage für das Urteil des IV. Senats nicht entscheidungserheblich war,
da es dort nicht um die Höhe der Absetzungen bzw. Sonderabschreibungen ging,
sondern um die Frage, ob es anlässlich der Ausbuchung der
Aufwandverteilungsposition zu einer Gewinnrealisierung kommen kann.
48 e) Der Senat verkennt nicht, dass sich aus dem im Jahr 2008 eingeleiteten und
nunmehr vollendeten Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Übergangsprobleme in Fällen ergeben, in denen die Steuerpflichtigen --im Einklang
mit der seit Jahrzehnten bestehenden und in veröffentlichten
Verwaltungsanweisungen niedergelegten Praxis der Finanzverwaltung, die sich
hierfür wiederum jedenfalls in wesentlichen Teilbereichen auf die frühere
Rechtsprechung berufen konnte-- in der Vergangenheit in der für den eigenen
Aufwand auf fremde Wirtschaftsgüter gebildeten Bilanzposition stille Reserven
gebildet haben, sei es durch Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG, durch
Inanspruchnahme solcher Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen, die
der Gesetzgeber ausdrücklich auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens
beschränkt hat, oder durch Inanspruchnahme der in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und
Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG vorgesehenen besonderen AfA-Sätze für Gebäude des
Betriebsvermögens. Aufgrund der Neuorientierung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung würden sich diese stillen Reserven bei Beendigung der betrieblichen
Nutzung des zum Privatvermögen des Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden
Wirtschaftsguts steuerneutral verflüchtigen. Ein solches Ergebnis wäre mit der
Konzeption des Gesetzgebers, die genannten Vergünstigungen nur zu gewähren,
wenn die dadurch gebildeten stillen Reserven steuerverstrickt bleiben, nur schwerlich
vereinbar. Dem Gesetzgeber steht es daher frei, für diese Fälle ggf. eine geeignete
Übergangsregelung zu treffen.
49 3. Die im Eigentum der M stehenden Gebäudehälften sind --ebenso wie die
entsprechenden Teile des Grund und Bodens, für die das FA diese Rechtsfolge von
Anfang an gezogen hat-- im Wege der Einlage in das Betriebsvermögen des Klägers
gelangt.
50 Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des
Wirtschaftsjahres zugeführt hat (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in der im Jahr 1993
geltenden Fassung; heute § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG). Die Gebäudehälften gehörten bis
1993 zum Privatvermögen der M, die sie aus privaten Gründen unentgeltlich auf den
Kläger übertragen hat. Da der Kläger diese Wirtschaftsgüter betrieblich nutzt, hat er
sie in sein Betriebsvermögen eingelegt.
51 Die im Jahr 1993 noch anzuwendende Vorschrift des § 7 Abs. 1 EStDV a.F., die
(auch) eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der Einlageregelung darstellt, ist in
Bezug auf die von M auf den Kläger übertragenen Gebäudehälften nicht anwendbar,
da diese --wie vorstehend unter 2.a dargelegt-- niemals zum Betriebsvermögen des V
gehört haben.
52 4. Die zum 31. Dezember 1993 vorgenommenen Einlagen waren mit dem Teilwert zu
bewerten, den diese Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt ihrer Zuführung zum
Betriebsvermögen des Klägers hatten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). In
Fällen wie dem vorliegenden ist der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 6 Abs. 1
Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a EStG nicht eröffnet.
53 Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a, Satz 2 EStG sind Einlagen
höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das
zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der
Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist; dabei sind die Anschaffungs- oder
Herstellungskosten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern um die AfA zu kürzen, die auf
den Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und
der Einlage entfallen.
54 Vorliegend hat der Kläger seinem Betriebsvermögen die zuvor im zivilrechtlichen und
wirtschaftlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften zugeführt. Diese
Wirtschaftsgüter sind in den Jahren 1960 bis 1970 hergestellt worden. Die Drei-
Jahres-Frist des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a EStG war damit im
Zeitpunkt der Einlage seit Langem verstrichen.
55 Der vom FA hilfsweise angesprochene Gesichtspunkt, wonach die erstmalige
Zuordnung des von V getragenen Aufwands an M als Anschaffungsvorgang im
Zeitpunkt der Betriebsübertragung anzusehen sei, ist nur auf den ersten Blick
naheliegend. Tatsächlich aber hat der IV. Senat hier nicht von einem
"Anschaffungsvorgang" gesprochen, sondern nur davon, dass der verbleibende
Betrag des beim Unternehmer-Ehegatten gebildeten Aufwandverteilungspostens
"dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder Herstellungskosten
des Wirtschaftsguts zuzurechnen" sei (BFH-Urteil in BFHE 240, 83, BStBl II 2013,
387, Rz 30, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats in BFHE 189,
151, BStBl II 1999, 778, unter C.II.2.c). Hier geht es daher nur um die rechnerische
Übertragung einer Aufwandsposition; der eigentliche, in der Vergangenheit liegende
Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang als solcher bleibt davon unberührt.
56 Danach kann offen bleiben, ob die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2
Buchst. a EStG in Fällen der Einlage eines dem Betriebsinhaber zuvor von einem
Dritten geschenkten Wirtschaftsguts überhaupt anwendbar ist (vgl. --jeweils zu
besonderen Sachverhaltskonstellationen-- bejahend "jedenfalls dann, wenn der
unentgeltliche Erwerb und die Einlage zeitlich zusammenfallen" BFH-Urteil vom
31. März 1977 IV R 58/73, BFHE 122, 85, BStBl II 1977, 823, unter 4.a; verneinend
Senatsurteil in BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15, unter I.).
57 5. Der Teilwert ist auch die Bemessungsgrundlage für die vom Kläger
vorzunehmenden AfA.
58 a) Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG (heute § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG), die die
einzig ersichtliche Rechtsgrundlage für eine Differenzierung zwischen dem
Einlagewert und der AfA-Bemessungsgrundlage darstellt, ist im Streitfall schon
deshalb nicht einschlägig, weil sie erstmals für Einlagen anzuwenden ist, die nach
dem 31. Dezember 1998 vorgenommen wurden (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG 1999).
59 Abgesehen davon sind in Fällen wie dem vorliegenden aber auch die tatbestandlichen
Voraussetzungen der genannten Norm nicht erfüllt. Sie setzt sowohl in ihrer von 1999
bis 2010 als auch in ihrer ab 2011 geltenden Fassung voraus, dass das
Wirtschaftsgut vor seiner Einlage in das Betriebsvermögen "zur Erzielung von
Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7" (Überschusseinkünfte)
genutzt worden ist. Der Nichtunternehmer-Ehegatte hat das Wirtschaftsgut jedoch --
mangels Vereinbarung eines Entgelts mit dem Unternehmer-Ehegatten-- nicht zur
Erzielung von Einkünften genutzt. Der Unternehmer-Ehegatte wiederum --dem das
eingelegte Wirtschaftsgut ohnehin niemals zuzurechnen war-- hat ebenfalls keine
Überschusseinkünfte erzielt, sondern Gewinneinkünfte.
60 b) Eine andere gesetzliche Grundlage für die vom BMF vertretene Rechtsfolge, die
AfA beim Kläger nach Maßgabe der früheren AfA-Bemessungsgrundlage des V
vorzunehmen, existiert nicht.
61 aa) Zur Begründung seiner Auffassung zieht das BMF zunächst eine Formulierung
aus dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 176, 267, BStBl II 1995,
281 (unter C.III.2.a) heran. Dort referiert der Große Senat die Rechtsprechung des
III. Senats, wonach der Betriebsinhaber, der einem Dritten sein Betriebsgrundstück
schenkt, sich aber den Nießbrauch am Grundstück vorbehält und den Betrieb selbst
fortführt, die AfA weiterhin nach Maßgabe seiner eigenen Bemessungsgrundlage
abziehen kann.
62 Auf den vorliegenden Fall ist die zum Vorbehaltsnießbrauch getätigte Aussage aber
nicht übertragbar, da sich die beiden Fallkonstellationen fundamental voneinander
unterscheiden: Beim Vorbehaltsnießbrauch geht es um die Verteilung des Aufwands,
der auf ein eigenes, echtes Wirtschaftsgut getätigt wurde, das weiterhin vom
bisherigen Betriebsinhaber betrieblich genutzt wird. Demgegenüber gehörte das
(materielle) Wirtschaftsgut "Gebäudeteil" im Streitfall nicht V als dem bisherigen
Betriebsinhaber, sondern M. Das Wirtschaftsgut wird seit 1994 auch nicht mehr vom
bisherigen Betriebsinhaber genutzt, sondern vom Kläger als Betriebsübernehmer.
Diese Unterschiede im Sachverhalt sind entscheidungserheblich.
63 bb) Ferner beruft sich das BMF auf eine Formulierung des IV. Senats in dessen Urteil
in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387 (Rz 30). Dort heißt es, bei Beendigung der
Nutzung des Wirtschaftsguts durch den Aufwendenden gehe der verbleibende Betrag
nicht unter, sondern sei dem Eigentümer als Anschaffungs- oder Herstellungskosten
zuzurechnen. Das BMF meint, bei einer Übertragung des Eigentums an dem
Grundstück sei der Aufwand nicht dem Übertragenden, sondern dem Übernehmer
zuzurechnen.
64 Indes sind im Streitfall drei Vorgänge prinzipiell voneinander zu trennen:
- die frühere Aufwandstragung (Baukosten) durch V,
- die Beendigung der Nutzung des Grundstücks durch V,
- die Schenkung der im Eigentum der M stehenden Grundstückshälfte an den
Kläger.
65 Aus der Formulierung des IV. Senats lässt sich nur folgern, dass der verbleibende,
von V getragene Aufwand nun M als Herstellungskosten zuzurechnen ist. Dabei
verbliebe es auch, wenn M das Grundstück selbst in einer einkommensteuerlich
relevanten Weise nutzen würde.
66 Weil sie ihre Grundstückshälfte aber unentgeltlich auf ihren Sohn überträgt, kommt ein
anderes einkommensteuerrechtliches Rechtsregime zur Anwendung, das die vom IV.
Senat vertretene Aufwandszurechnung überlagert: Bei M ist zu prüfen, ob sie mit der
Übertragung einen Realisationstatbestand (z.B. § 23 EStG) verwirklicht, in dessen
Rahmen dann erforderlichenfalls eigene oder zugerechnete Anschaffungs- oder
Herstellungskosten gegenzurechnen wären. Dies ist hier aber ersichtlich nicht der
Fall. Aus Sicht des Klägers führt die Schenkung der M jedenfalls zu einer Einlage, so
dass die hierfür im Gesetz vorgesehenen Rechtsfolgen zur Anwendung kommen
(Bewertung der Einlage mit dem Teilwert; AfA-Bemessungsgrundlage ist der
Einlagewert). Für eine unmittelbare Zurechnung des von V getragenen Aufwands an
den Kläger ohne "Durchgangserwerb" bei M ist danach kein Raum.
67 cc) Darüber hinaus weist das BMF darauf hin, dass Rechnungsabgrenzungsposten
von der in § 6 Abs. 3 EStG (im Streitfall noch § 7 Abs. 1 EStDV a.F.) angeordneten
Buchwertfortführung erfasst werden, obwohl sie den in dieser Vorschrift verwendeten
Begriff des "Wirtschaftsguts" nicht erfüllen (Hinweis des BMF auf das BFH-Urteil vom
8. Dezember 1988 IV R 33/87, BFHE 155, 532, BStBl II 1989, 407, das allerdings zur
Vorschrift des § 24 UmwStG ergangen ist, die nicht den Begriff des "Wirtschaftsguts",
sondern den des "Betriebsvermögens" verwendet). Dann müsse aber auch der
Aufwandverteilungsposten, der bilanzsteuerrechtlich demselben Zweck wie ein
Rechnungsabgrenzungsposten diene, nach § 6 Abs. 3 EStG auf den unentgeltlichen
Betriebsübernehmer übergehen.
68 Dieser Gedanke lässt außer Acht, dass der Aufwandverteilungsposten
bilanzsteuerrechtlich nur so lange eine Grundlage hat, wie keine Identität zwischen
dem Nutzenden (Betriebsinhaber) und dem Eigentümer des genutzten
Grundstücks(teils) besteht. Ist der Betriebsinhaber (wie es beim Kläger der Fall ist)
hingegen auch Eigentümer des gesamten betrieblich genutzten Grundstücks, bedarf
es keines Aufwandverteilungspostens. Es gäbe weder eine tatsächliche noch eine
rechtliche Grundlage für dessen Fortführung beim Kläger zusätzlich zur oder anstelle
der bilanziellen Abbildung des Eigentums an dem Grundstück.
69 dd) Soweit das BMF im Ergebnis darauf hinweist, dass es nicht dem
Leistungsfähigkeitsprinzip entspreche, wenn derselbe Aufwand doppelt
abgeschrieben werden könne, ist diese Aussage abstrakt gesehen zutreffend. Im
geltenden Gesetzesrecht ist aber keine Rechtsgrundlage zu finden, aufgrund derer in
der im Streitfall gegebenen Konstellation der Einlagewert (unstreitig der Teilwert) nicht
auch als AfA-Bemessungsgrundlage anzusehen wäre. Dies ist im Übrigen auch der
Grund dafür, dass der Gesetzgeber im Jahr 1999 die Einfügung des heutigen § 7
Abs. 1 Satz 5 EStG für erforderlich hielt. Ergäbe sich schon unmittelbar aus dem
Leistungsfähigkeitsprinzip, dass für ein Wirtschaftsgut, das zunächst nach Maßgabe
seiner Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgeschrieben wurde, nach einem
anschließenden Einlagevorgang eine AfA nach Maßgabe des Einlagewerts nicht
zulässig ist, hätte es dieser gesetzlichen Regelung nicht bedurft.
70 6. Der Senat kann über den Streitfall abschließend entscheiden.
71 Zwar hat das FA --erstmals im Klage- und Revisionsverfahren-- die Richtigkeit der
vom Kläger zum 31. Dezember 1993 ermittelten und vom FA zunächst akzeptierten
Teilwerte mit der Begründung in Frage gestellt, in den Folgejahren ab 1995, vor allem
aber ab 1999 sei die Umsatz- und Gewinnentwicklung des Betriebs negativ gewesen,
was darauf hindeute, dass die Teilwerte zu hoch angesetzt worden seien. Dieser
Einwand ist jedoch nicht substantiiert, weil Umstände, die erst mehrere Jahre nach
dem für die Bewertung einer Einlage maßgebenden Stichtag eintreten, grundsätzlich
nicht geeignet sind, die zum Stichtag --und nach Maßgabe der auf diesen Stichtag
bezogenen Informationen-- vorzunehmende Bewertung zu beeinflussen.
72 7. Der festzustellende Betrag ergibt sich danach wie folgt:
- verbleibender Verlustvortrag zum 31. Dezember 1999 laut der
angefochtenen Einspruchsentscheidung
225.922 DM
- Erhöhung des Verlustvortrags um die vom FA zu Unrecht nicht
berücksichtigte AfA
76.063 DM
- zutreffender verbleibender Verlustvortrag zum 31. Dezember
1999
301.985 DM
73 8. Die Kostenentscheidung beruht für den Verfahrenszeitraum, in dem die Kläger
noch einen zu weit gehenden Klage- und Revisionsantrag gestellt hatten, auf § 136
Abs. 1 Satz 1 FGO, im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO.