Urteil des BFH vom 11.02.2015

Spende an eine sog. Vorstiftung keine Sonderausgabe

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 11.2.2015, X R 36/11
Spende an eine sog. Vorstiftung keine Sonderausgabe
Leitsätze
Zuwendungen an eine rechtsfähige Stiftung sind vor deren Anerkennung nicht als
Sonderausgaben abziehbar.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 8.
Februar 2011 4 K 4080/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 2007 negative
gewerbliche Beteiligungseinkünfte und Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung
und Verpachtung.
2 In einem Stiftungsgeschäft vom 20. November 2007 verpflichteten sich die Klägerin und
ihre Schwester, noch im Jahr 2007 jeweils 300.000 EUR in das Stiftungskapital der zu
errichtenden J-Stiftung zu zahlen. Am selben Tag gaben sie der Stiftung die Satzung, die
laut § 15 mit Bekanntgabe der "Genehmigung" durch die Stiftungsbehörde in Kraft treten
sollte. Am 28. November 2007 gingen die Urkunden über die Satzung und das
Stiftungsgeschäft beim Finanzamt S (FA S-Kö) mit der Bitte um beschleunigte Prüfung
ein, weil die Zuwendungen noch im Jahr 2007 erfolgen sollten. Mit gleicher Post wurde
bei der Stiftungsbehörde, dem Regierungspräsidium S, die Anerkennung der Stiftung
beantragt. Aufgrund von Anregungen des FA S-Kö reichte der damalige Bevollmächtigte
der Klägerin (Dr. K) am 6. Dezember 2007 eine geänderte Satzung ein. Das FA S-Kö
erließ am 7. Dezember 2007 eine vorläufige Bescheinigung, wonach die Satzung den
Gemeinnützigkeitsgrundsätzen entspreche. Am 9. Dezember 2007 legte Dr. K diese
Bescheinigung, das geänderte Stiftungsgeschäft sowie die geänderte Satzung dem
Regierungspräsidium vor.
3 Am 21. Dezember, am 27. Dezember und am 28. Dezember 2007 wollte sich Dr. K beim
Regierungspräsidium nach dem Sachstand erkundigen und auf Erledigung drängen. Dort
war jedoch niemand erreichbar. Mit Bescheid vom 17. Januar 2008 erkannte das
Regierungspräsidium schließlich die Stiftung an. Eine frühere Anerkennung soll wegen
Arbeitsüberlastung des Regierungspräsidiums nicht möglich gewesen sein.
4 Bereits am 21. November 2007 --somit vor dem Eingang der Urkunden über das
Stiftungsgeschäft sowie der Satzung beim FA S-Kö und dem Regierungspräsidium--
hatten die Klägerin und ihre Schwester jeweils 300.000 EUR auf das auf den Namen der
Stiftung lautende Girokonto unter Angabe des Verwendungszwecks "Stiftungsgeschäft"
überwiesen. Dort wurde der Betrag am 29. November 2007 gutgeschrieben. Über das
Konto waren weder die Klägerin noch ihre Schwester verfügungsbefugt, sondern
ausschließlich der Stiftungsvorstand, dem beide nicht angehörten. Zur
Vorstandsvorsitzenden der Stiftung wurde die Generalbevollmächtigte der Klägerin (B)
bestellt. Die Stiftung, vertreten durch B, stellte am 4. Dezember 2007 eine
Spendenbescheinigung für die Klägerin aus.
5 In der Einkommensteuererklärung für 2007 beantragte die Klägerin, von der Zuwendung
im Streitjahr einen Betrag in Höhe von 230.000 EUR zu berücksichtigen. Der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ den Spendenabzug nicht zu, weil die
Stiftung erst im Jahre 2008 entstanden sei.
6 Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) urteilte, der Klägerin stehe im Streitjahr 2007 kein Anspruch auf
Anerkennung einer Zuwendung an die Stiftung als (Groß-)Spende gemäß § 10b Abs. 1a
des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu, weil im Streitjahr 2007 weder eine rechtsfähige
noch eine nichtrechtsfähige Stiftung und auch keine "Vorstiftung" vorgelegen habe. Nach
§ 80 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entstehe eine rechtsfähige Stiftung erst
durch die Anerkennung der zuständigen Behörde. Im Streitfall sei die Stiftung erst im
Januar 2008 anerkannt worden. Zwar seien auch Spenden an nichtrechtsfähige
Stiftungen begünstigt, da § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht zwischen rechtsfähigen und
nichtrechtsfähigen Stiftungen unterscheide. Dies setze jedoch das Bestehen einer
nichtrechtsfähigen Stiftung voraus. Die Stifterinnen hätten jedoch in § 15 der Satzung
ausdrücklich bestimmt, dass die Stiftung erst mit Bekanntgabe der Genehmigung durch
die Stiftungsbehörde in Kraft trete. Die Anerkennung der Spende unter dem Gesichtspunkt
der Zuwendung an eine sogenannte Vorstiftung und/oder eine sonst bereits vor ihrer
rechtlichen Entstehung in Vollzug gesetzte Stiftung scheide ebenfalls aus. Auch dies
ergebe sich aus § 15 der Stiftungssatzung, der bestimme, dass die Stiftung mit der
Bekanntgabe der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde, also erst im Jahr 2008, in
Kraft trete. Daher stelle sich die Frage nicht, ob eine Vorstiftung anzuerkennen sei. Diese
Frage sei im Übrigen zu verneinen. Dies folge aus § 81 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach sei
der Stifter bis zur Anerkennung der Stiftung jederzeit zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts
befugt. Deshalb liege bis zu diesem Zeitpunkt noch keine abschließende
Vermögenstrennung vor. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sei auch
im Steuerrecht an das Zivilrecht anzuknüpfen und die Widerrufsoption des § 81 Abs. 2
Satz 1 BGB bringe klar und eindeutig zum Ausdruck, dass der Stifter bis zur staatlichen
Anerkennung Herr des Stiftungsvorgangs bleibe, welchen er nach Belieben fördern oder
auch scheitern lassen könne. Auch wenn die Klägerin über das Bankkonto der Stiftung
keine Verfügungsmacht gehabt habe, habe die Überweisung der Spende auf dieses
Bankkonto wegen der Widerrufsmöglichkeit nach § 81 Abs. 2 BGB noch zu keiner
endgültigen Trennung der Vermögenssphären geführt. Im Übrigen hätte die legislative
Möglichkeit bestanden, im Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts vom 15. Juli
2002 durch eine Änderung von § 81 BGB klarzustellen, dass dem Widerrufsrecht keine
entscheidende Bedeutung beizumessen sei. Der Gesetzgeber habe § 81 BGB jedoch nur
redaktionell geändert. Unerheblich sei, dass den Stifterinnen das Widerrufsrecht nach
§ 81 BGB nicht bekannt gewesen sei. Sie seien im Anerkennungsverfahren fachkundig
durch Dr. K vertreten worden, dem --nach eigenen Angaben in der mündlichen
Verhandlung-- das Widerrufsrecht bekannt gewesen sei; er habe dieses allerdings für
irrelevant gehalten.
7 Auch § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG greife nicht zugunsten der Klägerin. Die Klägerin sei im
Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung nicht gutgläubig gewesen, denn ihre
Generalbevollmächtigte B habe im Zeitpunkt der Ausstellung der Spendenbescheinigung
gewusst, dass die Stiftung rechtlich noch nicht existent gewesen sei. Diese Kenntnis sei
der Klägerin zuzurechnen.
8 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
9 Ungeklärt sei bis heute, ob eine im Werden befindliche Stiftung (Vorstiftung) zwischen
dem Abschluss des Stiftungsgeschäfts und der Anerkennung durch das
Regierungspräsidium als grundsätzlich körperschaftsteuerpflichtiges Rechtssubjekt
anerkannt werden könne, das unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG falle. Hinsichtlich des Beginns
der Körperschaftsteuerpflicht stelle die Finanzverwaltung neben dem Abschluss des
Stiftungsgeschäfts, dem Vorliegen einer Satzung, der Verfügungsgewalt des
Stiftungsvorstandes über das Stiftungsvermögen auf einen Verzicht des Stifters auf sein
Widerrufsrecht nach § 81 Abs. 2 BGB gegenüber der Aufsichtsbehörde ab. Letztere
Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor.
10 Teilweise werde es in der Literatur für die Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG jedoch
als ausreichend angesehen, wenn das Stiftungsgeschäft vollzogen sei und die Stiftung
ihre Tätigkeit beginne. Andere Stimmen in der Literatur verträten die Auffassung, die
Rechtsprechung zu Kapitalgesellschaften sei auf Stiftungen entsprechend anzuwenden.
Dies habe die Vorverlagerung des Beginns der Körperschaftsteuerpflicht auf den Moment
der rechtsverbindlichen Errichtung der Stiftung durch einseitige Erklärung des Stifters im
Stiftungsgeschäft zur Folge. Die Empfangnahme des Gründungsvermögens (des
Vermögensstocks) sei das erste Tätigwerden der Stiftung.
11 Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984
GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) sei geklärt, dass sich der Gesetzgeber bei
der Bestimmung der Körperschaftsteuerpflicht bewusst an den zivilrechtlichen
Rechtsformen orientiert habe. Daraus sei zu folgern, dass eine Körperschaftsteuerpflicht
jedenfalls dann bestehe, wenn eine Vorstiftung zivilrechtlich anzuerkennen sei.
12 Diese Frage sei äußerst umstritten. Nach wohl noch überwiegender Meinung in der
Finanzrechtsprechung und der Literatur werde das Rechtsgebilde der Vorstiftung zwar
abgelehnt. Demgegenüber werde aber mit beachtlichen Argumenten in der jüngeren
Literatur die Vorstiftung anerkannt.
13 Für die Anerkennung der Vorstiftung sprächen folgende Argumente:
14 - Zwischen dem Gründungsakt (Abschluss des Stiftungsgeschäfts und Erlass der
Stiftungssatzung) und der Anerkennung dürfe es dem werbenden Gebilde der Stiftung in
Gründung nicht verboten sein, Spenden einzuwerben.
15 - Die Grundsätze der Vorgesellschaft seien auf die Vorstiftung sinngemäß anzuwenden,
da die Entstehungsphasen zwischen Stiftung und Kapitalgesellschaft ähnlich seien.
16 - Zumindest durch den Verweis in den §§ 86, 89 BGB auf das Vereinsrecht und in § 88
Satz 3 BGB i.V.m. §§ 46 ff. BGB auf das Liquidationsrecht des Vereins ergebe sich, dass
auch die Grundsätze des Vorvereins für die Vorstiftung sinngemäß gelten müssten.
17 - Der Begriff der "Anerkennung" in § 80 Abs. 1 BGB spreche dafür, dass es vor der
Anerkennung einer Stiftung ein "Vorgebilde" im Sinne einer Vorstiftung geben müsse.
18 Soweit aus § 81 Abs. 2 Satz 1 BGB abgeleitet werde, das freie Widerrufsrecht stehe der
Anerkennung der Rechtsfigur der Vorstiftung entgegen, sei dem entgegenzuhalten, dass
dies nichts über den Zeitpunkt der rechtlichen Verselbständigung der Stiftung im
Gründungsstadium besage. Gläubiger- und Mitgliederinteressen seien bei einer Stiftung
in Gründung naturgemäß nicht tangiert. Mitglieder gebe es nicht und Gläubiger existierten
bis zur Anerkennung im Regelfall auch nicht. Entscheidend seien vielmehr ausschließlich
die Interessen des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers der Stiftung in
Gründung, die ab dem Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts und vor der Genehmigung
einhellig dahin gingen, die Vorstiftung als existent zu behandeln. Andernfalls könnte die
Vorstiftung keine Zuwendung in ihr Vermögen erhalten und der Zuwendende keine
Spende tätigen.
19 § 82 Satz 1 BGB stehe dieser Ansicht nicht entgegen. Danach sei der Stifter verpflichtet,
der Stiftung das in dem Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen zu übertragen. Diese
Verpflichtung des Stifters, das Vermögen erst nach der Anerkennung der Stiftung zu
übertragen, schließe das Recht des Stifters nicht aus, das Vermögen schon früher zu
übertragen. Daher könne aus der Pflicht zu einer Mindestkapitalausstattung bei einer
Kapitalgesellschaft und einer fehlenden entsprechenden Verpflichtung im Stiftungsrecht
nicht das Rechtsgebilde der Stiftung in Gründung als solches in Frage gestellt werden.
Hier werde die Pflicht zur Kapitalausstattung bei einer Kapitalgesellschaft mit dem Recht
zur Vermögensausstattung einer Stiftung verwechselt.
20 Entscheidend seien ein Rechtsvergleich und die rechtspolitische Bedeutung der
Vorstiftung. Die Vorstiftung werde z.B. nach dem österreichischen Privatstiftungsgesetz
(PSG) anerkannt. § 31 Satz 1 PSG (richtig wohl § 33 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 PSG) sei
§ 81 Abs. 2 Satz 1 BGB vergleichbar und räume ein freies Widerrufsrecht ein. Dennoch
werde in Österreich die Vorstiftung anerkannt. Dies zeige, dass das Abstellen auf das
freie Widerrufsrecht kein überzeugendes Argument gegen die Anerkennung der
Vorstiftung sei.
21 Im Streitfall sei die Stiftung von zwei Personen (der Klägerin und ihrer Schwester)
gegründet worden. Das Stiftungsgeschäft sei daher keine einseitige Willenserklärung,
sondern ein gegenseitiger Vertrag, der nur noch von den Vertragsparteien einverständlich
geändert und aufgehoben, nicht aber von einer Partei einseitig widerrufen werden könne.
Deshalb sei die Vorschrift des § 81 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen der Ansicht des FG im
Streitfall nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur greife, wenn "der" Stifter (also ein
einziger Stifter) vorhanden sei, es sich bei der Stiftungsgründung daher um eine einseitige
empfangsbedürftige Willenserklärung handele. Bei mehreren Gründern liege
demgegenüber ein Vertrag vor, der nicht einseitig zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts
berechtige. Auch im österreichischen Recht könne das Widerrufsrecht nur durch alle
Stifter gemeinsam ausgeübt werden (Urteil des Obersten Gerichtshofs --OGH-- vom
18. September 2009 6 Ob 136/09g, Österreichisches Recht der Wirtschaft --RdW-- 2010,
24). Im Ergebnis bedeute dies bei einer von mehreren Stiftern gegründeten Stiftung, dass
der einzelne Stifter bereits durch den Abschluss des Stiftungsgeschäfts den Zugriff auf
das von ihm der Stiftung übertragene Vermögen verliere. Soweit also eine Stiftung von
einer Stiftermehrheit errichtet worden sei, "können die den Stiftern zustehenden oder
vorbehaltenen Rechte nur von allen Stiftern gemeinsam ausgeübt werden" (OGH-Urteil
vom 27. Mai 2004 6 Ob 61/04w, RdW 2004, 596). Da insoweit für das deutsche Recht
weder rechtssystematische noch rechtsdogmatische Unterschiede bestünden, könnten
diese Grundsätze uneingeschränkt auf die deutsche Stiftung übertragen werden. Für ein
alleiniges Widerrufsrecht der Klägerin nach § 81 Abs. 2 BGB bleibe daher kein Raum.
22 Werde das Rechtsinstitut der Vorstiftung nicht anerkannt, sei zu berücksichtigen, dass
§ 10b Abs. 1a EStG auch unselbständige Stiftungen erfasse. Nach der Literatur
(Hüttemann in Festschrift für Spiegelberger, 2009, 1292, 1296; Wachter, Zeitschrift für
Erbrecht und Vermögensnachfolge 2003, 445, 447; Thole, Die Stiftung in Gründung, 126)
könne die Interimsphase durch die Gründung einer unselbständigen Stiftung mit dem
Zweck der Errichtung einer "endgültigen" rechtsfähigen Stiftung überbrückt werden.
23 Das FG lehne im Ergebnis auch das Vorliegen einer unselbständigen Stiftung mit der
Begründung ab, aus § 15 der Satzung ergebe sich, dass die Stiftung erst mit Bekanntgabe
der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde in Kraft trete. Daraus folge, dass die
Stifterinnen keine unselbständige Stiftung gewollt hätten. Hingegen werde in der Literatur
(z.B. Thole, a.a.O., 126 ff.) die Ansicht vertreten, die unselbständige Stiftung sei
zwingende Vorstufe zur selbständigen Stiftung; wie bei einer Vor-GmbH erfolge der
Eigentumserwerb von Gesetzes wegen, was dazu führe, dass das Vermögen der
unselbständigen Stiftung mit der Anerkennung automatisch auf die selbständige Stiftung
übergehe. Es liege insoweit ein fließender Übergang der unselbständigen in die
selbständige Stiftung vor, mit der Folge der zivilrechtlichen Identität der Stiftungen. Daraus
werde abgeleitet, dass bereits die Gründung der (gemeinnützigen) unselbständigen
Stiftung die Privilegierung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG bewirke,
was die Abzugsfähigkeit der Spenden nach § 10b Abs. 1a EStG auslöse (Thole, a.a.O.,
131; Hüttemann, a.a.O., 1292, 1298), sodass es weder auf die Anerkennung der Stiftung
durch die Stiftungsbehörde noch auf die Anerkennung des Rechtsinstituts der Vorstiftung
für die Spendenabzugsfähigkeit ankomme. In diesem Fall gelte die unselbständige
Stiftung von vornherein als bloße Übergangslösung des Stifters bis zur Anerkennung der
Stiftung (Thole, a.a.O., 132).
24 Dieser hilfsweisen Lösung könne nicht entgegen gehalten werden, die Umwandlung
einer unselbständigen Stiftung in eine selbständige Stiftung müsse durch Übertragung
des Stiftungskapitals erfolgen und damit den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen der
§§ 873, 925, 929 ff. BGB entsprechen (so aber u.a. Thole, a.a.O., 130). Denn wenn man
die unselbständige Stiftung nach dem Prinzip der wohlwollenden Auslegung
(Soergel/Neuhoff, BGB, 2000, § 80 Rz 16) als Vorstufe der rechtsfähigen Stiftung ansehe,
die durch die Anerkennung zur rechtsfähigen Stiftung erstarke, dann führe die
Anerkennung ohne Übertragungsakte (Erman/Werner, BGB, 12. Aufl. 2008, Vor § 80
Rz 22) automatisch dazu, dass die rechtsfähige Stiftung wie "Phönix aus der Asche"
steige oder "der Stiftung mit einem Schlage das Dasein" gebe
(Staudinger/Hüttemann/Rawert (2011), § 80 Rz 42; Thole, a.a.O., 60).
25 Weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer unselbständigen Stiftung sei, "dass
das Stiftungsvermögen so aus dem Vermögen des Stifters ausgeschieden ist, dass die
Einkünfte des Stiftungsvermögens diesem nicht mehr steuerlich zuzurechnen sind"
(Hüttemann/Herzog, Der Betrieb --DB-- 2004, 1001, 1003). Im Streitfall sei die Zuwendung
der Klägerin auf ein Konto der Stiftung überwiesen worden, über welches die Klägerin
nicht verfügungsberechtigt gewesen sei, sodass die Zuwendung aus dem Vermögen der
Klägerin eindeutig ausgeschieden sei. Es sei daher möglich, über die Errichtung einer
nicht rechtsfähigen Stiftung eine Vorverlagerung des "Stiftungsbeginns" für steuerliche
Zwecke zu erreichen (so Hüttemann, a.a.O., 1292, 1298; Staudinger/Hüttemann/Rawert
(2011), § 80 Rz 45).
26 Jedenfalls wollten aber auch die Vertreter der neueren Auffassung, welche weiterhin das
Rechtsgebilde einer Vorstiftung ablehnen (z.B. Hüttemann, a.a.O., 1292, 1296), dem
Stifter über das Rechtsgebilde einer unselbständigen Stiftung bereits ab Abschluss des
Stiftungsgeschäfts die Spendenberechtigung zuerkennen (z.B. Hüttemann, a.a.O., 1292,
1298); teils mit der Begründung, "eine Vorverlagerung der Stiftungserrichtung zu
erreichen" (so Hüttemann, a.a.O., 1292, 1298), teils einfach mit der Behauptung, für den
Spendenabzug aus Anlass der Errichtung einer nicht rechtsfähigen Stiftung komme es auf
den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen Stifter und Träger an (so Hof, in
Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2009, § 6 Rz 252; anders
aber ders., in von Campenhausen/Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2014, § 6
Rz 271 ff.).
27 Das FG verletze zudem § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG, da die Klägerin auf die Richtigkeit der
Spendenbescheinigung vertraut habe und ihr die Unrichtigkeit nicht in Folge grober
Fahrlässigkeit bekannt gewesen sei.
28 Die Spendenbescheinigung sei zwar am 4. Dezember 2007 und somit vor der vorläufigen
Bescheinigung über die Steuerbefreiung am 7. Dezember 2007 ausgestellt worden. Nach
dem Wortlaut des § 10b Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG reiche es aus, wenn der
begünstigte Empfänger gemeinnützig sei und die sachlichen Voraussetzungen der
Steuerbefreiung vorlägen (Stark in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10b EStG
Rz 25). Allerdings habe der BFH im Urteil vom 15. Juni 1973 VI R 35/70 (BFHE 110, 112,
BStBl II 1973, 850) entschieden, dass dem Zuwendungsempfänger eine
Freistellungsbescheinigung erteilt sein müsse und diese insoweit konstitutiv und nicht nur
deklaratorisch wirke.
29 Dies könne jedoch nicht für eine Vorstiftung oder eine unselbständige Stiftung als
Vorstufe zur selbständigen Stiftung gelten. Hier könnten erst nach Abschluss des
Stiftungsgeschäfts und der Satzung beide Rechtsgeschäfte bei der Finanzbehörde
eingereicht und daher die Bescheinigung erst später erteilt werden. Andernfalls könnten
eine Vorstiftung oder eine unselbständige Stiftung als Vorstufe zur rechtsfähigen Stiftung
im Erstjahr nie Spendenbescheinigungen ausstellen, weil naturgemäß die Bescheinigung
über die Steuerbefreiung erst später erteilt werden könne und damit dem
Stiftungsgeschäft zeitlich verzögert nachfolge. Daher werde in der Literatur (Schmidt/
Heinicke, EStG, 30. Aufl. 2011, § 10b Rz 37) die Auffassung vertreten: "Dagegen lässt
sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 50 EStDV mit amtlichen Vordrucken kaum
herauslesen, dass über die Freistellung bereits entschieden sein muss."
30 Bestätigt werde diese Ansicht durch die herrschende Meinung in der Literatur, wonach der
Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärung gutgläubig sein
müsse. Der Auffassung des FG, es komme auf die Kenntnis des Steuerpflichtigen im
Zeitpunkt der Ausstellung der Spendenbescheinigung an, könne nicht gefolgt werden. Es
genüge für einen Abzug als Spende, wenn der Letztempfänger für denjenigen
Veranlagungszeitraum, für den die Spende steuerlich berücksichtigt werden solle, wegen
Gemeinnützigkeit von der Steuer befreit sei. Das geschützte Vertrauen des gutgläubigen
Spenders zum Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärung umfasse u.a. auch
das Vertrauen in den Gemeinnützigkeitsstatus der Stiftung und in die Verwendung der
Spende (Oberfinanzdirektion Koblenz, Verfügung vom 16. Februar 2009
S 2223/ S 2351/G 1425/ A-St-331 unter Tz. 14.1). Andernfalls hätte es das
Regierungspräsidium durch eine verzögerte Anerkennungspraxis oder das für die
gemeinnützige Stiftung zuständige Finanzamt aufgrund einer erst nach Abschluss des
Stiftungsgeschäfts ausgestellten vorläufigen Bescheinigung über die Steuerbefreiung in
der Hand, den Spendenabzug für eine nicht rechtsfähige Stiftung zu beeinflussen. Dass
dies gesetzgeberisch nicht gewünscht sei, ergebe sich aus der Abzugsfähigkeit von
Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung, weil dadurch die Neugründungen von
Stiftungen gefördert werden sollten und daher auch Zuwendungen an Stiftungen in
Gründung begünstigt werden müssten.
31 Zumindest sei die Altregelung anwendbar. Das FG verletze § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG
i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom
10. Oktober 2007 (BGBl I 2007, 2332, BStBl I 2007, 815) --EStG 2007-- i.V.m. § 10b
Abs. 1 und § 10d EStG 2000. Falls nach Auffassung des erkennenden Senats § 10b
Abs. 1a EStG 2007 nicht anwendbar sei, sei zumindest die bisherige Vorschrift des § 10b
Abs. 1 EStG 2000 anwendbar, weil in der Steuererklärung ein formloser Antrag auf Abzug
der Zuwendung an die Stiftung in Höhe von bis zu 230.000 EUR und darin zumindest
konkludent ein Antrag i.S. des § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 zu sehen sei (vgl.
Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 10b Rz 66 i.V.m. § 10d Rz 27).
32 Aus § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG 2007 folge zunächst, dass § 10b Abs. 1 EStG 2007
grundsätzlich auf alle Zuwendungen anzuwenden sei, die mit Wirkung ab 1. Januar 2007
geleistet worden seien. Satz 3 dieser Vorschrift räume dann dem Steuerpflichtigen für
Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) das Wahlrecht ein, ob das bisherige
Recht oder das neue Recht angewendet werden solle.
33 Zu Recht werde aus der Verweisung in § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 auf § 10b Abs. 1
EStG 2000 primär abgeleitet, dass bei Erstausstattungen und Zustiftungen "anders als bei
Spenden und Mitgliedsbeiträgen" kein Wahlrecht zwischen der Anwendung des
bisherigen und des neuen Rechts bestehe (argumentum ex § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG e
contrario - Schauhoff/Kirchhain, Deutsches Steuerrecht 2007, 1985, 1988, linke Spalte
Mitte), da nur eine Verweisung auf § 10b Abs. 1 EStG 2000 und nicht auch auf § 10b
Abs. 1a EStG 2007 vorliege, sodass für Zuwendungen in den Vermögensstock nur das
neue Recht gelte (Fritz, Betriebsberater --BB-- 2007, 2546, 2549 linke Spalte oben).
34 In der Kommentarliteratur werde die Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG 2007
allerdings so interpretiert, dass "für den Veranlagungszeitraum 2007 ein letztes Mal der
Spendenrücktrag und der zusätzliche Spendenhöchstbetrag für laufende Zuwendungen
an Stiftungen in Höhe von 20.450 EUR (§ 10b Abs. 1 Satz 3 EStG 2000) in Anspruch
genommen werden" könne (Fritz, BB 2007, 2546, 2548 f.; ebenso Hüttemann, DB 2007,
2053, 2059 rechte Spalte oben, und Pust, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 10b Rz 392).
Anders ausgedrückt: Wenn eine verunglückte Erstausstattung einer Stiftung im Jahr 2007
aufgrund der erst im Folgejahr ausgesprochenen Anerkennung nicht unter § 10b Abs. 1a
EStG 2007 fallen sollte, könne diese Zuwendung zumindest über die Anerkennung als
Spende des Jahres 2008 und den Spendenrücktrag in das Jahr 2007 gemäß § 52
Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 i.V.m. § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG 2000 bis zur Höhe von
20.450 EUR zusätzlich zum Spendenhöchstbetrag berücksichtigt werden, weil es nur
darauf ankomme, ob die Zuwendung 2007 geleistet worden sei.
35 Dieser Ansicht stehe nicht entgegen, dass dies faktisch zu einer Fortgeltung des § 10b
Abs. 1 EStG 2000 bis ins Jahr 2008 führe. Denn es gehe für den Verlustrücktrag in das
Jahr 2007 nicht um die Anwendung der alten Spendenregelung im Jahr 2008. Nach dem
Wortlaut des § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 komme es vielmehr nur darauf an, wann die
Zuwendung geleistet worden sei, nämlich im Veranlagungszeitraum 2007 (ebenso
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Dezember 2008 IV C 4-
S 2223/07/0020, BStBl I 2009, 16). Insoweit sei nicht erforderlich, dass die
Spendenvoraussetzungen auch im Jahr 2007 vorgelegen hätten, sondern durch die
Verweisung des § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 auf die gesamte Vorschrift des § 10b
Abs. 1 EStG 2000 reiche es aus, dass die Voraussetzungen des Spendenabzugs im Jahr
2008 erfüllt seien und infolge der Verweisung in § 10b Abs. 1 Satz 5 EStG 2000 auf § 10d
EStG 2000 ein Spendenrücktrag nach 2007 möglich sei.
36 Dieser Auslegung stehe auch nicht entgegen, dass die Zuwendung 2007 geleistet
worden sei. Wie aus § 10b Abs. 1a Satz 2 EStG folge, sei bei einer Zuwendung in den
Vermögensstock einer Stiftung generell nicht nur auf das Jahr der Stiftungsgründung,
sondern auch auf das Folgejahr abzustellen. Es handele sich hier um einen allgemein
gültigen Rechtsgedanken, der trotz fehlender Verweisung des § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG
2007 auf § 10b Abs. 1a EStG fortwirke, sodass diese Überlegung auch im Rahmen des
§ 10b Abs. 1 EStG 2000 anzuwenden sei. Aus dieser systematischen Ableitung in
Verbindung mit dem Wortlaut der Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG 2007 folge
einerseits, dass ein Betrag in Höhe von 20.450 EUR als Spende im Jahr 2007
anzuerkennen sei. Andererseits bleibe auch der allgemeine Spendenrücktrag nach § 52
Abs. 24b EStG 2007 i.V.m. § 10b Abs. 1 und § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich bis
zu einem Betrag von 511.500 EUR möglich (Fritz, BB 2007, 2546, 2548), sodass im
Streitfall 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte von 243.573 EUR = 12.179 EUR
zuzüglich 20.450 EUR, insgesamt also 32.629 EUR als Spende anzuerkennen seien.
37 Zudem begründet die Klägerin die Revision mit dem Argument, die Nichterfassung der
Vorstiftung durch das FA in Zusammenhang mit § 10b EStG verletze den
europarechtlichen Grundsatz der umgekehrten Diskriminierung bzw. der
Inländerdiskriminierung, wie er seit der Neufassung des § 10b durch das Gesetz zur
Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom
8. April 2010 (BGBl I 2010, 386, BStBl I 2010, 334) --EStG 2010-- unmittelbar in § 10b
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG 2010 zum Ausdruck komme, welcher aufgrund der
Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 24e Satz 5 EStG 2010 auf alle noch nicht
bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuern Anwendung finde.
38 Die unterschiedliche Behandlung von Spenden an in- und ausländische Einrichtungen,
insbesondere an österreichische und inländische Vorstiftungen, stelle bei
sinnentsprechender Anwendung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union
vom 27. Januar 2009 C-318/07 --Persche-- (Slg. 2009, I-359) eine Beschränkung der
Kapitalverkehrsfreiheit dar (Art. 65 EG; richtig wohl Art. 65 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union), da insoweit eine vergleichbare Situation bei einer
inländischen wie bei einer ausländischen Vorstiftung gegeben sei.
39 Eine Rechtfertigung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder andere
europäische Regelungen sei nicht ersichtlich, zumal der Gesetzgeber rückwirkend in
§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG 2010 zum Ausdruck bringe, dass alle in einem
Mitgliedstaat der Europäischen Union belegenen Rechtsträger, welche nach § 5 Abs. 1
Nr. 9 KStG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG von der Körperschaftsteuer befreit wären, wenn
sie inländische Einkünfte erzielen würden, als Spendenempfänger anzuerkennen seien.
In sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des BFH im Urteil vom 20. Dezember 2006
I R 94/02 (BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331) müsse die formelle und materielle
Satzungsmäßigkeit der Vorstiftung nicht im Zeitpunkt des Abflusses der Spende bei der
Klägerin oder des Zuflusses der Zuwendung in den Vermögensstock vorliegen.
Ausreichend sei vielmehr, wenn die satzungsmäßige Vermögensbindung (§ 61 der
Abgabenordnung) im Zeitpunkt der Genehmigung der Stiftungssatzung durch das
Regierungspräsidium vorliege und die übrigen Voraussetzungen für den Spendenabzug
zum Zeitpunkt der Verwendung der Spendenbescheinigung durch die Klägerin mit
Einreichung ihrer Einkommensteuererklärung 2007 erfüllt seien.
40 Schließlich verweist die Klägerin auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom
29. November 2011 II ZR 306/09 (BGHZ 191, 354). In dieser Entscheidung sei der BGH
ohne weitere Begründung davon ausgegangen, dass eine noch nicht genehmigte Stiftung
am Geschäftsleben teilnehmen und Beteiligungen eingehen könne.
41 Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 aufzuheben
und die Einkommensteuer 2007 unter Änderung des Bescheids vom 13. Februar 2009 in
der Weise festzusetzen, dass weitere Spenden in Höhe von 230.000 EUR als
Sonderausgaben abgezogen werden.
42 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
43 II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
44 1. Nach § 10b Abs. 1a EStG 2007 können Spenden an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
steuerbefreite Stiftung des privaten Rechts auf Antrag des Steuerpflichtigen im
Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun
Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Mio. EUR zusätzlich zu den
Höchstbeträgen nach Abs. 1 Satz 1 als Sonderausgaben abgezogen werden.
45 a) Unstreitig ist, dass die Klägerin im Jahr 2007 keine Zuwendung an eine rechtsfähige
Stiftung geleistet hat. Nach § 80 Abs. 1 BGB entsteht eine rechtsfähige Stiftung u.a. erst
durch die Anerkennung der zuständigen Landesbehörde. Mit der Rechtsfähigkeit und der
dadurch einsetzenden Staatsaufsicht erwirbt die Stiftung die notwendige Fähigkeit zur
selbständigen Existenz (Reuter in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --
MünchKomm--, 4. Aufl., § 80 BGB Rz 24). Im Streitfall wurde die Stiftung im Januar 2008
anerkannt und somit nicht im Streitjahr 2007, in dem die Klägerin die streitige Zuwendung
geleistet hat.
46 b) Zutreffend weist das FG darauf hin, dass § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht zwischen einer
rechtsfähigen und einer nicht rechtsfähigen Stiftung unterscheidet. Somit sind auch
Spenden an nicht rechtsfähige Stiftungen als Sonderausgaben abziehbar. Dies setzt
allerdings das Bestehen einer nicht rechtsfähigen Stiftung voraus.
47 Die Errichtung einer (zeitweiligen) nicht rechtsfähigen (unselbständigen) Stiftung setzt u.a.
voraus, dass der Stifter einen Rechtsträger verpflichtet, die ihm zunächst übertragenen
Vermögenswerte vorübergehend zu verwalten und nach der Anerkennung der
rechtsfähigen (selbständigen) Stiftung auf diese zu übertragen (Thole, a.a.O., 127,
m.w.N.). Im Gegensatz zur Rechtslage bei der rechtsfähigen (selbständigen) Stiftung
handelt es sich bei dem Stiftungsgeschäft der nicht rechtsfähigen (unselbständigen
Stiftung) nicht um einen einseitigen Akt des Stifters, sondern um einen gegenseitigen
schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Stifter und einem Dritten als Rechtsträger der
nicht rechtsfähigen (unselbständigen) Stiftung (Thole, a.a.O., 127, m.w.N.). Die
Vermögensübertragung selbst bedarf eines gesonderten dinglichen Rechtsgeschäfts
nach den allgemeinen Regeln der §§ 873, 925, 929 ff. BGB. Nach Anerkennung der
rechtsfähigen (selbständigen) Stiftung muss der Dritte das Zweckvermögen auf diese
übertragen, um den schuldrechtlichen Anspruch der Stiftung gegen den Stifter (§ 82 BGB)
gemäß § 362 BGB zum Erlöschen zu bringen (Thole, a.a.O., 127).
48 Im Streitfall haben die Klägerin und ihre Schwester weder einen gegenseitigen
schuldrechtlichen Vertrag über die Errichtung einer nicht rechtsfähigen (unselbständigen)
Stiftung mit einem Dritten geschlossen noch haben sie Vermögen (die "Spende") auf
diesen übertragen. Letzteres hätte eine Einigung zwischen den Stifterinnen und dem
Dritten vorausgesetzt. Die Hingabe eines Überweisungsträgers an die Bank erfüllt diese
Voraussetzung nicht.
49 Zudem haben die Stifterinnen in § 15 der Satzung ausdrücklich bestimmt, dass die
Stiftung erst mit Bekanntgabe der "Genehmigung" durch die Stiftungsbehörde in Kraft
treten soll.
50 Im Streitjahr 2007 bestand folglich auch keine nicht rechtsfähige (unselbständige)
Stiftung.
51 Die Klägerin führt einige Fundstellen in der Literatur an (z.B. Thole, a.a.O., 127 ff.;
Hüttemann in Festschrift für Spiegelberger), die der Ansicht seien, die Interimsphase
zwischen dem Stiftungsgeschäft und der Errichtung der "endgültigen" rechtsfähigen
Stiftung (= Anerkennung) könne durch die Gründung einer unselbständigen Stiftung
überbrückt werden. Diesen Literaturstimmen ist zwar zuzustimmen (z.B. Schauhoff, in:
Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 3 Rz 44). Im Streitfall haben die Klägerin
und ihre Schwester aber tatsächlich keine unselbständige Stiftung zur Überbrückung der
Zeitspanne zwischen Stiftungsgeschäft und Anerkennung der rechtsfähigen Stiftung
errichtet (vgl. oben), sondern ausdrücklich das Inkrafttreten der Satzung an die
"Genehmigung" geknüpft.
52 c) Eine Anerkennung der Spende unter dem Gesichtspunkt der Zuwendung an eine
sogenannte Vorstiftung scheidet ebenfalls aus.
53 aa) Ob eine Vorgesellschaft (steuer-)rechtsfähig ist und damit Empfängerin einer nach
§ 10b Abs. 1a EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 und § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG als Sonderausgabe
abziehbaren Zuwendung sein kann, richtet sich nach dem Zivilrecht (Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
54 bb) Die Frage, ob eine Vorstiftung zivilrechtlich anzuerkennen ist, ist in Rechtsprechung
und Literatur umstritten.
55 (1) Die Rechtsprechung der Finanzgerichte geht --soweit ersichtlich-- übereinstimmend
davon aus, dass eine Vorstiftung zivilrechtlich und damit auch steuerrechtlich nicht
anzuerkennen ist (Urteile des FG Köln vom 12. Mai 1999 1 K 1996/97, Entscheidungen
der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 834; des Hessischen FG vom 17. September
2002 4 K 2859/02, EFG 2003, 569; des Schleswig-Holsteinischen FG vom 4. Juni
2009 1 K 156/04, EFG 2009, 1486, sowie das Urteil der Vorinstanz [des FG Baden-
Württemberg vom 8. Februar 2011 4 K 4080/09, Deutsches
Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 537]).
56 Der BFH hat sich bislang mit dieser Frage nicht befasst.
57 Das Urteil vom 17. September 2003 I R 85/02 (BFHE 204, 72, BStBl II 2005, 149) erging
zu einer Stiftung von Todes wegen. Nach dieser Entscheidung sind von Todes wegen
errichtete Stiftungen des privaten Rechts im Falle ihrer Genehmigung auf Grund der in
§ 84 BGB angeordneten Rückwirkung bereits ab dem Zeitpunkt des Vermögensanfalls
nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG subjektiv körperschaftsteuerpflichtig. § 84 BGB ist jedoch nur
einschlägig, wenn der Stifter vor der Anerkennung der Stiftung verstorben ist.
58 Die Entscheidung des BFH vom 16. November 2011 I R 31/10 (BFH/NV 2012, 786) betrifft
eine durch letztwillige Verfügung errichtete gemeinnützige unselbständige Stiftung.
59 (2) Die herrschende Meinung in der Literatur erkennt die Vorstiftung nicht an (so u.a.
Reuter in MünchKomm, Bd. 1, 6. Aufl., §§ 80, 81 BGB Rz 71;
Staudinger/Hüttemann/Rawert (2011), § 80 Rz 40 ff.; Hüttemann, a.a.O., 1292 ff.;
Hüttemann, Gemeinnützigkeitsrecht und Spendenrecht, 3. Aufl., 2015, S. 114; Bamberger/
Roth/Backert, BGB, 3. Aufl., § 80 Rz 52 [anders als noch in der 2. Aufl.]; Soergel/Neuhoff,
a.a.O., § 80 Rz 16; Schiffer/ Pruns in Nomos, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,
§ 80 Rz 15 f.; Schauhoff, in: Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 3 Rz 44;
Thole, a.a.O., 141; Leisner-Egensperger in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 51 AO Rz 22
und § 59 AO Rz 6).
60 Eine Mindermeinung in der Literatur bejaht hingegen die Rechtsfigur der Vorstiftung (so
u.a. O. Werner in Erman, BGB, Vor § 80 Rz 22; Palandt/Ellenberger, § 80 Rz 2).
61 Andere Autoren referieren nur die umstrittene Rechtsfrage, ob eine Vorstiftung
anzuerkennen ist oder nicht (so u.a. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 33 AO Rz 48a; Morsch in Juris Praxiskommentar zum BGB,
§ 80 Rz 37).
62 cc) Mit der bisherigen Rechtsprechung der Finanzgerichte und der herrschenden Meinung
in der Literatur geht der erkennende Senat u.a. mangels eines Registrierungsverfahrens
und einer Dotationspflicht vor Anerkennung (§ 82 BGB; vgl. unten II.1.c cc (3); Hüttemann,
Gemeinnützigkeitsrecht und Spendenrecht, 3. Aufl., 2015, 114) davon aus, dass eine
Vorstiftung zivilrechtlich nicht anzuerkennen ist und somit kein begünstigter
Zuwendungsempfänger i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bzw. 5 KStG sein
kann.
63 (1) Bis zur Anerkennung der Stiftung durch die Aufsichtsbehörde ist der Stifter an sein
Zuwendungsversprechen weder schuld- noch sachenrechtlich gebunden (so u.a.
Staudinger/ Hüttemann/Rawert (2011), § 80 Rz 42). Dies folgt aus § 81 Abs. 2 BGB,
wonach das Stiftungsgeschäft bis zur Anerkennung jederzeit widerrufbar ist, und zwar
auch dann, wenn --wie im Streitfall-- mehrere Personen das Stiftungsgeschäft
abgeschlossen haben (vgl. z.B. u.a. O. Werner in Erman, a.a.O., § 81 Rz 23; Morsch in
Juris Praxiskommentar zum BGB, § 81 Rz 24; Staudinger/Hüttemann/Rawert (2011), § 80
Rz 42). Das Recht des Stifters zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts ist die wesentliche
Ausprägung seiner bis zur Anerkennung der Stiftung bestehenden Dispositionsfreiheit
(vgl. Thole, a.a.O., 50). Offensichtlich wollte der Gesetzgeber dem Stifter die
Einwirkungsmöglichkeit erst im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung entziehen und bis
zu diesem Zeitpunkt keine feste, verselbständigte und für den Stifter verbindliche
Institution schaffen (Thole, a.a.O., 50; Hof in: Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-
Handbuch, 4. Aufl. 2014, § 7 Rz 21). Eine § 3 Abs. 2 PSG vergleichbare Vorschrift,
wonach bei einer Privatstiftung von mehreren Stiftern die dem Stifter zustehenden oder
vorbehaltenen Rechte nur von allen Stiftern gemeinsam ausgeübt werden können, soweit
die Stiftungsurkunde nichts anderes vorsieht, findet sich im deutschen Recht nicht.
64 (2) Die "Vorstiftung" ist dogmatisch nicht mit der Vorgesellschaft vergleichbar. Das
charakteristische Merkmal der Vorgesellschaft besteht darin, dass sie über eine
Vermögensmasse verfügt, die im Verhältnis zu den sie einbringenden Gesellschaftern
schon vor der Eintragung der Gesellschaft eine gewisse Verselbständigung erfahren hat
(Staudinger/Hüttemann/ Rawert (2011), § 80 Rz 40). Selbst bei der Einmann-GmbH
kommt eine Zwangsvollstreckung der Privatgläubiger des Gründers in das Vermögen der
Vorgesellschaft nicht in Betracht (statt vieler: Staudinger/Hüttemann/Rawert (2011), § 80
Rz 40). Im Stiftungsrecht hingegen findet eine solche Vermögensverselbständigung vor
der Anerkennung der Stiftung nicht statt. Es entsteht kein Sondervermögen
(Schiffer/Pruns, a.a.O., § 80 Rz 16).
65 (3) Der Stifter ist auch --anders als der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft-- nicht
gezwungen, bereits vor der Entstehung der juristischen Person Vermögenswerte auf den
erst noch entstehenden Rechtsträger zu übertragen (Schiffer/Pruns, a.a.O., § 80 Rz 16).
Erst nach Anerkennung der Stiftung durch die Genehmigungsbehörde muss er das im
Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen der Stiftung zur Verfügung stellen (§ 82 BGB).
Kapitalaufbringungspflichten entsprechend § 7 Abs. 2 und 3 des Gesetzes betreffend die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG-- (die Anmeldung zum
Handelsregister darf erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des
Nennbetrags einbezahlt ist; zudem muss zumindest die Hälfte des Mindeststammkapitals
gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG eingezahlt sein) bzw. §§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 2 des
Aktiengesetzes --AktG-- (vor der Anmeldung muss auf jede Aktie der eingeforderte Betrag
bezahlt sein) gibt es im deutschen Stiftungsrecht nicht.
66 (4) Gegen die Anerkennung der Vorstiftung spricht auch der Umstand, dass der
Gesetzgeber bei der Reform des Stiftungsrechts im Jahr 2002 die Vorstiftung nicht
geregelt und nicht wenigstens den §§ 11 Abs. 1 GmbHG bzw. 41 Abs. 1 Satz 1 AktG
entsprechende Regelungen in das Stiftungsrecht integriert hat (Thole, a.a.O., 25 f.). Die
Vorstiftung wurde schon zu diesem Zeitpunkt in Teilen der Literatur kontrovers diskutiert
und der österreichische Gesetzgeber hat in dem bereits am 1. September 1993 in Kraft
getretenen PSG zum Beispiel in § 3 Abs. 2 PSG angeordnet, dass bei einer Stiftung mit
mehreren Stiftern die diesen zustehenden oder vorbehaltenen Rechte grundsätzlich nur
von allen Stiftern gemeinsam ausgeübt werden können. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 PSG
muss der Stifter mit der Anmeldung zum Firmenbuch auch eine Bestätigung des
Kreditinstituts vorlegen, dass der Geldbetrag auf ein Konto der Privatstiftung oder des
Stiftungsvorstands eingezahlt ist und zu dessen freier Verfügung steht. Der
österreichische Gesetzgeber hat somit für die Stiftung eine den §§ 7 Abs. 2 und 3
GmbHG, 36 Abs. 2, 36a Abs. 2 AktG vergleichbare Regelung geschaffen. Der deutsche
Gesetzgeber hat auch hierauf bei der Reform des Stiftungsrechts verzichtet.
67 (5) Weiteres Indiz gegen die Anerkennung der Vorstiftung im zivilrechtlichen Sinn ist
zudem der Vergleich mit dem "Nasciturus". § 1923 Abs. 2 BGB bestimmt, dass derjenige,
der zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, als vor dem Erbfall
geboren gilt. Diese gesetzliche Fiktion ist notwendig, weil nach § 1923 Abs. 1 BGB nur
derjenige Erbe sein kann, der zur Zeit des Erbfalls lebt. Übertragen auf die Stiftung
bedeutet dies, dass vor der Anerkennung der Stiftung durch die Aufsichtsbehörde diese
nicht "lebt" (Schiffer/ Pruns, a.a.O., § 80 Rz 16); eine § 1923 Abs. 2 BGB vergleichbare
Vorschrift findet sich im Stiftungsrecht nicht. Aus § 84 BGB folgt nichts Gegenteiliges.
Diese Vorschrift bezieht sich nur auf den Sonderfall, dass die Stiftung erst nach dem Tod
des Stifters als rechtsfähig anerkannt wird.
68 (6) § 84 BGB ist auch nicht auf die zu Lebzeiten des Stifters gegründeten und
anerkannten Stiftungen analog anzuwenden. Zum einen ist die Vorschrift als
Ausnahmeregelung eng auszulegen. Vor allem aber besteht keine planwidrige
Regelungslücke. Hätte der Gesetzgeber eine rückwirkende Anerkennung der Stiftung
auch zu Lebzeiten des Stifters gewollt, hätte er dies im Gesetz zur Modernisierung des
Stiftungsrechts geregelt. Zudem fehlt es auch an der für eine Analogie erforderlichen
vergleichbaren Interessenlage. Ziel der in § 84 BGB bestimmten Rückwirkung ist
ausschließlich, die Erbfähigkeit einer von Todes wegen errichteten Stiftung
sicherzustellen, damit zwischen dem Tod des Stifters und der Anerkennung der Stiftung
kein vermögensrechtliches Vakuum entsteht (vgl. dazu auch Thole, a.a.O., 34 ff.). Bei
einer zu Lebzeiten des Stifters errichteten und anerkannten Stiftung entsteht aber kein
solches Vakuum.
69 (7) Im Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts wurde die bis dahin vorgesehene
"Genehmigung" einer Stiftung durch die "Anerkennung" der Stiftung ersetzt. Mit der
Änderung der Terminologie wollte der Gesetzgeber jedoch nicht zum Ausdruck bringen,
dass etwas bereits Existierendes aufgewertet werden soll (Thole, a.a.O., 44). Ausweislich
der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/8765) sollte damit lediglich der Rechtsanspruch
des Stifters auf "Genehmigung" der Stiftung zum Ausdruck gebracht werden.
70 dd) Der von der Klägerin bemühte Rechtsvergleich mit dem österreichischen Recht geht
fehl.
71 Zwar hat der Oberste Gerichtshof Österreichs die rechtsfähige Vorstiftung anerkannt
(Urteile vom 24. Oktober 2001 3 Ob 183/01k, nicht veröffentlicht, und vom 13. September
2001 6 Ob 189/01i, RdW 2002, 88). Doch unterscheidet sich die Rechtslage nach dem
PSG vom deutschen Stiftungsrecht in wesentlichen Punkten. So wird z.B. die
Privatstiftung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 PSG bereits durch die Stiftungserklärung
"errichtet" und erfährt nur ihre endgültige "Entstehung" durch die Eintragung in das
Firmenbuch. Nach § 7 Abs. 2 PSG haften die Handelnden bereits vor der Eintragung in
das Firmenbuch für Handlungen im Namen der Privatstiftung. Das PSG geht davon aus,
dass die Vorstiftung parteifähig ist. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 PSG muss mit der Anmeldung
zur Eintragung u.a. auch eine Bestätigung eines Kreditinstituts vorgelegt werden, dass der
gewidmete Geldbetrag auf ein Konto der Privatstiftung oder des Stiftungsvorstands
eingezahlt ist und zu dessen freier Verfügung steht. Das gewidmete Vermögen muss nach
österreichischem Recht also bereits vor Eintragung der Stiftung in das Firmenbuch
tatsächlich geleistet werden, was zu einer vom Vermögen des Stifters losgelösten
Vermögensmasse führt (Thole, a.a.O., 104). Im deutschen Recht fehlen entsprechende
Bestimmungen. Erst das Zusammentreffen von Stiftungsgeschäft und behördlicher
Anerkennung gibt "der Stiftung mit einem Schlag das Dasein"
(Staudinger/Hüttemann/Rawert (2011), § 80 Rz 42, m.w.N.).
72 ee) Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Klägerin, die Nichtanerkennung der
Vorstiftung verletze das europarechtliche Verbot der umgekehrten Diskriminierung bzw.
Inländerdiskriminierung, weil im österreichischen Recht die Vorstiftung anerkannt werde.
Eine Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts scheidet schon deshalb aus,
weil es sich im Streitfall um keinen grenzüberschreitenden Vorgang handelt (vgl.
Senatsurteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17, unter
II.3.b cc, m.w.N.).
73 Im Übrigen sind im deutschen Rechtssystem Zuwendungen an Stiftungen, die ihren Sitz
in anderen EU-/EWR-Staaten haben, unter den Voraussetzungen des § 10b Abs. 1
Sätze 2 bis 6 EStG 2010 begünstigt (HHR/Kulosa, § 10b EStG Rz 101 a.E.). Liegen diese
Voraussetzungen vor, ist die Zuwendung aber auch an eine Stiftung im Inland begünstigt.
74 ff) Das von der Klägerin angeführte Urteil des BGH in BGHZ 191, 354 ist schon deshalb
im Streitfall nicht einschlägig, weil der dortige Stifter einem Treuhänder für den Zeitpunkt
seines Versterbens für die zu diesem Zeitpunkt aufsichtsrechtlich noch nicht genehmigte
gemeinnützige Stiftung ohne Gegenleistung Unterbeteiligungen eingeräumt hatte. Anders
als im Streitfall war somit § 84 BGB einschlägig.
75 2. Zutreffend hat das FG auch erkannt, dass § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG nicht zugunsten der
Klägerin greift. Jedenfalls der Generalbevollmächtigten der Klägerin, deren im Januar des
Jahres 2006 ausgestellte Vollmacht u.a. die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung
der Klägerin in allen gesetzlich zulässigen Fällen umfasst, der gestattet ist, im Namen der
Klägerin mit sich selbst oder Dritten Rechtsgeschäfte zu tätigen sowie für einzelne
Vermögensangelegenheiten einschließlich der Ausübung von Stimmrechten
Untervollmachten zu erteilen, und die auch die Spendenbescheinigung vom 4. Dezember
2007 als Vorstandsvorsitzende der Stiftung ausgestellt hat, war bekannt, dass im
Zeitpunkt der Ausstellung der Spendenbescheinigung die Stiftung noch nicht rechtlich
existent war (vgl. auch Senatsurteil vom 19. Juli 2011 X R 32/10, BFH/NV 2012, 179,
unter II.3.).
76 Im Übrigen war zu diesem Zeitpunkt der Zuwendungsempfänger (die Stiftung in
Gründung) weder gemeinnützig noch lagen die sachlichen Voraussetzungen der
Steuerbefreiung vor. Somit kommt es auch auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage
nicht an, ob der vorläufigen Bescheinigung über die Steuerbefreiung vom 7. Dezember
2007 (ausgestellt nach der Spendenbescheinigung vom 4. Dezember 2007) konstitutive
oder nur deklaratorische Wirkung zukommt.
77 Da die Klägerin bzw. ihre Generalbevollmächtigte bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung
der Spendenbescheinigung nicht gutgläubig war, ist ebenfalls irrelevant, ob auf diesen
Zeitpunkt oder den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung abzustellen ist.
78 3. Das FG-Urteil verletzt --anders als die Klägerin vorträgt-- auch nicht § 52 Abs. 24b
Satz 3 EStG 2007 (bis einschließlich 2014 § 52 Abs. 24e Satz 3 EStG) i.V.m. § 10b Abs. 1
und § 10d EStG 2000.
79 Zutreffend weist das FA darauf hin, dass diese Vorschrift ebenfalls voraussetzt, dass die
Zuwendung an eine steuerbefreite Stiftung geleistet worden ist. Diese Voraussetzung
liegt im Streitfall jedoch nicht vor (vgl. oben).
80 Außerdem kann aus § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 (jetzt § 52 Abs. 24e Satz 3 EStG
2010) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht abgeleitet werden, dass § 10b Abs. 1
EStG 2000 auch für Zuwendungen des Jahres 2008 gelten soll. Dies widerspricht dem
klaren Wortlaut der Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte durch die Übergangsregelung nur
verhindern, dass durch die Neuregelung, insbesondere die Abschaffung des
Spendenrücktrags und des Stiftungshöchstbetrags Nachteile für den Spender entstehen
(Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10b Rz B 395). Zutreffend weist das FA
darauf hin, dass nicht Ziel des Gesetzgebers gewesen sei, einer "verunglückten
Erstausstattung einer Stiftung in 2007" zum Sonderausgabenabzug zu verhelfen.
81 Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Hinweis der Klägerin auf § 10b Abs. 1a
Satz 2 EStG 2000. § 52 Abs. 24b Satz 3 EStG 2007 (bis einschließlich 2014 § 52
Abs. 24e Satz 3 EStG) verweist nicht auf diese Vorschrift. Darüber hinaus beinhaltet sie
auch keinen allgemein gültigen Rechtsgedanken, sondern diente ausschließlich dazu,
die nach § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG 2000 allein begünstigten Zuwendungen anlässlich
einer Stiftungsneugründung von sogenannten Zustiftungen, also Zuwendungen in den
Vermögensstock einer bereits bestehenden Stiftung, abzugrenzen. Die Notwendigkeit
einer solchen Abgrenzung besteht jedoch nach der im Jahr 2007 geltenden Rechtslage
nicht mehr, da es nach § 10b Abs. 1a EStG in der ab diesem Jahr geltenden Fassung
lediglich darauf ankommt, dass die Zuwendung in den Vermögensstock einer Stiftung
erfolgt. Die Begünstigung ist nicht mehr nur auf Neugründungsfälle beschränkt. Darüber
hinaus war diese Abgrenzung auch nicht für die Anwendung des § 10b Abs. 1 Satz 3
EStG 2000 erforderlich, da dieser ebenfalls sämtliche Zuwendungen an Stiftungen erfasst
hat und nicht auf Neugründungen beschränkt war.
82 4. Ob die Zuwendung der Klägerin an die rechtsfähige Stiftung im Veranlagungszeitraum
2008 als Spende abziehbar ist, war im Streitfall (Veranlagungszeitraum 2007) nicht zu
entscheiden.
83 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.