Urteil des BFH vom 17.02.2016

Gemischt genutztes Arbeitszimmer

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 17.2.2016, X R 1/13
Gemischt genutztes Arbeitszimmer
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate
Augsburg, vom 28. April 2011 15 K 2575/10 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr 2006 u.a. Einkünfte
aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung, die
er durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte. Im Rahmen seiner
Gewinnermittlung machte er Kosten für einen büromäßig ausgestatteten Raum
innerhalb seines Einfamilienhauses geltend, in dem er die mit der Fotovoltaikanlage
zusammenhängenden Büroarbeiten erledigte. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt -FA-) lehnte die Berücksichtigung dieser Kosten als Betriebsausgaben
vollen Umfangs ab. Das Finanzgericht (FG) gab mit seinem in Entscheidungen der
Finanzgerichte 2013, 496 veröffentlichten Urteil der hiergegen gerichteten Klage
teilweise statt. Da dem Kläger für seine Arbeiten im Rahmen seiner gewerblichen
Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe, seien die
Aufwendungen für den als Arbeitszimmer zu qualifizierenden Raum dem Grunde nach
abziehbar. Allerdings habe der Kläger den Raum in nicht unwesentlichem Maße auch
privat (mit)genutzt, mutmaßlich für die Erledigung privater Korrespondenz, nach
eigenen Angaben des Klägers und damit gewiss aber beispielsweise auch, um für
seine Schwester eine Fotovoltaikanlage zu planen. Nachdem der Große Senat des
Bundesfinanzhofs (BFH) sich mit Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06
(BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) von dem bisherigen allgemeinen Aufteilungs- und
Abzugsverbot gelöst habe, seien die Aufwendungen für das Arbeitszimmer ggf. im
Wege sachgerechter Schätzung unter Berücksichtigung des jeweiligen
Nutzungsumfangs aufzuteilen, sofern die betriebliche oder private Veranlassung nicht
von völlig untergeordneter Bedeutung sei. Das führe im Streitfall zur hälftigen
Aufteilung.
2 Mit der Revision macht das FA geltend, Aufwendungen für einen gemischt genutzten
Wohnraum seien nicht aufteilbar.
3 Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
4 Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
5 Mit Beschluss vom 28. März 2014 hat der Senat nach § 155 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung das Ruhen des
Verfahrens im Hinblick auf das bei dem Großen Senat des BFH anhängige Verfahren
GrS 1/14 (Vorlagebeschluss des IX. Senats des BFH vom 21. November 2013
IX R 23/12, BFHE 243, 563, BStBl II 2014, 312) angeordnet. Der Große Senat des BFH
hat mit Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14 (BFHE 251, 408) über die Vorlagefrage
entschieden.
Entscheidungsgründe
6 II. Nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH über die Vorlagefrage ist die
Verfahrensruhe beendet und das Verfahren fortzusetzen. Auf die Revision des FA ist
das Urteil des FG gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO aufzuheben und die Klage
abzuweisen. Die Kosten für den Raum, den der Kläger für die
Verwaltungsangelegenheiten seines Gewerbebetriebs nutzt, sind nicht als
Betriebsausgaben abziehbar, da der Kläger diesen Raum nicht ausschließlich oder
nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt hat.
7 1. Nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Betriebsausgaben
die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Aufwendungen für einen in
die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum jedoch, der sowohl
zur Erzielung von Einkünften als auch -in mehr als nur untergeordnetem Umfang- zu
privaten Zwecken genutzt wird, sind insgesamt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
nicht abziehbar (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408,
unter D.).
8 2. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher nach § 118 Abs. 2
FGO bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger den in Rede stehenden Raum
in nicht unerheblichem Umfange auch privat genutzt. Die Berücksichtigung der
Aufwendungen als Betriebsausgaben kommt daher nicht in Betracht.
9 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
10 4. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 121 Abs. 1 FGO
i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.