Urteil des BFH vom 30.01.2017

Gewinnzuschlag bei Reinvestitionsrücklage

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 30.1.2017, X B 83/16
ECLI:DE:BFH:2017:B.300117.XB83.16.0
Gewinnzuschlag bei Reinvestitionsrücklage
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 18. Mai
2016 4 K 4096/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb einen gewerblichen Grundstückshandel. 1999 bildete er nach
dem Verkauf eines Grundstücks eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes in der im Jahre 1999
gültigen Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I
1999, 304) --EStG 1999--. Zum 31. Dezember 2003 (Streitjahr) löste er sie mit einem Teilbetrag gewinnerhöhend
auf und übertrug sie im Übrigen auf eine neu gegründete und von ihm selbst beherrschte Kommanditgesellschaft
(KG), wo sie auf eingebrachte Grundstücke angerechnet wurde.
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Nach einer Außenprüfung löste der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Rücklage im Jahre
2003 im Einzelunternehmen auch auf, soweit sie in der Gewinnermittlung auf die KG übertragen worden war
(1.790.000 EUR), da die Übertragung auf die KG mangels Personenidentität nach der zum Zeitpunkt der
Rücklagenbildung geltenden Fassung des § 6b Abs. 10 EStG 1999 nicht möglich sei. Außerdem erhöhte er
außerbilanziell den Gewinn um den Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG 1999 (429.580 EUR). Nach Abzug einer
Gewerbesteuerrückstellung von 188.725 EUR ergab sich somit eine Gewinnerhöhung aus diesem Vorgang in Höhe
von 2.030.855 EUR.
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Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Auflösung der Rücklage sowie die Berücksichtigung des
Gewinnzuschlags und begehrte hilfsweise Teilwertabschreibungen auf Grundstücke, die er mit Schriftsatz vom
30. November 2012 auf 50.000 EUR bzw. 154.659 EUR für zwei bestimmte Grundstücke beschränkte. In diesem
Schriftsatz, der sich neben dem Streitjahr auf die in selbständigen Verfahren geführten Jahre 2004 und 2005 bezog,
war außerdem von einem Darlehensverhältnis die Rede. Der Kläger erläuterte darin zunächst, dass er im Jahre 2001
Kredite und Materialkostenvorauszahlungen an eine Mieterin sowie deren Bürgen ausgereicht habe. Weiter wies er
darauf hin, dass bereits im Jahre 2002 und wiederum in den Jahren 2004 und 2005 Wertberichtigungen erfolgt seien.
Zudem war im finanzgerichtlichen Verfahren noch die Zusammenveranlagung mit der Ehefrau des Klägers im Streit,
die das FA abgelehnt hatte. In der mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger, soweit es die gewerblichen
Einkünfte betrifft, in erster Linie die Minderung der Bemessungsgrundlage um 2.030.855 EUR, hilfsweise um
205.659 EUR.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
macht der Kläger Divergenzen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie einen
Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.V.m. § 119 Nr. 6 FGO geltend.
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Das FG weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab, nach der die Hinzurechnung nach
§ 6b Abs. 7 EStG 1999 bei Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG 1999 vorzunehmen sei (BFH-Urteile vom
14. März 2012 IV R 6/09, BFH/NV 2012, 1122; vom 6. Februar 2014 IV R 41/10, BFH/NV 2014, 847, und vom
10. März 2016 IV R 41/13, BFHE 253, 337, BStBl II 2016, 984). Tatsächlich habe nämlich der Kläger im Jahre 1999
einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, im Rahmen dessen Grundstücke Umlaufvermögen seien (BFH-
Entscheidungen vom 16. Januar 1969 IV R 34/67, BFHE 95, 219, BStBl II 1969, 375; vom 18. August 1992
VIII R 22/91, BFH/NV 1993, 225, und vom 26. März 1993 III B 98/91, BFH/NV 1994, 739). Da § 6b Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 EStG 1999 die Rücklage nur für veräußertes Anlagevermögen ermögliche, hätte diese schon nicht gebildet
werden dürfen. Damit könne eine Gewinnerhöhung nicht mehr nach § 6b EStG 1999, sondern nur nach den
Grundsätzen der Bilanzberichtigung nach Maßgabe u.a. des Senatsurteils vom 16. Mai 1990 X R 72/87 (BFHE 161,
451, BStBl II 1990, 1044) erfolgen. Der Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG 1999 sei daher nicht anzusetzen.
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Außerdem sei das FG-Urteil i.S. des § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen. Der Kläger habe mit seinem
Vortrag im Schriftsatz vom 30. November 2012 zu den offenen Forderungen gegen Mieterin und Bürgen sinngemäß
geltend gemacht, dass der Teilwert dieser zum Betriebsvermögen gehörenden Darlehensforderungen im Streitjahr
unter den Buchwert gesunken sei. So wie bereits Wertberichtigungen in den Jahren 2002, 2004 und 2005
stattgefunden hätten, sei auch im Jahre 2003 eine Teilwertabschreibung vorzunehmen gewesen.
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Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Sie ist nicht wegen Divergenz nach § 115 Abs.&sbsp;2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, da das FG-Urteil die
beanstandeten Divergenzen nicht enthält.
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a) Die gerügte Abweichung von den BFH-Urteilen in BFH/NV 2012, 1122, in BFH/NV 2014, 847 und in BFHE 253,
337, BStBl II 2016, 984 besteht nicht. Aus der Rechtsprechung des BFH, die allerdings lediglich dem Wortlaut des
§ 6b Abs. 7 EStG 1999 entspricht (und von der das oben genannte BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 847 sich zu der
Hinzurechnung nicht äußert), ergibt sich, dass eine Hinzurechnung vorzunehmen ist, wenn eine Rücklage nach § 6b
EStG 1999 aufgelöst wird. Von diesem Rechtssatz ist aber das FG schon deshalb nicht abgewichen, weil es
ausdrücklich von einer Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG 1999 ausgegangen ist, die ihrerseits die
Hinzurechnung nach § 6b Abs. 7 EStG 1999 gebietet. Beschränkt sich eine Divergenzrüge auf Rechtssätze, die
Gegenstand einer Schlussfolgerung sind, so ist im Rahmen dieser Rüge nicht von Bedeutung, ob das FG eine dieser
Schlussfolgerung zugrunde liegende Vorfrage, sei es eine Tatsachen- oder Rechtsfrage, zutreffend und der
Rechtsprechung gemäß beurteilt hat. Vielmehr muss die Divergenz in der Schlussfolgerung selbst liegen. Daran fehlt
es, wenn die Schlussfolgerung folgerichtig ist, wie es vorliegend der Fall ist.
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b) Es wird nicht deutlich, ob der Kläger außerdem eine Abweichung von den BFH-Entscheidungen in BFHE 95, 219,
BStBl II 1969, 375, in BFH/NV 1993, 225 und in BFH/NV 1994, 739 betreffend die Zuordnung von Grundstücken
eines gewerblichen Grundstückshändlers zum Umlaufvermögen rügen will oder hierin nur einen unselbständigen
Begründungsteil seiner soeben erörterten Divergenzrüge sieht. Das FG ist auch von diesen Entscheidungen weder
ausdrücklich noch inzident abgewichen.
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aa) Unschädlich ist allerdings, dass das FG zu der Frage, ob Anlagevermögen oder Umlaufvermögen vorliegt,
ausdrücklich keine Aussagen getroffen hat. Das FG-Urteil muss nicht ausdrücklich einen divergierenden Rechtssatz
aussprechen. Er kann auch konkludent etwa in scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen des FG enthalten
sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4. März 2016 X B 188/15, BFH/NV 2016, 1036) oder sich sonst implizit aus den
Gründen ergeben. Demnach käme im Streitfall eine Divergenz in Betracht, wenn zum einen das FG stillschweigend
davon ausgegangen sein sollte, das im Jahre 1999 veräußerte Grundstück sei Anlagevermögen gewesen, zum
anderen diese Annahme den Aussagen der zitierten Rechtsprechung widerspräche. An beidem fehlt es jedoch.
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bb) Zunächst setzt das FG-Urteil auch, soweit es die Hinzurechnung betrifft, nicht unbedingt die Annahme voraus,
das Grundstück habe zum Anlagevermögen des Klägers gehört. Zwar verlangte die Rücklagenbildung nach § 6b
Abs. 3 Satz 1 EStG 1999 i.V.m. § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 1999 die mindestens sechs Jahre währende
ununterbrochene Zugehörigkeit der veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung zum
Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte. Die Rücklage durfte daher nicht gebildet werden, falls das
Grundstück nicht zum Anlagevermögen des Klägers gehörte. Nach § 6b Abs. 7 EStG 1999 findet jedoch die
Hinzurechnung statt, "[s]oweit eine nach Absatz 3 Satz 1 gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne
daß ein entsprechender Betrag nach Absatz 3 abgezogen wird". Diese Vorschrift muss nicht zwingend so ausgelegt
werden, dass die aufgelöste Rücklage zu Recht gebildet wurde. Vielmehr kann sie auch so ausgelegt werden, dass
sie nur die tatsächliche Auflösung einer tatsächlich unter Berufung auf § 6b EStG 1999 gebildeten und noch
existenten Rücklage voraussetzt, nicht aber eine zu Recht gebildete und zu Recht noch in der Gewinnermittlung
enthaltene Rücklage verlangt. Mit dieser Maßgabe wäre die Hinzurechnung schon deshalb rechtmäßig, weil die
vorhandene Rücklage aufgelöst wurde, und zwar unabhängig davon, ob ursprünglich die Voraussetzungen der
Rücklagenbildung bestanden haben. Das bedeutet umgekehrt, dass das FG nicht zwingend davon ausgegangen sein
muss, das Grundstück sei Anlagevermögen des Klägers gewesen.
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Das folgt aus dem Verständnis des BFH von der ähnlichen Regelung in § 7g Abs. 5 EStG 1999. Nach dieser
Vorschrift war ein Gewinnzuschlag vorzunehmen, "[s]oweit die Auflösung einer Rücklage nicht auf Absatz 4 Satz 1
beruht". Der BFH knüpft den Gewinnzuschlag ausschließlich an die zwangsweise Auflösung einer am Ende des
Investitionszeitraumes noch vorhandenen Ansparabschreibung an, nicht aber daran, dass diese zum Zeitpunkt der
Auflösung noch zu Recht bestand (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 2016 VIII R 58/13, BFHE 253, 495, BStBl II 2016,
774, unter II.1.b cc). Zwar unterscheiden sich die Vorschriften insoweit, als § 7g Abs. 5 EStG 1999 nur auf eine
Rücklage, § 6b Abs. 7 EStG 1999 jedoch auf eine nach Abs. 3 Satz 1 gebildete Rücklage Bezug nimmt. Daraus ließe
sich folgern, dass § 7g Abs. 5 EStG 1999 sich auf eine ggf. auch zu Unrecht gebildete, § 6b Abs. 7 EStG 1999
hingegen auf eine im Einklang mit § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG 1999 und damit rechtmäßig gebildete Rücklage bezieht.
Das ist aber nicht zwingend. Eine "nach Absatz 3 Satz 1 gebildete Rücklage" kann auch eine solche meinen, die
unter Berufung auf § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG 1999 gebildet wurde, ungeachtet der Frage, ob dies zulässig war.
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cc) Selbst wenn das FG jedoch davon ausgegangen sein sollte, das im Jahre 1999 veräußerte Grundstück habe
zum Anlagevermögen des Klägers gehört, widerspräche das der Rechtsprechung über das Umlaufvermögen des
gewerblichen Grundstückshändlers nicht. Bereits das Urteil in BFHE 95, 219, BStBl II 1969, 375 hat zwar die
Grundstücke eines gewerblichen Grundstückshändlers grundsätzlich dem Umlaufvermögen zugeordnet, aber
Ausnahmen für den Fall eindeutiger Vermögensanlage zugelassen. Auch das Urteil in BFH/NV 1993, 225 erachtet
nur die zur Bebauung und anschließenden Veräußerung bestimmten Grundstücke als Umlaufvermögen und lässt
damit inzident ebenso wie der Beschluss in BFH/NV 1994, 739 daneben noch Anlagevermögen zu. In einer
Gestaltung, in der die Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen sich aus einem gewerblichen Grundstückshandel und
einer gewerblichen Grundstücksvermietung zusammensetzte und deshalb insgesamt gewerblich war, hat der BFH
Grundstücke dem Anlagevermögen zugeordnet, soweit sie der gewerblichen Grundstücksvermietung zuzuordnen
waren (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 1981 VIII R 149/78, BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522, unter I.3.). Er hat
darüber hinaus erkannt, dass zum Betriebsvermögen eines Grundstückshändlers gehörende Grundstücke zum
Anlagevermögen gehören können, wenn sie zwischenzeitlich vermietet werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1996
IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, unter I.4.). Nach alledem steht allein der Umstand, dass das FG die
Tätigkeit des Klägers als gewerblichen Grundstückshandel bezeichnet hat, der Annahme von Anlagevermögen nicht
entgegen.
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c) Auch wenn die Beschwerdebegründung so zu verstehen sein sollte, dass der Kläger auch eine Abweichung von
dem Senatsurteil in BFHE 161, 451, BStBl II 1990, 1044 betreffend die Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze rügen
möchte, wäre diese Divergenzrüge zumindest unbegründet. Selbst wenn das FG zu Unrecht davon ausgegangen
sein sollte, dass die Auflösung der Rücklage auf § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG 1999 beruhte, während sie tatsächlich,
dem Beschwerdevorbringen folgend, auf die Grundsätze der Bilanzberichtigung hätte gestützt werden müssen, läge
darin keine Abweichung von diesen Grundsätzen, sondern ein Rechtsfehler im Rahmen der vorgelagerten Frage,
nach welcher Vorschrift die Auflösung vorzunehmen ist.
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Im Übrigen steht auch nicht fest, ob eine abweichende Rechtsgrundlage für die Auflösung der Rücklage am Ergebnis
der Entscheidung etwas änderte. Insbesondere ist nicht dargelegt und auch nicht offensichtlich, dass die Auflösung
im Wege der Bilanzberichtigung tatsächlich die Hinzurechnung nach § 6b Abs. 7 EStG 1999 ausschlösse. Die
Vorschrift verlangt ihrem Wortlaut nach lediglich die Auflösung der Rücklage ohne Abzug nach § 6b Abs. 3 EStG
1999, nicht aber eine bestimmte Rechtsgrundlage für die Auflösung. Dass nach den Grundsätzen des Senatsurteils
in BFHE 161, 451, BStBl II 1990, 1044 die Auflösung bereits in einem anderen als dem Streitjahr hätte erfolgen
müssen, hat der Kläger selbst nicht behauptet.
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2. Auch der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor.
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a) Nach § 119 Nr. 6 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn die
Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Das ist dann der Fall, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil
fehlen. Ein teilweises Fehlen kommt in Betracht bei Begründungsmängeln, die sich auf einen selbständigen Anspruch
oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel beziehen. Dabei handelt es sich um die eigenständigen
Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger
Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden. Ein Verfahrensmangel liegt daher auch dann vor, wenn das Urteil
hinsichtlich eines solchen wesentlichen Streitpunkts nicht mit Gründen versehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Juli
2013 IV B 107/12, BFH/NV 2013, 1928, unter I.3.a, m.w.N.).
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b) Soweit der Kläger eine Begründung dafür vermisst, dass das FG für das Streitjahr keine Teilwertabschreibung auf
die offenen Forderungen gegen die Mieterin und den Bürgen berücksichtigt hat, fehlt damit keine Begründung zu
einem wesentlichen Streitpunkt. Vielmehr war eine Teilwertabschreibung auf Forderungen vor dem FG nicht begehrt
worden. Auch der Schriftsatz vom 30. November 2012 war nicht so zu verstehen wie der Kläger nunmehr
vorträgt.
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Bereits auf die mit Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO versehene Aufforderung des FG vom 11. Februar
2011, das Klagebegehren zu bezeichnen, hat der Kläger den Ansatz von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe
von 2.030.855 EUR aufgrund einer Auflösung einer § 6b-Rücklage, hilfsweise die Teilwertabschreibung in Höhe von
890.658 EUR für bestimmte in der Einspruchsentscheidung benannte Grundstücke, ferner die
Zusammenveranlagung, hilfsweise den Abzug von Unterhaltsaufwendungen benannt. Von einer
Teilwertabschreibung auf Darlehen war nicht die Rede. Dem steht nicht entgegen, dass diese rechnerisch in dem
Antrag, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um einen bestimmten Betrag zu mindern, enthalten gewesen wäre. Die
Frage, worin ein selbständiger Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel und damit ein
eigener Streitpunkt besteht, ist keine Frage der Antragsfassung. Das betreffende sachliche Begehren muss jedoch
von dem Beteiligten vorgebracht und streitig gestellt worden sein.
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Aus dem Schriftsatz vom 30. November 2012 ergab sich nichts anderes. Wenn der Kläger im Zusammenhang mit
einem offenbar notleidend gewordenen Kredit erklärt, es habe in den Jahren 2002, 2004 und 2005
Wertberichtigungen gegeben, dann hätte das nur als Begehren nach einer Teilwertabschreibung auch für 2003
verstanden werden können, wenn der Kläger dies unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hätte, zumal damit
die Bewertungen für 2004 und 2005 möglicherweise hinfällig geworden und zu Lasten des Klägers zu korrigieren
gewesen wären. Stattdessen hat der Kläger gerade deutlich gemacht ("haben wir aufgezeigt" und "ist darauf
hinzuweisen"), dass es sich bei den Ausführungen zu den Wertberichtigungen lediglich um Erläuterungen zu seinem
eigentlichen Begehren handelte, gewisse weitere Aufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
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Dies hat im weiteren Verlauf des Verfahrens auch das FA so verstanden, wenn es mit Schriftsatz vom 31. Januar
2013 erklärte, unter Berücksichtigung der nunmehr vorgelegten Unterlagen erkenne es Betriebsausgaben von
26.000 EUR im Jahre 2005 an, und kein Wort zu einer etwaigen Teilwertabschreibung verlor. In der Folgezeit hat der
Kläger die Richtigkeit dieses Verständnisses in der Sache selbst bestätigt. Mit Schriftsatz vom 5. April 2013 hat er
ausgeführt, hinsichtlich dieser Zahlung bestehe zwischen den Beteiligten Einigkeit. In dem folgenden Schriftsatz vom
16. Mai 2013 hat das FA zu diesem Komplex nicht mehr Stellung genommen. Es erließ am 1. April 2014 u.a. für
das Jahr 2005 entsprechende Änderungsbescheide. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014, der sich wiederum auf die
drei Jahre 2003 bis 2005 bezog, äußerte der Kläger sinngemäß, die Behandlung des Sachverhalts betreffend die
Mieterin und den Bürgen entspreche dem Klageantrag, die weiteren Einwendungen gegen die Höhe der Einkünfte
aus Gewerbebetrieb bestünden fort. Nach dem Verlauf des Schriftwechsels im Verfahren handelte es sich bei den
weiteren Einwendungen zum einen um die Frage der § 6b-Rücklage, zum anderen um die Teilwertabschreibungen
auf zwei Grundstücke.
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Selbst der in der mündlichen Verhandlung formulierte Antrag des Klägers bringt zum Ausdruck, dass eine
Teilwertabschreibung auf das Darlehen im Jahre 2003 kein Streitpunkt war. Soweit der Antrag auf die Minderung der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb gerichtet ist, nennt er zunächst einen Betrag, der sich erkennbar auf die § 6b-
Rücklage bezieht, anschließend im Hilfsantrag einen Betrag, der sich ebenso erkennbar auf die
Teilwertabschreibungen auf die beiden Grundstücke bezieht. Diese Antragstellung enthielt zwar eine überflüssige
Verkomplizierung. Der sogenannte Hilfsantrag war in dem Hauptantrag enthalten. Das FG hätte nach § 96 Abs. 1
Satz 2 FGO auch ohne gesonderte Antragsformulierung über die Frage der Teilwertabschreibung auf die
Grundstücke entscheiden müssen. Dafür hat diese Antragsfassung aber verdeutlicht, welche Begehren der Kläger
(nur noch) verfolgte. Das FG konnte den Vortrag des Klägers nach alledem nicht so verstehen, dass gerade
hinsichtlich des Sachverhalts betreffend die Mieterin und den Bürgen noch ein Streitpunkt bestehe, mit dem es sich
hätte auseinandersetzen müssen. Der Kläger hatte unmissverständlich das Gegenteil bekundet.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.