Urteil des BFH vom 21.10.2015

Bezugnahme des FG auf Einspruchsentscheidung des FA

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 21.10.2015, X B 116/15
Bezugnahme des FG auf Einspruchsentscheidung des FA
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2015 15 K 3277/13 E wird als unzulässig
verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5
Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ihre Begründung entspricht nicht den
Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
2 1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt, das Finanzgericht (FG) habe ein
wesentliches und selbständiges Verteidigungsmittel außer Acht gelassen und das
Urteil sei insofern ohne Begründung geblieben. Das Gericht habe sich nicht mit der
Frage der Verjährung des Steueranspruchs befasst und die Einspruchsentscheidung --
hierauf hat das FG gemäß § 105 Abs. 5 FGO verwiesen-- sei unzulänglich gewesen
und habe sich mit keinerlei Tatumständen befasst.
3 a) Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen
rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene
Entscheidung maßgeblich waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. von § 119
Nr. 6 FGO liegt deshalb nur vor, wenn dem Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die
getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom
24. Juni 2008 X B 138/07, BFH/NV 2008, 1516).
4 Eine Entscheidung ist dann i.S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen,
wenn diese ganz oder zu einem wesentlichen Teil fehlen sowie, wenn das FG einen
selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Verteidigungsmittel übergangen hat.
Die Rüge einer zu kurzen, lücken- oder fehlerhaften Begründung berechtigt hingegen
nicht zu einer Zulassung einer Revision (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH--
vom 19. September 2007 III B 59/06, BFH/NV 2007, 2245).
5 b) § 105 Abs. 5 FGO räumt allerdings den Finanzgerichten die Möglichkeit ein, von
einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen und sich die in der
Einspruchsentscheidung enthaltene Begründung des Finanzamts zu Eigen zu machen.
Die Vorschrift dient der Entlastung der Gerichte, sofern ihr Zweck, den Beteiligten
Kenntnis davon zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Verhältnissen oder
rechtlichen Erwägungen die Entscheidung beruht, ohne Nachteil für den Rechtsschutz
der Kläger auch durch Bezugnahme auf bereits vorliegende
Verwaltungsentscheidungen erreicht werden kann (BFH-Beschluss vom
10. November 2006 XI B 147/05, BFH/NV 2007, 267, m.w.N.). Eine Urteilsbegründung,
die über die Feststellung, dass das FG der Verwaltungsentscheidung folgt, hinausgeht,
ist in diesen Fällen nicht erforderlich (BFH-Beschluss vom 20. November 2003
III B 88/02, BFH/NV 2004, 517). Die gebotene verfassungskonforme Anwendung des
§ 105 Abs. 5 FGO setzt aber voraus, dass das Gericht wegen des Anspruchs des
Rechtsschutzsuchenden auf rechtliches Gehör auf dessen wesentliches neues
Vorbringen im Klageverfahren eingeht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 20. Mai 1994 VI R 10/94, BFHE 174, 391, BStBl II 1994, 707, und vom 23. April
1998 IV R 30/97, BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626; BFH-Beschluss in BFH/NV 2007,
267, m.w.N.).
6 c) Im Streitfall hat das FG auf die Einspruchsentscheidung in den Urteilsgründen
verwiesen und der Kläger hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen das FG in den
Entscheidungsgründen dennoch zu Ausführungen zur verlängerten Festsetzungsfrist
von zehn Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung verpflichtet
gewesen wäre. Er hat nicht vorgetragen, dass sich nach dem Abschluss des
außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens im Klageverfahren wesentlich neue
Gesichtspunkte ergeben hätten, mit denen sich das FG hätte auseinandersetzen
müssen. Weder in der Klagebegründung vom 11. September 2013 noch in dem
ergänzenden Schriftsatz vom 2. Januar 2013 (zutreffend wohl 2014) hat der Kläger
gerügt, zu Unrecht sei der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--)
von einer verlängerten Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung ausgegangen. In
der mündlichen Verhandlung hat das FG den einzig noch zu ermittelnden Zeugen
gehört und sich in den Entscheidungsgründen mit dessen Aussage
auseinandergesetzt. Eine mögliche Festsetzungsverjährung im Zeitpunkt des Erlasses
des Änderungsbescheids für das Streitjahr 2006 war kein Thema bei der Aussage des
Zeugen und auch im Protokoll über die mündliche Verhandlung findet sich kein
Hinweis, dass der Kläger, der auch im FG-Verfahren von seinem derzeitigen
Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, die Festsetzungsverjährung angesprochen
hätte. Die Bezugnahme des FG auf die Einspruchsentscheidung ist --wie ausgeführt--
gesetzlich vorgesehen. Letztlich rügt der Kläger nur, das FG habe seine Argumente
nicht als durchgreifend angesehen. Damit kann er im Verfahren über die
Nichtzulassung der Revision jedoch nicht gehört werden.
7 Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger in der Beschwerdebegründung
auch nicht annähernd dargelegt hat, aus welchen Gründen die
Einspruchsentscheidung des FA in Bezug auf die verlängerte Festsetzungsfrist
unzulänglich war. Er beließ es bei dieser Feststellung.
8 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
9 3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der
Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.