Urteil des BFH vom 18.06.2015

Steuerfreiheit von Trinkgeldern - Freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an eine Kellner-Tätigkeit ausübende Saalassistenten - Steuerfreiheit von Kleidergeldzahlungen nach § 3 Nr. 31 EStG

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.6.2015, VI R 37/14
Steuerfreiheit von Trinkgeldern - Freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an eine Kellner-
Tätigkeit ausübende Saalassistenten - Steuerfreiheit von Kleidergeldzahlungen nach § 3 Nr.
31 EStG
Leitsätze
1. Freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten einer Spielbank für das
Servieren von Speisen und Getränken können steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51
EStG sein.
2. Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei
der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.
Mai 2014 7 K 7031/11 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid des Beklagten vom 11. Mai 2009 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2011 wird dahingehend geändert, dass ein
Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 20.805 EUR berücksichtigt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu 21 % und der Beklagte zu 79 %
zu tragen.
Tatbestand
1 I. Streitig ist, ob freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten
einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken als Trinkgelder i.S. des
§ 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind. Darüber hinaus ist
die Steuerfreiheit von Kleidergeldzahlungen des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 31 EStG
streitig.
2 Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr
2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte aus seiner
Beschäftigung als Saalassistent in der Spielbank A Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit.
3 Als Saalassistent ist der Kläger mit dem Bedienen der Gäste im Spielsaal und im
gesonderten Raucherraum betraut. Er übt eine Art Kellnertätigkeit aus und gehört zu
einer eigenen Arbeitnehmergruppe (Gruppe E) gemäß §§ 3, 4 Abs. 1 Buchst. E des
Rahmentarifvertrags (--RTV-- Klassisches Spiel). Er ist damit insbesondere nicht Teil
des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers (Kassierer) gemäß §§ 3, 4
Abs. 1 Buchst. A RTV. Die Vergütung seiner Tätigkeit ist im RTV und im Tronc- und
Gehaltstarifvertrag (--TGTV-- Klassisches Spiel) geregelt. So richtet sich die Höhe
seiner monatlichen Vergütung nach § 6 Abs. 1 RTV, § 7 Abs. 1 TGTV i.V.m. der
Anlage zum TGTV (Vergütungstabelle E).
4 Freiwillige Zuwendungen von Besuchern der Spielbank A an die Saalassistenten, die
diese im Rahmen ihrer Kellnertätigkeit erhalten, bezeichnet § 3 Abs. 2 TGTV als
Trinkgelder, die durch eine besondere Serviceleistung entstehen und nicht zum
Troncaufkommen i.S. von § 3 Abs. 1 TGTV gehören. Nach § 3 Abs. 2 TGTV werden
diese Trinkgelder arbeitstäglich erfasst. Sie sind nach § 4 Abs. 2 TGTV ausschließlich
zugunsten der Saalassistenten zu verwenden. Aus dem Aufkommen erhalten diese
monatlich vorab einen pauschalen Anteil in Höhe von 102,26 EUR. Der Restbetrag
wird nach dem in der Anlage zum TGTV geregelten Punktesystem, das sich nach der
Länge der Betriebszugehörigkeit richtet, auf die Saalassistenten verteilt (§ 7 Abs. 4
TGTV) und mit der monatlichen Lohnabrechnung ausgezahlt. Eine Verteilung nach
geleisteten Arbeitstagen/-stunden oder nach erwirtschaftetem Trinkgeldanteil ist nicht
vorgesehen. Auch erfolgen keine Kürzungen für Abwesenheit wegen Urlaubs oder
Krankheit. Im Streitjahr erhielt der Kläger auf diese Weise Zahlungen in Höhe von
2.906,49 EUR, die die Spielbank A als steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG
behandelte.
5 Des Weiteren zahlte die Spielbank A dem Kläger im Streitjahr Kleidergeld in Höhe von
862,05 EUR steuerfrei aus. Dieses Kleidergeld ist im Tarifvertrag als Barablösung
geregelt (§ 9 Abs. 4 TGTV). Die Spielbank A hatte auf ihren Antrag vom 11. Januar
1996 von ihrem Betriebsstätten-Finanzamt eine Anrufungsauskunft erhalten, die mit
Schreiben vom 10. März 2009 widerrufen worden war. Darin ist ausgeführt, dass ab
dem 1. Januar 2009 die für Kleidergeld bezahlten Beträge dem Lohnsteuerabzug zu
unterwerfen seien. Die Kläger erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung 2006
einen Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 19.943 EUR. Die daneben von der
Spielbank A gezahlten Beträge in Höhe von 2.906,49 EUR (Trinkgeld) und in Höhe
von 862,05 EUR (Kleidergeld) gaben sie nicht an.
6 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger
zunächst erklärungsgemäß. Eine im Anschluss hieran bei der Spielbank A
durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dass dem Kläger die
genannten Beträge für Trinkgeld und Kleidergeld zu Unrecht steuerfrei ausbezahlt
worden seien. Daraufhin erließ das FA am 11. Mai 2009 einen Änderungsbescheid
zur Einkommensteuer 2006 gegenüber den Klägern und erhöhte die
Einkommensteuer 2006 unter Berücksichtigung eines um 3.768 EUR höheren
Bruttolohns des Klägers um 827 EUR.
7 Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit den in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1569 veröffentlichten Gründen ab.
8 Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
9 Sie beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 2006 in Abänderung des
Einkommensteuerbescheids 2006 vom 11. Mai 2009 und der
Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2011 insoweit geändert festzusetzen, als
ein Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 19.943 EUR berücksichtigt wird.
10 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
11 II. Die Revision der Kläger ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der
Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die von den Spielbankbesuchern an die
Saalassistenten für deren Serviceleistungen (Servieren von Getränken und Speisen)
gegebenen Gelder, die von der Spielbank A verwahrt und anschließend an die
Saalassistenten wieder ausgezahlt werden, sind entgegen der Auffassung des FG
steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG. Dagegen hat das FG die
Kleidergeldzahlung der Spielbank A an den Kläger in Höhe von 862,05 EUR
zutreffend als Lohn beurteilt, der nicht gemäß § 3 Nr. 31 EStG steuerfrei ist. Insoweit
ist die Revision unbegründet und die Klage abzuweisen.
12 1. Zum Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören nach ständiger
Rechtsprechung alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten
Dienst gewährt werden. Dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten, wenn diese
ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des
Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll.
Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den
Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht
(Senatsurteile vom 18. Dezember 2008 VI R 49/06, BFHE 224, 103, BStBl II 2009,
820, und vom 3. Mai 2007 VI R 37/05, BFHE 218, 122, BStBl II 2007, 712, m.w.N.).
13 Danach waren die streitigen Zahlungen der Spielbankbesucher an die Saalassistenten
Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
14 2. Dieser Arbeitslohn ist gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.
15 a) Nach § 3 Nr. 51 EStG sind ohne betragsmäßige Begrenzung Trinkgelder steuerfrei,
die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne
dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden,
der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist.
16 b) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist Trinkgeld i.S. des § 3
Nr. 51 EStG eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast
gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen
dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt. Trinkgeld ist eine freiwillige und
typischerweise persönliche Zuwendung an den Bedachten als eine Art honorierende
Anerkennung seiner dem Leistenden gegenüber erwiesenen Mühewaltung in Form
eines kleineren Geldgeschenkes (Senatsurteile vom 19. Juli 1963 VI 73/62 U, BFHE
77, 433, BStBl III 1963, 479; in BFHE 218, 122, BStBl II 2007, 712; in BFHE 224, 103,
BStBl II 2009, 820, zuletzt vom 10. März 2015 VI R 6/14, BFHE 249, 471; so auch die
in der Literatur vertretene Auffassung, vgl. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach -
-HHR--, § 3 Nr. 51 EStG Rz 2; v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 3
Nr. 51 Rz B 51/51; Blümich/Erhard, § 3 Nr. 51 EStG Rz 3). Zum Begriff des
Trinkgelds gehört es demnach, dass in einem nicht unbedingt rechtlichen, jedenfalls
aber tatsächlichen Sinne Geldfluss und honorierte Leistung korrespondierend
einander gegenüberstehen, weil die durch die Zuwendung "belohnte" Dienstleistung
dem Leistenden unmittelbar zugutekommt. Faktisch steht der Trinkgeldempfänger
damit in einer doppelten Leistungsbeziehung und erhält korrespondierend dazu auch
doppeltes Entgelt, nämlich das Arbeitsentgelt seitens seines Arbeitgebers und das
Trinkgeld seitens des Kunden. Der Trinkgeldbegriff ist durch den allgemeinen
Sprachgebrauch geprägt und erfasst insbesondere die Zuwendungen an
Arbeitnehmer, bei denen Trinkgelder traditionell einen flankierenden Bestandteil der
Entlohnung darstellen (BTDrucks 14/9029, 3, und Senatsurteil vom 10. März 2015
VI R 6/14, BFHE 249, 471).
17 c) Diesen Grundsätzen entsprechend sind die von den Spielbankkunden an die
Saalassistenten für das Servieren von Getränken und Speisen erbrachten Zahlungen
steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG.
18 aa) Bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen
Geldern handelt es sich um freiwillige Zahlungen, auf die kein Rechtsanspruch
besteht. Denn ob die Spielbankkunden Trinkgeld geben, liegt in ihrem Ermessen.
Einen Rechtsanspruch darauf, neben dem eigentlichen Arbeitslohn anknüpfend an die
eigene Arbeitsleistung Trinkgelder in bestimmter Höhe zu erhalten, haben die
Saalassistenten nicht. Der tarifvertragliche Zahlungsanspruch gegen die Spielbank A
aus § 7 Abs. 4 TGTV regelt lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits von
den Spielbankkunden geleisteten Trinkgelder.
19 bb) Anders als in den vom erkennenden Senat bereits entschiedenen Tronc-Fällen
(Senatsurteile vom 18. Dezember 2008 VI R 8/06, BFH/NV 2009, 382, und in BFHE
224, 103, BStBl II 2009, 820; Senatsbeschlüsse vom 18. August 2005 VI B 40/05,
BFH/NV 2005, 2190; vom 27. Oktober 2005 VI B 70/05, BFH/NV 2006, 293; vom
10. November 2005 VI B 68/05, BFH/NV 2006, 530; vom 22. April 2009 VI S 4/09,
juris; vom 25. November 2009 VI B 97/09, BFH/NV 2010, 632) ist im Streitfall eine für
ein steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG typische persönliche und
unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen den Saalassistenten und den
Spielbankkunden zu bejahen und es besteht auch kein gesetzliches
Trinkgeldannahmeverbot. Denn als Saalassistent gehört der Kläger zu einer eigenen
Arbeitnehmergruppe (§ 3 Abs. 1 Buchst. E RTV) und unterliegt als solcher nach § 11
Abs. 3 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (SpBG)
nicht dem in § 11 Abs. 1 SpBG geregelten Verbot der Annahme von Trinkgeldern, das
etwa für Croupiers (Kassierer) gilt und insbesondere die Ordnungsmäßigkeit des
staatlich geregelten Spielbankbetriebs gewährleisten soll (Senatsurteil in BFHE 224,
103, BStBl II 2009, 820, m.w.N.). Bei der von den Saalassistenten ausgeübten
Kellnertätigkeit ist die Annahme von Trinkgeldern hingegen weder gesetzlich noch
(tarif-)vertraglich untersagt. Der Tarifvertrag geht in den §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2
TGTV vielmehr ausdrücklich davon aus, dass den Saalassistenten von den
Spielbankkunden Trinkgeld gegeben werden darf und dieses Trinkgeld den
Saalassistenten nach Maßgabe des tarifvertraglichen Verteilungsschlüssels auch zu
Gute kommen soll.
20 Die Steuerbefreiung für diese Art der Tätigkeit entspricht auch dem Regelungszweck
des § 3 Nr. 51 EStG, den Niedriglohnsektor zu entlasten und die Besteuerung zu
vereinfachen (BTDrucks 14/9029, 3; BTDrucks 14/9444, 1; BTDrucks 14/9428, 1, 4).
Der Umstand, dass diese Tätigkeit im Rahmen eines Spielbankbetriebs ausgeübt
wird, ist insoweit unerheblich.
21 cc) Die Zuwendungen der Spielbankkunden an die Saalassistenten für deren
Serviceleistungen unterliegen auch dann nicht der Lohnsteuer, wenn --wie im
Streitfall-- der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder
eingeschaltet ist. Auch in dieser Konstellation liegt die Zuwendung eines Dritten und
nicht die des Arbeitgebers vor.
22 (1) § 3 Nr. 51 EStG setzt voraus, dass die Trinkgelder "dem Arbeitnehmer von
Dritten" gegeben werden. Allerdings muss der Dritte nicht unmittelbar an den
Arbeitnehmer leisten (HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 51 EStG Rz 2, m.w.N.).
Entscheidend ist vielmehr, dass die Leistung nicht vom Arbeitgeber, sondern von
einem Dritten stammt. So verhält es sich im Streitfall. Denn die Spielbank A erfasst
nach § 3 Abs. 2 TGTV lediglich die von den Spielbankkunden an die Saalassistenten
für deren Serviceleistungen gegebenen Gelder, die nach § 4 Abs. 2 TGTV
ausschließlich zugunsten der Saalassistenten verwendet werden dürfen. Die
Saalassistenten haben gegen die Spielbank A aus § 7 Abs. 4 TGTV einen Anspruch
auf Überlassung der Gelder nach Maßgabe des tarifvertraglich geregelten
Verteilungsschlüssels. Die Spielbank A verteilt und zahlt nach Maßgabe dieses
Schlüssels daher kein eigenes Geld, sondern das der Spielbankbesucher (vgl. v.
Beckerath, a.a.O., § 3 Nr. 51 Rz B 51/55, zur Steuerbefreiung von Trinkgeldern bei
gemeinsamer Kasse).
23 (2) Dieses Verteilungssystem ist vergleichbar mit einer "Poolung von Einnahmen"
(vgl. v. Beckerath, a.a.O., § 3 Nr. 51 Rz B 51/55), wie sie beispielsweise bei
Richtfestgeldern vorliegt (siehe FG Nürnberg, Urteil vom 20. August 1974 II 2/71,
EFG 1974, 565) oder in anderen Fällen, in denen Trinkgelder in eine gemeinsame
Kasse eingezahlt und anschließend aufgeteilt werden, z.B. beim Friseurgewerbe oder
Gaststättenbereich bei zentraler Kasse (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 2190;
vgl. auch: v. Beckerath, a.a.O., § 3 Nr. 51 Rz B 51/55; v. Beckerath in Kirchhof,
EStG, 14. Aufl., § 3 Rz 133; HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 51 EStG Rz 2;
Blümich/Erhard, § 3 Nr. 51 EStG Rz 4). Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass das
Trinkgeld den Arbeitnehmern in ihrer Gesamtheit gegeben wird, so dass sie entweder
originär Miteigentum am Inhalt der Trinkgeldkasse erwerben, jedenfalls aber gegen
den Arbeitgeber einen Anspruch auf Überlassung des Inhalts der Trinkgeldkasse
haben (Senatsurteile in BFHE 224, 103, BStBl II 2009, 820, und in BFH/NV 2009,
382).
24 d) Das Urteil des FG stimmt mit diesen Rechtsgrundsätzen nicht überein. Es war
deshalb aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 FGO).
25 3. Dagegen hat das FG zu Recht geurteilt, dass die Kleidergeldzahlungen der
Spielbank A an den Kläger in Höhe von 862,05 EUR als Bruttolohn zu berücksichtigen
sind. Dieser Betrag ist nicht gemäß § 3 Nr. 31 EStG steuerfrei.
26 a) Nach § 3 Nr. 31 EStG ist die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem
Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt, steuerfrei. Dasselbe gilt für eine
Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von
typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die
entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt.
27 An solchen Aufwendungen fehlt es im Streitfall, so dass dahinstehen kann, ob die
vom Kläger während der Berufsausübung getragenen Kleidungsstücke überhaupt
typische Berufskleidung waren. Denn nach den für den Bundesfinanzhof
grundsätzlich bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger
für das Streitjahr schon nicht nachweisen können, dass er überhaupt Aufwendungen
für (typische) Berufskleidung getätigt hat. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 31 EStG
setzt bei Bargeldablösungen jedoch tatsächliche Aufwendungen voraus. Das folgt
sowohl aus dem Wortlaut der Norm ("Aufwendungen des Arbeitnehmers") als auch
aus deren Sinn und Zweck (Erweiterung des Katalogs der steuerfreien
Werbungskostenersatzleistungen, vgl. BTDrucks 11/4803, 17). Dieser fehlende
Nachweis geht zu Lasten des Klägers.
28 b) Das FG kam des Weiteren zutreffend zu dem Ergebnis, dass sich die Kläger nicht
mit Erfolg auf die der Spielbank erteilte Anrufungsauskunft nach § 42e EStG vom
15. Januar 1996 berufen können. Denn das FA war im Rahmen der Veranlagung der
Kläger nicht an die Inhalte dieser Auskunft gebunden (Senatsurteil vom 13. Januar
2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479).
29 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.