Urteil des BFH vom 03.03.2011

Zur Aussetzung der Vollziehung bei eingelegter Nichtzulassungsbeschwerde

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 3.3.2011, V S 5/10
Zur Aussetzung der Vollziehung bei eingelegter Nichtzulassungsbeschwerde
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) war bis 16. Februar 2006 Gesellschafter einer
GbR (GbR). Die GbR war zunächst erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 2001 veranlagt
worden. Aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung erließ der Beklagte und
Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) am 28. Februar 2007 einen geänderten
Umsatzsteuerbescheid für 2001. Der Änderung lag unter anderem zugrunde, dass die GbR
eine Ausgangsrechnung über 100.000 DM brutto nicht verbucht hatte.
2 Das Finanzgericht (FG) verwarf die Klage des Antragstellers als unzulässig und wies die
Klage der GbR als unbegründet ab. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich
die GbR im Verfahren V B 18/10 (FG: 6 K 1217/09) mit der Beschwerde.
3 Nachdem die Vollstreckung in das Vermögen der GbR erfolglos geblieben war, nahm das
FA den Antragsteller neben dem Mitgesellschafter S wegen Umsatzsteuer der GbR nebst
Zinsen und Säumniszuschlägen mit Bescheid vom 17. März 2008 in Haftung. Einspruch
und Klage blieben erfolglos. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der
Antragsteller im Verfahren V B 17/10 (FG: 6 K 1216/09) mit der Beschwerde. Zu deren
Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das FA habe ihn rechtsfehlerhaft in Anspruch
genommen. Der hier zu beurteilenden Rechtsfrage komme grundsätzliche Bedeutung zu.
Der Mitgesellschafter S habe eingeräumt, den Betrag von 100.000 DM für sich privat
vereinnahmt zu haben. Er sei aber untergetaucht; die GbR habe sich deshalb aus einem
gegen ihn erstrittenen Titel nicht befriedigen können. Seine Inanspruchnahme, die des
Antragstellers, durch das FA sei ermessensfehlerhaft.
4 Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung (AdV)
des Haftungsbescheides. Eine Begründung des Antrags erfolgte nicht.
5 Der Antragsteller beantragt,
den Haftungsbescheid vom 17. März 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Mai
2010 von der Vollziehung auszusetzen.
6 Das FA beantragt,
den Antrag auf AdV als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
7 II. A. Der während des Beschwerdeverfahrens durch die Änderung der Verordnung über
die Zuständigkeiten der Finanzämter des Landes Sachsen eingetretene
Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008,
109, m.w.N.).
8 B. Der Antrag hat keinen Erfolg.
9 1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der
Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise
aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2
FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen vor, wenn bei
summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die
Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit
in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, BFH-Beschluss
vom 11. Juni 2010 IV S 1/10, BFH/NV 2010, 1851, mit Nachweisen aus der
Rechtsprechung).
10 2. Ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, ist,
wenn der Bescheid --wie hier-- Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde ist, unter
Berücksichtigung dieser Verfahrenssituation zu beurteilen. In einem solchen Fall kommt
eine AdV nur dann in Betracht, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu
rechnen ist. Die Vollziehung eines Verwaltungsakts ist nicht stets auszusetzen, wenn eine
den Verwaltungsakt betreffende Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hätte. In dieser
Situation ist darüber hinaus zu prüfen, ob sich der Verwaltungsakt unabhängig von den
Gründen für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde als zweifelsfrei
rechtmäßig erweist (BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2008 I S 31/08, juris).
11 3. Vorliegend ist nicht ernstlich mit einer Zulassung der Revision im Verfahren V B 17/10
zu rechnen. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe seines Beschlusses V B 17/10
vom 3. März 2011.