Urteil des BFH vom 25.11.2015

Grundstücksübertragung als Geschäftsveräußerung - Anforderungen an die Revisionsbegründung

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.11.2015, V R 66/14
Grundstücksübertragung als Geschäftsveräußerung - Anforderungen an die
Revisionsbegründung
Leitsätze
1. Die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf
ein Vermietungsunternehmen erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung liegt bei einer
Vermietung über insgesamt 17 Monate vor.
2. Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit
muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch
höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.
November 2014 7 K 7283/12 aufgehoben und der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 14.
Juni 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2012 dahingehend
geändert, dass die Umsatzsteuer um 40.265,17 EUR vermindert festzusetzen ist.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1 I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, eine
steuerfreie Grundstückslieferung ausgeführt hat, die zu einer Vorsteuerberichtigung
nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) führt, oder ob es sich um eine gemäß
§ 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung handelt.
2 Gesellschafter der Klägerin waren die C-GmbH und die H-GmbH. Die beiden für die
Klägerin mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen nach § 714 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vertretungsberechtigten Gesellschafter erwarben
aufgrund eines notariellen Vertrages vom 6. Dezember 2004 das Grundstück R-Straße
in B "in Miteigentum zu je einem Halb". Im Januar 2005 schloss die Klägerin mit der P-
GmbH unter Verzicht nach § 9 UStG einen Mietvertrag über ein noch zu errichtendes
Werkstatt-Gebäude ab. Mietbeginn sollte November 2005 sein. Die Klägerin errichtete
auf diesem Grundstück ein Gebäude und schloss hierfür am 14. Juli 2005 einen
Bauvertrag ab, nach dem die Fertigstellung bis zum November 2005 erfolgen sollte.
Zur Finanzierung der Baukosten traf die Klägerin am 14. Juli 2005 eine
Kreditvereinbarung mit der VB-Bank über eine Laufzeit bis zum 8. Juni 2006. Als
Sicherheit diente insbesondere eine für das zu bebauende Grundstück bestellte
Grundschuld.
3 Die Gesellschafter der Klägerin bemühten sich seit März 2006 um einen Verkauf des
Grundstücks. Am 7. September 2006 schlossen sie einen notariellen Kaufvertrag mit
einem zum 1. April 2007 vereinbarten Lastenwechsel. Die Gesellschafter handelten
dabei im eigenen Namen ohne Bezugnahme auf die Klägerin. Der Erwerber setzte das
Mietverhältnis fort. Mit dem Kaufpreis wurde das von der Klägerin aufgenommene
Darlehen getilgt.
4 Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Klägerin keine nachhaltige Vermietung
beabsichtigt habe. Sie habe ein Gebäude in Veräußerungsabsicht errichtet. Daher liege
keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vor. Für die somit steuerfreie
Lieferung des Grundstücks sei eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG
vorzunehmen. Das FA erließ dementsprechend einen nach § 164 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2007 vom 14. Juni
2011.
5 Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründete sein in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 334 veröffentlichtes Urteil damit, dass
die Klägerin --unter Berücksichtigung von Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates
vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) als unionsrechtlicher Grundlage von § 1 Abs. 1a UStG wie auch nach
Maßgabe der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofes der
Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH)-- kein von einem
Erwerber fortführungsfähiges Vermietungsunternehmen betrieben habe, sondern als
Bauträger und Grundstückshändler tätig geworden sei. Dies ergebe sich daraus, dass
sich die Klägerin vier Monate nach dem Beginn der Vermietung um einen Verkauf
bemüht habe, der sechs Monate später schuldrechtlich umgesetzt worden sei. Die
Klägerin sei in den 17 Monaten, in denen sie das Grundstück vermietet habe, auch
nach außen erkennbar 12 bis 13 Monate als "Vermieterin auf Abruf" tätig gewesen.
Das FG stellte zudem auf das Vorgehen der Klägerin bei anderen
Grundstücksgeschäften ab. Ohne Bedeutung sei, dass nicht die Klägerin, sondern eine
personengleiche Grundstücksgemeinschaft zivilrechtlicher Eigentümer des
Grundstücks gewesen sei. Letztere habe das Grundstück der Klägerin offenkundig
überlassen, während die Klägerin die Bauleistungen bezogen und die
Vermietungsleistungen erbracht habe. Die Klägerin sei wirtschaftlicher Eigentümer
gewesen. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass nicht die Klägerin, sondern die
Grundstücksgemeinschaft das Grundstück geliefert habe, habe die Klägerin aber
zumindest unter Zwischenschaltung der Grundstücksgemeinschaft für eine juristische
Sekunde das vorsteuerbelastete Gebäude geliefert.
6 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Ihre Gesellschafter hätten das
von ihr bebaute Grundstück als Bruchteilseigentümer erworben und später veräußert.
Die Bruchteilsgemeinschaft sei Eigentümerin des Grundstücks gewesen. Das
Grundstück sei den Gesellschaftern nach § 39 Abs. 1 AO zuzurechnen. Das
Grundstück habe ihr nicht gehört. Es sei ihr auch nicht nach § 39 Abs. 2 AO
zuzurechnen. Das von ihr errichtete Gebäude sei nach § 946 BGB wesentlicher
Grundstücksbestandteil geworden. Die Gesellschafter seien ungerechtfertigt bereichert
gewesen. Ihr habe ein Entschädigungsanspruch nach §§ 812, 951 BGB zugestanden.
Sie habe die Kosten für die Gebäudeerrichtung aus betrieblichem Anlass getragen. Sie
habe das im Eigentum ihrer Gesellschafter stehende Grundstück unentgeltlich nutzen
dürfen. Im Streitjahr habe sie aufgrund der Grundstücksveräußerung durch ihre
Gesellschafter eine Entschädigung in Höhe von 430.000 EUR erhalten. Es handele
sich hierbei um nichtsteuerbaren Schadensersatz. Es liege auch keine unentgeltliche
Wertabgabe vor. Diese sei zumindest nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei und im
Übrigen bereits im Vorjahr durch Abschluss des Vertrages über den Verkauf des
Grundstücks erfolgt.
7 Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 14. Juni
2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2012 dahingehend zu
ändern, dass die Umsatzsteuer vermindert um 40.265,17 EUR auf 10.186,67 EUR
festgesetzt wird.
8 Das FA beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
9 Die Klägerin habe die Revision nicht in der erforderlichen Form begründet. Die Klägerin
stütze ihre Revision auf Gründe, die mit dem vom FG für die Revisionszulassung
angegebenen Grund (Geschäftsveräußerung bei zeitlicher Nähe von
Gebäudeherstellung und Grundstücksveräußerung) nichts zu tun hätten. Sie lege nicht
dar, aus welchen Gründen das Urteil des FG unrichtig sei.
Entscheidungsgründe
10 II. Auf die Revision der Klägerin, für deren Zulässigkeit es entgegen der Auffassung
des FA nicht auf eine Auseinandersetzung mit den Gründen ankommt, aus denen das
FG die Revision zugelassen hat und die die Klägerin auch in der gebotenen Form
begründet hat (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a der Finanzgerichtsordnung --FGO--), ist
das Urteil des FG aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1
Nr. 2 FGO). Entgegen dem Urteil des FG liegen die Voraussetzungen einer
Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht vor, da die von der Klägerin ausgeführte
Lieferung eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG ist.
11 1. Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen Umsätze im Rahmen einer
Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht
der Umsatzsteuer. Die Geschäftsveräußerung bewirkt gemäß § 15a Abs. 10 Satz 1
UStG, dass Berichtigungszeiträume nach § 15a UStG nicht unterbrochen, sondern
vom Erwerber fortgeführt werden. Voraussetzung für die Geschäftsveräußerung ist
gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung
eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder
unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. § 1 Abs. 1a UStG
ist entsprechend Art. 19 MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen. Danach können
die Mitgliedstaaten "die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines
Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine
Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt,
und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden
ansehen".
12 2. Im Streitfall hat die Klägerin das von ihr errichtete Gebäude mit der Beendigung
ihrer Vermietungstätigkeit an die Grundstückseigentümer und damit an ihre
Gesellschafter geliefert. Diese Lieferung führte zu einer gemäß § 1 Abs. 1a UStG
nichtsteuerbaren Teilgeschäftsveräußerung.
13 a) Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Lieferung war nicht ein bebautes
Grundstück, sondern --wie das FG hilfsweise zutreffend angenommen hat-- ein auf
fremdem Grund und Boden errichtetes Gebäude.
14 aa) Wie sich aus den vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen notariellen
Kaufverträgen ergibt, hatten die Gesellschafter der Klägerin das von der Klägerin in
2005 bebaute Grundstück durch Vertrag in 2004 erworben und mit Gefahrübergang in
2007 veräußert und dabei sowohl beim Erwerb wie auch bei der Veräußerung des
Grundstücks als Miteigentümer im eigenen Namen, nicht aber für die Klägerin
gehandelt. Eine Einbringung des Grundstücks in das Gesamthandsvermögen der
Klägerin im Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung durch die Gesellschafter hat
das FG weder festgestellt noch wird dies von Beteiligten geltend gemacht. Neuer
Sachvortrag, wie es das FA annimmt, ist hierin nicht zu sehen.
15 bb) Die Klägerin hat das von ihr auf dem Grundstück ihrer Gesellschafter errichtete
Gebäude an diese geliefert. Diese Lieferung erfolgte nicht bereits mit der Errichtung
des Gebäudes und damit nicht bereits vor dem Streitjahr, sondern erst mit der
Beendigung der unternehmerischen Verwendung durch die Klägerin.
16 (1) Die Gesellschafter der Klägerin hatten an dem Gebäude als wesentlichen
Grundstücksbestandteil bereits mit der Errichtung auf ihrem Grundstück zivilrechtlich
das Eigentum am Gebäude erlangt (vgl. § 94, § 946 BGB). Denn da die Klägerin das
im Eigentum ihrer Gesellschafter stehende Grundstück nicht auf vertraglicher
Grundlage, sondern nur faktisch nutzte, ist zivilrechtlich davon auszugehen, dass es
sich bei dem auf fremdem Grund und Boden errichteten Grundstück um einen
wesentlichen Grundstücksbestandteil (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht aber um einen
Scheinbestandteil (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) handelte. Hieraus folgt aber nicht eine
bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeführte Lieferung des Gebäudes durch die Klägerin
an ihre Gesellschafter. Denn der zivilrechtliche Eigentumsübergang bewirkt nicht
zwingend die von § 3 Abs. 1 UStG und Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL vorausgesetzte
Verschaffung eigentümerähnlicher Verfügungsmacht (vgl. z.B. EuGH-Urteil Eon Aset
Menidjmunt vom 16. Februar 2012 C-118/11, EU:C:2012:97, Rz 39, und BFH-Urteil
vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909, unter II.2.a).
17 Dementsprechend ist die Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden
nicht zwangsläufig mit der Weiterlieferung des Gebäudes an den
Grundstückseigentümer verbunden, da kein allgemeiner Rechtssatz dahingehend
besteht, dass ein Mieter oder Pächter, der auf dem gemieteten oder gepachteten
Grundstück ein Gebäude auf eigene Rechnung errichtet und für Zwecke seines
Unternehmens nutzt, die Verfügungsmacht an dem Gebäude weiter überträgt.
Maßgeblich ist vielmehr eine Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls unter
Berücksichtigung der Gefahrtragung des Gebäudes wie etwa die Pflicht zur Tragung
von Reparaturkosten (BFH-Urteil vom 24. November 1992 V R 80/87, BFH/NV 1993,
634). Danach kommt eine Lieferung des Gebäudes durch die Klägerin an die
Gesellschafter bereits mit Errichtung nicht in Betracht, da die Klägerin mangels
besonderer Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern die Gefahr für das von
ihr errichtete Gebäude trug.
18 (2) Die Klägerin verlor aufgrund der Grundstücksveräußerung durch die
Gesellschafter ihre Verfügungsmacht an dem Gebäude und die Möglichkeit zur
unternehmerischen Nutzung durch Vermietung. Dem entspricht es, dass die
Gesellschafter das bebaute Grundstück erst liefern konnten, nachdem sie auch die
Verfügungsmacht an dem Gebäude erworben hatten.
19 b) Nicht zu entscheiden hat der Senat im Streitfall, ob die Klägerin das Gebäude
gegen Entgelt und damit steuerbar i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG oder unentgeltlich
geliefert hat, so dass als Steuertatbestand nur eine Entnahme nach § 3 Abs. 1b
Satz 1 UStG in Betracht käme. Denn fehlt es im Streitfall an einem Entgelt, liegen
zumindest die Voraussetzungen für eine Entnahme des Gebäudes für Zwecke
außerhalb des Unternehmens der Klägerin oder eine unentgeltliche Zuwendung des
Gebäudes nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 UStG vor. Zu dieser Entnahme
oder Zuwendung kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits zum
Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs, sondern erst mit dem Übergang des
Lastenwechsels auf den Erwerber des Grundstücks am 1. April 2007. Bis zu diesem
Zeitpunkt nutzte die Klägerin das Gebäude für eigene unternehmerische Zwecke, so
dass eine Entnahme oder Zuwendung erst zu diesem Zeitpunkt vorliegen kann.
20 Daher kann offenbleiben, ob sich ein Entgelt für die Gebäudelieferung daraus ergibt,
dass die Gesellschafter den Kaufpreis aus der im Streitjahr erfolgten
Grundstückslieferung dafür verwendeten, das von der Klägerin für die Bebauung des
Grundstücks aufgenommene Darlehen zu tilgen oder ob der Senat an seiner
Rechtsprechung festhalten kann, dass ein sich aus §§ 951, 812 BGB ergebender
Bereicherungsanspruch kein Entgelt ist (so BFH-Urteil vom 21. Februar 1991
V R 38/86, BFH/NV 1992, 61).
21 c) Entgegen dem Urteil des FG handelte es sich bei der Lieferung des Gebäudes
durch die Klägerin an ihre Gesellschafter um eine Geschäftsveräußerung nach § 1
Abs. 1a UStG.
22 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es im Rahmen einer
Gesamtwürdigung für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene
Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer
wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung
ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Danach führt
z.B. die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer
Geschäftsveräußerung, da der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb
verbundenen Eintritt in einen Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder
Verpachtungsunternehmen übernimmt. Voraussetzung ist hierfür aber, dass der
Erwerber aufgrund der Übertragung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks
eine bereits vom Lieferer des Grundstücks ausgeübte selbständige wirtschaftliche
Tätigkeit fortführt. Hieran fehlt es, wenn der Lieferer des Grundstücks als Vermieter
nicht nachhaltig tätig gewesen ist, so dass es an einem durch den Erwerber
fortführungsfähigen Vermietungsunternehmen fehlt (BFH-Urteil vom 18. September
2008 V R 21/07, BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254, unter II.1.b und c, m.w.N. zur
Rechtsprechung von EuGH und BFH).
23 Auf dieser Grundlage hat der BFH die Geschäftsveräußerung für unternehmerische
Tätigkeiten verneint, die im Wesentlichen darin bestehen, ein Gebäude zu errichten
und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die
Fertigstellung gewinnbringend zu veräußern, wenn z.B. ein auf Veräußerung
angelegtes Bauträgerunternehmen das zu bebauende Grundstück noch während der
Bauphase mit notariellem Vertrag verkauft, sich gegenüber dem Erwerber zur
Gebäudeerrichtung und -vermietung verpflichtet und bis zur Übergabe an den
Erwerber nur für einen Monat als Vermieter tätig ist (BFH-Urteil vom 24. Februar 2005
V R 45/02, BFHE 210, 146, BStBl II 2007, 61) oder wenn sich der
Grundstücksverkäufer im notariellen Kaufvertrag zur Bebauung verpflichtet und ein
Vorvertrag mit einem Mieter des noch zu errichtenden Gebäudes Bestandteil dieses
Kaufvertrages ist (BFH-Urteil in BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254; zum notariell
beurkundeten Verkauf eines teilweise bereits verpachteten Grundstücks noch
während der Bebauungsphase vgl. auch BFH-Urteil vom 28. Oktober 2010 V R 22/09,
BFH/NV 2011, 854).
24 bb) Im Streitfall hat das FG eine Teilgeschäftsveräußerung entgegen der
Rechtsprechung des BFH verneint.
25 (1) Zwar hat das FG eine Gesamtwürdigung vorgenommen, diese aber entgegen der
BFH-Rechtsprechung nicht auf das übertragene Unternehmensvermögen als
hinreichendes Ganzes für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit bezogen. Mit
einer auf den Übertragungsgegenstand vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist es
nicht vereinbar, eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf den streitigen
Übertragungsvorgang damit zu verneinen, dass sich der Veräußerer bei anderen
Immobilientransaktionen bereits vor dem Vermietungsbeginn um einen Verkauf
bemüht habe.
26 Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass es im Streitfall, in dem die Klägerin
auch über andere Vermögensgegenstände als das von ihr auf fremdem Grund und
Boden errichtete Gebäude verfügte, nicht um eine Geschäftsveräußerung in Bezug
auf das gesamte Unternehmensvermögen der Klägerin, sondern um eine auf ein
Gebäude beschränkte Teilgeschäftsveräußerung geht.
27 Soweit § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG hierfür einen in der Gliederung eines Unternehmens
gesondert geführten Betrieb verlangt, hat der BFH bereits klargestellt, dass sich die
hierfür erforderliche Sachgesamtheit bei der Lieferung nur eines von mehreren
verpachteten oder vermieteten Immobilienobjekten aus der Zusammenfassung des
gelieferten Grundstücks (oder dem gleichgestellt: Erbbaurecht) mit dem für dieses
Grundstück durch den Veräußerer als Verpächter oder Vermieter abgeschlossenen
Pacht- oder Mietvertrag ergibt (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2012 XI R 38/10,
BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, unter II.3.a); so nunmehr auch Abschn. 1.5.
Abs. 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses). Damit beschränkt sich die
Gesamtwürdigung im Wesentlichen auf das jeweils übertragene Teilvermögen wie
z.B. die Lieferung eines vermieteten Grundstücks, ohne dass es auf weitere
Übertragungsvorgänge auf sonstigem Grundbesitz ankommt.
28 (2) Bezieht sich die Gesamtwürdigung in erster Linie auf die die streitige
Grundstückslieferung betreffenden Umstände, nicht aber auch auf andere
Liefervorgänge, kommt im Streitfall die vom FG angenommene Verneinung einer
Geschäftsveräußerung nicht in Betracht. Denn nach den vom FG getroffenen
Feststellungen hatte die Klägerin den Mietvertrag über das von ihr errichtete Gebäude
im Januar 2005 abgeschlossen, wobei das Mietverhältnis im November 2005 begann.
Selbst wenn entsprechend den Feststellungen des FG weiter davon auszugehen ist,
dass sich die Gesellschafter bereits seit März 2006 um einen Verkauf des von der
Klägerin bebauten Grundstücks bemüht hatten und dieses Handeln der für die
Klägerin vertretungsberechtigten Gesellschafter dieser zuzurechnen ist (Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 XII ZR 146/07, BGHZ 184, 35), handelt
es sich weder um einen Verkauf noch um Verkaufsbemühungen während der
Bebauungsphase oder in Bezug auf ein erst noch zu bebauendes Grundstück.
Zudem erfolgte der notariell beurkundete Vertragsschluss erst am 7. September 2006
und der Lastenwechsel noch später zum 1. April 2007. Die für eine
Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf ein
Vermietungsunternehmen erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung (BFH-Urteil in
BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254, unter II.1.c) oder Verfestigung der Vermietung
(BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 854, unter II.1.c) liegt dann bei einer Vermietung über
insgesamt 17 Monate vor und lässt sich entgegen dem FG-Urteil nicht dadurch in
Abrede stellen, dass der Vermieter für den Zeitraum nach Abschluss der
Kaufvertrages als "Vermieter auf Abruf" anzusehen sein könnte.
29 (3) Gegen die Annahme einer Teilgeschäftsveräußerung im Streitfall spricht auch
nicht, dass die Klägerin das von ihr errichtete Gebäude an ihre Gesellschafter lieferte,
die es als Teil eines zivilrechtlich einheitlich bebauten Grundstücks weiterlieferten.
Denn die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der
Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde
nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.
30 Im Streitfall beabsichtigte der Käufer des bebauten Grundstücks die Fortführung der
Vermietungstätigkeit und hat diese auch fortgesetzt (s. oben II.2.c aa). Damit liegt die
für die Geschäftsveräußerung erforderliche Fortführung der Unternehmenstätigkeit in
der Kette vor. Es handelt sich hierbei nicht um ein höchstpersönliches Kriterium, das
dergestalt in der Person des jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss, dass er
selbst in eigener Person die Fortführung der Unternehmenstätigkeit beabsichtigt
(offengelassen im BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 14/05, BFHE 219, 229, BStBl
II 2008, 165, unter II.3.; bejahend Robisch, in Bunjes, UStG, 14. Aufl. 2015, § 1
Rz 119).
31 3. Die Sache ist spruchreif. Nach Maßgabe der BFH-Rechtsprechung ist für den
Streitfall von einer Geschäftsveräußerung auszugehen, so dass die Voraussetzungen
für eine Vorsteuerberichtigung nicht vorliegen.
32 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.