Urteil des BFH vom 18.02.2016

Vorsteuerabzug für privat genutzten Gebäudeteil ("Seeling" Altfall)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.2.2016, V R 23/15
Vorsteuerabzug für privat genutzten Gebäudeteil ("Seeling" Altfall)
Leitsätze
1. Wird ein von einer GmbH bebautes Grundstück teilweise dem Geschäftsführer zu
Wohnzwecken überlassen, so scheidet ein Vorsteuerabzug für den Wohnteil gemäß § 15
Abs. 2 UStG aus, wenn dieser steuerfrei vermietet wurde.
2. Das Recht zur Nutzung zu Wohnzwecken aufgrund des Arbeitsvertrags des
Geschäftsführers kann Teilentgelt für seine Arbeitsleistung darstellen.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 17.
September 2014 3 K 1122/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
1 Streitig ist, ob die auf die Herstellung eines Gebäudes entfallende Umsatzsteuer
insgesamt als Vorsteuer abgezogen werden kann, wenn das Gebäude vom
Gesellschafter-Geschäftsführer und dessen Familie teils zu privaten Wohnzwecken
genutzt wird.
2
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine GmbH-- erbrachte im Streitjahr
(2003) steuerpflichtige EDV-Dienstleistungen. Im Streitjahr begann sie ein
Einfamilienhaus zu errichten, das ab dem 1. Mai 2004 vom Gesellschafter-
Geschäftsführer (im Folgenden: Geschäftsführer) und dessen Familie teilweise zu
Wohnzwecken und ab Juni 2004 auch für die unternehmerische Tätigkeit der
Klägerin genutzt wurde. Zur privaten Nutzung war der Geschäftsführer aufgrund
einer Ergänzung vom 1. Mai 2004 zu seinem Anstellungsvertrag mit der Klägerin
berechtigt. Diese Ergänzung lautet wie folgt:
"Der Geschäftsführer hat die Möglichkeit, die momentan nicht durch die
[Klägerin] genutzten Räumlichkeiten, bis auf weiteres unentgeltlich zu privaten
Wohnzwecken zu nutzen."
3 In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung sowie in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen
für 2003 zog die Klägerin die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden
Vorsteuerbeträge insgesamt ab.
4 Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der
Jahreserklärung zunächst zugestimmt hatte, versagte er im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung den auf die private Gebäudenutzung (55,1 %)
entfallenden anteiligen Vorsteuerbetrag von 23.939,82 EUR und erließ am 3. August
2005 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2003.
5 Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
6 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage (Az. 3 K 1502/11) im ersten Rechtsgang
durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 985 veröffentlichte
Urteil ab.
7 Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Vorentscheidung durch Urteil vom 20. März 2014
V R 27/12 (BFH/NV 2014, 1097) auf und verwies die Sache zur anderweitigen
Entscheidung an das FG zurück. Dieses habe keine Feststellungen zur
Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung hinsichtlich des Wohnteils zum
Unternehmen getroffen. Fehle es an einer rechtzeitigen Zuordnungsentscheidung,
komme es auf die Frage, ob die Klägerin das Gebäude teilweise steuerbefreit an den
Geschäftsführer vermietet habe, nicht mehr an.
8 Das FG wies die Klage (Az. 3 K 1122/14) auch im zweiten Rechtsgang aus den in
EFG 2014, 2183 veröffentlichten Gründen ab. Zwar habe die Klägerin den vollen
Vorsteuerabzug bereits in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das Streitjahr
geltend gemacht und damit die Zuordnungsentscheidung des privat genutzten
Gebäudeteils zum Unternehmen rechtzeitig dokumentiert. Die Vorsteuerbeträge seien
gleichwohl nicht abziehbar, soweit sie auf den zu privaten Wohnzwecken
überlassenen Gebäudeteil entfielen. Insoweit sei eine den Vorsteuerabzug
ausschließende (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 des
Umsatzsteuergesetzes 1999 --UStG--) steuerfreie Vermietung des Grundstücks (§ 4
Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG) durch die Klägerin an den Geschäftsführer bereits im
Streitjahr beabsichtigt gewesen. Denn die Nutzungsüberlassung des Gebäudes
erfolge im unmittelbaren Zusammenhang zur geschuldeten Arbeitsleistung des
Geschäftsführers und damit entgeltlich.
9 Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das
FG gehe rechtsfehlerhaft von einer Vermietungsleistung aus. Insbesondere lasse die
Vereinbarung der Nutzungsüberlassung im Anstellungsvertrag weder den Schluss auf
eine unentgeltliche Zuwendung noch auf eine entgeltliche Sachleistung für eine zu
erbringende Arbeitsleistung zu. Zu berücksichtigen sei vielmehr der Wille der
Vertragsparteien, eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung herbeizuführen. Dieser
komme im Anstellungsvertrag zum Ausdruck. Verfahrensfehlerhaft habe das FG den
Grundsatz rechtlichen Gehörs verletzt, weil es in seinen Gründen nicht berücksichtigt
habe, dass laut Anstellungsvertrag die Wohnung "unentgeltlich" und nicht aufgrund
eines Mietvertrages überlassen worden sei. Die Gesamtwürdigung, dass sie, die
Klägerin, dem Geschäftsführer die Wohnung als eine in einer Sachleistung
bestehende Gehaltserhöhung --und damit entgeltlich-- überlassen habe, widerspreche
zudem dem klaren Inhalt der Akten, weil dazu keine ausreichenden Feststellungen
getroffen worden seien.
10 Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG München vom 17. September 2014 3 K 1122/14 und die
Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2006 aufzuheben und die Umsatzsteuer für
2003 unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheids 2003 vom 3. August 2005 um
23.939,82 EUR herabzusetzen.
11 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
12 Die Wohnraumüberlassung stehe im Zusammenhang mit dem Anstellungsvertrag.
Deshalb erfolge die Überlassung des Wohnteils --ungeachtet der ausdrücklichen
Vereinbarung als "unentgeltlich"-- als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des
Geschäftsführers.
Entscheidungsgründe
13 Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--).
14 Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die auf die Herstellungskosten
des privat genutzten Wohnteils entfallende Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer
abziehen kann. Die Einordnung der Überlassung des Wohnteils an den
Geschäftsführer als steuerfreie Vermietung ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
15 1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann
der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene
Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der
Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der
Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet (zur richtlinienkonformen Auslegung
dieser auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG --Richtlinie 77/388/EWG-- beruhenden Vorschriften, z.B. BFH-Urteil
vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 19 f., m.w.N.
zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).
16 Der Unternehmer ist danach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für
sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für
seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1
Nr. 1 UStG, Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) zu verwenden beabsichtigt (BFH-
Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, unter Rz 21, m.w.N. auch zur EuGH-
Rechtsprechung).
17 2. Ausgehend davon ist die Klägerin im Streitjahr nur dann zum vollen
Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie das Gebäude insgesamt für steuerpflichtige
Ausgangsumsätze zu verwenden beabsichtigt. Das ist indes nicht der Fall: Die
Klägerin erbringt steuerbefreite Vermietungsleistungen, indem sie dem
Geschäftsführer einen Teil des Gebäudes entgeltlich zur Nutzung
(Vermietungsleistung) überlässt.
18 a) Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist u.a. "die Vermietung und die Verpachtung von
Grundstücken" steuerfrei. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B
Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG.
19 Eine Vermietung i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG liegt vor,
wenn dem Mieter vom Vermieter gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird,
das Grundstück auf bestimmte Zeit in Besitz zu nehmen und jede andere Person von
diesem Recht auszuschließen (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234,
513, BStBl II 2014, 73, Rz 19 und Rz 22, m.w.N., und EuGH-Urteil Medicom und
MPA vom 18. Juli 2013 C-210/11 und C-211/11, EU:C:2013:479, Rz 26, m.w.N.). Für
die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dem entspricht, sind alle Merkmale
des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen. Maßgebend ist der objektive
Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben
haben (EuGH-Urteil Mac Donald Resorts vom 16. Dezember 2010 C-270/09,
EU:C:2010:780, Rz 46, m.w.N.). Dabei ist es Sache der nationalen Gerichte zu
prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Grundstücksvermietung i.S. der Bestimmung
vorliegen (EuGH-Urteile BML vom 29. März 2012 C-436/10, EU:C:2012:185, Rz 32,
und Medicom und MPA, EU:C:2013:479, Rz 33, m.w.N.).
20 Es ist deshalb eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls, ob das
Grundstück gegen eine Vergütung oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird
und ob dem Mieter vom Vermieter das Recht eingeräumt wird, es auf bestimmte Zeit
in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Die
Würdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Sie ist für das Revisionsgericht nur
dann nicht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO), soweit Verstöße gegen die
Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze
vorliegen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl
II 2014, 465, Rz 31).
21 b) Im Streitfall geht das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
davon aus, die Klägerin habe das teils zu Wohnzwecken überlassene Gebäude ihrem
Geschäftsführer (steuerfrei) vermietet.
22 aa) Die Klägerin hat den Wohnteil des Grundstücks an ihren Geschäftsführer gegen
eine Vergütung überlassen.
23 (1) Nach der EuGH-Rechtsprechung ist die private Nutzung eines Gebäudes durch
den Unternehmer keine (steuerfreie) Vermietung i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG, weil es u.a. an einer Mietzahlung fehlt (EuGH-Urteil Seeling
vom 8. Mai 2003 C-269/00, EU:C:2003:254, BStBl II 2004, 378, Rz 51 f.).
Demgegenüber kann eine juristische Person (Unternehmerin) --anders als eine
natürliche Person, die keine Verträge mit sich schließen kann-- einen ihr gehörenden
Gegenstand (z.B. Gebäude) einem ihrer Gesellschafter oder einem Vertretungsorgan
auf vertraglicher Grundlage entgeltlich oder unentgeltlich überlassen (BFH-Urteile
vom 1. September 2010 V R 6/10, BFH/NV 2011, 80, unter II.3.b, m.w.N., und vom
12. Januar 2011 XI R 9/08, BFHE 232, 254, BStBl II 2012, 58, Rz 17 f., Rz 25).
24 Die Vergütung für eine Nutzungsüberlassung kann in einer Geldzahlung sowie in einer
Sach- oder Dienstleistung --tauschähnlicher Umsatz-- (EuGH-Urteile Mac Donald
Resorts, EU:C:2010:780, Rz 52, und Serebryannay vek EOOD vom 26. September
2013 C-283/12, EU:C:2013:599, Rz 39 f.) und damit auch in einer Arbeitsleistung
bestehen (BFH-Urteil in BFHE 232, 254, BStBl II 2012, 58, Rz 20 ff.). Voraussetzung
ist, dass zwischen der Leistung (z.B. Nutzungsüberlassung) und der Gegenleistung
(z.B. Vergütungsleistung in Form einer Arbeitsleistung) ein unmittelbarer
Zusammenhang besteht (EuGH-Urteile Serebryannay vek EOOD, EU:C:2013:599,
Rz 40; Medicom und MPA, EU:C:2013:479, Rz 28, und Astra Zeneca UK vom
29. Juli 2010 C-40/09, EU:C:2010:450, Rz 27, m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang
besteht regelmäßig, wenn die unternehmerisch tätige juristische Person mit ihrem
Vertretungsorgan einen Mietvertrag geschlossen oder die Nutzungsüberlassung im
Rahmen eines Anstellungsvertrags vereinbart haben (BFH-Urteil in BFHE 232, 254,
BStBl II 2012, 58, Rz 18 f.).
25 (2) Nach diesen Maßstäben ist die tatsächliche Würdigung des FG revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden, wonach die Wohnung entgeltlich gegen eine Vergütung
(Arbeitsleistung des Geschäftsführers) überlassen ist.
26 (a) Die Vorentscheidung geht zu Recht davon aus, dass eine --wie im Streitfall-- im
Anstellungsvertrag vereinbarte Wohnungsüberlassung durch einen Arbeitgeber an
seinen Arbeitnehmer in der Regel als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbracht
wird und damit gegen eine Vergütung erfolgt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 254,
BStBl II 2012, 58, Rz 21 f.). Dem steht im Streitfall die Vertragsbestimmung im
Anstellungsvertrag nicht entgegen, wonach der Geschäftsführer die Räumlichkeiten
"unentgeltlich" nutzen darf. Das FG hat dem die mögliche Bedeutung beigemessen,
dass der Geschäftsführer neben seiner Arbeitsleistung kein weiteres Entgelt schulde.
Diese nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffene und nicht
gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßende Auslegung bindet den
Senat nach § 118 Abs. 2 FGO. Weil eine Arbeitsleistung im Wirtschaftsleben stets
vergütet wird, durfte das FG davon ausgehen, dass auch die Wohnungsüberlassung -
-wie üblich (EuGH-Urteil Newey vom 20. Juni 2013 C-653/11, EU:C:2013:409,
Rz 42 f.)-- das Geschäftsführergehalt erhöht hat und folglich die
Nutzungsüberlassung in unmittelbarem Zusammenhang mit der geschuldeten
Arbeitsleistung steht.
27 (b) Das EuGH-Urteil Medicom und MPA (EU:C:2013:479) steht der Annahme einer
Nutzungsüberlassung gegen eine Vergütung in Form der Arbeitsleistung nicht
entgegen. Dies ergibt sich aus Rz 30 dieses Urteils, wonach --anders als im Streitfall-
- in den dortigen Ausgangsverfahren nur nicht festgestellt worden sei, "dass ein Teil
der von den Geschäftsführern geleisteten Arbeit als Gegenleistung für die
Zurverfügungstellung des Gebäudes angesehen werden könnte". In diesem
Zusammenhang hat das FG zutreffend berücksichtigt, dass eine --nur sonst-- nicht
feststellbare Vergütung (Gegenleistung) nicht durch den Umstand aufgewogen
werden darf, dass die Nutzungsüberlassung ertragsteuerlich als geldwerter Vorteil zu
qualifizieren ist (EuGH-Urteil Medicom und MPA, EU:C:2013:479, Rz 28).
28 (c) Nachdem die Nutzungsüberlassung zwischen der Klägerin und ihrem
Geschäftsführer im (ergänzenden) Anstellungsvertrag geregelt wurde, kommt eine
unentgeltliche Überlassung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zwischen der
Klägerin und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer durch eine anderweitige oder eine
fehlende Vereinbarung nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 254, BStBl II
2012, 58, Rz 25).
29 Die Vorentscheidung geht auch zu Recht davon aus, dass die Klägerin dem
Geschäftsführer das Recht eingeräumt hat, das Grundstück auf bestimmte Zeit in
Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Dem
steht der Einwand nicht entgegen, dass die Nutzungsmöglichkeit zeitlich nur
vorübergehend eingeräumt werden sollte und räumlich nicht begrenzt wurde.
Letzteres widerspricht dem Vertragsinhalt bereits deshalb, weil der Geschäftsführer
auf die nicht von der Klägerin genutzten Räumlichkeiten beschränkt ist und damit eine
bestimmbare Nutzungsüberlassung vorliegt. Zudem ist es nicht zwingend, dass die
Nutzung von vornherein auf eine bestimmte Dauer festgelegt ist oder langfristig
erfolgen muss (EuGH-Urteil Temco vom 18. November 2004 C-284/03,
EU:C:2004:730, Rz 21 ff.).
30 (d) Die Vorentscheidung weicht auch nicht deshalb von dem Senatsurteil vom 7. Juli
2011 V R 42/09 (BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76) ab, weil dort --trotz der privaten
Nutzungsüberlassung an den Unternehmer-- nicht von einem steuerbefreiten
Vermietungsumsatz ausgegangen wurde. Während die Überlassung eines
Gegenstands durch eine juristische Person an ihr Personal sowohl unentgeltlich als
auch --wie hier-- entgeltlich erfolgen kann, kann die private Nutzung eines
Gegenstands durch den Unternehmer nicht zu einer entgeltlichen Leistung (z.B.
Vermietung) führen. Die private Nutzung ist deshalb --anders als im Streitfall-- nach
Maßgabe des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu besteuern.
31 (e) Nachdem im Streitfall eine steuerfreie Vermietung der Klägerin an den
Geschäftsführer vorliegt, sind die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden
Vorsteuerbeträge nur insoweit abziehbar, soweit sie mit steuerpflichtigen
Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Der auf
die private Gebäudenutzung (55,1 %) entfallende anteilige nichtabziehbare
Vorsteuerbetrag ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
32 3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Soweit das FG --
vermeintlich-- unberücksichtigt gelassen habe, dass die Wohnung im
Anstellungsvertrag "unentgeltlich" und nicht aufgrund eines Mietvertrages überlassen
worden sei, beruht dies auf einer zutreffenden rechtlichen Würdigung des unstreitigen
Sachverhalts. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO
abgesehen.
33 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.