Urteil des BFH vom 06.08.2014

Verpflichtungsklage auf Änderung eines Betriebsprüfungsberichtes

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 6.8.2014, V B 116/13
Verpflichtungsklage auf Änderung eines Betriebsprüfungsberichtes
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) handelt mit X- und Z-Waren. Im Verlauf
einer Betriebsprüfung erkannte der Prüfer die geltend gemachte Steuerfreiheit von
innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht an und kürzte den Vorsteuerabzug. Die
Klägerin streitet mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) darüber,
wie der Sachverhalt zutreffend im Betriebsprüfungsbericht darzustellen ist. Die Klägerin
vermisst Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht zu der nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung geforderten
"handelsüblichen Bezeichnung" in einer Rechnung bei ausländischen X-
Warengroßhändlern. Im Bericht sei "der Verbringungsnachweis und die Handelsüblichkeit
oder -unüblichkeit der Bezeichnung der gelieferten Gegenstände nach Maßgabe des
Gewichts darzustellen".
2 Kurz vor Ergehen des Prüfungsberichts beantragte die Klägerin zudem eine verbindliche
Zusage nach § 204 der Abgabenordnung (AO) wegen der Behandlung der
Prüfungsfolgezeiträume.
3 Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Änderung des Betriebsprüfungsberichts mit dem
Antrag
"die Feststellungen der Außenprüfung bezüglich der Verwendung der im Handel mit X-
Waren sowie bei der Entgegennahme von Z-Waren üblichen Handelsbezeichnungen am
Markt und bezüglich der bei der Klägerin vorgefundenen Bezeichnung der gelieferten bzw.
entgegengenommenen Gegenstände Berechnungen im Sinne von § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG
im Betriebsprüfungsbericht so darzustellen, dass eine verbindliche Zusage nach § 204 AO
möglich ist".
4 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus mehreren Gründen ab. Der Klageantrag habe
keinen vollstreckbaren Inhalt, weil die Klägerin den konkreten Sachverhalt, wie er ihrer
Ansicht nach im Betriebsprüfungsbericht darzustellen sei, nicht benannt habe. Die Klage
sei auch nicht statthaft, weil die Sachverhaltsdarstellung im Betriebsprüfungsbericht im
Rahmen einer beantragten Zusage nach § 204 AO mangels Regelung keine
Verwaltungsaktsqualität besitze. Für die Änderung des Betriebsprüfungsberichts bestehe
auch kein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die beantragte Zusage nach § 204 AO.
Denn das FA sei zu einer verbindlichen Zusage für die Prüfungsfolgejahre dann nicht
verpflichtet, wenn hinsichtlich des Sachverhaltes bereits ein Rechtsstreit anhängig sei oder
erst recht --wie im Streitfall-- wenn schon der Sachverhalt streitig sei.
Entscheidungsgründe
5 II. Die auf grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) sowie auf Divergenz nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO gestützte
Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, denn die maßgebenden Rechtsfragen sind
bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt.
6 1. Mit Urteil vom 29. April 1987 I R 118/83 (BFHE 149, 508, BStBl II 1988, 168) hat der BFH
bereits entschieden, dass der Prüfungsbericht mangels Regelung kein Verwaltungsakt ist.
Daher kann der Betriebsprüfungsbericht nicht Gegenstand einer Verpflichtungsklage auf
Änderung des Berichts sein. Nach § 118 AO ist Verwaltungsakt jede Verfügung,
Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung des
Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Prüfungsbericht ist nicht auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet, sondern dient der Gewährung rechtlichen Gehörs
(vgl. BTDrucks VI/1982, S. 164; BFH-Urteil vom 27. März 1961 I 276/60 U, BFHE 73, 58,
BStBl III 1961, 290). Er ist vorbereitende Grundlage der Entscheidung des FA, die in einen
Steuerbescheid oder Änderungsbescheid mündet (BFH-Urteil in BFHE 149, 508, BStBl II
1988, 168, unter II.1.b).
7 2. Entsprechend § 157 Abs. 2 AO über die Nichtanfechtbarkeit der Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen in einem Betriebsprüfungsbericht ergibt sich eine Ausnahme
hieraus auch dann nicht, wenn der Steuerpflichtige nach Ergehen des Prüfungsberichts für
einen "im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt" einen Antrag auf verbindliche Zusage
gemäß § 204 AO stellt. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Antrags auf verbindliche
Zusage nach § 204 AO ist nur, dass der streitige Sachverhalt Gegenstand der Prüfung war
und dies im Prüfungsbericht dargestellt ist. Der Steuerpflichtige "kann" in diesem Falle in
seinem Antrag auf den im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt Bezug nehmen (§ 205
Abs. 2 Nr. 1 AO). Nicht erforderlich für die Zulässigkeit des Antrags nach § 204 AO ist
jedoch, dass der Prüfungsbericht fehlerfrei oder vollständig ist.
8 3. Die Revision ist auch nicht wegen Abweichung vom Urteil des Niedersächsischen FG
vom 19. August 1981 VI 81/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1982, 170), wonach
aus § 204 AO ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Darstellung des Sachverhaltes im
Betriebsprüfungsbericht folgt, zu dem eine verbindliche Auskunft nach § 204 AO begehrt
wird. Aus dieser Entscheidung folgt nicht, dass über Art und Umfang der
Prüfungsfeststellungen entgegen § 157 Abs. 2 AO ein selbständiges Klageverfahren
eröffnet wäre. Bei einem derartig weitgehenden Verständnis wäre die Entscheidung zudem
durch das BFH-Urteil vom 29. April 1987 I R 118/83 (BStBl II 1988, 168) überholt.
9 4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz
FGO ab. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.