Urteil des BFH vom 11.03.2015

Anhörungsrüge - Vertretungszwang

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 11.3.2015, IX S 6/15
Anhörungsrüge - Vertretungszwang
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 4. Februar
2015 IX B 149/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
1 1. Die Anhörungsrüge ist zulässig. Zwar gilt der Vertretungszwang gemäß § 62 Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) für Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) auch für die
Erhebung einer Anhörungsrüge, wenn für die beanstandete Entscheidung ihrerseits
Vertretungszwang galt (z.B. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2012 IX S 5/12, BFH/NV 2012,
1473). Das ist hier der Fall. Der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) hat den
Vertretungszwang auch im vorliegenden Verfahren nicht beachtet. Die Anhörungsrüge ist
jedoch ausnahmsweise gleichwohl zulässig, weil sich der Kläger mit der Anhörungsrüge
gerade dagegen wendet, dass der Senat seine Nichtzulassungsbeschwerde wegen
Nichtbeachtung des Vertretungszwangs als unzulässig verworfen hat. Wird dagegen --wie
vorliegend-- geltend gemacht, darin liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil der
Senat vom Kläger vorgetragene Umstände nicht beachtet habe, die nach der Auffassung
des Klägers zu einer Ausnahme vom Vertretungszwang hätten führen müssen, so ist die
Anhörungsrüge trotz Nichtbeachtung des Vertretungszwangs zulässig.
2 2. Die Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Senat hat die Ausführungen des Klägers zur
Kenntnis genommen und erwogen. Das ergibt sich aus der Begründung des angegriffenen
Beschlusses. Dort ist ausgeführt, dass der Kläger wegen der von ihm befürchteten Gefahr
eines "ungehinderten Datenaustauschs" zwischen Gerichten und Behörden seine
persönlichen Verhältnisse nicht offenlegen und deshalb Prozesskostenhilfe (PKH) nicht
beantragen könne. Der Senat hat diese Ausführungen des Klägers dahingehend
gewürdigt, dass er einen Antrag auf PKH nicht habe stellen wollen und auch nicht gestellt
habe. Diese Auslegung hat der Kläger mit seinen Ausführungen in der Anhörungsrüge im
Übrigen als zutreffend bestätigt. Er hat dazu mitgeteilt, er habe einen solchen Antrag nicht
stellen können.
3 Soweit der Kläger mit der Anhörungsrüge geltend macht, seine Befürchtung eines
ungehinderten Datenaustauschs rechtfertige eine Ausnahme von dem gesetzlichen
Vertretungszwang, rügt er nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern begehrt
eine andere Entscheidung in der Sache. Mit dieser Begründung kann die Anhörungsrüge
keinen Erfolg haben.
4 Die vom Kläger für erforderlich gehaltene Ausnahme vom Vertretungszwang kommt im
Übrigen nicht in Betracht. Wenn der Kläger wirtschaftlich in der Lage ist, die Kosten des
Verfahrens zu tragen, kann und muss er sich vertreten lassen. Wenn das nicht der Fall ist,
kann er PKH in Anspruch nehmen. Dafür muss er seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse offenlegen. Entgegen den Befürchtungen des Klägers besteht kein
ungehinderter Datenaustausch zwischen Gerichten und Behörden. Unbeteiligte haben
keinen Einblick in gerichtliche Verfahrensakten; ihnen wird auch keine Auskunft erteilt. Die
Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden sogar dem
Verfahrensgegner nur mit Zustimmung des Antragstellers zugänglich gemacht (§ 142 FGO
i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung). In der Rechtsprechung des BFH ist im
Übrigen geklärt, dass der Vertretungszwang vor dem BFH nicht in verfassungsrechtlich
geschützte Rechtspositionen eingreift (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 2010 V S 8/10,
BFH/NV 2010, 2095, und vom 20. Mai 2014 X S 11/14, BFH/NV 2014, 1754).
5 3. Die Kostenpflicht für das Verfahren ergibt sich aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses
zum Gerichtskostengesetz. Es fällt eine Festgebühr von 60 EUR an, die der Kläger als
Antragsteller zu tragen hat.