Urteil des BFH vom 10.05.2012

Zur abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen bei Veräußerung von Anteilen mit Verfügungsbeschränkungen - Bewertungsabschlag bei Verfügungsbeschränkung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 10.5.2012, IX B 8/12
Zur abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen bei Veräußerung von
Anteilen mit Verfügungsbeschränkungen - Bewertungsabschlag bei Verfügungsbeschränkung
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet.
2 Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
3 Soweit sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf die grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache beruft (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und
sinngemäß die Rechtsfrage hervorhebt, ob eine Billigkeitsentscheidung geboten sei, wenn
in der Folge eines Beteiligungstausches die auf den Gewinn erhobene Steuer den Gewinn
übersteigt, der dem Tauschenden letztlich zufließt, wenn dieser die eingetauschten Anteile
nach Ablauf einer Behaltensfrist veräußert, so ist diese Frage nicht klärungsbedürftig. Sie
betrifft nicht die Rechtsgrundlage einer abweichenden Steuerfestsetzung aus
Billigkeitsgründen nach § 163 der Abgabenordnung (AO) und deren Auslegung durch die
Rechtsprechung (siehe dazu Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 163 Rz 30 ff.), sondern im Kern
die Rechtsanwendung im gegebenen Einzelfall. Der Kläger bringt nämlich vor, das
angefochtene Urteil habe das Merkmal der sachlichen Unbilligkeit im vorliegenden Fall
nicht zutreffend angewandt. Rügt der Kläger aber lediglich eine (vermeintlich) fehlerhafte
Rechtsanwendung und fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen durch
das FG, also materiell-rechtliche Fehler, kann er damit allein eine Zulassung der Revision
nicht erreichen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, z.B.
BFH-Beschluss vom 3. Februar 2012 IX B 126/11, BFH/NV 2012, 741).
4 Unabhängig davon hat das Finanzgericht (FG) sich aber nicht darauf beschränkt, die
Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu prüfen, sondern hat sich bei der Prüfung der
sachlichen Unbilligkeit mit den Wertungen des Gesetzes auseinander gesetzt. Es mag eine
Besonderheit der gegebenen Fallkonstellation sein, dass einer steuerbaren Veräußerung
im Wege des Anteilstausches eine --wegen der geringeren neuen Beteiligung unterhalb
der Grenze des § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG)-- nicht steuerbare
Veräußerung mit einem Verlust folgt. Indes hat sich das Finanzamt in seiner
Einspruchsentscheidung, auf die das FG nach § 105 Abs. 5 FGO Bezug nimmt, damit
ausdrücklich beschäftigt.
5 Überdies vermögen Verfügungsbeschränkungen der bei einer steuerbaren Veräußerung
durch Anteilstausch erworbenen Aktien eine Billigkeitsmaßnahme regelmäßig nicht
auszulösen. Das Gesetz löst dieses Problem bei der Bewertung der Anteile. Sind die
erlangten Anteile eine gewisse Zeit nicht veräußerbar, rechtfertigt sich daraus nur dann
kein Bewertungsabschlag, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3
Satz 1 des Bewertungsgesetzes vorliegen und die Verfügungsbeschränkungen in der
Person des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers --und nicht im Wirtschaftsgut
selbst-- begründet sind (eingehend dazu BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 96/07,
BFHE 223, 190, BStBl II 2009, 45, m.w.N.).
6 Die angefochtene Entscheidung weicht aus den nämlichen Gründen auch nicht --worauf
der Beklagte und Beschwerdegegner zutreffend hinweist-- von Urteilen des
Bundesfinanzhofs ab.
7 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO
ab.