Urteil des BFH vom 10.09.2015

Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für Gewerbesteuer - Bedeutung des einfachrechtlichen objektiven Nettoprinzips - Anrechnung der Gewerbesteuerschuld auf die Einkommensteuer - Umdeutung der namens einer vollbeendeten Personengesellschaft erhobenen Kla

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.9.2015, IV R 8/13
Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für Gewerbesteuer - Bedeutung des
einfachrechtlichen objektiven Nettoprinzips - Anrechnung der Gewerbesteuerschuld auf die
Einkommensteuer - Umdeutung der namens einer vollbeendeten Personengesellschaft
erhobenen Klage bzw. eingelegten Revision
Leitsätze
Die in § 4 Abs. 5b EStG angeordnete Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer von der
Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ist verfassungsgemäß.
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 2. Februar
2012 6 K 1495/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
1 A. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die ehemaligen Gesellschafter einer in
2009 vollbeendeten OHG. Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2008 rechnete der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die als Betriebsausgabe
abgezogene Gewerbesteuer in Höhe von 43.983 EUR außerbilanziell hinzu. Einspruch
und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Deutsches
Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 1475 abgedruckt.
2 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
3 Sie beantragen,
das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2010 aufzuheben
und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für
die Einkommensbesteuerung für 2008 vom 18. Dezember 2009 dahin zu ändern, dass
die Gewerbesteuer in Höhe von 43.983 EUR als Betriebsausgabe zum Abzug
zugelassen wird.
4 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
5 B. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FA im angegriffenen
Gewinnfeststellungsbescheid die als Betriebsausgabe abgezogene Gewerbesteuer in
Höhe von 43.983 EUR außerbilanziell hinzugerechnet.
6 I. Die namens der OHG eingelegte Revision ist --ebenso wie die namens der OHG
erhobene Klage-- als eine solche der Kläger auszulegen.
7 1. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass die OHG, deren Gesellschafter
die Kläger im Streitjahr 2008 waren, bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung durch
Vollbeendigung ohne Abwicklung erloschen war. In einem solchen Fall kann nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein
Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten
werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der anzufechtende
Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die Befugnis der Personengesellschaft, in
Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen
Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO), ist mit deren
Vollbeendigung erloschen. Insoweit lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung
überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf. Die Klagebefugnis
geht deshalb auch nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft
über (z.B. BFH-Urteil vom 22. Januar 2015 IV R 62/11, BFH/NV 2015, 995, m.w.N.
zur Rechtsprechung). Danach waren nach der Vollbeendigung der OHG im Jahr 2009
nur noch die Kläger als ihre (ehemaligen) Gesellschafter zur Klageerhebung befugt.
8 2. Eine gleichwohl namens der vollbeendeten Personengesellschaft erhobene Klage
kann ausnahmsweise dann im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung als
eine solche der ehemaligen Gesellschafter angesehen werden, wenn das Rubrum der
Klage spiegelbildlich dem insoweit unzutreffenden Rubrum der
Einspruchsentscheidung entsprach und dem Finanzamt die Vollbeendigung der
Personengesellschaft bei Erlass der Einspruchsentscheidung bereits bekannt war
(z.B. BFH-Urteile vom 1. Juli 2004 IV R 4/03, BFH/NV 2005, 162; vom 23. April 2009
IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650; in BFH/NV 2015, 995).
9 Danach ist die Klage --ebenso wie die Revision-- im Streitfall als eine solche der
Kläger als den ehemaligen Gesellschaftern der vollbeendeten OHG anzusehen, die
den Prozessbevollmächtigten auch entsprechend bevollmächtigt haben. Wie sich aus
der Einspruchsentscheidung ergibt, war dem FA bei ihrem Erlass bereits bekannt,
dass die OHG vollbeendet war. Gleichwohl hat das FA im Rubrum der
Einspruchsentscheidung die OHG als Einspruchsführerin aufgeführt und nicht die
Kläger als deren (ehemalige) Gesellschafter. Die dem unzutreffenden Rubrum der
Einspruchsentscheidung spiegelbildlich entsprechende Klage ist danach als eine
solche der Kläger als den ehemaligen Gesellschaftern der OHG anzusehen und das
Urteil als gegen diese und nicht als gegen die OHG ergangen anzusehen. Das
insoweit unzutreffende Urteil der Vorinstanz ist gemäß § 107 Abs. 1 FGO
entsprechend zu berichtigen. Ebenso ist die spiegelbildlich dem unzutreffenden
Rubrum des FG-Urteils entsprechende Revision als eine solche der Kläger und nicht
als eine solche der OHG auszulegen.
10 II. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die so ausgelegte Klage jedoch als unbegründet
abgewiesen.
11 1. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass das FA im angegriffenen
Gewinnfeststellungsbescheid die Einkünfte aus Gewerbebetrieb den gesetzlichen
Vorgaben entsprechend festgestellt hat. Streitig ist allein, ob § 4 Abs. 5b des
Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungswidrig ist. Nach dieser Vorschrift, die
durch Art. 1 Nr. 5 des Unternehmensteuerreformgesetzes (UntStRefG) 2008 vom
14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) eingefügt wurde und bereits im Streitjahr
anzuwenden war (§ 52 Abs. 12 Satz 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008), sind die
Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben.
12 2. Nach Ansicht des erkennenden Senats verstößt § 4 Abs. 5b EStG nicht gegen die
Verfassung (ebenso bereits für den Bereich der Körperschaftsteuer BFH-Urteil vom
16. Januar 2014 I R 21/12, BFHE 244, 347, BStBl II 2014, 531; für den Bereich der
Einkommensteuer BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 X R 19/12, BFH/NV 2015, 482;
ferner Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5
Rz 2078; Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 1969; Pohl in Bordewin/
Brandt, § 4 EStG Rz 4731 ff.; Frotscher in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 4
Rz 889; wohl auch Meurer in Lademann, EStG, § 4 EStG Rz 773c; anderer Ansicht
Quinten/Anton, Neue Wirtschaftsbriefe 2012, 4227; Rossa/Malzkorn, Der Betrieb
2012, 1169).
13 a) § 4 Abs. 5b EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
14 aa) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber,
wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Im
Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber u.a. bei der Auswahl des
Steuergegenstandes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Insbesondere im
Bereich des Einkommensteuerrechts wird dieser allerdings durch das Gebot der
Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch
das Gebot der Folgerichtigkeit beschränkt. Letzteres fordert, dass bei der
Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands die einmal getroffene
Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt
werden muss. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen
eines besonderen sachlichen Grundes. Als solche kommen insbesondere
außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und
Vereinfachungserfordernisse in Betracht, nicht jedoch der rein fiskalische Zweck
staatlicher Einnahmenerhöhung (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --
BVerfG-- vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318).
15 Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle
Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber (u.a.) nach dem objektiven
Nettoprinzip. Dahinstehen kann, ob das objektive Nettoprinzip, wie es in § 2 Abs. 2
EStG zum Ausdruck kommt, Verfassungsrang hat; jedenfalls kann der Gesetzgeber
dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei
generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen.
Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor
allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei
der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die
Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips
als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen
Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der
mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines
besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (z.B. BVerfG-Urteil vom
9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122,
210).
16 bb) § 4 Abs. 5b EStG durchbricht das objektive Nettoprinzip.
17 (1) Trotz des Wortlauts des § 4 Abs. 5b EStG, dem zufolge Gewerbesteuer und
Nebenleistungen "keine Betriebsausgaben" sind, handelt es sich der Sache nach um
betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S. von § 4 Abs. 4 EStG. Denn die
Gewerbesteuer als ertragsorientierte Objektsteuer (vgl. dazu z.B. BVerfG-Beschluss
vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164) knüpft unabhängig von den
persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als
Steuerobjekt an und berührt nicht die Privatsphäre des Steuersubjekts und auch nicht
--wenn Betriebsinhaber eine Gesellschaft ist-- diejenige der Gesellschafter. Die
Wirkungsweise des § 4 Abs. 5b EStG ist daher dahin zu verstehen, dass dadurch --
vergleichbar den Tatbeständen des § 4 Abs. 5 EStG-- ein steuerliches Abzugsverbot
für die Betriebsausgabe Gewerbesteuer angeordnet wird (ebenso bereits BFH-Urteil
in BFHE 244, 347, BStBl I 2014, 531, m.w.N. aus der Literatur; vgl. auch Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. August 2008 IV C 6 -S 2290-
a/07/10001, BStBl I 2008, 838, Rz 16).
18 (2) § 4 Abs. 5b EStG durchbricht das objektive Nettoprinzip, indem danach die mit der
Gewerbesteuerpflicht verbundene Verminderung der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit bei der Berechnung der Einkommen- und der Körperschaftsteuer
nicht berücksichtigt wird. Bezogen auf eine gewerbesteuerpflichtige
Personengesellschaft bedeutet das, dass die gesondert und einheitlich
festzustellenden gewerblichen Einkünfte der Personengesellschaft nicht um die auf
diese Einkünfte entfallende Gewerbesteuer und damit zusammenhängende
Nebenleistungen gemindert werden dürfen und dementsprechend ungemindert der
Besteuerung ihrer Gesellschafter bei deren Einkommensteuer bzw.
Körperschaftsteuer zugrunde zu legen sind.
19 cc) Diese Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips ist jedoch sachlich
gerechtfertigt, so dass dahinstehen kann, ob das objektive Nettoprinzip
Verfassungsrang hat. Zur weiteren Begründung verweist der Senat hinsichtlich der
Rechtfertigung der Durchbrechung, soweit es um die Auswirkungen des § 4 Abs. 5b
EStG für der Körperschaftsteuer unterliegende Gesellschafter einer
Personengesellschaft geht, auf die Ausführungen in dem BFH-Urteil in BFHE 244,
347, BStBl II 2014, 531, denen er sich anschließt.
20 Die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips durch § 4 Abs. 5b EStG ist aber
auch insoweit sachlich gerechtfertigt, als es um die Auswirkungen dieser Regelung
für --wie im Streitfall-- der Einkommensteuer unterliegende Gesellschafter einer
Personengesellschaft geht.
21 (1) Die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer (auch) von der
einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage ist Bestandteil einer Reform der
Unternehmensbesteuerung mit für den Steuerpflichtigen teilweise belastenden,
teilweise auch entlastenden Wirkungen. Sie wird dabei insbesondere damit begründet,
dass sie die Transparenz der Besteuerung erhöhe und zur Entflechtung der
Finanzierungsströme der staatlichen und kommunalen Ebene beitrage (BTDrucks
16/4841, S. 32 f.). Nach dem bisherigen System sei die Gewerbesteuer als
Betriebsausgabe bei der Bemessung der Einkommensteuer zu berücksichtigen
gewesen und habe damit auch ihre eigene Bemessungsgrundlage gemindert; zudem
sei sie pauschal auf die Einkommensteuerschuld angerechnet worden. Insgesamt
habe sich somit ein intransparentes Zusammenwirken der unterschiedlichen Steuern
gezeigt. Weiterhin habe die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer dazu geführt, dass
die Einnahmenströme der Gebietskörperschaften miteinander vermischt worden
seien, was eine genaue Zurechnung der Steuerbelastung auf die verschiedenen
Gebietskörperschaften erschwert habe (BTDrucks 16/4841, S. 30). Statt die
Gewerbesteuerschuld von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer und
später auch noch in pauschaler Form von der Einkommensteuerschuld abzuziehen,
gebe es nun nur noch den pauschalierten, auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer
begrenzten Abzug von der Einkommensteuerschuld (BTDrucks 16/4841, S. 32).
22 Zugleich mit der Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer durch § 4
Abs. 5b EStG wurde in § 35 Abs. 1 EStG der Anrechnungsfaktor der Gewerbesteuer
auf die Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 erhöht, was ausweislich der
Gesetzesbegründung bei einem bundesweit durchschnittlichen
Gewerbesteuerhebesatz von 400 v.H. zu einer vollständigen Entlastung der
Personenunternehmen von der Gewerbesteuerschuld führt (BTDrucks 16/4841,
S. 32).
23 (2) Die mit § 4 Abs. 5b EStG bezweckte Verbesserung der
Steuerbelastungstransparenz und Entflechtung der Finanzierungsströme der
staatlichen und der kommunalen Ebene stellen nach Ansicht des Senats legitime
gesetzgeberische Ziele dar, die durch diese Regelung auch erreicht werden.
Dahinstehen kann, ob diese Gründe nicht für sich gesehen bereits die mit § 4 Abs. 5b
EStG einhergehende Einschränkung des objektiven Nettoprinzips rechtfertigen
könnten. Denn diese ist jedenfalls vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass durch die
gleichzeitige Erhöhung des Anrechnungsfaktors für die Gewerbesteuer auf die
Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 in § 35 Abs. 1 EStG in nicht unerheblichem
Umfang eine Kompensation des Abzugsverbots bewirkt wird, die in den meisten
Fällen sogar zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuerschuld führt.
Das Abzugsverbot wird daher, soweit es sich im Einzelfall überhaupt auswirkt, auch
unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es nicht nur die Gewerbesteuer selbst,
sondern auch die darauf entfallenden Nebenleistungen erfasst, in seiner Wirkung
jedenfalls erheblich abgemildert. Dass § 35 Abs. 1 EStG dazu führt, dass
Unternehmer bzw. Unternehmen mit Sitz in einer Gemeinde mit einem Hebesatz von
mehr als 400 v.H. keine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer erhalten, ist
durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt. Wie dargelegt, kann
der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe
durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender
Regelungen bedienen. Er überschreitet seine Typisierungsbefugnis nicht, wenn er,
wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt (BTDrucks 16/4841, S. 32),
in § 35 Abs. 1 EStG mit 3,8 einen Anrechnungsfaktor gewählt hat, um damit bei einem
bundesweit durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz von 400 v.H. eine
vollständige Entlastung der Personenunternehmen von der Gewerbesteuerschuld zu
erreichen. Eine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuerschuld auf die
Einkommensteuer ist verfassungsrechtlich zudem nicht geboten. Vielmehr bestehen
keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass neben der
Einkommensteuer zusätzlich auch Gewerbesteuer erhoben wird (vgl. BVerfG-
Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1).
24 (3) Dahinstehen kann, welche Auswirkung eine Änderung insbesondere der in § 35
Abs. 1 EStG vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeit auf die Verfassungsmäßigkeit
des § 4 Abs. 5b EStG hätte. Denn abzustellen ist für den Streitfall allein auf die im
Streitjahr geltende Regelung. Diese sah einen Anrechnungsfaktor von 3,8 für die
Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer vor, was im Fall der Kläger sogar zu einer
vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuerschuld geführt hat.
25 b) § 4 Abs. 5b EStG verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14
Abs. 1 GG. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Schutzbereich des Art. 14
Abs. 1 GG betroffen ist, weil dieses Grundrecht den Grundrechtsträger auch schützt,
wenn Steuerpflichten --wie im Einkommensteuerrecht-- an den Hinzuerwerb von
Eigentum anknüpfen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99,
BVerfGE 115, 97), ist ein etwaiger Eingriff nach Ansicht des Senats jedenfalls aus den
gleichen Gründen gerechtfertigt wie die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips.
26 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.