Urteil des BFH vom 10.11.2005

Teilanteilsveräußerung vor dem Veranlagungszeitraum 2002 - Bürogebäude als wesentliche Betriebsgrundlage - fehlende Mitveräußerung des entsprechenden Anteils am Sonderbetriebsvermögen - Geringfügigkeitsgrenze

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.11.2005, IV R 7/05
Teilanteilsveräußerung vor dem Veranlagungszeitraum 2002 - Bürogebäude als wesentliche
Betriebsgrundlage - fehlende Mitveräußerung des entsprechenden Anteils am
Sonderbetriebsvermögen - Geringfügigkeitsgrenze
Leitsätze
1. Die Grundsätze, die die neuere Rechtsprechung des BFH zum Begriff der wesentlichen
Betriebsgrundlage im Rahmen der Betriebsaufspaltung entwickelt hat, gelten auch im Bereich
der Betriebsveräußerung und -aufgabe.
2. Die frühere einkommensteuerliche Tarifbegünstigung einer Teilanteilsveräußerung bleibt
nicht deswegen erhalten, weil der Wert des Anteils am Sonderbetriebsvermögen, der nach der
Rechtsprechung des BFH hätte mitveräußert werden müssen, lediglich 10 v.H. des für den
Teilanteil erzielten Veräußerungspreises beträgt.
Tatbestand
1 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Rechtsanwalt, Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer Mitglied einer freiberuflichen Sozietät. Im Streitjahr (1997) verkauften er
und sein damals einziger Mitgesellschafter nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) jeweils einen Teil ihres Gesellschaftsanteils von jeweils 10 v.H. an einen neu
eintretenden Steuerberater.
2 Der Kläger erzielte durch die Veräußerung seines Teilanteils einen Gewinn in Höhe von
460 916 DM. Hierfür gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--
) im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung des Streitjahres 1997
zunächst die Steuerbegünstigung nach §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 1, 34 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (EStG 1997).
3 Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass der Kläger bei der
Teilanteilsveräußerung keinen entsprechenden Anteil an seinem
Sonderbetriebsvermögen mitveräußert hatte. Das Sonderbetriebsvermögen bestand nach
den Feststellungen des FG aus einem 1/3-Anteil an dem Grundstück in Z, auf dem sich
das Praxisgebäude befindet. Das Gebäude war --ebenfalls nach den Feststellungen des
FG-- im Jahre 1990 vom Kläger und den beiden Ehefrauen der damaligen
Mitgesellschafter errichtet worden. Anschließend hatten die Miteigentümer den Keller, das
Erdgeschoss und Teile des Obergeschosses als Praxisräume an die Sozietät vermietet.
4 Das FA erließ einen Änderungsbescheid, in dem es feststellte, dass nur noch der
Veräußerungsgewinn des Mitgesellschafters des Klägers nach § 34 EStG 1997
steuerbegünstigt sei. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den das FA unter
Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. April 2000 XI R 35/99
(BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26) als unbegründet zurückwies. Auch die anschließend
erhobene Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. November 2002 2 K
2782/01, juris).
5 Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die auf die Verletzung materiellen
Rechts gestützt ist.
6 Der Kläger beantragt sinngemäß,
7 das vorinstanzliche Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 25. Oktober 2001
aufzuheben und den Änderungsbescheid betreffend die Gewinnfeststellung 1997 vom 29.
Januar 2001 dahin gehend zu ändern, dass ein ermäßigt zu besteuernder
Veräußerungsgewinn des Klägers in Höhe von 460 916 DM festgestellt wird.
8 Das FA beantragt,
9 die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
10 Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs.
2 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
11 Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger für
den bei der Veräußerung eines Bruchteils seines Anteils an der Sozietät erzielten Gewinn
die Steuervergünstigung nach § 18 Abs. 3 i.V.m. §§ 16, 34 EStG 1997 nicht gewährt
werden kann.
12 1. Allerdings geht der Senat davon aus, dass im Streitjahr (1997) die Veräußerung eines
Bruchteils an einem Mitunternehmeranteil (Sozietätsanteil) generell noch tarifbegünstigt
war. Zwar ist § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das Gesetz zur Fortentwicklung des
Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) in der
Weise geändert worden, dass nur noch die Übertragung des "gesamten"
Gesellschaftsanteils zu einem Veräußerungsgewinn führt. Der Senat hat jedoch
entschieden, dass für die Zeit vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes entsprechend der bis
dahin geltenden Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung an der Steuerbegünstigung
festzuhalten ist (Senatsurteil vom 16. September 2004 IV R 11/03, BFHE 207, 274, BStBl
II 2004, 1068).
13 2. Jedoch setzt die Steuervergünstigung die (anteilige) Mitveräußerung des
Sonderbetriebsvermögens voraus, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält
(BFH-Urteile vom 24. August 2000 IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173; vom
12. April 2000 XI R 35/99, BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26; vom 6. Dezember 2000 VIII
R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194). Daran fehlt es im Streitfall.
14 a) Bei dem von der Sozietät genutzten Praxisgebäude, das anteilig dem Kläger gehört,
handelt es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage. Wie das FG zutreffend
festgestellt hat, ist im Rahmen der §§ 16 und 18 EStG zur Beantwortung der Frage, ob
eine wesentliche Betriebsgrundlage vorliegt, auf die funktional-quantitative
Betrachtungsweise abzustellen (Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 16
Rz. 101, m.w.N.). Das Bürogebäude gehörte zumindest unter funktionaler Betrachtung zu
den wesentlichen Betriebsgrundlagen.
15 aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein Wirtschaftsgut im hier interessierenden
Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung (Teilanteilsveräußerung) nicht nur dann
als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, wenn der Betrieb bei Zurückbehalt des
Wirtschaftsgutes nicht ohne wesentliche Investition fortgeführt werden könnte. Es liegt auf
der Hand, dass beim Erwerber Investitionen nicht notwendig sind, wenn das
Wirtschaftsgut --wie im Streitfall-- sowohl vor als auch nach der Übertragung an den
Betrieb vermietet war. Die vom Kläger zitierten BFH-Entscheidungen vom 7. November
2002 VII R 11/01 (BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226) und vom 4. Juli 2002 V R 10/01
(BFHE 199, 66, BStBl II 2004, 662) sind nicht einschlägig. So wird im Urteil in BFHE 199,
66, BStBl II 2004, 662 betont, dass die Frage, ob ein Unternehmen im umsatzsteuerlichen
Sinne "im ganzen" übereignet werde, nicht nach nationalen ertragsteuerrechtlichen
Kriterien, sondern nur unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 5 Abs. 8 der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG) entschieden werden könne, der zufolge die Übertragung aller wesentlichen
Betriebsgrundlagen nicht notwendig sei. Das Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226
betrifft den Fall der Haftung des Betriebsübernehmers nach § 75 der Abgabenordnung
(AO 1977). Sie hängt davon ab, dass ein lebender Betrieb übertragen worden ist, was
wiederum voraussetzt, dass der Betrieb ohne wesentliche Investitionen fortgeführt werden
kann (vgl. Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-
Finanzgerichtsordnung, § 75 AO 1977 Rz. 35; Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-
Finanzgerichtsordnung, § 75 AO 1977, Tz. 10). Bei der Beantwortung der Frage, ob eine
Betriebsveräußerung einkommensteuerlich tarifbegünstigt ist, kommt es dagegen nicht
darauf an, was der Erwerber erhält, sondern darauf, was der Veräußerer im
Betriebsvermögen zurückbehält. Das wird besonders deutlich bei einem Vergleich mit der
--ebenfalls steuerbegünstigten-- Betriebsaufgabe.
16 bb) Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist ein Betriebsgrundstück nur dann
keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe
Bedeutung hat. Eine wirtschaftliche Bedeutung ist bereits dann anzunehmen, wenn der
Betrieb auf das Betriebsgrundstück angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser
Art nicht fortgeführt werden könnte. Dabei ist unerheblich, ob das Grundstück auch von
anderen Unternehmen genutzt werden könnte, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet
oder gekauft werden könnte oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen
Grundstück weitergeführt werden könnte (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R 74-75/90,
BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15 unter II.2.a, m.w.N., zu § 7 der Einkommensteuer-
Durchführungsverordnung --EStDV-- a.F.). Auch ein Bürogebäude kann nach der neueren
Rechtsprechung des BFH wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn es die räumliche
und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens bildet (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 4. Dezember 1997 III R 231/94, BFH/NV 1998, 1001 zu einer
Steuerberaterpraxis; vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621;
vom 1. Juli 2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757 ebenfalls zu einer
Steuerberaterpraxis). Nach der Rechtsprechung des Senats spricht eine Vermutung dafür,
dass ein Gebäude nach Zuschnitt und Lage besonderes Gewicht für die Betriebsführung
besitzt, wenn das Gebäude unmittelbar nach seiner Errichtung durch das
Besitzunternehmen vom Betriebsunternehmen gemietet worden ist (Urteil vom 12.
September 1991 IV R 8/90, BFHE 166, 55, BStBl II 1992, 347; zustimmend BFH-Urteil
vom 7. August 1992 III R 80/89, BFH/NV 1993, 169). Diese Grundsätze, die zum Begriff
der wesentlichen Betriebsgrundlage im Rahmen der Betriebsaufspaltung entwickelt
worden sind, gelten auch im Bereich der Betriebsveräußerung (Schmidt/Wacker, a.a.O., §
16 Rz. 103; Geissler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und
Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 16 EStG, Anm. 121 unter Bezugnahme auf die
Kommentierung von Gratz zu § 6 EStG, Anm. 1345; Strahl, Steuerberater-Jahrbuch --
StbJb-- 2003/2004, 399, 416).
17 cc) Das streitige Gebäude hatte besonderes Gewicht für die Sozietät. Es war vom Kläger
und den Ehefrauen zweier Mitgesellschafter errichtet und unmittelbar im Anschluss hieran
an die Sozietät vermietet worden. Mithin muss davon ausgegangen werden, dass bereits
bei der Errichtung des Gebäudes die spätere Verwendung feststand. Ohne Bedeutung ist
dagegen, ob --wie vom FG angenommen-- bereits bei Errichtung des Gebäudes
Kabelkanäle für Computer vorhanden waren. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob
das FG --wie der Kläger vorträgt-- zu dieser Feststellung nicht hätte gelangen dürfen,
ohne ihm Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern.
18 dd) Die Bedeutung des streitigen Gebäudes für die Sozietät mindert sich auch nicht
dadurch, dass die Sozietät noch über weitere Gebäude in X und Y verfügte. In dem
streitigen Gebäude befand sich vielmehr der Schwer- und Mittelpunkt der Tätigkeit. Das
zeigt sich u.a. an den gezahlten Mieten (Z: 59 807 DM im Vergleich zu 6 600 DM und 1
518 DM), sowie an den auf den Standort Z entfallenden Telefonkosten (16 593 DM im
Vergleich zu 1 096 DM und 835 DM). Demgegenüber spielt es keine Rolle, dass der
Kläger einen Teil seiner Tätigkeit außerhalb der Praxisräume --etwa in den Betrieben der
Mandanten-- ausgeübt hat. Der Kläger kann ferner nicht mit dem Einwand durchdringen,
der ihm "gesamthänderisch zustehende Anteil von einem Drittel" des Gebäudes, könne
keine wesentliche Betriebsgrundlage begründen, weil auf diesem Anteil die Praxis nicht
betrieben werden könne. Wesentliche Betriebsgrundlage ist das Betriebsgebäude als
Ganzes. Inwieweit das Grundstück einem Gesellschafter des nutzenden Unternehmens
als Bruchteilseigentum oder in gesamthänderischer Bindung zuzurechnen ist, spielt nur
für die nachfolgend zu erörternde Frage eine Rolle, inwieweit es zum Betriebsvermögen
gehört.
19 b) Der Anteil des Klägers an dem von der Sozietät genutzten Grundstück gehörte nach §
18 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu seinem notwendigen
Sonderbetriebsvermögen bei der Sozietät.
20 aa) Notwendiges Sonderbetriebsvermögen liegt dann vor, wenn Wirtschaftsgüter einer
Personengesellschaft von einem oder mehreren ihrer Gesellschafter zur Nutzung
überlassen sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und von dieser für eine eigenbetriebliche
Tätigkeit genutzt werden. Das gilt auch dann, wenn das überlassene Wirtschaftsgut --wie
der Kläger im Hinblick auf das streitige Grundstück vorträgt-- im Gesamthandsvermögen
einer vermögensverwaltenden GbR steht, deren Gesellschafter sämtlich oder zum Teil
auch Mitunternehmer einer gewerblich oder freiberuflich tätigen Personengesellschaft
sind (Senatsurteil vom 25. April 1985 IV R 36/82, BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622, mit
Hinweis auf frühere Rechtsprechung). Denn nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 sind
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig
zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist
(Senatsurteil vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82, m.w.N;
Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz. 532).
21 bb) Von der Notwendigkeit, einen dem veräußerten Teilanteil an der Sozietät
entsprechenden Anteil am Sonderbetriebsvermögen mit zu übertragen, war der Kläger
nicht deswegen entbunden, weil er hierzu möglicherweise ohne Zustimmung der
Miteigentümerinnen nicht in der Lage gewesen wäre. Selbst wenn es sich bei dem
Gebäude um Gesamthandseigentum einer Vermietungs-GbR gehandelt haben sollte,
wäre keine Zustimmung der Miteigentümerinnen erforderlich gewesen, um dem neu
eintretenden Sozius eine Unterbeteiligung einzuräumen (vgl. Riegger in Münchner
Handbuch des Gesellschaftsrechts I, 2. Aufl., § 30 Rdnr. 14, m.w.N.; K. Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 63 III.1). Die Einräumung einer solchen Unterbeteiligung
wäre ausreichend gewesen, um wirtschaftlich betrachtet die Übertragung des gesamten
Teilanteils einschließlich des anteiligen Sonderbetriebsvermögens und damit die
Steuervergünstigung zu gewährleisten (Senatsurteil in BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173
unter 3.b ee). Im Übrigen ist nichts dafür vorgetragen und angesichts der Umstände auch
wenig wahrscheinlich, dass die beiden Miteigentümerinnen sich einer Beteiligung des
neuen Sozius an der Vermietungs-GbR widersetzt hätten.
22 cc) Schließlich kann die Steuerbegünstigung auch nicht mit der Begründung gewährt
werden, dass der nicht mitveräußerte Anteil am Betriebsgebäude nur geringfügig
gewesen sei. Allerdings steht es nach der Rechtsprechung des Senats einer
tarifbegünstigten Praxisveräußerung im Ganzen nicht entgegen, wenn Patienten- oder
Mandantenbeziehungen zurückbehalten werden, auf die in den letzten drei Jahren
weniger als 10 v.H. der Umsätze entfallen sind (Senatsurteile vom 7. November 1991 IV R
14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457, und vom 29. Oktober 1992 IV R 16/91, BFHE
169, 352, BStBl II 1993, 182). Daraus lässt sich aber entgegen der Ansicht des Klägers
nicht herleiten, dass eine steuerbegünstigte Teilanteilsveräußerung auch dann
anzunehmen sei, wenn der Wert des Anteils am Sonderbetriebsvermögen, der nach der
eingangs zitierten Rechtsprechung an sich hätte mitveräußert werden müssen, lediglich
10 v.H. des für den Teilanteil erzielten Veräußerungspreises beträgt. Die Bedeutung einer
funktional wesentlichen Betriebsgrundlage kann --anders als bei der quantitativen
Betrachtung-- nicht aus deren Verkehrswert hergeleitet werden. Der Gesichtspunkt der
Geringfügigkeit könnte daher allenfalls dann eine Rolle spielen, wenn der Veräußerer nur
zu einem geringen Anteil an der von der Praxis genutzten wesentlichen
Betriebsgrundlage beteiligt ist. Davon kann jedoch bei einem Anteil von einem Drittel
nicht die Rede sein. Hingegen verbietet es sich, auf die Weise zur untergeordneten
Bedeutung des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens zu gelangen, dass die
Geringfügigkeit des veräußerten (Gesellschafts-)Teilanteils in die Berechnung mit
einbezogen wird (Beispiel im Streitfall: 10 v.H. von einem Drittel). Anderenfalls könnte ein
sehr kleiner Teilanteil auch dann stets steuerbegünstigt veräußert werden, wenn das
Sonderbetriebsvermögen nicht anteilig mitveräußert würde, während dies bei einem
großen Teilanteil nicht der Fall wäre. Hiergegen spricht jedoch, dass die --ohnehin
fragwürdige-- Steuerbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung von Teilanteilen
umso weniger gerechtfertigt erscheint, je geringer der veräußerte Teilanteil ist. Auch der
durch das UntStFG eingeführte § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG lässt nicht erkennen, dass seine
Rechtsfolge (Behaltefrist) davon abhängen soll, ob ein kleiner oder ein großer Teilanteil
übertragen worden ist.