Urteil des BFH vom 04.03.2015

Investitionsabzugsbetrag - Nachweis der Investitionsabsicht in Gründungsfällen - Gründungskosten einer Objektgesellschaft kein Indiz - Keine gewerbesteuerliche Auswirkung der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags vor Beginn der sachlichen Gewerbes

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.3.2015, IV R 38/12
Investitionsabzugsbetrag - Nachweis der Investitionsabsicht in Gründungsfällen -
Gründungskosten einer Objektgesellschaft kein Indiz - Keine gewerbesteuerliche Auswirkung
der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags vor Beginn der sachlichen
Gewerbesteuerpflicht - Keine Feststellung von Tatsachen durch den BFH - Prüfungsumfang im
Revisionsverfahren bei nachträglicher Veränderung des entscheidungserheblichen
Sachverhalts
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15. August
2012 12 K 4601/11 F wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin und der Beigeladene je zur Hälfte zu
tragen.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, wurde mit Gesellschaftsvertrag
vom 30. Dezember 2010 gegründet und … 2011 im Handelsregister eingetragen. Ihr
Gesellschaftszweck ist die Verwaltung eigenen Vermögens und der Betrieb von
Photovoltaikanlagen. Persönlich haftender Gesellschafter ist die Firma X UG
(haftungsbeschränkt), die keine Einlage zu leisten hat; Kommanditist ist Y (Beigeladener)
mit einer noch nicht erbrachten Einlage in Höhe von 250.000 EUR.
2 Am 31. Dezember 2010 schloss die Klägerin als Auftraggeberin mit Herrn Z als
Auftragnehmer eine als "verbindliche Bestellung von Photovoltaikanlagen"
überschriebene Vereinbarung. Darin heißt es u.a.:
3 "...Der Auftragnehmer plant, baut und bringt Photovoltaikanlagen an das jeweilige
öffentliche Versorgernetz. Diese sogenannten "schlüsselfertigen Photovoltaikanlagen"
werden in Deutschland auf für den Auftraggeber langfristig angepachteten Dachflächen
errichtet. ...
4 Der obige Auftraggeber bestellt und beauftragt hiermit den dies annehmenden
Auftragnehmer, eines oder mehrere Photovoltaikprojekte gemäß den nachfolgenden
Eckdaten schlüsselfertig zu errichten.
5
Der nachfolgende Vertrag ist gültig unter nachfolgenden Voraussetzungen:
- Die Abnahmeverpflichtung besteht nur, wenn der Auftragnehmer bis zum
Lieferzeitpunkt, aber spätestens am 31.12.2013 einen geeigneten Standort für die
Module durch Nachweis eines entsprechenden Pachtvertrages über geeignete
Flächen (Dächer oder Freiflächen) besorgt, ...
- eine Wirtschaftlichkeit der Investition derart nachgewiesen werden kann, dass ein
Einkaufsfaktor von maximal 10 auf den anfänglichen spez. Jahresertrag nach
üblicher, konservativer Berechnung ... erzielt wird; dies bedeutet, dass das in
nachfolgendem Abschnitt Nr. 1 spezifizierte Einkaufsvolumen einen anfänglichen
spez. Jahresertrag von mindestens 25.000 EUR erbringen muss.
- Finanzierende Banken gehen bei Photovoltaikprojekten grundsätzlich von der
Eintragung von Grunddienstbarkeiten zur Sicherung der Nutzungsrechte des
Anlagenbetreibers und zur Sicherheit der finanzierenden Bank aus. Die Eintragung
dieser Grunddienstbarkeit, bzw. bei öffentlichen Körperschaften (Gemeinden etc.)
einer vergleichbaren Sicherheit, ist die Voraussetzung für das Zustandekommen
des Vertrages, sofern dieses von der Bank gewünscht wird.
- Wesentlicher Vermögenswert der UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG ist die
gezeichnete Kommanditeinlage. Diese wird aber vom Kommanditisten zunächst
nicht eingezahlt, dieser ist aber bereit, für die Refinanzierung der
Photovoltaikanlage/der Photovoltaikanlagen persönlich zu haften. Der
Auftragnehmer kennt die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers in Eckdaten.
Auf Basis dieser Erkenntnisse geht er davon aus, eine Finanzierung unter
persönlicher Mithaft beschaffen zu können. Die Beschaffung einer solchen
Finanzierung zu marktüblichen Konditionen ohne die Stellung weiterer dinglicher
Sicherheiten über die persönliche Haftung hinaus ist Voraussetzung für die
Abnahmeverpflichtung. Diese Regelung dient beiderseitigen Interessen, da der
Auftraggeber nicht in der Situation sein möchte Gegenstände abzunehmen die
gerade zu dem Zeitpunkt nicht beglichen werden können und der Auftragnehmer
natürlich nur liefern möchte, wenn die Bezahlung sichergestellt ist.
1. Investitionsvolumen
Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, eine oder mehrere Photovoltaikanlagen
mit einem Investitionsvolumen von EUR 250.000 zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer zu
errichten. ...
2. Leistungen
Der Auftragnehmer erstellt für den Auftraggeber folgende Leistungen:
2.1 Anlagenkonfiguration für den Standort, Ingenieursplanung
2.2 Begleitung beim Abschluss eines Dachnutzungsvertrages mit einem Verpächter oder
die rechtlich einwandfreie Übertragung des mit dem Verpächter bereits geschlossenen
Nutzungsvertrags für die Installation und den Betrieb einer Photovoltaikanlage
2.3 von Banken anerkannte Ertragsberechnung für das jeweilige Projekt,
2.4 Vorplanung mit dem jeweils zuständigen Betreiber des öffentlichen Netzes zum
Anschluss der Anlage
2.5 Reservierung sämtlicher Anlagenkomponenten
2.6 Lieferung sämtlicher Anlagenkomponenten
2.7. betriebsfertige Erstellung der Photovoltaikanlage
2.8. Inbetriebnahme der Anlage und Inbetriebnahmeprotokoll
2.9. nachträglich notwendige Abstimmungen zur Gewährleistung des reibungslosen
Anlagenbetriebs.
3. Bauausführung...
4. Leistungen und Zahlungsbedingungen
Für sämtliche Leistungen gemäß den Abschnitten 2.1 bis 2.9 dieses Vertrages inkl. der zu
diesen Leistungen bereits erbrachten Vorleistungen durch den Auftragnehmer werden die
nachfolgenden Zahlungsbedingungen vereinbart: ..."
10 Im April 2011 reichte die Klägerin zusammen mit ihrem Jahresabschluss zum
31. Dezember 2010 die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr (2010) ein. Darin erklärte
sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100.800 EUR, der in vollem Umfang
auf den Beigeladenen entfiel. In einer Anlage zu der Erklärung nahm sie
Investitionsabzugsbeträge in Höhe von 100.000 EUR für voraussichtliche
Anschaffungskosten von Photovoltaikanlagen in Höhe von 250.000 EUR in Anspruch. Im
Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) vom 13. Mai 2011 stellte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen Verlust aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 800 EUR fest, der in vollem Umfang dem Beigeladenen
zugerechnet wurde. Der beantragte Investitionsabzugsbetrag wurde nicht berücksichtigt,
weil dessen Inanspruchnahme die verbindliche Bestellung im Streitjahr voraussetze, an
der es fehle. In der Vereinbarung vom 31. Dezember 2010 habe die Klägerin lediglich ihre
Absicht dargelegt, bis zum 31. Dezember 2013 ein oder mehrere Photovoltaikprojekte
schlüsselfertig zu errichten. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2011 stellte das FA den
vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2010
(Verlustfeststellungsbescheid) auf 800 EUR fest.
11 Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in
Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 22 veröffentlicht.
12 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 7g des
Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 --BGBl I 2007, 1912--
(EStG). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hat sie
vorgetragen, dass keine Investition innerhalb der Investitionsfrist stattgefunden habe.
13 Die Klägerin und der Beigeladene beantragen
1. festzustellen, dass Hauptsacheerledigung eingetreten ist,
2. das Verfahren als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzuführen und festzustellen, dass
die Feststellungen des FA in Gestalt des angefochtenen Urteils bis zum 31. Dezember
2013 in der Form rechtswidrig waren, dass ein Investitionsabzugsbetrag von
100.000 EUR nicht gewährt worden ist und dass die Bescheide nur durch Zeitablauf
nebst Nichtinvestition rechtmäßig geworden sind,
hilfsweise,
das Urteil des FG Münster vom 15. August 2012 12 K 4601/11 F aufzuheben und zur
weiteren Sachaufklärung dahingehend an das FG zurückzuverweisen, in welcher Höhe
eine Investition zum 31. Dezember 2013 vorgenommen worden ist, die Auswirkungen auf
die Bildung des Investitionsabzugsbetrags zum 31. Dezember 2010 hatte; hierbei der
ersten Instanz mit Bindungswirkung mitzuteilen und aufzugeben, dass grundsätzlich
bereits die Gründung der GmbH & Co. KG als solche, zumindest jedoch mit den konkreten
Begleitumständen in der hier streitigen Form, ursprünglich die Bildung eines
Investitionsabzugsbetrags ermöglicht hätte,
weiter hilfsweise,
das angegriffene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 2011
aufzuheben und den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen vom 13. Mai 2011 und den Bescheid auf den 31. Dezember
2010 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes vom
14. Oktober 2011 dahin zu ändern, dass jeweils von einem Verlust aus Gewerbebetrieb in
Höhe von 100.800 EUR ausgegangen wird.
14 Das FA erklärt die Hauptsache nicht für erledigt und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
15 II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--).
16 1. Der auf Feststellung der Hauptsacheerledigung gerichtete Antrag ist unbegründet. Dem
Senat ist die Feststellung der Tatsachen verwehrt, aus denen sich ein erledigendes
Ereignis ergeben könnte, so dass für das vorliegende Verfahren davon auszugehen ist,
dass keine Hauptsacheerledigung eingetreten ist.
17 a) Die Klägerin sieht ein erledigendes Ereignis darin, dass innerhalb der Investitionsfrist
nicht investiert worden sei. Da nach § 7g Abs. 3 EStG ein nach § 7g Abs. 1 EStG
gewährter Investitionsabzug rückgängig zu machen ist, soweit er nicht bis zum Ende des
dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2
EStG hinzugerechnet worden ist, habe sich ihr auf Gewährung eines
Investitionsabzugsbetrags für 2010 gerichtetes Klagebegehren durch Nichtinvestition mit
Ablauf des 31. Dezember 2013 erledigt.
18 b) Bei dieser von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals
behaupteten und vom FA nicht bestrittenen Tatsache der Nichtinvestition innerhalb der
Investitionsfrist handelt es sich um eine neue Tatsache, die im Revisionsverfahren nicht
berücksichtigt werden kann. Denn dem BFH als auf die Rechtsprüfung beschränktem
Revisionsgericht ist die Feststellung von Tatsachen, die das materielle Klagebegehren
betreffen, grundsätzlich verwehrt, selbst wenn diese zwischen den Beteiligten unstreitig
sind. Dies gilt auch für solche Tatsachen, die erst nach Erlass des angegriffenen Urteils
entstanden sind und daher vom FG nicht festgestellt werden konnten. Denn im
Revisionsverfahren steht grundsätzlich nur zur Erörterung, ob die Würdigung der vom FG
festgestellten Tatsachen dem Gesetz entspricht. Auch eine Zurückverweisung wegen
nachträglicher Veränderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ist deshalb
grundsätzlich ausgeschlossen.
19 Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn, wie im Streitfall, die nachträglich
bekanntgewordene Tatsache (hier die nicht innerhalb der Investitionsfrist durchgeführte
Investition) Tatbestandsvoraussetzung einer Norm ist (hier § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG),
aufgrund derer das FA den einmal gewährten Steuervorteil (hier den
Investitionsabzugsbetrag) durch Erlass eines Änderungsbescheids rückgängig machen
muss. Auch prozessökonomische Gesichtspunkte sind grundsätzlich nicht geeignet, der
gesetzlich normierten und dem FA obliegenden Verpflichtung zum Erlass eines auf § 7g
Abs. 3 Satz 1 EStG gestützten Änderungsbescheids durch Berücksichtigung der
nachträglich bekanntgewordenen Tatsache (hier nicht durchgeführte Investition innerhalb
der Investitionsfrist) bereits im Revisionsverfahren den Boden zu entziehen. Auch stünde
ein dem bisherigen Klagebegehren stattgebendes Revisionsurteil nach § 110 Abs. 2 FGO
der Berücksichtigung der Tatsache fehlender Investition innerhalb der Investitionsfrist im
Wege eines auf § 7g Abs. 3 EStG gestützten Änderungsbescheids nicht entgegen.
20 2. Ist dem Senat die Feststellung der Tatsachen verwehrt, aus denen sich ein
erledigendes Ereignis ergeben könnte, kann auch der auf Aufhebung des angegriffenen
Urteils und auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Gewinnfeststellungsbescheids vom
13. Mai 2011 und des Verlustfeststellungsbescheids vom 14. Oktober 2011 gerichtete
Antrag mangels festzustellender Hauptsacheerledigung keinen Erfolg haben.
21 3. Der Hilfsantrag, der auf Aufhebung des angegriffenen Urteils und der
Einspruchsentscheidung und auf Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids vom
13. Mai 2011 und des Verlustfeststellungsbescheids vom 14. Oktober 2011 dahingehend
gerichtet ist, dass jeweils von einem Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von
100.800 EUR ausgegangen wird, ist ebenfalls unbegründet.
22 a) In revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG die Klage gegen den
Gewinnfeststellungsbescheid als unbegründet abgewiesen, weil die Klägerin nicht
nachgewiesen hat, dass sie im Streitjahr zur Inanspruchnahme eines Abzugsbetrags
nach § 7g EStG berechtigt war.
23 aa) Nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung
oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens
bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Voraussetzung ist u.a., dass der
Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem
Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder
herzustellen (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a EStG). Bei Personengesellschaften wie
der Klägerin ist § 7g EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des
Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt (§ 7g Abs. 7 EStG).
24 (1) Bei der Prüfung der Frage, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte
Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei
Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen, hält es der Senat auch im zeitlichen
Anwendungsbereich des § 7g EStG in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung für
erforderlich, in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung strenge Maßstäbe anzulegen
(Anschluss an BFH-Urteil vom 20. Juni 2012 X R 42/11, BFHE 237, 377, BStBl II 2013,
719; ebenso BFH-Urteil vom 26. Juli 2012 III R 37/11, BFH/NV 2013, 351).
25 Wie bereits § 7g EStG in seiner bis 2007 geltenden Fassung ist auch § 7g EStG in seiner
im Streitjahr und insoweit bis heute geltenden Fassung zugunsten noch in Gründung
befindlicher Betriebe anwendbar. Der Gesetzeszweck --die Förderung der Liquidität,
Eigenkapitalbildung, Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe
(BTDrucks 16/4841, S. 51)-- schließt in Gründung befindliche Betriebe in mindestens
gleichem Maße ein wie bereits etablierte Unternehmen (BFH-Urteil in BFHE 237, 377,
BStBl II 2013, 79, Rz 20). Nicht mehr zwingend bedarf es für die Inanspruchnahme der
Steuervergünstigung der verbindlichen Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Denn die jetzt vom Gesetz ausdrücklich zum Tatbestandsmerkmal gemachte
Investitionsabsicht kann auch durch andere geeignete (und objektiv belegbare) Indizien
nachgewiesen werden (Anschluss an BFH-Urteil in BFHE 237, 377, BStBl II 2013, 719,
Rz 28 ff.; ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 351; so jetzt auch Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Mai 2009 i.d.F. vom 20. November 2013
IV C 6 -S 2139-b/07/10002, 2013/1044077, BStBl I 2013, 1493, Rz 29).
26 An den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis sind allerdings bei in Gründung
befindlichen Betrieben strenge Anforderungen zu stellen. Die besondere Situation, die der
Steuerpflichtige durch die Geltendmachung einer Investitionsförderung für einen bisher
nicht existierenden Betrieb schafft, rechtfertigt und gebietet es, im jeweiligen Einzelfall
konkret zu prüfen, ob er die in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG aufgestellte Voraussetzung
erfüllt, also beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich innerhalb der drei
folgenden Wirtschaftsjahre anzuschaffen oder herzustellen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237,
377, BStBl II 2013, 719, Rz 23). Erforderlich ist insoweit der Nachweis, dass der
Steuerpflichtige ernsthaft und endgültig zur Anschaffung des Investitionsguts
entschlossen war. Wenn hierfür --wie die Klägerin meint-- die schlichte Behauptung des
Steuerpflichtigen genügte, wäre dies in Wahrheit die mit dem Zweck des § 7g EStG nicht
zu vereinbarende Steuerminderung nach Gutdünken (so bereits BFH-Beschluss vom
2. September 2014 X B 10/14, BFH/NV 2015, 190).
27 (2) Danach war die Investitionsabsicht im Streitfall konkret zu prüfen, denn die Eröffnung
des Betriebs der Klägerin war im Streitjahr noch nicht abgeschlossen. Allein die
Gründung einer Gesellschaft zum Zweck der Investition in eine Photovoltaikanlage reicht
für die Eröffnung des Betriebs einer solchen Anlage, anders als die Klägerin offenbar
meint, nicht aus.
28 Auch die Einholung von unverbindlichen Angeboten sowie Kostenvoranschlägen oder
die Teilnahme an Informationsveranstaltungen reichen in der Regel nicht aus, um die
erforderliche Investitionsabsicht nachzuweisen. Aus einem derartigen --für den
Steuerpflichtigen in der Regel kostenfreien und risikolosen-- Erkundungsverhalten lässt
sich regelmäßig noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit der Schluss auf eine
vorhandene Investitionsabsicht ableiten.
29 (3) Bei der Prüfung der Investitionsabsicht ist jedoch eine begrenzte Berücksichtigung der
künftigen Entwicklung zulässig. Auch wenn die Prognoseentscheidung grundsätzlich aus
der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags bzw. des Endes des Gewinnermittlungszeitraums
zu treffen ist, ist ein solches Vorgehen zulässig, wenn allein die bis zum Stichtag offen
zutage getretenen äußeren Umstände für eine sichere Beurteilung des Vorliegens oder
Nichtvorliegens innerer Tatsachen noch nicht ausreichen. Daher kann der Nachweis der
Investitionsabsicht als geführt angesehen werden, wenn in dem Jahr, für das der
Investitionsabzug vorgenommen wird, bereits konkrete Verhandlungen über den Erwerb
der wesentlichen Betriebsgrundlagen geführt werden, die dann nach dem Ende dieses
Wirtschaftsjahres --ggf. über weitere Zwischenschritte, deren zeitlicher Abstand den bei
ernsthaft geplanten Investitionen üblichen Rahmen nicht wesentlich überschreitet--
tatsächlich in die verbindliche Investitionsentscheidung münden.
30 bb) Nach den dargelegten Grundsätzen ist das angegriffene Urteil revisionsgerichtlich
nicht zu beanstanden.
31 (1) Im Ergebnis zu Recht hat das FG entschieden, dass die Klägerin die
Photovoltaikanlage als eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen für den Betrieb einer
solchen Anlage im Streitjahr noch nicht verbindlich bestellt hat, so dass sich eine
Investitionsabsicht nicht mit einer verbindlichen Bestellung belegen lässt. Denn das
Zustandekommen des Vertrags über die Anschaffung der Anlage war vom Eintritt von
Bedingungen abhängig, die gegen eine bereits endgültig gefasste Investitionsabsicht
sprechen.
32 Anders als das FG sieht der Senat es insoweit allerdings nicht als entscheidend an, ob
der Eintritt der Bedingungen durch den Besteller zu beeinflussen ist oder nicht.
Ausschlaggebend ist nach Ansicht des Senats vielmehr, dass die Bestellung der Anlage
nach der Vereinbarung erst wirksam und damit "verbindlich" werden sollte, wenn noch
durchzuführende, grundsätzlich als Nachweis der Investitionsabsicht nicht ausreichende
bloße Erkundungshandlungen bestimmte Ergebnisse zeitigen würden. So war das
Zustandekommen des Vertrags insbesondere davon abhängig, dass ein geeigneter
Standort für die Module gefunden würde, ein Konzept die Wirtschaftlichkeit der Investition
ergeben würde und eine (Fremd-)Finanzierung des Projekts gewährleistet war. Die
Investition sollte danach nur erfolgen, wenn die noch durchzuführenden
Erkundungshandlungen die Wirtschaftlichkeit und Durchführbarkeit der Investition
ergeben würden. Aus der insoweit maßgeblichen Sicht am Ende des Streitjahres war
danach mit dem Erwerb einer Photovoltaikanlage nicht hinreichend sicher zu rechnen.
Dass die Klägerin für den Fall des Eintritts der Bedingungen aus der Vereinbarung zur
Zahlung und Abnahme der Anlage verpflichtet sein würde, ändert danach nichts daran,
dass die Vereinbarung noch nicht als verbindliche Bestellung der Anlage angesehen
werden kann, die eine Investitionsabsicht bereits im Streitjahr belegen könnte.
33 (2) Im Ergebnis zu Recht ist das FG zudem davon ausgegangen, dass die Klägerin den
erforderlichen Nachweis der Investitionsabsicht auch nicht durch andere geeignete (und
objektiv belegbare) Indizien geführt hat.
34 Wie bereits dargelegt, ergibt sich aus der Vereinbarung nicht, dass die Klägerin bereits im
Streitjahr ernsthaft und endgültig zur Anschaffung der Anlage, für die sie den
Investitionsabzug begehrt, entschlossen war. Angesichts der Bedingungen, von deren
Eintritt die Verbindlichkeit der Bestellung der Anlage abhängig war, ist auch nicht
ersichtlich, dass der Abschluss der Vereinbarung als ein erster Schritt angesehen werden
könnte, der --ggf. über weitere Zwischenschritte, deren zeitlicher Abstand den bei
ernsthaft geplanten Investitionen üblichen Rahmen nicht wesentlich überschreitet--
hinreichend sicher tatsächlich in die verbindliche Investitionsentscheidung münden
würde.
35 Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die erforderliche Investitionsabsicht
auch nicht aus der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister. Das gilt selbst
dann, wenn es sich nach dem Gesellschaftsvertrag um eine sog. Objektgesellschaft
handelt. Denn § 7g EStG erfordert eine auf das konkrete Wirtschaftsgut bezogene
Investitionsabsicht. Erforderlich sind danach Indizien, aus denen sich ergibt, dass gerade
das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs
folgenden drei Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt werden soll. Hierfür ist
weder die Gründung einer Gesellschaft noch deren Anmeldung zum Handelsregister
geeignet. So kann es sich auch bei der Gründung und Anmeldung einer sog.
Objektgesellschaft zunächst um eine bloße Vorratsgesellschaft handeln. Zudem kann
auch im Fall einer als Objektgesellschaft gegründeten Gesellschaft erst bezogen auf eine
tatsächliche Investition geprüft werden, ob es sich um eine dem Gesellschaftszweck
entsprechende Objektgesellschaft handelt. Dass allein die Gründung der Gesellschaft
oder ihre Anmeldung zum Handelsregister selbst im Fall einer sog. Objektgesellschaft
kein geeignetes Indiz für den Nachweis der Investitionsabsicht darstellt, zeigt nicht zuletzt
auch der Streitfall. Denn trotz Gründung und Anmeldung der Klägerin als einer nach ihrem
Gesellschaftszweck insbesondere auf den Betrieb von Photovoltaikanlagen gerichteten
Objektgesellschaft ist es den eigenen Angaben der Klägerin zufolge auch bis zum Jahr
2015 noch nicht zu einer Investition in eine Photovoltaikanlage gekommen.
36 Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Hinblick auf die streitige
Investitionsentscheidung bereits mit Kosten belastet war. Ergibt sich weder aus der
Gründung einer Gesellschaft noch aus deren Anmeldung zum Handelsregister die
erforderliche Investitionsabsicht, so kann sie sich auch nicht aus dem Umstand ergeben,
dass der Steuerpflichtige durch diese Maßnahmen bereits mit Kosten belastet wurde.
37 b) Im Ergebnis zu Recht hat das FG auch die Klage gegen den
Verlustfeststellungsbescheid als unbegründet abgewiesen.
38 aa) War die Klägerin, wie dargelegt, im Streitjahr zur Inanspruchnahme eines
Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG nicht berechtigt, so konnte auch die Klage, mit
der sie die gewinnmindernde Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags bei der
Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes begehrte, schon aus diesem Grund
keinen Erfolg haben.
39 bb) Aber selbst wenn die Klägerin zur Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags
nach § 7g EStG berechtigt gewesen wäre, hätte dies ihrer auf entsprechende Änderung
des Verlustfeststellungsbescheids gerichteten Klage nicht zum Erfolg verholfen. Denn auf
den 31. Dezember 2010 hätte mangels Gewerbesteuerpflicht der Klägerin überhaupt kein
vortragsfähiger Gewerbeverlust nach § 10a Satz 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG)
festgestellt werden dürfen.
40 (1) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer nur der stehende
Gewerbebetrieb. Deshalb beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1
GewStG fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen
eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG
i.V.m. § 15 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist.
Während die Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge
von der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs an erfasst, ist
Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch
eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Dies ergibt sich aus dem Wesen
der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 3. April 2014 IV R 12/10, BFHE 245, 306,
BStBl II 2014, 1000, Rz 68). Ist die sachliche Gewerbesteuerpflicht noch nicht entstanden,
können weder ein Gewerbesteuermessbetrag noch Gewerbesteuer festgesetzt und auch
kein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt werden. Besteht im Abzugsjahr noch
keine sachliche Gewerbesteuerpflicht, wirkt sich die Inanspruchnahme eines
Investitionsabzugsbetrags gewerbesteuerlich daher nicht aus. Nach einem
gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 26. Januar 2011
(BStBl I 2011, 152) wird im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 7g EStG zur
Vermeidung von Härten allerdings die nach der Betriebseröffnung erfolgende und daher
der Gewerbesteuer unterliegende gewinnerhöhende Hinzurechnung eines
Investitionsabzugsbetrags auf Antrag aus Billigkeitsgründen nach § 163 der
Abgabenordnung dann insoweit nicht in den Gewerbeertrag einbezogen, als die
Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags den Gewerbeertrag zuvor nicht
gemindert hat.
41 (2) Da die Tätigkeit der Klägerin im Streitjahr über Vorbereitungsmaßnahmen für die
Betriebseröffnung nicht hinausgegangen ist, unterlag sie noch nicht der sachlichen
Gewerbesteuerpflicht. Ein vortragsfähiger Gewerbeverlust war daher nicht festzustellen.
Einer Aufhebung des danach rechtswidrigen Verlustfeststellungsbescheids auf den
31. Dezember 2010 steht jedoch das auch im Revisionsverfahren zu beachtende
Verböserungsverbot entgegen, demzufolge eine Änderung des angegriffenen Bescheids
zu Lasten eines Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren nicht möglich ist.
42 4. Ist das angegriffene Urteil revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden, kann auch der auf
Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG gerichtete weitere
Hilfsantrag keinen Erfolg haben.
43 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 Satz 1 FGO.