Urteil des BFH vom 18.08.2015

Erinnerung gegen den Kostenansatz; kein subjektiv öffentliches Recht auf Absehen vom Kostenansatz wegen dauernden Unvermögens des Kostenschuldners

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.8.2015, III E 4/15
Erinnerung gegen den Kostenansatz; kein subjektiv öffentliches Recht auf Absehen vom
Kostenansatz wegen dauernden Unvermögens des Kostenschuldners
Tenor
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs -Kostenstelle- vom 14.
April 2015 KostL ... (III B 158/14) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
1 I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) wandte
sich mit der am 29. Dezember 2014 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen
Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom
28. Oktober 2014 6 K 241/10. Der Senat stellte das Verfahren mit Beschluss vom
18. Februar 2015 III B 158/14 ein, nachdem der Erinnerungsführer die Beschwerde mit
Schreiben vom 28. Januar 2015 zurückgenommen hatte.
2 Mit der Kostenrechnung vom 14. April 2015 KostL … (III B 158/14) setzte die
Kostenstelle des BFH die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren mit 4.616 EUR
an.
3 Dagegen wendet sich der Erinnerungsführer. Zur Begründung trägt er vor, es liege eine
unrichtige Sachbehandlung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetztes
(GKG) vor, weshalb die Gerichtskosten nicht zu erheben seien. Die unrichtige
Sachbehandlung ergebe sich daraus, dass die Streitwertberechnung auf der Grundlage
eines Schreibens des Beschwerdegegners vom 26. März 2015 erfolgt sei, hinsichtlich
dessen dem Erinnerungsführer kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Zudem sei
die Nichtzulassungsbeschwerde nur rein vorsorglich eingelegt worden, um eine
Prüfung der Erfolgsaussichten zu ermöglichen.
4 Vom Ansatz der Kosten sei gemäß § 10 Abs. 1 der Kostenverfügung (KostVfg) auch
deshalb abzusehen, weil die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück des
Erinnerungsführers ergebnislos verlaufen sei. Aus der Nichtbeachtung des § 10
KostVfg folge ferner eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 21 GKG.
Gegebenenfalls sei aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Erinnerungsführers ein
Kostenerlass angezeigt.
Entscheidungsgründe
5 II. Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
6 1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1
GKG durch den Einzelrichter.
7 2. Die Kostenrechnung ist nicht zu beanstanden.
8 a) Mit der Erinnerung können Einwendungen erhoben werden, die sich gegen den
Kostenansatz richten (§ 66 Abs. 1 Satz 1 GKG), also gegen den Ansatz einzelner
Kosten oder deren Höhe und gegen den zugrunde liegenden Streitwert (BFH-
Beschluss vom 5. Dezember 2013 X E 10/13, BFH/NV 2014, 377). Die an den
Erinnerungsführer gerichtete Kostenrechnung weist in dieser Hinsicht keinen
Rechtsfehler auf.
9 aa) Soweit der Erinnerungsführer geltend macht, er sei zu dem Schreiben des
Beschwerdegegners vom 26. März 2015, das der Streitwertberechnung zugrunde
gelegt wurde, nicht gehört worden, ergibt sich daraus weder, dass einzelne Kosten
dem Grunde oder der Höhe nach zu Unrecht angesetzt wurden, noch, dass der
zugrunde liegende Streitwert fehlerhaft ermittelt wurde. Dies folgt bereits daraus, dass
das betreffende Schreiben dem Erinnerungsführer im Erinnerungsverfahren
übermittelt wurde und er gleichwohl keine substantiierten Einwendungen gegen
einzelne Kosten oder den Streitwert erhoben hat.
10 Auch eine Anwendung des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG scheidet in diesem
Zusammenhang aus. Dieser setzt voraus, dass die Gebühren und Auslagen bei
richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Die in der Kostenrechnung
ausgewiesenen Gebühren entstanden jedoch nicht durch das Verfahren des
Kostenansatzes, sondern durch das Verfahren über die vom Erinnerungsführer
eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde.
11 bb) Eine Fehlerhaftigkeit der Kostenrechnung ergibt sich auch nicht aus einem
etwaigen nur vorsorglichen Charakter der Einlegung der
Nichtzulassungsbeschwerde. Das in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG enthaltene
Kostenverzeichnis unterscheidet in Teil 6 (Verfahren vor den Finanzgerichten) die für
Verfahren über die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision geltenden
Gebührentatbestände (Nr. 6500 und 6501) nur nach der Art des Abschlusses des
Verfahrens. Die Frage, aus welchen Gründen das Verfahren eingeleitet wurde --und
dabei insbesondere das Maß der bei Einlegung stattgefundenen Prüfung der
Erfolgsaussichten durch den Rechtsmittelführer-- ist dagegen nicht gebührenrelevant.
12 cc) Die Rechtmäßigkeit des Kostenansatzes steht auch nicht mit Blick auf die
Regelung des § 10 KostVfg in Frage. Der Kostenansatz ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2,
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG eine gebundene und keine Ermessensentscheidung;
sie ergeht als Verwaltungsakt im Außenverhältnis zum Bürger als Kostenschuldner
(ebenso Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs --VGH-- vom 1. März
2012 7 F 1027/11, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report -
-NVwZ-RR-- 2012, 585). § 10 KostVfG betrifft als Verwaltungsvorschrift dagegen nur
das Innenverhältnis zwischen dem Kostengläubiger --hier dem Bund-- und dem
Kostenbeamten, lässt jedoch im Außenverhältnis die Existenz des Kostenanspruchs
des Kostengläubigers gegen den jeweiligen Kostenschuldner unberührt. Ein subjektiv-
öffentliches Recht des Kostenschuldners aus § 10 KostVfG auf Beachtung dieser
Verwaltungsvorschrift durch den Kostenbeamten besteht nicht (ebenso Beschluss
des Hessischen VGH in NVwZ-RR 2012, 585).
13 Eine Anwendung des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG in diesem Zusammenhang scheidet
bereits deshalb aus, weil die Gebühren nicht durch das Verfahren des
Kostenansatzes entstanden sind.
14 b) Schließlich ist die Kostenrechnung auch nicht im Hinblick auf den vom
Erinnerungsführer begehrten Erlass der Kostenforderung zu beanstanden. Hierüber
wird --worauf der Kostenbeamte bereits im Schreiben vom 29. April 2015 hingewiesen
hat-- in einem gesonderten Verfahren nach § 59 der Bundeshaushaltsordnung
entschieden.
15 3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht
erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).