Urteil des BFH vom 18.06.2013

Rechtliches Gehör nach Verstreichen einer Ausschlussfrist

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.6.2013, III B 83/12
Rechtliches Gehör nach Verstreichen einer Ausschlussfrist
Tatbestand
1 I. Nachdem der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für das Streitjahr 2009 keine
Erklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das
Finanzamt) die Besteuerungsgrundlagen und erließ einen Gewinnfeststellungs- sowie
einen Umsatzsteuerbescheid. Die dagegen eingelegten Einsprüche, die der Kläger nicht
begründete, wurden als unbegründet zurückgewiesen.
2 Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Kläger habe es
versäumt, innerhalb der ihm gesetzten Ausschlussfrist den Gegenstand des
Klagebegehrens zu bezeichnen. Die nach Fristablauf und einen Tag vor der mündlichen
Verhandlung nachgereichte Gewinnermittlung und die Umsatzsteuererklärung könnten
nicht zur Zulässigkeit der Klage führen.
3 Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, die Rechtssache
habe grundsätzliche Bedeutung und das FG-Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern. Der
Gegenstand des Klagebegehrens sei vor der mündlichen Verhandlung durch Vorlage der
Gewinnermittlung und der Umsatzsteuererklärung eindeutig präzisiert worden. Durch deren
Nichtbeachtung habe das FG seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--).
5 1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Das FG-Urteil leidet
nicht an einem Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, denn das FG hat weder
gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des
Grundgesetzes) verstoßen noch seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO)
verletzt.
6 a) Die fehlerhafte Anwendung einer Präklusionsvorschrift im finanzgerichtlichen Verfahren
kann einen Verfahrensmangel enthalten, insbesondere durch eine sachlich nicht
gerechtfertigte Einschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder indem über eine
zulässige Klage durch Prozessurteil entschieden wird (Senatsbeschluss vom 22. Februar
2005 III S 17/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1124).
7 b) Der Kläger hat indessen die vom FG nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO ordnungsgemäß
gesetzte Ausschlussfrist versäumt. Da die Frist nicht verlängert wurde und
Wiedereinsetzungsgründe nicht vorlagen, war die Klage endgültig unzulässig und durch
Prozessurteil abzuweisen (vgl. Gräber/v. Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 65 Rz 65,
m.w.N.). Das FG brauchte sich nach Ablauf der Ausschlussfrist weder zwecks Gewährung
rechtlichen Gehörs noch zur Erfüllung seiner Sachaufklärungspflicht mit den einschlägigen
Besteuerungsgrundlagen zu befassen. Die Frage, wie das FG nach der Versäumung einer
Ausschlussfrist nach § 79b FGO hätte verfahren müssen, ist für den Streitfall unerheblich.
8 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2
Nr. 1 FGO). Aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO ergibt sich, dass eine nach
dieser Vorschrift gesetzte Frist zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens
eine Ausschlussfrist ist, deren Versäumnis nur durch Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand geheilt werden kann. Die mittelbar vom Kläger aufgeworfene Frage, ob eine
zunächst unzulässige Klage in die Zulässigkeit hineinwachsen könne, wenn nach Ablauf
der gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist eine Gewinnermittlung und eine
Steuererklärung eingereicht werden, bedarf somit keiner Klärung in einem
Revisionsverfahren.
9 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.