Urteil des BFH vom 23.02.2015

Keine Entscheidung über Billigkeitsmaßnahme im Verfahren über Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 23.2.2015, III B 41/14
Keine Entscheidung über Billigkeitsmaßnahme im Verfahren über Aufhebung einer
Kindergeldfestsetzung
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Finanzgerichts München vom 25. Februar 2014 12 K 566/13 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog Kindergeld für ihren Sohn M. Mit
Bescheid vom 29. August 2012 hob die Beklagte und Beschwerdegegnerin
(Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2011 auf, da sich M nicht mehr in
Ausbildung befunden habe. Das anschließende Einspruchsverfahren hatte nur zum Teil
Erfolg. Die Familienkasse hob durch Änderungsbescheid vom 8. Januar 2013 die
Festsetzung des Kindergeldes nunmehr für die Zeiträume Januar bis August 2011,
Dezember 2011 bis Februar 2012 und ab Juni 2012 auf. Im Übrigen wies sie den
Rechtsbehelf durch Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 als unbegründet zurück.
2 Die anschließend erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der
Ansicht, M habe in den streitigen Zeiträumen keinen Ausbildungsplatz gesucht. Die
Klägerin könne sich nicht darauf berufen, das Kindergeld an M weitergegeben zu haben.
Eine Rückforderung sei nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Der
Billigkeitsantrag, den die Klägerin bei der Familienkasse gestellt habe, sei nicht
Gegenstand der Anfechtungsklage.
3 Gegen die Entscheidung des FG wendet sich die Klägerin mit ihrer
Nichtzulassungsbeschwerde. Das FG habe übersehen, dass sie rechtzeitig mitgeteilt habe,
dass M seine Ausbildung beendet habe. Sie sei ihren Verpflichtungen in vollem Umfang
nachgekommen. Dennoch habe die Familienkasse die Zahlungen weiter geleistet. Die
Rückforderung sei deshalb als illoyale Rechtsausübung anzusehen. Auch sei zu
berücksichtigen, dass M Arbeitslosengeld II (ALG II) bezogen habe und dass das
Kindergeld auf die Leistungshöhe angerechnet worden sei. Sie --die Klägerin-- habe nicht
davon ausgehen müssen, dass eine Rückzahlung erforderlich werde. Die Revision sei
wegen mangelnder Sachaufklärung zuzulassen. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass
die Kindergeldzahlungen sich auf den Bezug des Arbeitslosengeldes ausgewirkt hätten.
Wäre hier eine Erläuterung gegeben worden, so hätte das Kindergeld nicht zurückgefordert
werden können. Aus diesem Grund sei auch der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Das FG hätte Gelegenheit geben müssen, den Rechtsstandpunkt in der mündlichen
Verhandlung vorzutragen. Außerdem sei wegen der Anrechnung des Kindergeldes auf den
Bezug von ALG II eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des
Rechts erforderlich. Es handele sich um eine Grundsatzentscheidung.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird deshalb durch Beschluss verworfen (§ 116
Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Vorbringen der Klägerin genügt
nicht den Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
5 1. Die Klägerin rügt in erster Linie, dass die Familienkasse das Kindergeld zurückfordert,
obwohl dieses auf das von M bezogene ALG II angerechnet worden sei. Sie macht damit
einen Gesichtspunkt geltend, der nur in dem Verfahren über die beantragte
Billigkeitsmaßnahme eine Rolle spielen könnte. Der BFH hat verschiedentlich darauf
hingewiesen, dass bei der Rückforderung von Kindergeld, das zu Unrecht bezogen, jedoch
auf andere Transferleistungen angerechnet worden ist, ein Billigkeitserlass nach § 227 der
Abgabenordnung gerechtfertigt sein kann (vgl. z.B. Senatsurteile vom 15. März 2007
III R 54/05, BFH/NV 2007, 1298; vom 19. November 2008 III R 108/06, BFH/NV 2009, 357;
vom 18. Dezember 2008 III R 93/06, BFH/NV 2009, 749, und vom 30. Juli 2009 III R 22/07,
BFH/NV 2009, 1983). Das FG, das über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids zu
entscheiden hatte, brauchte sich jedoch nicht mit einer Billigkeitsmaßnahme zu befassen,
da eine solche nicht Gegenstand des Klagebegehrens war. Die in diesem Zusammenhang
vorgebrachte Rüge der Klägerin, das FG habe den Sachverhalt nur unzureichend
aufgeklärt (§ 76 Abs. 1 FGO) und habe das rechtliche Gehör verletzt, weil es sich mit der
Anrechnung des Kindergeldes nicht auseinandergesetzt oder darauf keinen Hinweis
gegeben habe (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), geht somit von
vornherein ins Leere. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zulassungsgrund der
Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2
Nr. 2 Alternative 1 FGO).
6 2. Soweit die Klägerin vorträgt, die Rückforderung des Kindergeldes sei als illoyale
Rechtsausübung zu beurteilen, weil die Familienkasse über die Beendigung der
Berufsausbildung informiert gewesen sei, hat sie keinen der in § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO
aufgeführten Zulassungsgründe genannt, geschweige denn dargelegt i.S. von § 116 Abs. 3
Satz 3 FGO.
7 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
FGO).
8 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.