Urteil des BFH vom 29.06.2016

Freigebige Zuwendung bei der Übertragung eines Einzelkontos zwischen Eheleuten

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.6.2016, II R 41/14
Freigebige Zuwendung bei der Übertragung eines Einzelkontos zwischen Eheleuten
Leitsätze
1. Ein Einzelkonto/-depot ist auch bei Eheleuten --im Gegensatz zu einem Gemeinschaftskonto-- grundsätzlich allein dem
Kontoinhaber zuzurechnen.
2. Überträgt ein Ehegatte den Vermögensstand seines Einzelkontos/-depots unentgeltlich auf das Einzelkonto/-depot des
anderen Ehegatten, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast für Tatsachen, die der
Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen. Zu diesen Tatsachen zählen auch solche, die belegen sollen,
dass dem bedachten Ehegatten das erhaltene Guthaben bereits vor der Übertragung im Innenverhältnis vollständig oder
teilweise zuzurechnen war.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 15. Mai 2014 4 K 1390/11 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Ehemann (E) der seit 1983 verheirateten Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) eröffnete im Jahr 1984 bei
einer Schweizer Bank (B) ein auf ihn allein lautendes Konto und Depot (Konto/Depot E). Der Vermögensstand auf
dem Konto/Depot E betrug zum 5. April 2005 ... EUR. Die Klägerin besaß eine Vollmacht für das Konto/Depot E.
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Am 5. April 2005/24. Juni 2005 eröffnete die Klägerin ebenfalls bei B ein auf sie allein lautendes Konto und Depot
(Konto/Depot K) und erteilte E hierfür Vollmacht. Der Vermögensstand des Kontos/Depots E in Höhe von ... EUR
wurde vollständig auf das Konto/Depot K übertragen.
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Nach einer Fahndungsprüfung und anschließenden Aufforderung durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (das
Finanzamt --FA--) zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung erklärte die Klägerin einen steuerpflichtigen Erwerb in
Höhe von ... EUR, da die Hälfte des Vermögens auf dem Konto/Depot E bereits vor der Übertragung ihr zugestanden
habe. Das FA hingegen legte dem Schenkungsteuerbescheid vom 30. März 2011 den gesamten übertragenen
Konto- und Depotwert in Höhe von ... EUR als Wert des Erwerbs zu Grunde.
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Einspruch und Klage blieben erfolglos. In seinem --in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1698
veröffentlichten-- Urteil ging das Finanzgericht (FG) davon aus, dass E der Klägerin den gesamten Vermögensstand
des Kontos/Depots E freigebig zugewendet habe. Zwar trage das FA die Beweislast für die
schenkungsteuerbegründenden Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Sowohl aus § 159 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) als auch den
Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 2011 II R 33/10 (BFHE 237, 179, BStBl II
2012, 473) sei jedoch zu entnehmen, dass im Streitfall die Klägerin die Feststellungslast für eine vor der
Übertragung bestehende Beteiligung am Vermögensstand des Kontos/Depots E treffe. Sie habe aber nicht
nachgewiesen, dass zwischen ihr und E ein Treuhand- oder Ehegatteninnenverhältnis bestanden habe, aus welchem
sich ihre hälftige Beteiligung am Konto/Depot E bereits vor dem 5. April 2005 ergeben habe.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das FG habe zu strenge Anforderungen an den Nachweis eines
Treuhandverhältnisses bzw. einer anteiligen Berechtigung von Ehegatten an einem Einzelkonto gestellt. Hinsichtlich
der Verteilung der Feststellungslast für den Nachweis eines Treuhandverhältnisses sei ein Rückgriff auf § 159 Abs. 1
AO nicht zulässig. Sie --die Klägerin-- und E würden im gesetzlichen Güterstand leben. Bereits vor 2005 hätten sie
vereinbart bzw. als selbstverständlich vorausgesetzt, dass das Vermögen auf dem Konto/Depot E abweichend von
der formalen Inhaberschaft beiden Eheleuten je zur Hälfte zustehe.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Schenkungsteuerbescheid vom 30. März 2011 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. September 2011 dahingehend abzuändern, dass der steuerpflichtige
Erwerb um ... EUR herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zu Recht bei der Klägerin durch die freigebige Zuwendung des E eine Bereicherung in Höhe von ... EUR
angenommen.
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1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden,
soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in
objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden
führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur
Freigebigkeit (BFH-Urteil vom 27. August 2014 II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 37, m.w.N.).
Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und
eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten (BFH-Urteil vom 18. September 2013 II R 29/11, BFHE 243,
385, BStBl II 2014, 261, Rz 11).
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a) Für die Entscheidung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu
erforschen, wobei die Beteiligten heranzuziehen sind (§ 76 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGO). Die Beteiligten haben ihre
Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung
des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären (§ 76 Abs. 1 Satz 3 FGO).
Die erhöhten Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten --insbesondere § 90 Abs. 2 AO-- gelten entsprechend
(§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO; BFH-Beschluss vom 18. Februar 2008 II B 109/06, BFH/NV 2008, 1163).
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Kann der entscheidungserhebliche Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zugänglichen und zumutbaren
Ermittlungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden, ist unter Anwendung der Beweislastregeln
zu entscheiden, zu wessen Lasten die Unerweislichkeit von maßgeblichen Tatsachen geht. Nach ständiger
Rechtsprechung liegt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für steuerbegründende Tatsachen beim
Steuergläubiger und für steuermindernde Tatsachen beim Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237, 179, BStBl
II 2012, 473, Rz 26, m.w.N.).
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Die Finanzbehörde trägt die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung
erforderlich sind. Demgegenüber trägt der Bedachte die Feststellungslast für die Tatsachen, die der Annahme einer
freigebigen Zuwendung entgegenstehen (BFH-Urteil vom 23. Juni 2015 II R 52/13, BFHE 250, 215, BStBl II 2015,
960). Gibt es zum Beispiel bei einem Gemeinschaftskonto von Ehegatten (sog. Oder-Konto) hinreichend deutliche
objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer
herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte
berechtigt sein soll (BFH-Urteil in BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473).
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Bei einem Einzelkonto zählen zu den Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen,
auch solche, die belegen sollen, dass dem Bedachten das Guthaben, das er vom Einzelkonto oder Einzeldepot
seines Ehegatten unentgeltlich übertragen erhalten hat, im Innenverhältnis bereits vor der Übertragung vollständig
oder teilweise zuzurechnen war. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Kontoinhaber für seinen Ehegatten Teile am
Konto/Depot nur als Treuhänder gehalten hat (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Insoweit trifft den Bedachten die
Feststellungslast.
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b) Werden ein Konto und ein Depot unter derselben Bankverbindung unterhalten, dient das Depot dazu,
Wertpapiere zu kaufen und zu verkaufen sowie die Wertpapiere zu verwahren. Erträge aus den Wertpapieren
werden dem Konto zugeschrieben und Überweisungen über das Konto getätigt. Das Konto enthält den
Gesamtvermögensstand aus den Wertpapieren und dem sonstigen Guthaben. Dies gilt für ein inländisches Konto
ebenso wie für ein solches in der Schweiz.
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aa) Im Hinblick auf das Konto/Depot E --ebenso wie das Konto/ Depot K-- richten sich die schuldrechtlichen
Beziehungen zwischen E und B sowie der Klägerin und B nach Schweizer Recht als dem Recht des Staates, in dem
die Konten/Depots belegen sind und dadurch die engste Verbindung zu diesem Staat aufweisen (Art. 28 Abs. 1
Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch i.d.F. bis 17. Dezember 2009). Mit der
Kontoeröffnung begründen Kunde und Bank eine Geschäftsverbindung, deren Rechtsnatur in der Schweiz
überwiegend als Rahmenvertrag angesehen wird (Weber in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen
und europäischen Bankrecht, 2. Aufl. 2009, § 78 Rz 35).
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Wie das deutsche Recht kennt auch das Schweizer Recht verschiedene Kontoarten (Gemeinschaftskonto,
Treuhandkonto), u.a. auch das Einzelkonto. Auch im Schweizer Recht sind im Rahmen der Kontoeröffnung u.a. die
Verfügungs- und Vertretungsmacht über das Konto (Bankvollmacht oder organschaftliche Vertretung) zu regeln (vgl.
Weber in Derleder/Knops/Bamberger, a.a.O., § 78 Rz 39).
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Bei einem Einzelkonto --wie im Streitfall-- ist der Inhaber nicht nur alleiniger Gläubiger der Guthabensforderung
gegenüber der Bank, also Berechtigter im Außenverhältnis. Ihm steht vielmehr im Regelfall das Guthaben auch im
Innenverhältnis alleine zu (Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 7. April 1966 II ZR 275/63, Wertpapier-
Mitteilungen 1966, 679, und vom 11. September 2002 XII ZR 9/01, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2002,
3702). Diese zu einem inländischen Einzelgirokonto aufgestellten Grundsätze sind aufgrund der gleichen Struktur
auch auf ein Schweizer Einzelgirokonto anwendbar.
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bb) Auch die dingliche Eigentumslage der im Depot befindlichen Wertpapiere ist nach Schweizer Recht zu
bestimmen. Nach Art. 43 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Schweiz) unterliegen
Rechte --auch an beweglichen Sachen-- dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden. Für die Eigentumslage
depotverwahrter Wertpapiere stellt Art. 930 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches --wie § 1006 Abs. 1
BGB-- eine Vermutung auf. Danach wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er
Eigentümer der Sache ist.
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cc) Bei einem Einzelkonto mit Depot ist in der Regel davon auszugehen, dass dem Kontoinhaber der
Vermögensstand auf dem Konto --bestehend aus den Wertpapieren und dem sonstigen Guthaben-- allein zusteht.
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Dies gilt auch bei Ehegatten. Aus einer Vollmacht für den Ehegatten, der nicht Kontoinhaber ist, ergibt sich nichts
anderes. Sie gibt dem bevollmächtigten Ehegatten lediglich im Außenverhältnis gegenüber der Bank eine
Verfügungsbefugnis über das Konto (vgl. BGH-Urteil vom 13. Januar 1988 IVb ZR 110/86, NJW 1988, 1208).
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Die Ehegatten können aber im Innenverhältnis --auch stillschweigend-- eine Bruchteilsberechtigung des Ehegatten,
der nicht Kontoinhaber ist, an der Kontoforderung vereinbaren. Unter welchen Voraussetzungen eine solche
konkludente Vereinbarung anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Leisten etwa beide
Ehegatten Einzahlungen auf ein Sparkonto und besteht Einvernehmen, dass die Ersparnisse beiden zugutekommen
sollen, so steht ihnen die Forderung gegen die Bank im Innenverhältnis im Zweifel zu gleichen Anteilen zu (vgl. BGH-
Urteile vom 19. April 2000 XII ZR 62/98, NJW 2000, 2347, und in NJW 2002, 3702).
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c) Diese --aus zivilrechtlichen Grundsätzen folgende-- Verteilung der Feststellungslast entspricht den durch den BFH
in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Feststellungslast und weicht --entgegen der Auffassung
der Klägerin-- auch nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473 ab. Der dort zu entscheidende
Sachverhalt betraf kein Einzelkonto, sondern ein --den Ehegatten gemeinschaftlich zustehendes-- (inländisches)
Oder-Konto. Das Oder-Konto unterscheidet sich vom Einzelkonto dadurch, dass beim Oder-Konto --im Gegensatz
zum Einzelkonto-- die Ehegatten grundsätzlich Gesamtgläubiger sind, mit der Folge, dass sie im Verhältnis
zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§ 430 BGB).
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Auch für diesen Fall hat der BFH entschieden, dass im Regelfall, wenn hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte
dafür vorliegen, beide Ehegatten zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind und die Feststellungslast für
eine hiervon abweichende Beteiligung der Ehegatte zu tragen hat, der sich darauf beruft. Das Urteil trifft lediglich
eine Entscheidung zu der Frage, wie die Beweislast hinsichtlich der Berechtigung von Ehegatten an einem
Gemeinschaftskonto vor dem Hintergrund einer freigebigen Zuwendung verteilt ist, wenn nur einer der Ehegatten
das Guthaben eingezahlt hat. Es ändert --entgegen der Ansicht der Klägerin-- nicht die bisherige höchstrichterliche
Rechtsprechung zur Beweislastverteilung bei Treuhandverhältnissen, nach der bei der Prüfung, ob ein
Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BFH-Urteile vom 4. Dezember
2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745, und vom 21. Mai 2014 I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4) und
dies auch bei Ehegatten gilt (BFH-Urteil vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 198, BStBl II 1980, 402; BFH-
Beschluss vom 18. November 2004 II B 176/03, BFH/NV 2005, 355).
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2. Das FG hat die Rechtsprechungsgrundsätze zur Verteilung der Feststellungslast zutreffend angewendet.
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Es war aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt, dass der Vermögensstand des
Kontos/Depots E in Höhe von ... EUR vor dem 5. April 2005 E als Einzelinhaber des Kontos allein zuzurechnen war,
und hat dies ausführlich begründet. Daraus folgerte das FG, dass die Klägerin die Feststellungslast für ihre hälftige
Berechtigung am Vermögensstand des Kontos/Depots E vor dem 5. April 2005 trug, weil sie behauptete, dass E die
Hälfte des Vermögensstands seines Kontos für sie lediglich treuhänderisch verwaltet und ihr und E nach Absprache
während ihrer intakten Ehe das Vermögen auf dem Konto/Depot E jeweils zur Hälfte zugestanden habe.
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Dass das FG für die Verteilung der Feststellungslast --neben den Rechtsprechungsgrundsätzen-- auch noch die
Beweislastregel des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach der Treuhänder seine Treuhandstellung nachweisen muss,
herangezogen hat, führt ebenfalls nicht zur Begründetheit der Revision. Zwar befreit § 159 Abs. 1 AO das FG nicht
von der Pflicht des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens
gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (BFH-Urteil vom 6. Oktober 2009 IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl II
2010, 460). Im Streitfall hat das FG jedoch seine Überzeugungsbildung hinsichtlich des Nichtvorliegens eines
Treuhandverhältnisses --wie aus der Begründung ersichtlich-- im Grunde auf die allgemeinen Regeln der
Feststellungslast gestützt, dass bei einem Treuhandverhältnis derjenige, der behauptet, dass er in seinem Besitz
befindliche Sachen entgegen der Eigentumsvermutung des Art. 930 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
als Treuhänder für einen anderen hält, diese von der Grundregel abweichende Rechtsstellung nachweisen muss,
wenn er nicht möchte, dass die Sachen ihm zugerechnet werden. Im Hinblick auf § 159 Abs. 1 AO hat das FG dann
zusätzlich ausgeführt, dass die durch das FA getroffene Ermessensentscheidung, nach dieser Vorschrift den
Vermögensstand des Kontos/Depots E allein E zuzurechnen, keinen Ermessensfehler aufweise. Beide Begründungen
des FG sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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3. Das FG ist schließlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin am 5. April 2005 durch die Übertragung
des Vermögens des Kontos/Depots E auf ihr Konto/Depot K um ... EUR unentgeltlich bereichert wurde.
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Dem FG als Tatsacheninstanz obliegt die Entscheidung, ob die Klägerin darlegen konnte, dass die tatsächliche
Ausgestaltung und Handhabung des Einzelkontos/Depots E durch sie und E vor dem 5. April 2005 eine Abweichung
von dem allgemeinen Grundsatz der Zurechnung des Vermögensstands an den Einzelkontoinhaber rechtfertigt.
Diese Entscheidung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung. Der BFH kann solche
Tatsachenwürdigungen nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und mit den
Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang stehen. Ist das --wie im Streitfall-- zu bejahen, so
ist die Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Beispiel BFH-Urteil
vom 17. Dezember 2015 V R 13/15, BFH/NV 2016, 534, Rz 23).
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Das FG hat bei seiner Entscheidung angenommen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Feststellungslast nicht den
Nachweis erbracht hat, dass ihr vor dem 5. April 2005 ... EUR von dem Vermögensstand des Kontos/Depots E
zuzurechnen waren. Dabei hat es zum einen berücksichtigt, dass die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass E die
Hälfte des Vermögensstands des Kontos/Depots E für sie nur treuhänderisch verwaltet habe. Zum anderen legte
das FG seiner Würdigung die Feststellungen zu Grunde, dass die Angaben der Klägerin zu den behaupteten
Einzahlungen auf dem Konto/Depot E nach Barabhebungen von ihren Konten im Inland widersprüchlich seien.
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Das FG hat aufgrund dieser festgestellten Tatsachen den Schluss gezogen, dass die Klägerin zwar unstreitig
vermögend sei und E grundsätzlich Mittel aus ihrem Vermögen für die Anlage auf dem Konto/Depot E habe
weiterreichen können. Der Rückschluss auf die Weiterreichung sei aber nicht zwingend, da die Klägerin in den Jahren
1993/1994 auch höhere Aufwendungen für das selbstgenutzte Wohnhaus geleistet habe, sodass ihre Mittel auch
dafür hätten verwendet werden können.
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Diese Würdigung des FG ist möglich. Dass die Klägerin ohne konkrete Auseinandersetzung mit den Ausführungen
des FG eine andere Würdigung des Sachverhalts bevorzugt, ist unerheblich.
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4. Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung nach
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO.