Urteil des BFH vom 11.12.2014

Keine Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 11.12.2014, II R 25/14
Keine Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks
Leitsätze
Wird ein bebautes Erbbaugrundstück, das der Erbbauberechtigte zu Wohnzwecken vermietet,
von Todes wegen erworben, ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des (neuen)
Grundstückseigentümers ein verminderter Wertansatz nach § 13c Abs. 1 ErbStG nicht zu
gewähren.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt als Vermächtnis einen Anteil von 1/12 an
dem Miteigentumsanteil der im Jahr 2010 verstorbenen Erblasserin an einem Grundstück.
2 Das Grundstück war zugunsten einer GbR mit einem Erbbaurecht belastet. Nach dem
Erbbaurechtsvertrag ist nur eine Bebauung zu Wohnzwecken vorgesehen. Die Gebäude
sind nach Ablauf des Erbbaurechts mit dem Verkehrswert zu entschädigen.
3 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte für den Erwerb des
Grundstücksanteils aufgrund des Vermächtnisses gegen den Kläger mit Bescheid vom
15. Juni 2011 Erbschaftsteuer in Höhe von 18.240 EUR fest.
4 Einspruch und Klage, mit denen der Kläger einen verminderten Wertansatz nach § 13c des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der ab 2009 geltenden Fassung
(ErbStG) begehrte, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, das mit
einem Erbbaurecht belastete Grundstück sei kein bebautes Grundstück i.S. des § 13c
ErbStG. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1016
veröffentlicht.
5 Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG und von
Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
6 Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid
vom 15. Juni 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2013 dahin zu
ändern, dass der erworbene Grundstücksanteil mit dem verminderten Grundstückswert
nach § 13c Abs. 1 ErbStG angesetzt wird.
7 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
8 II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der aufgrund
des Vermächtnisses (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. des Bürgerlichen
Gesetzbuchs --BGB--) erworbene Anteil an dem Erbbaugrundstück nicht mit einem
verminderten Wert nach § 13c Abs. 1 ErbStG anzusetzen ist.
9 1. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs sind nach § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG
bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile mit 90 % ihres Werts anzusetzen, wenn sie 1.
zu Wohnzwecken vermietet werden, 2. im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen
Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind und 3. nicht
zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der
Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13a ErbStG gehören.
10 2. Die Steuerbegünstigung setzt nach § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG voraus, dass sich der
Erwerb auf ein bebautes Grundstück bezieht, das zu Wohnzwecken vermietet wird. Diese
Voraussetzungen sind beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks nicht erfüllt.
11 a) Ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück ist trotz tatsächlich vorhandener Bebauung
kein bebautes Grundstück i.S. des § 13c Abs. 3 ErbStG. Die Steuerbegünstigung nach
§ 13c ErbStG erfasst nicht solche Grundstücke, deren Bebauung zivilrechtlich nicht dem
Grundstückseigentümer, sondern einem Dritten zuzurechnen ist.
12 Die auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Gebäude sind zivilrechtlich Bestandteil des
Erbbaurechts (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2011 V ZR 244/10,
Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2012, 651, unter
II.1.b). Sie gehören nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu den Bestandteilen des
Grundstücks, mit der Folge, dass der Eigentümer des Erbbaugrundstücks nicht zugleich
Eigentümer der vorhandenen Bebauung ist. Eigentümer der Gebäude ist vielmehr der
Erbbauberechtigte; diesem ist die tatsächliche Bebauung auch rechtlich zuzurechnen.
13 b) Das Erbbaugrundstück wird auch nicht durch den Grundstückseigentümer (Erblasser)
zu Wohnzwecken vermietet.
14 Der Grundstückseigentümer hat mit dem Erbbauberechtigten keinen Mietvertrag nach
§ 535 BGB, sondern einen Erbbaurechtsvertrag i.S. der §§ 1 ff. des Erbbaurechtsgesetzes
(ErbbauRG) geschlossen. Der Erbbaurechtsvertrag ist darauf gerichtet, das Grundstück in
der Weise zu belasten, dass dem Erbbauberechtigten das veräußerliche und vererbliche
Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (vgl.
§ 1 Abs. 1 ErbbauRG). Zum Inhalt des Erbbaurechts gehören auch die in § 2 ErbbauRG
genannten Vereinbarungen. Zwischen dem Grundstückseigentümer und dem
Erbbauberechtigten wird jedoch keine entgeltliche Nutzungsüberlassung des
Grundstücks zu Wohnzwecken vereinbart.
15 Die Vermietung des Erbbaugrundstücks durch den Erbbauberechtigten ist dem
Grundstückseigentümer nicht zuzurechnen. Das gilt auch, wenn das vereinbarte
Erbbaurecht nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG nur eine Bebauung zu Wohnzwecken vorsieht.
16 c) Wird ein tatsächlich bebautes Erbbaugrundstück, das der Erbbauberechtigte zu
Wohnzwecken vermietet, von Todes wegen erworben, ist bei der Ermittlung des
steuerpflichtigen Erwerbs des (neuen) Grundstückseigentümers somit ein verminderter
Wertansatz nach § 13c Abs. 1 ErbStG nicht zu gewähren (vgl. Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13c Rz 7; Ramb, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und
Wirtschaftsrecht 2009, 2352, 2358; Billig, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2014,
208, unter Tz II.1.).
17 3. Die Versagung des verminderten Wertansatzes nach § 13c Abs. 1 ErbStG für ein
Erbbaugrundstück verstößt nicht deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des
Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein unbelastetes Grundstück, das der Grundstückseigentümer zu
Wohnzwecken vermietet, als begünstigtes Grundstück i.S. von § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG
einzustufen ist.
18 Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich
zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (Urteil
des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 1 BvL 21/12, Deutsches
Steuerrecht 2015, 31, Rz 121, m.w.N.). Die unterschiedliche Behandlung eines
Erbbaugrundstücks und eines unbelasteten Grundstücks im Rahmen des § 13c Abs. 3
Nr. 1 ErbStG beruht darauf, dass der Eigentümer des Erbbaugrundstücks weder
Eigentümer der auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Gebäude ist noch das
Grundstück in eigener Person zu Wohnzwecken vermietet, während der Eigentümer des
unbelasteten Grundstücks auch Eigentümer der Gebäude ist und die Vermietung selbst
vornimmt. Dies sind hinreichende Differenzierungsgründe. Im Übrigen wäre auch beim
Erwerb eines unbelasteten Grundstücks, das der Eigentümer einem Dritten unentgeltlich
zur Nutzung überlassen hat und das vom Dritten zu Wohnzwecken vermietet wird, eine
Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG ausgeschlossen.