Urteil des BFH vom 27.11.2013

vGA: Hinterbliebenenversorgung für den neuen Lebenspartner als nicht erdienbare Neuzusage

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 27.11.2013, I R 17/13
vGA: Hinterbliebenenversorgung für den neuen Lebenspartner als nicht erdienbare Neuzusage
Tatbestand
1 I. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin), einer im Jahre 1986 errichteten GmbH, war der im April 1943 geborene X. Der
zum 1. Januar 1994 neu gefasste Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 26. November
1986 war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; die Kündigungsfrist betrug für beide
Vertragsparteien sechs Monate zum Ende des Kalenderjahres.
2 Am 1. Dezember 1989 erteilte die Klägerin ihrem Geschäftsführer eine Pensionszusage.
Danach sollte X bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Klägerin nach seinem
vollendeten 65. Lebensjahr eine monatliche Pension in Höhe von 4.500 DM erhalten. Bei
einem Ausscheiden in den Ruhestand nach Vollendung des 60. Lebensjahres sollte er die
betriebliche Altersrente bereits von diesem Zeitpunkt an --in gekürzter Höhe-- verlangen
können. Bestandteil der Zusage war eine Hinterbliebenenversorgung für die damalige
Ehefrau des X, die im Januar 1946 geborene Y, über eine monatliche Pension von
3.600 DM, zahlbar längstens bis zu einer Wiederverheiratung. Die Zusage auf
Hinterbliebenenrente sollte im Fall einer rechtskräftigen Scheidung der Ehe erlöschen.
3 Y verstarb im November 1997. In der Folgezeit begründete X mit der im März 1951
geborenen Z eine Lebensgemeinschaft. Am 23. Juni 1999 erklärte die Klägerin in einer
"Ergänzung zur Pensionszusage", der Vertrag vom 1. Dezember 1989 werde insoweit
"geändert", als nunmehr eine Hinterbliebenenrente zugunsten von Z zugesagt werde.
Inhaltlich und betraglich entsprach diese Zusage derjenigen, die zuvor zugunsten von Y
gegolten hatte. X und Z schlossen am 16. Juni 2000 die Ehe.
4 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte die Zuführungen
zu der von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellung im Hinblick auf die
Hinterbliebenenversorgung für Z als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), da diese
Anwartschaft von X zum Zeitpunkt der Zusage nicht mehr habe erdient werden können.
Ohnehin sei fraglich, ob eine Versorgungszusage gegenüber nichtehelichen
Lebensgefährten steuerlich anzuerkennen sei. Die als vGA hinzuzurechnenden Beträge
bezifferte das FA für die Streitjahre 2003 bis 2005 mit 4.603 EUR (2003), 4.870 EUR (2004)
bzw. 4.340 EUR (2005).
5 Die Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide war lediglich hinsichtlich einer
rechnerischen Differenz bei der Berechnung des Teilwerts der Pensionsrückstellung für
2005 erfolgreich; die vGA wurde vom Finanzgericht (FG) insoweit mit 2.558 EUR ermittelt.
Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, und zwar bezogen auf die Bescheide über
Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2003 und 2004 sowie verbleibenden
Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den
31. Dezember 2005 als unzulässig und bezogen auf die Bescheide über
Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2005 sowie verbleibenden
Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den
31. Dezember 2003 und 31. Dezember 2004 als überwiegend unbegründet (FG Berlin-
Brandenburg vom 30. Januar 2013 12 K 12227/10, abgedruckt in Entscheidungen der
Finanzgerichte 2013, 949).
6 Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das FG-
Urteil und die angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben.
7 Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
8 II. Die Revision ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie in der Sache
unbegründet.
9 1. Im Hinblick auf die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag
2003 und 2004 sowie verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und
vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2005 hat das FG die Klage als
unzulässig angesehen. Da die Klägerin sich hiermit in ihrer Revisionsbegründung nicht
befasst hat, ist ihr Rechtsmittel im Hinblick auf jene Bescheide mangels Begründung
unzulässig (§ 120 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
10 2. Im Hinblick auf die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag
2005 sowie verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und vortragsfähigen
Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2003 und 31. Dezember 2004 ist die Revision
zulässig aber unbegründet.
11 a) Eine dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH erteilte
Pensionszusage kann nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats u.a. nur dann
steuerlich anerkannt werden, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem
vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre liegen
(vgl. hierzu z.B. Senatsurteile vom 15. März 2000 I R 40/99, BFHE 191, 330, BStBl II
2000, 504; vom 18. August 1999 I R 10/99, BFH/NV 2000, 225, 226; vom 30. Januar 2002
I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055; vom 18. März 2009 I R 63/08, BFH/NV 2009, 1841,
jeweils m.w.N.). Andernfalls handelt es sich bei den Zuführungen zur
Pensionsrückstellung regelmäßig um eine vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des
Körperschaftsteuergesetzes). An diesem Grundsatz hält der Senat nach wie vor fest und
ihn will auch die Klägerin prinzipiell nicht in Frage stellen.
12 b) Den Anforderungen an die Erdienbarkeit wird im Streitfall nicht genügt, wenn man
isoliert auf die am 23. Juni 1999 erteilte Zusage einer Hinterbliebenenanwartschaft
zugunsten von Z als insoweit erstmalige Zusage abstellt. Denn X als der alleinige
Gesellschafter der Klägerin und damit als Hauptbegünstigter der erteilten
Pensionszusage wäre von da an gerechnet bis zum vorgesehenen Eintritt des
Versorgungsfalls mit vollendetem 65. Lebensjahr und --im Zusammenhang damit-- der
regulären Laufzeit des Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht mehr für einen Zeitraum
von mindestens zehn Jahren, sondern nur noch für einen Zeitraum von acht Jahren und
zehn Monaten im Unternehmen der Klägerin tätig gewesen. Anders könnte es sich nur
verhalten, wenn sich die nunmehrige Hinterbliebenenversorgung lediglich als einen
"Austausch", eine "Wiederherstellung" oder eine "Ergänzung" derjenigen
Hinterbliebenenversorgung ansehen ließe, welche ursprünglich --am 1. Dezember 1989--
für die verstorbene Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers zugesagt worden war.
13 Der Senat erachtet Letzteres mit dem FG indessen nicht für möglich. Denn mit dem Tod
von Y war die Witwenversorgung nach den Zusagebedingungen endgültig entfallen. Die -
-abermalige-- Ausdehnung der versprochenen Versorgungsanwartschaft zugunsten der
rund fünf Jahre jüngeren Z stellt sich deshalb als ein neues und die Klägerin erstmals
belastendes Versorgungsversprechen dar, das als solches und aus Sicht des
Zusagezeitpunkts nach den beschriebenen Maßstäben von X nicht mehr hätte erdient
werden können (s. bezogen auf eine Witwenversorgung auch Senatsurteil in BFH/NV
2009, 1841). Für einen betrieblichen Grund, den Erdienenszeitraum ausnahmsweise zu
verkürzen, geben die tatrichterlichen Feststellungen nichts her. Insbesondere lässt sich
der Zeitraum zwischen dem Tod der zunächst begünstigten Ehefrau des Gesellschafter-
Geschäftsführers einerseits und der Begünstigung seiner späteren Lebensgefährtin und --
seit der Eheschließung im Jahre 2000-- Ehefrau andererseits aus steuerrechtlicher Sicht
nicht als bloßer unbeachtlicher "Unterbrechenszeitraum" qualifizieren (s. dazu --jedoch
bei anderweitig gelagertem Sachverhalt-- Senatsurteil in BFH/NV 2002, 1055).
Ausschlaggebend ist allein die Frage, ob der Hinterbliebenenversorgung von Z nach den
einschlägigen Maßstäben eine betriebliche Motivation zugrunde liegt, und das ist hier mit
dem FA und dem FG zu verneinen.