Urteil des BFH vom 27.03.2013

Stillhalteprämie und Zinsen als Veräußerungskosten - Einkunftserzielungsabsicht und Halbabzugsverbot

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 27.3.2013, I R 14/12
Stillhalteprämie und Zinsen als Veräußerungskosten - Einkunftserzielungsabsicht und
Halbabzugsverbot
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war neben weiteren Personen Kommanditist
der X-KG und zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Zur Durchführung des
Börsengangs wurden eine EU-Kapitalgesellschaft (im Folgenden auch: AG) mit
Zweigniederlassung und Geschäftsleitung im Inland gegründet und die
Mitunternehmeranteile der Kommanditisten (betreffend die X-KG) nach § 20 des
Umwandlungssteuergesetzes 2002 (UmwStG 2002) zum 31. Dezember 2005 zu
Buchwerten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in jeweils eine GmbH
eingebracht. Für den Kläger war dies die Y-GmbH. Mit Wirkung zum nämlichen Stichtag
brachten die vormaligen Kommanditisten ihre GmbH-Anteile wiederum zu Buchwerten
und gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die AG ein.
2 Bereits am 18. Oktober 2005 hatten die Gesellschafter der X-KG beschlossen, deren
Eigenkapital um 10 Mio EUR zu erhöhen. Nach Empfehlung der den Börsengang
begleitenden Banken sollten die Gesellschafter jeweils persönlich Darlehen bei der D-
Bank aufnehmen und die Mittel als handelsrechtliches Eigenkapital in die X-KG einlegen.
Diese sog. Brückenkredite waren nach der (teilweisen) Veräußerung der Anteile an der
AG zurückzuzahlen (Abschn. 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags). Der Kläger nahm gemäß
dem Vertrag vom 7. Dezember 2005 ein Darlehen in Höhe von 3 Mio EUR auf.
3 Ebenfalls am 7. Dezember 2005 verpflichteten sich sämtliche Kommanditisten zum einen
dazu, an die D-Bank neben den vereinbarten Zinsen und Gebühren eine Strafgebühr
(drop dead fee) in Höhe von 3 % der Darlehenssumme zu entrichten, falls es aus einem
von ihnen zu vertretenden Grund nicht zu einem Börsengang komme. Zum anderen
erklärten sie, bis zu 50 % ihrer Beteiligungen an der AG zum Verkauf im Rahmen des
Börsengangs anzubieten und die Entnahmen aus der X-KG zu begrenzen.
4 Im Anschluss an die vorgenannten Umstrukturierungen erklärten die am Börsengang
beteiligten Banken (u.a. D-Bank), es sei für eine erfolgreiche Platzierung der Anteile
unabdingbar, dass Z, einer der Altgesellschafter der X-KG, während einer Sperrfrist (Lock-
up-Periode) von 18 Monaten keine Anteile an der AG veräußere, da Z als Mitbegründer
und Geschäftsführer der X-KG sowie aufgrund seiner "dominanten und kulturbildenden
Rolle" für die Investitionsentscheidung der potentiellen Anleger von zentraler Bedeutung
sei und das Vertrauen in die Unternehmenskontinuität nicht gefährdet werden dürfe.
5 Daraufhin ging Z gegenüber den vorgenannten Kreditinstituten mit weiterem Vertrag vom
20. April 2006 die Verpflichtung zur Wahrung einer 18-monatigen Sperrfrist ein. Die
übrigen Altgesellschafter hatten mit Rücksicht auf die ihnen nach dem Börsengang
verbleibenden Anteile eine Sperrfrist von sechs Monaten zu beachten. Bereits zuvor
hatten sie sich mit Vertrag vom 18. April 2006 gegenüber Z zur Zahlung von insgesamt
1 Mio EUR verpflichtet; auf den Kläger entfielen hiervon 263.200 EUR. Hintergrund dieser
Vereinbarung (über die Leistung einer Stillhalteprämie) war, dass Z --ohne eine
Kompensationsleistung-- aus dem "zum Zwecke des Werterhalts des Unternehmens"
eingegangenen Verkaufsverzicht u.a. deshalb einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten
hätte, weil er auch ohne Liquiditätszuflüsse aus Anteilsverkäufen verpflichtet war, das von
der D-Bank eingeräumte Darlehen (betreffend die Verstärkung des Eigenkapitals der X-
KG) zurückzuzahlen. Demgemäß wurde --auch mit Rücksicht auf den wirtschaftlichen
Druck, dem sich die übrigen Altgesellschafter im Fall eines Scheiterns des Börsengangs
ausgesetzt sahen (Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens zuzüglich Zinsen,
Gebühren und drop dead fee)-- vereinbart, Z mittels der Stillhalteprämie so zu stellen, als
hätte er im gleichen Maße wie die anderen Gesellschafter die Möglichkeit besessen,
seine Anteile an der AG im Rahmen des Börsengangs zu veräußern und das
Bankdarlehen zurückzuführen.
6 Am 15. Mai 2006 veräußerte der Kläger im Zuge des Börsengangs … Anteile an der AG.
Der Veräußerungserlös in Höhe von 5 Mio EUR abzüglich der Platzierungsprovision in
Höhe von 100.000 EUR wurde am selben Tage seinem Konto bei der D-Bank
gutgeschrieben. Er wurde zum einen --entsprechend der vertraglichen Verpflichtung des
Klägers-- zur vollständigen Tilgung des von ihm aufgenommenen Darlehens in Höhe von
3 Mio EUR zuzüglich … EUR Zinsen sowie zum anderen dazu verwendet, die
Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber Z (263.200 EUR) zu erfüllen. Weitere
Anteile an der AG hat der Kläger nach seinem unwidersprochenen Vortrag in der
Folgezeit nicht veräußert.
7 Für das Streitjahr (2006) erklärte der Kläger einen nach § 21 UmwStG 2002
steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile an der
AG in Höhe von … EUR. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns hat er sowohl die
an Z erbrachte Stillhalteprämie (263.200 EUR) als auch von den für das Darlehen der D-
Bank geschuldeten Zinsen (insgesamt: 180.000 EUR) den auf den Zeitraum nach
Einbringung der Mitunternehmeranteile an der X-KG entfallenden Betrag (160.000 EUR)
abgezogen. Der Differenzbetrag (20.000 EUR) wurde für den
Feststellungszeitraum/Veranlagungszeitraum 2005 als Sonderbetriebsausgaben im
Zusammenhang mit den Beteiligungseinkünften des Klägers aus der X-KG angesetzt.
8 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Ansicht, dass die
Zahlung an Z nur im Verhältnis der veräußerten zu den dem Kläger insgesamt zugeteilten
Anteilen an der AG (45 %) als Veräußerungskosten berücksichtigt werden könne. Darüber
hinaus handele es sich bei den auf den Zeitraum nach Einbringung der
Mitunternehmeranteile entfallenden Zinszahlungen um Werbungskosten im
Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002); sie seien nach § 3c Abs. 2 EStG 2002 nur
hälftig als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen (80.000 EUR =
½ x 160.000 EUR).
9 Die Klage gegen die hiernach erlassenen Bescheide zur Festsetzung der
Einkommensteuer 2006 sowie zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den
31. Dezember 2006 wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen.
10 Der Kläger beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen
Bescheide dahin abzuändern, dass sowohl die Stillhalteprämie (263.200 EUR) als auch
die auf die Zeit ab 1. Januar 2006 entfallenden Schuldzinsen (160.000 EUR) in vollem
Umfang berücksichtigt werden.
11 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
12 II. Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und der Klage
überwiegend stattzugeben. Das FG hat zwar zutreffend angenommen, dass der Gewinn
des Klägers aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile an AG nicht dem
sog. Halbeinkünfteverfahren untersteht. Abweichend von der Ansicht der Vorinstanz sind
jedoch zu den --den Veräußerungsgewinn mindernden-- Veräußerungskosten neben der
ungekürzten Stillhalteprämie (263.200 EUR) die vom Kläger getragenen Schuldzinsen in
Höhe von 72.000 EUR zu rechnen.
13 1. Die Beteiligten gehen offenbar davon aus, dass die vom Kläger veräußerten Anteile (im
Folgenden: Aktien) an der AG deshalb als i.S. von § 21 UmwStG 2002
einbringungsgeboren zu qualifizieren sind, weil er die aus der Einbringung seines
Mitunternehmeranteils an der X-KG erlangten und nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2002
mehrheitsvermittelnden Anteile an der Y-GmbH gleichfalls zu Buchwerten in eine EU-
Kapitalgesellschaft i.S. von § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002
eingebracht hat. Letzterem ist im Hinblick darauf zuzustimmen, dass die AG zum Kreis der
EU-Kapitalgesellschaften gehört (vgl. Anlage zu § 23 UmwStG 2002 i.V.m. Art. 3 der
Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem
für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch
von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen). In Anbetracht
dessen kann offenbleiben, ob mit Rücksicht darauf, dass eine … mit statutarischem Sitz in
… (EU-Mitgliedstaat) und Verwaltungssitz im Inland (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften, heute Gerichtshof der Europäischen Union, vom
5. November 2002 C-208/00, "Überseering", Slg. 2002, I-9919) im Inland unbeschränkt
steuerpflichtig ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002; z.B. Senatsurteil
vom 8. September 2010 I R 6/09, BFHE 231, 75, BStBl II 2013, 186, m.w.N.), die
Buchwerteinbringung der GmbH-Anteile nicht vorrangig aus der Grundnorm des § 20
Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UmwStG 2002 abgeleitet werden muss. Dies kann deshalb
dahinstehen, weil ungeachtet der Entscheidung dieser Rechtsfrage der Kläger einen
Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile erzielt hat, der --obgleich
die (einbringungsgeborenen) Aktien nach den den Senat bindenden Feststellungen der
Vorinstanz zu dessen Privatvermögen gehört haben-- gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG
2002 als Veräußerungsgewinn i.S. von § 16 EStG 2002 und damit als gewerblicher
Gewinn zu erfassen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. September 1991
XI R 15/90, BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404; Schmitt/Hörtnagl/Stratz,
Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rz 89, 123,
m.w.N.). Der Veräußerungserlös ist aufgrund der Sonderregelung des § 3 Nr. 40 Buchst. b
Satz 3 EStG 2002 nicht zur Hälfte steuerbefreit und die Geltung des sog.
Halbeinkünfteverfahrens ist auch nicht durch die Gegenausnahmen in Satz 4 der
Vorschrift eröffnet.
14 2. Die an Z geleistete Stillhalteprämie gehört nicht zu den Anschaffungskosten der
einbringungsgeborenen Anteile des Klägers nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002. Sie
wurde zum einen erst im März/April 2006 vereinbart und kann daher nicht mehr zu den
Folgekosten des mit der Einbringung der Anteile an der Y-GmbH zum 31. Dezember 2005
in das Vermögen der AG abgeschlossenen Erwerbsvorgangs gerechnet werden (§ 255
Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs; Gosch in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 17 Rz 91,
m.w.N.); zum anderen war mit der Prämie auch keine Einlage in das Vermögen der AG
verbunden (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. März 2000 I R 22/99, BFHE 192, 56, BStBl II
2000, 508). Gleichwohl mindert die Stillhalteprämie den vom Kläger erzielten
Veräußerungsgewinn; sie gehört nicht nur anteilig, sondern in voller Höhe zu den
gewinnmindernd zu berücksichtigenden Veräußerungskosten (§ 21 Abs. 1 Satz 1
UmwStG 2002). Da sich hierdurch der Veräußerungsgewinn des Klägers mindert, steht
auch die Abzugsbegrenzung des § 3c Abs. 2 Satz 4 EStG 2002 dem ungekürzten Ansatz
der Veräußerungskosten nicht entgegen (Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3c
EStG Rz 71).
15 a) Der Begriff der Veräußerungskosten erfasst nach der Rechtsprechung zu § 16 Abs. 2
Satz 1 EStG 2002 (heute: § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG 2009) nicht nur die Aufwendungen, die
in einer unmittelbaren sachlichen Beziehung zum Veräußerungsgeschäft stehen (vgl.
BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 VIII R 43/90, BFH/NV 1993, 520), sondern nach dem
Grundsatzurteil des BFH vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97 (BFHE 191, 111, BStBl II
2000, 458) --weiter gehend-- sämtliche Aufwendungen, die nach dem
Veranlassungsprinzip der Veräußerung zuzurechnen sind (vgl. Schmidt/Wacker, EStG,
32. Aufl., § 16 Rz 300 ff.). Diese nunmehr ständige Rechtsprechung gilt gleichermaßen für
die Bestimmung der Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG (BFH-Urteil
vom 2. April 2008 IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658; ebenso nunmehr R 17 Abs. 6 der
Einkommensteuer-Richtlinien 2008/2011; zu § 23 EStG 1997 s. BFH-Urteil vom
6. Dezember 2005 VIII R 34/04, BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265). Ebenso ist
demgemäß für § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 zu entscheiden (Schmitt/Hörtnagl/Stratz,
a.a.O., § 21 UmwStG Rz 105; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 21 UmwStG (vor SEStEG) Rz 73).
16 b) Das Veranlassungsprinzip beruht auf der Erwägung, dass Aufwendungen durch
verschiedene Umstände (kausal) verursacht sein können, das Einkommensteuer- und
Körperschaftsteuerrecht jedoch nicht selten darauf angelegt sind, den Aufwand nur einem
dieser Bezugspunkte tatbestandlich zuzuordnen (eingehend Wacker, Deutsches
Steuerrecht 1999, 1081). Dies betrifft nicht nur die Abgrenzung von privatem und
betrieblichem Aufwand (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE
161, 290, BStBl II 1990, 817), sondern auch die vorliegend streitige Frage nach dem
Umfang der dem Kläger entstandenen Veräußerungskosten i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1
UmwStG 2002. Demgemäß bedarf es auch im anhängigen Verfahren der wertenden
Entscheidung darüber, ob der angefallene Aufwand vorrangig durch das Halten der
einbringungsgeborenen Anteile ausgelöst wurde oder ob der Aufwand in einem vorrangig
steuerrechtlichen Zurechnungszusammenhang zum Veräußerungsvorgang steht (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 191, 111, BStBl II 2000, 458).
17 c) Von Letzterem ist im Streitfall im Hinblick auf die vom Kläger an Z geleistete
Stillhalteprämie auszugehen. Zwar diente diese dazu, Z für einen Zeitraum von
18 Monaten an das umstrukturierte Unternehmen in einem seiner bisherigen Stellung
entsprechenden Umfang (Beteiligung; Geschäftsführung) zu binden und damit die
Börsenfähigkeit der AG sicherzustellen. Gleichwohl war für den Kläger das auslösende
Moment seiner Leistungsverpflichtung darin zu sehen, dass er seine Anteile an der AG in
dem geplanten Umfang sowie zu dem von den Banken aus dem Unternehmenswert
abgeleiteten Preis veräußern wollte und er deshalb bereit war, Z mit Rücksicht auf die von
diesem zu beachtende Veräußerungssperrfrist zu entschädigen, d.h. so zu stellen, als
hätte dieser seine Aktien in dem gleichen Maße (d.h. zu ca. 50 %) wie seine
Mitgesellschafter (Altaktionäre) durch "Umplatzierung" im Rahmen des Börsengangs
verwertet (…). Da die Stillhalteprämie zudem vier Tage nach der Erstnotierung und damit
aus dem vom Kläger erzielten Veräußerungspreis zu zahlen war, muss sie --aus der
maßgeblichen Perspektive des Klägers als Veräußerer der einbringungsgeborenen
Anteile (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002)-- als Teilhabe des Z an dem
Veräußerungsergebnis des Klägers gewertet und dessen Veräußerungskosten
zugerechnet werden (vgl. zu Abfindungen auch BFH-Urteil vom 5. Oktober 1976
VIII R 38/72, BFHE 120, 471, BStBl II 1977, 198).
18 Entgegen der Auffassung des FG kann es hiernach auch nicht in Betracht kommen, die
Prämienbelastung anteilig (55 %) den vom Kläger zurückbehaltenen Aktien zuzuordnen
und insoweit von den nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 zu berücksichtigenden
Veräußerungskosten auszunehmen. Die Begründung der Vorinstanz, die für Z vereinbarte
Veräußerungssperrfrist habe in einem kausalem Zusammenhang zu sämtlichen dem
Kläger zugeteilten Aktien sowie zur Durchführung des Börsengangs gestanden, ist zwar
für sich genommen zutreffend. Sie lässt jedoch außer Acht, dass der
Veranlassungszusammenhang nicht durch die (naturwissenschaftliche) Kausalität,
sondern durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen
gekennzeichnet und hiernach die Stillhalteprämie unter Berücksichtigung ihres
wirtschaftlichen Gehalts insgesamt dem Bereich der Veräußerungskosten zugewiesen ist.
Nichts anderes ergibt sich aus der Erwägung des FG, dass der Kläger selbst nur eine
Sperrfrist von sechs Monaten habe beachten müssen und ihm die weiter gehende
Bindung des Z (18 Monate) Gelegenheit gegeben habe, auch nach Abschluss des
Börsengangs die zunächst zurückbehaltenen Aktien zu veräußern. Denn auch solche
Veräußerungen hätten den Veranlassungszusammenhang zwischen der Prämienleistung
und der Aktienverwertung nicht aufgehoben, sondern lediglich die Frage aufgeworfen, ob
die Prämienzahlung nur den im Rahmen des Börsengangs oder allen vom Kläger
innerhalb der 18-monatigen Sperrfrist des Z verwerteten Aktien als Veräußerungskosten
zuzuordnen sind (zur sog. Attraktivkraft des Veräußerungsvorgangs vgl. --zu § 16 EStG--
Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 I R 97/92, BFHE 173, 47, BStBl II 1994, 287;
Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 300, m.w.N.; zu § 17 s. Patt in Dötsch/Patt/ Pung/Jost,
Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl., 2003, § 21 UmwStG Rz 74).
19 3. Bezogen auf die Schuldzinsen schließt sich der Senat nicht der Einschätzung der
Vorinstanz an, die vom Kläger getragenen und das Streitjahr (2006) betreffenden
Schuldzinsen seien insgesamt den Werbungskosten bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen zuzuordnen und deshalb nach § 3c Abs. 2 EStG 2002 nur zur Hälfte
zum Abzug zuzulassen. Vielmehr gehört der Kreditaufwand, soweit er auf die veräußerten
Aktien entfällt, zu den Veräußerungskosten i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002.
20 a) Zuzustimmen ist dem FG allerdings darin, dass über die Frage, ob der zur Stärkung des
handelsrechtlichen Eigenkapitals der AG aufgenommene Kredit (Vertrag vom
7. Dezember 2005) nach der Einbringung des Mitunternehmeranteils in die Y-GmbH
sowie der GmbH-Anteile in die AG (zum 31. Dezember 2005) als negatives
Sonderbetriebsvermögen (Restbetriebsvermögen) des Klägers bei der X-KG
zurückgeblieben ist und deshalb die von ihm getragenen Zinsaufwendungen als
nachträgliche gewerbliche Einkünfte zu berücksichtigen wären, nicht in dem für die
Gesellschafter der (fortbestehenden) X-KG durchzuführenden Feststellungsverfahren,
sondern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers zu entscheiden ist.
Der Vorrang des Feststellungsverfahrens sowie die Bindungswirkung eines
Feststellungsbescheids (§ 179 Abs. 1, § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--)
unterliegen dem Gesetzesvorbehalt (BFH-Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE
209, 399, BStBl II 2005, 679). Demgemäß ist eine Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. a AO nur für den Steuerpflichtigen durchzuführen, der bezogen auf den
jeweiligen Feststellungszeitraum zusammen mit anderen Personen an den (einheitlich
und gesondert festzustellenden) Einkünften beteiligt ist, d.h. zusammen mit diesen die in
Frage stehenden Einkünfte gemeinschaftlich erzielt. Hieran fehlt es aber regelmäßig,
wenn der Steuerpflichtige --wie vorliegend der Kläger durch die Einbringung seines
Mitunternehmeranteils in die Y-GmbH zum 31. Dezember 2005-- aus der
Personengesellschaft ausscheidet. Folge eines solchen Ausscheidens ist, dass ab dem
sich anschließenden Feststellungszeitraum (hier: Wirtschaftsjahr 2006) die vom
Ausgeschiedenen erzielten --positiven oder negativen-- nachträglichen gewerblichen
Einkünfte nicht mehr Gegenstand eines Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a AO sein können (BFH-Urteile vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198,
BStBl II 2002, 532; vom 22. Januar 2003 X R 60/99, BFH/NV 2003, 900).
21 b) Zutreffend hat das FG ferner angenommen, dass der von der D-Bank aufgenommene
Kredit nicht Restbetriebsvermögen (negatives Sonderbetriebsvermögen) des Klägers
geblieben ist, sondern aufgrund der Einbringung seines Mitunternehmeranteils in die Y-
GmbH zunächst den nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 erlangten GmbH-Anteilen
sowie nach Einbringung dieser Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2002 in
die AG den hieraus erlangten und im Privatvermögen des Klägers gehaltenen Aktien
zuzuordnen war. Demgemäß können auch die ab 1. Januar 2006 angefallenen
Schuldzinsen nicht mehr als (nachträgliche) Betriebsausgaben des Klägers im
Zusammenhang mit seiner vormaligen Beteiligung an der X-KG angesetzt werden.
22 aa) Allerdings besteht in der Rechtsprechung des BFH kein Einvernehmen darüber, ob
bei Einbringung von betrieblichen Einheiten (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) in
eine Kapitalgesellschaft gemäß § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UmwStG 2002 die vom
Einbringenden in seinem Eigenvermögen zurückbehaltenen Betriebsverbindlichkeiten
allein aufgrund der Surrogation des Finanzierungsgegenstands nunmehr in einem
Zurechnungszusammenhang mit den für die Sacheinlage gewährten Anteilsrechten
stehen. Während diese Auffassung vom XI. Senat in seinem Urteil in BFHE 166, 425,
BStBl II 1992, 404 vertreten worden ist, hat der VIII. Senat mit Urteil vom 7. Juli 1998
VIII R 5/96 (BFHE 186, 526, BStBl II 1999, 209) zusätzlich auf die Anforderungen
abgestellt, die in sonstigen Fällen einer Betriebsveräußerung --z.B. gegen ein Barentgelt--
gegeben sein müssen, um das Vorliegen von Restbetriebsvermögen auszuschließen.
Hiernach behalten die zurückbehaltenen Schulden aber ihren betrieblichen Charakter,
wenn der Veräußerungserlös aus der Betriebsveräußerung zu deren Tilgung nicht
ausreicht oder wenn der Schuldentilgung Hindernisse entgegengestanden haben oder
sie --etwa wegen eines zugesagten Erlasses-- aus sonstigen Gründen nicht veranlasst
war (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 900; vom 28. März 2007 X R 15/04, BFHE
217, 507, BStBl II 2007, 642). Der VIII. Senat hat deshalb in seinem Urteil in BFHE 186,
526, BStBl II 1999, 209 diese Anforderungen auch für den von ihm entschiedenen Fall der
Einbringung nach § 20 UmwStG geprüft und ausgeführt, dass zwar Anhaltspunkte für die
beiden zuletzt genannten Tatbestandsgruppen (Tilgungshindernisse; kein
Tilgungserfordernis) nicht ersichtlich seien, jedoch --mangels stiller Reserven des
eingebrachten Betriebs-- nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Wert der GmbH-
Anteile zur Ablösung des zurückbehaltenen Darlehens nicht ausgereicht habe und dieses
deshalb zu 75 % Restbetriebsvermögen geblieben sei.
23 bb) Der erkennende Senat folgt im Ausgangspunkt der Ansicht des XI. Senats (BFH-Urteil
in BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404). Hierfür spricht vor allem, dass --wie vom BFH in
ständiger Rechtsprechung vertreten (grundlegend BFH-Beschluss in BFHE 161, 290,
BStBl II 1990, 817, 824, m.w.N.)-- die ertragsteuerrechtliche Qualifikation einer
Darlehensschuld keiner Willkürung des Steuerpflichtigen zugänglich ist
(Willkürungsverbot), sondern vielmehr ausschließlich nach der konkreten Verwendung
der Darlehensmittel zu bestimmen ist. Demgemäß ist es folgerichtig, dass der durch die
Verwendung der Darlehensvaluta begründete Zurechnungszusammenhang sich --
entsprechend dem Gedanken der Surrogation-- an dem Wirtschaftsgut fortsetzt, das ohne
Rückzahlung des Darlehens an die Stelle des zunächst finanzierten Gegenstands
getreten ist (vgl. hierzu mit Beispielen z.B. BFH-Urteile in BFHE 166, 425, BStBl II 1992,
404; vom 27. März 2007 VIII R 28/04, BFHE 217, 460, BStBl II 2007, 699).
24 aaa) Dies legt es nahe, bei Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach
§ 20 Abs. 1 UmwStG 2002 die vom Einbringenden zurückbehaltenen Betriebsschulden
unabhängig davon den aus der Einbringung erlangten Kapitalgesellschaftsanteilen
zuzuordnen, ob der Darlehensrückzahlung --z.B. aufgrund eines fest vereinbarten
Fälligkeitstermins-- Tilgungshindernisse entgegenstehen oder ob die Rückzahlung --im
Sinne der vorgenannten Rechtsprechung-- aus sonstigen Gründen nicht veranlasst war.
Im Streitfall ist hierauf indes nicht weiter einzugehen. Denn das Darlehen der D-Bank
wurde vom Kläger mit Vertrag vom 7. Dezember 2005 und damit zu einem Zeitpunkt
aufgenommen, zu dem die Umstrukturierung (Einbringung) bereits zwischen den
Gesellschaftern vereinbart worden war. Darüber hinaus stand auch fest, dass das
Darlehen erst aufgrund der Veräußerung der erhaltenen einbringungsgeborenen Aktien
(betreffend die AG) zurückgeführt werden sollte (vgl. Abschn. 5 Abs. 5 des
Darlehensvertrags). Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen begründet die vom Kläger
vereinbarte Fälligkeitsregelung kein Tilgungshindernis im Sinne der vorbezeichneten
Rechtsprechung und rechtfertigt --entgegen dem offenkundigen wirtschaftlichen
Zusammenhang mit den gewährten einbringungsgeborenen Aktien-- auch keine
fortdauernde Zuordnung der Darlehnsschuld zum Restbetriebsvermögen. Letzteres wäre
insbesondere mit dem Verbot der steuerlichen Willkürung von Kreditschulden nicht
vereinbar. Aus den nämlichen Gründen können auch die weiteren vom Kläger in der
Revisionsbegründung vorgetragenen Umstände (Verpfändung der Aktien an die D-Bank,
Strafgebühr bei vorzeitiger Veräußerung) nicht die Annahme tragen, es habe im Sinne der
Rechtsprechung an einem Anlass für die Darlehenstilgung gefehlt.
25 bbb) Der VIII. Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 186, 526, BStBl II 1999, 209
entschieden, dass die im Zuge der Einbringung zurückbehaltenen Schulden in dem
Umfang ihre bisherige betriebliche Qualifikation behalten, in dem sie aus einer
unterstellten Versilberung der einbringungsgeborenen Anteile nicht hätten getilgt werden
können. Für die Annahme einer solchen Bewertungsdifferenz bestehen im Streitfall keine
greifbaren Anhaltspunkte. Soweit der Kläger geltend macht, an dem Wert der Aktien
bestünden deshalb "Zweifel", weil nach der Einbringung weitere Maßnahmen erforderlich
gewesen seien, um den angestrebten Börsenpreis zu erzielen, ist der Vortrag nicht nur im
Hinblick auf den tatsächlichen Wert der Aktien im Einbringungszeitpunkt sowie das
hieraus abzuleitende Schuldendeckungspotential unsubstantiiert. Er lässt vor allem außer
Acht, dass die vormaligen Kommanditisten "zum Zwecke des Werterhalts des
Unternehmens" dem Drängen der beteiligten Banken zum Abschluss von
Stillhaltevereinbarungen nachgegeben haben und dem Kläger hieraus Aufwendungen
(Stillhalteprämie) in Höhe von 263.200 EUR entstanden sind. Angesichts des
Interessengleichklangs der vormaligen Kommanditisten ist zudem davon auszugehen,
dass die Gesellschafter eine solche Vereinbarung --wären sie noch im Jahre 2005 über
die (geänderte) Unternehmensbewertung der Banken unterrichtet worden-- bereits im
Einbringungszeitpunkt (31. Dezember 2005) geschlossen hätten. Daraus ergibt sich
zugleich, dass die vom Kläger geäußerten Zweifel allenfalls einen Wertabschlag in Höhe
der vom Kläger zu tragenden Stillhalteprämie rechtfertigen können. Folge hiervon ist des
Weiteren, dass angesichts des tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinns nicht
nachvollzogen werden kann, weshalb der Wert der erlangten einbringungsgeborenen
Anteile nicht hätte ausreichen sollen, die vom Kläger zurückbehaltenen Schulden aus der
Einlagenfinanzierung zu decken.
26 c) Dem FG ist nicht darin zu folgen, dass die für das Darlehen der D-Bank ab dem
1. Januar 2006 geschuldeten Zinsen (Finanzierungskosten) insgesamt als
Werbungskosten im Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 anzusetzen sind. Vielmehr liegen teilweise
Veräußerungskosten vor.
27 aa) Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der
Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des Tatbestands nach § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG 2002 nicht nur die in dieser Vorschrift genannten Bezüge (Gewinnanteile),
sondern auch steuerbare Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG 2002 einzubeziehen
sind und der Schuldzinsenabzug dann entfällt, wenn die Beteiligung aus persönlichen
Gründen oder Neigungen begründet oder aufrechterhalten wird (BFH-Urteile vom
21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551; vom 20. November 2006
VIII R 45/05, BFH/NV 2007, 793). Für einbringungsgeborene Anteile, deren Veräußerung
nach § 21 UmwStG 2002 ohne Rücksicht auf die Höhe der Beteiligung zu
steuerpflichtigen Einkünften führt, kann nichts anderes gelten. Die
Einkunftserzielungsabsicht des Klägers ist deshalb nicht nur im Hinblick auf sämtliche
aus der Umstrukturierung erlangten Anteile zu bejahen, sondern auch dann, wenn man
die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 auf die
vom Kläger zurückbehaltenen, d.h. im Rahmen des Börsengangs nicht veräußerten,
jedoch weiterhin nach § 21 UmwStG 2002 verstrickten Aktien (55 % der aus der
Einbringung erhaltenen Anteilsrechte) beschränkt.
28 bb) Das FG hat es jedoch unterlassen, der Frage nachzugehen, ob die ab 1. Januar 2006
entstandenen Zinsaufwendungen (insgesamt 160.000 EUR), soweit sie rechnerisch auf
die im Rahmen des Börsengangs veräußerten Anteilsrechte entfallen (72.000 EUR), bei
der Ermittlung des Veräußerungsgewinns in voller Höhe --d.h. ohne die
Abzugsbegrenzung des § 3c Abs. 2 EStG 2002 (vgl. Satz 4 der Vorschrift) und damit
gleich der vom Kläger geleisteten Stillhalteprämie-- als Veräußerungskosten zu
berücksichtigen sind.
29 Allerdings gehören Finanzierungsaufwendungen für Kapitalgesellschaftsanteile in aller
Regel nicht zu den bei Veräußerung der Anteile anzusetzenden Veräußerungskosten
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. September 1998
VIII B 115/97, BFH/NV 1999, 310; Senatsurteil vom 17. April 1996 I R 78/95, BFHE 180,
559, BStBl II 1996, 571; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 17 Rz 84). Gleichwohl ist im Streitfall
mit Rücksicht darauf, dass nach dem Veranlassungsprinzip auch zu entscheiden ist, ob
der angefallene Aufwand vorrangig durch das Halten der einbringungsgeborenen Anteile
ausgelöst wurde oder ob der Aufwand in einem vorrangig steuerrechtlichen
Zurechnungszusammenhang zum Veräußerungsvorgang steht, der Zinsaufwand anteilig
dem erzielten Veräußerungsgewinn zuzuordnen. Der auf die Haltezeit der Anteile
entfallende Zinsaufwand mag zwar nicht allein deshalb den Veräußerungskosten
zugerechnet werden können, weil er mittels des Veräußerungserlöses gezahlt wird. Im
Streitfall kommt jedoch hinzu, dass aus der maßgeblichen Sicht des Klägers der Kredit
zum Zwecke der Eigenkapitalstärkung des Unternehmens aufgenommen wurde und
diese Wertverbesserung wiederum die Höhe des innerhalb eines kurzen Zeitraums
erzielten Börsenpreises entsprechend der Konzeption der Altgesellschafter sowie der
beratenden Banken (planmäßig) bestimmt hat oder jedenfalls bestimmen sollte.
Berücksichtigt man weiterhin, dass sowohl der Kredit als auch die
Zinszahlungsverpflichtung des Klägers mit Zufluss der Börsenerlöse fällig wurde und
zumindest der Kredit aus diesen Erlösen zu tilgen war (vgl. Darlehensvertrag …), so stützt
auch dieser Zusammenhang bei der gebotenen wertenden Betrachtung die Einschätzung
des Senats, den Zinsaufwand --soweit er rechnerisch auf die veräußerten Aktien entfiel
(45 %)-- als Veräußerungskosten zu qualifizieren.
30 Der Senat folgt damit nicht der weiter gehenden Ansicht des Klägers, die gesamten ab
1. Januar 2006 angefallenen Zinsaufwendungen seinem Veräußerungsgewinn
zuzuordnen. Ausschlaggebend für diese --von der Behandlung der Stillhalteprämie
abweichende-- Sicht ist, dass das mittels der Darlehensaufnahme gewonnene Kapital
dem Vermögen der X-KG als (handelsrechtliches) Eigenkapital zugeführt und hierdurch
der Wert sämtlicher Anteilsrechte an der AG --d.h. nicht nur der veräußerten, sondern
auch der vom Kläger gehaltenen Aktien-- erhöht wurde.
31 cc) Hinsichtlich der auf die zurückbehaltenen Aktien (55 %) entfallenden Zinsen (88.000
EUR) verbleibt es deshalb dabei, dass dieser Zinsanteil als Werbungskosten bei den
Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 anzusetzen ist. Gegen diese Beurteilung
lässt sich nicht einwenden, dass sie die zivilrechtlich einheitliche Kreditschuld und die
daran geknüpfte Zinslast unterschiedlichen steuerrechtlichen Tatbeständen zuweist.
Vielmehr ist das Veranlassungsprinzip nach Maßgabe einer wertenden Zuordnung für
eine solche Differenzierung offen. So kann die veranlassungsbezogene Betrachtung
beispielsweise dazu führen, zur Abgrenzung der betrieblichen und privaten
Schuldzinsenanteile eines Kontokorrentkontos den insgesamt angefallenen Zinsaufwand
--trotz der Nämlichkeit des Darlehensverhältnisses-- nach Maßgabe quantitativer
Merkmale aufzuspalten (grundlegend BFH-Beschluss in BFHE 161, 290, BStBl II 1990,
817, 826 ff.). Demgemäß bestehen auch im Streitfall keine Bedenken, den Zinsaufwand
des Klägers veranlassungsgerecht, d.h. anteilig und entsprechend dem rechtlichen und
wirtschaftlichen Gehalt des Gesamtvorgangs, den Veräußerungskosten und im Übrigen
den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuweisen.
32 d) Dieser Zinsanteil (88.000 EUR) darf nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 nur zur Hälfte
bei der Ermittlung der Kapitaleinkünfte des Klägers abgezogen werden. Zwar greift dieses
Abzugsverbot nach der Rechtsprechung des BFH nicht, wenn im Zusammenhang mit der
Einkunftsquelle keinerlei (hälftig steuerfreie) Einnahmen anfallen (dazu BFH-Urteile vom
25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220; vom 6. April 2011
IX R 29/10, BFH/NV 2011, 2025; offen Senatsurteil vom 20. April 2011 I R 97/10, BFHE
233, 508, BStBl II 2011, 815; anders nunmehr --ab Veranlagungszeitraum 2011-- § 3c
Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 8a Satz 3 EStG 2009 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010
vom 8. Dezember 2010, BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394). Im Streitfall ist die
Einkunftserzielungsabsicht des Klägers jedoch auch bezüglich der im Rahmen des
Börsengangs nicht veräußerten Aktien zu bejahen; das hälftige Abzugsverbot des § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 ist deshalb im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut auch in
Veranlagungszeiträumen zu beachten, in denen noch keine Einnahmen zugeflossen sind
(z.B. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2007 VIII R 51/06, juris; Oberfinanzdirektion Rheinland,
Kurzinformation, Der Betrieb 2010, 1560, 1561). Demgemäß kann sich auch erst ab dem
Zeitpunkt, zu dem feststeht, dass der Steuerpflichtige aus den Beteiligungen keine
(teilweise) steuerbefreiten Einkünfte erzielt oder dies jedenfalls mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, die Frage stellen, ob der
zunächst gekürzte Werbungskostenabzug nunmehr rückwirkend gemäß § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 AO zugunsten eines Vollabzugs zu korrigieren ist. Im Einzelnen kann das
dahinstehen, weil vorliegend auch nach dem Sachstand zum Abschluss des
vorinstanzlichen Verfahrens keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Kläger
aus den zurückbehaltenen Aktien keine Dividenden oder im Falle der Veräußerung nur
einen symbolischen Veräußerungserlös erzielen wird. Die auf die zurückbehaltenen
Anteile entfallenden Zinsen sind demnach nur in Höhe von ½ x 88.000 EUR, d.h. in Höhe
von 44.000 EUR, als Werbungskosten zu berücksichtigen.
33 4. Der Klage ist somit im Hinblick darauf, dass die Stillhalteprämie in voller Höhe
(263.200 EUR) sowie die auf den Kredit bei der D-Bank entfallenden Schuldzinsen im
Umfang von 72.000 EUR als Veräußerungskosten abziehbar sind und nur der hiernach
verbleibende Schuldzinsenanteil (88.000 EUR) dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG 2002 unterliegt, überwiegend stattzugeben. Die Berechnung der sich hieraus
für das Streitjahr ergebenden Einkommensteuer sowie des verbleibenden Verlustabzugs
auf den 31. Dezember 2006 wird nach (§ 121 Satz 1 i.V.m.) § 100 Abs. 2 Satz 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.
34 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kosten des
gesamten Verfahrens (erstinstanzliches Verfahren und Revisionsverfahren; vgl.
Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 135 Rz 3) sind zu … % vom FA
sowie zu … % vom Kläger zu tragen.