Urteil des BFH vom 11.03.2015

Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 11.3.2015, I R 10/14
Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1
Satz 1 AStG
Leitsätze
Bei dem Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG handelt es sich um einen Teil
des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene
Betriebsstätte entfällt. Der Gewinn des inländischen Unternehmens ist deswegen um diesen
Betrag nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 zu kürzen.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. November
2013 16 K 2513/12 G aufgehoben.
Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid wird abgeändert.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Festsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe
zu errechnen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2009
alleinige Gesellschafterin einer singapurischen Kapitalgesellschaft, der A-Ltd. Letztere
erzielte im Streitjahr Einkünfte aus sog. passiver Tätigkeit (Zinsen und
Währungsdifferenzen) i.S. von § 10 Abs. 2 (i.V.m. §§ 7 und 8) des Gesetzes über die
Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) --AStG-- in Höhe von
110.567 EUR. Dieser Betrag wurde erklärungsgemäß dem körperschaftsteuerrechtlichen
Einkommen hinzugerechnet. In ihrer Gewerbesteuererklärung kürzte die Klägerin jedoch
diesen Betrag nach § 7 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG
2002). Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--), anders als
in den Vorjahren, nicht. Die Klage gegen den hiernach ergangenen
Gewerbesteuermessbescheid blieb erfolglos (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Düsseldorf
vom 28. November 2013 16 K 2513/12 G, abgedruckt in Entscheidungen der
Finanzgerichte --EFG-- 2014, 304).
2 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt
sinngemäß, das angefochtene FG-Urteil aufzuheben und den Gewerbesteuermessbetrag
2009 dahingehend abzuändern, dass der Messbetrag auf 0 EUR festgesetzt wird.
3 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Revision ist begründet. FA und FG haben die von der Klägerin bei der Ermittlung
des Gewerbesteuermessbetrages beanspruchte Kürzung des Hinzurechnungsbetrages
zu Unrecht abgelehnt. Das FG-Urteil ist deshalb aufzuheben und der angefochtene
Gewerbesteuermessbescheid ist antragsgemäß abzuändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
5 1. Die Klägerin als unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft (vgl. § 1 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes --KStG 2002--) war im Streitjahr an der singapurischen A-Ltd.
als Körperschaft im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes ohne Sitz und
Geschäftsleitung im Inland zu mehr als der Hälfte beteiligt. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1
AStG mit den Einkünften, für die die A-Ltd. Zwischengesellschaft ist, mit dem Teil
steuerpflichtig, der auf die ihr zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der
ausländischen Gesellschaft entfällt. Die A-Ltd. wiederum ist nach den tatrichterlichen und
den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen Zwischengesellschaft in
diesem Sinne, weil sie mit den hier in Rede stehenden Einkünften aus Zinsen und
Währungsdifferenzen Einkünfte erzielt, die einer niedrigen Besteuerung nach § 8 Abs. 3
AStG unterliegen und die sog. passive Einkünfte sind, weil sie nicht aus dem
Einkunftskatalog stammen, welcher in § 8 Abs. 1 AStG aufgelistet ist. Damit ist der
Tatbestand des § 7 Abs. 1 AStG erfüllt und die Klägerin unterfällt der
Hinzurechnungsbesteuerung, die nach ihrem Zweck der Missbrauchsabwehr dient. Das
alles ist unter den Beteiligten einvernehmlich. Der festgestellte Sachverhalt gibt nichts
dafür her, dieses Einvernehmen in Frage zu stellen. Weitere Ausführungen dazu
erübrigen sich daher.
6 2. Nach § 7 Satz 1 GewStG 2002 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des
Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) oder des Körperschaftsteuergesetzes zu
ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für
den dem Erhebungszeitraum (vgl. § 14 GewStG 2002) entsprechenden
Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8
und 9 GewStG 2002 bezeichneten Beträge. Zu den betreffenden Vorschriften des (hier
allein einschlägigen) Körperschaftsteuergesetzes (vgl. § 8 Abs. 1 KStG 2002) gehört auch
die außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung. Denn der Hinzurechnungsbetrag
seinerseits gehört nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG zu den Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG (2002). Gehören Anteile an der ausländischen Gesellschaft zu einem
Betriebsvermögen, so gehört der Hinzurechnungsbetrag zu den Einkünften (u.a.) aus
Gewerbebetrieb, § 10 Abs. 2 Satz 2 AStG. Letzteres ist die Situation des Streitfalls und
auch das steht als solches hier nicht in Streit. Und dass der Hinzurechnungsbetrag aus
Gründen einer spezielleren gesetzlichen Anordnung überhaupt nicht der Gewerbesteuer
unterfallen sollte, lässt sich den Regelungszusammenhängen nicht entnehmen. Die
Anwendungsvorschriften in § 21 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 7 AStG gebieten vielmehr
das Gegenteil (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 I R 4/05, BFHE 212, 226, BStBl
II 2006, 555; R 38 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2008). Auch darüber
streiten die Beteiligten denn auch nicht.
7 3. Kontrovers ist unter den Beteiligten allerdings, ob der Hinzurechnungsbetrag unter jene
Beträge fällt, um welche der Gewinn der Klägerin als Ausgangsgröße nach Maßgabe von
§ 7 Satz 1 i.V.m. § 9 GewStG 2002 zu kürzen ist. Entgegen der Annahme von FA und FG
ist das zu bejahen.
8 a) Einschlägig ist dafür § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002. Danach wird die Summe des
Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags eines
inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt.
So verhält es sich hier. Der Hinzurechnungsbetrag bestimmt sich nach dem quotalen
Anteil der Zwischeneinkünfte und das sind wiederum die Einkünfte der
Zwischengesellschaft, die ihrerseits aus einer ausländischen Betriebsstätte (nach
Maßgabe von § 12 der Abgabenordnung --AO--, vgl. Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 218)
resultieren.
9 Nun handelt es sich, das liegt auf der Hand, bei jener Betriebsstätte um eine solche der
Zwischengesellschaft, hier der A-Ltd., nicht aber der Klägerin. Der Regelungswortlaut des
§ 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 nimmt darauf indessen keine Rücksicht; es genügt, wie
beschrieben, wenn die Einkünfte auf "eine" nicht im Inland belegene Betriebsstätte
entfallen. Doch selbst dann, wenn man die darin angelegte Verallgemeinerung
vernachlässigt und grundsätzlich einfordert, dass es sich um eine Betriebsstätte des
gewerbesteuerpflichtigen inländischen Unternehmens --hier also der Klägerin-- handeln
muss, liegt jedenfalls unter den hier zu beurteilenden Gegebenheiten der Tatbestand der
Vorschrift vor: Zwar verändert die Hinzurechnungsbesteuerung (anders als die allgemeine
Missbrauchsverhinderung nach § 42 Abs. 1 AO) "rechtstechnisch" nicht die
Einkünftezurechnung (vgl. § 2 Abs. 1 EStG 2002). Die ausländische
Zwischengesellschaft in ihrer subjektiven Existenz und das daraus abgeleitete
korporationsrechtliche Trennungsprinzip bleiben auch aus steuerrechtlicher Sicht
unberührt; der entgegenstehenden Annahme des FG ist nicht beizupflichten. Indem das
Gesetz die Einkünfte der Zwischengesellschaft in solche der an ihr qualifiziert beteiligten
Inlandsgesellschaft umformt, eröffnet es aber zugleich ein erweiterndes
Regelungsverständnis, wonach die betreffenden Einkünfte beim Gesellschafter nicht als
"betriebsstättenlose" Auslandseinkünfte --so aber das FG-- "in der Luft hängen", vielmehr
einer Auslandsbetriebsstätte zuzuordnen sind, die die Anforderungen des § 9 Nr. 3 Satz 1
GewStG 2002 erfüllt. Die in § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG getroffene Anordnung, dass der
Hinzurechnungsbetrag zu den Kapitaleinkünften gehört, bewirkt nichts anderes. Dadurch
wird der Hinzurechnungsbetrag lediglich fiktiv einer Einkunftsart zugeordnet; an der
Zuordnung des zugrundeliegenden Gewerbeertrags zu der Betriebsstätte der
Zwischengesellschaft ändert das jedoch nichts. Diese Zuordnung bestimmt sich nach wie
vor allein nach den --hier außer Frage stehenden-- tatsächlichen Gegebenheiten, sie wird
nicht fiktiv durch einen gegenläufigen Regelungsbefehl überlagert.
10 Alles andere zöge ohne Not systematische Verwerfungen nach sich, die unsachgemäß
wären. Es unterwürfe den anteiligen Gewinn der Gewerbesteuer, obschon dieser Gewinn
nicht nur auslandsradiziert ist, sondern auch bei dem Gesellschafter steuerwirksam
erfasst wird. Das aber widerspräche dem strukturellen Inlandsbezug der Gewerbesteuer
(vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002) und das zöge zudem eine unsystematische
Doppelbesteuerung nach sich, weil die Steuern, welche im Ausland zu Lasten der
Zwischengesellschaft von den dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden
Einkünften erhoben worden sind, nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 AStG
nur auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht aber auf die Gewerbesteuer
angerechnet werden. Überdies würden ausländische Tochtergesellschaften und
Betriebsstätten andernfalls ungleich behandelt. Genau solches soll für die
außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung aber vermieden werden, wie sich
augenfällig aus § 20 Abs. 2 AStG ergibt, der im Kern einen Rechtsfolgengleichklang
vorsieht, wenn die betreffenden Einkünfte nicht in einer ausländischen selbständigen
Tochtergesellschaft, sondern in einer Auslandsbetriebsstätte anfallen (s. zum prinzipiellen
Gleichbehandlungsgebot von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten in
grenzüberschreitenden Zusammenhängen auch aus unionsrechtlicher Sicht Urteile des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen
Union, CLT-UFA vom 23. Februar 2006 C-253/03, EU:C:2006:129, Slg. 2006, I-1831, und
Oy AA vom 18. Juli 2007 C-231/05, EU:C:2007:439, Slg. 2007, I-6373, und nachgehend
Senatsurteile vom 9. August 2006 I R 31/01, BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838; vom
19. Dezember 2012 I R 73/11, BFHE 240, 99, BStBl II 2013, 392). Übereinstimmend damit
bleiben nach § 10 Abs. 3 Satz 4 AStG auf den Hinzurechnungsbetrag denn auch
bestimmte steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt, welche (u.a.) an das Bestehen
eines (inländischen) Betriebs oder einer (inländischen) Betriebsstätte anknüpfen. Ein
anderweitiges Regelungsverständnis des § 9 Nr. 3 GewStG 2002 trüge dem nicht
hinreichend Rechnung; es bliebe sozusagen auf halber Strecke stecken. Das aber ist
nicht nötig, weil der Regelungswortlaut, wie beschrieben, ein sachangemessenes
Verständnis ermöglicht (im Ergebnis ebenso z.B. Rödder/ Schumacher, Deutsches
Steuerrecht 2002, 105, 112; Fuhrmann in Mössner/Fuhrmann, Außensteuergesetz,
2. Aufl., § 10 Rz 105; Sieker, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2003, 78, 79;
Haun/Reiser/Cortez in Wöhrle/Schelle/Gross, Außensteuergesetz, § 10 Rz 137; Luckey in
Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 10 AStG Rz 10.1 und 10.2; Edelmann in Kraft,
AStG, § 10 Rz 358; Rödder/Liekenbrock, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2013,
23; Kraft/Schreiber, IStR 2015, 149; wohl auch Wassermeyer/ Schönfeld in
Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 10 AStG Rz 187.1; sowie
im Ausgangspunkt Hagemann, Ubg 2014, 706, 707 ff.; s.a. Blümich/Gosch, § 9 GewStG
Rz 221a; derselbe, Außensteuerliche Aspekte der Gewerbesteuer, Grüne Hefte
Nr. 177/2011, S. 21; Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 116;
anders z.B. Ruf/Wohlfahrt, Ubg 2009, 496, 498; Schnitger, IStR 2011, 328, 330; Güroff in
Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 9 Nr. 3 Rz 4; Schnitter in G. Frotscher/Maas,
KStG/GewStG/ UmwStG, § 9 GewStG Rz 164c; insoweit wohl auch Quilitzsch,
Internationale Steuer-Rundschau --ISR-- 2014, 193; Schnorbeger/Dust/Golz, IStR 2014,
271).
11 b) Ein derartiges Regelungsverständnis lässt nicht außer acht, dass mit § 9 Nr. 7 Satz 1
GewStG 2002 eine weitere Möglichkeit gegeben wird, Auslandseinkünfte als
Kürzungsposition anzusetzen, nämlich unter bestimmten Beteiligungs- und
Aktivitätsvoraussetzungen die Gewinne aus Anteilen an einer Auslands-
Kapitalgesellschaft. Es steht im Streitfall fest, dass die A-Ltd. als Tochtergesellschaft der
Klägerin die qualifizierenden Aktivitätsvoraussetzungen dieser Kürzungsvorschrift, die
sich mit Abweichungen an jene des Außensteuergesetzes anlehnen, nicht erfüllt; es wird
deswegen darauf verzichtet, diese Voraussetzungen näher vorzustellen. Für den Streitfall
genügt es festzuhalten, dass die Auslegung von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 durch die
Kürzungsmöglichkeit nach Nr. 7 Satz 1 der Vorschrift nicht beeinflusst wird. Zwar
repräsentieren die Gewinnanteile an der Auslandsgesellschaft beim Gesellschafter aus
wirtschaftlicher Sicht auch deren Einkünfte. Und richtig ist es auch, dass, wie bereits
dargetan, der Hinzurechnungsbetrag durch § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG als Einkünfte i.S. von
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (2002) und damit (auch) als Gewinnanteile bestimmt wird. Doch
ändert das nichts daran, dass die der Inlandsgesellschaft über den Hinzurechnungsbetrag
zugerechneten Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft als solche eben keine
(bloßen) Gewinnanteile (Dividenden) sind, sondern dass sie unmittelbar aus der
Einkunftsermittlung der Zwischengesellschaft (wenn auch in entsprechender Anwendung
der Vorschriften des deutschen Steuerrechts, s. § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG) herrühren.
Dieser Unterschied rechtfertigt es, sie als Teil des auf die Auslandsbetriebsstätte
entfallenden Gewerbeertrags i.S. von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 anzusehen und von
den Gewinnanteilen i.S. von § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 abzugrenzen.
12 Hagemann (Ubg 2014, 706, 711) gibt zu bedenken, dass das --auf der anderen Seite-- im
Ergebnis die Besserstellung des Hinzurechnungsbetrages gegenüber solchen
Auslandseinkünften zur Folge habe, die zwar ebenfalls "passiv" sind, jedoch keiner
niedrigen Besteuerung unterfallen; letztere blieben gewerbesteuerpflichtig. Dieser
Einwand trifft im Kern zu. Er wiegt aber gering, weil er sich eben auf die Referenzgröße für
die Kürzung nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 bezieht, nämlich auf den "normalen"
Gewinnanteil an der ausländischen Kapitalgesellschaft, nicht jedoch auf die Einkünfte der
Auslandsgesellschaft als solche, die aber von der Hinzurechnungsbesteuerung und auch
von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 erfasst werden. Die konstatierte Ungleichbehandlung
ist also eine wirtschaftliche. Dieser Befund erzwingt jedoch nicht notwendigerweise die
auch rechtliche Ungleichbehandlung ein und derselben Einkünfte, jedenfalls dann nicht,
wenn sich diese Ungleichbehandlung wie hier aufgrund der tatbestandlichen Vorgaben
vermeiden lässt. Eine Anwendung von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 wird folglich nicht
durch einen Anwendungsvorrang von § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 versperrt.
13 c) Die Unterscheidung von Gewinnanteil und Auslandseinkünften betrifft in gleicher
Weise den Kürzungsbetrag, den § 9 Nr. 8 Satz 1 GewStG 2002 für die Gewinne aus
Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft anordnet, die nach einem Abkommen zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligung
von der Gewerbesteuer befreit sind. Das ist hier aber nicht einschlägig. Zum einen, weil
das im Streitfall anzuwendende Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28. Juni 2004 (BGBl II 2006, 931,
BStBl I 2007, 158) --DBA-Singapur 2004-- für die aus einer Hinzurechnung nach
Maßgabe von §§ 7 ff. AStG hergeleiteten fiktiven Gewinnanteile mangels hinreichender
Aktivität der zugrundeliegenden Tätigkeiten der Zwischengesellschaft keine
Steuerfreistellung als Grundvoraussetzung für jene Kürzung zulässt (Art. 24 Abs. 1
Buchst. a i.V.m. Buchst. b und c und Art. 7 und Art. 10 DBA-Singapur 2004). Zum anderen,
weil die Hinzurechnungsbesteuerung sich nach § 20 Abs. 1 AStG über etwaige
anderweitige Besteuerungszuordnungen in einem Abkommen zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung allemal hinwegsetzt, und das betrifft dann auch die Gewerbesteuer,
wie sich aus § 7 Satz 1 GewStG 2002 und ebenso unmissverständlich aus § 21 Abs. 4
Satz 1 Nr. 2 und Abs. 7 AStG ergibt.
14 4. In Anbetracht des Vorstehenden kann hier dahinstehen, ob die
Hinzurechnungsbesteuerung im Allgemeinen gegen die unionsrechtlich verbürgte
Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen
Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische
Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --AEUV--,
Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C-115, 47) verstößt, diese Grundfreiheit
ihrerseits trotz des Erfordernisses einer Mindestbeteiligung nicht durch die
Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) verdrängt wird (s. dazu z.B.
Senatsurteil vom 29. August 2012 I R 7/12, BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89, m.w.N.) und
deswegen drittstaatenweit --im Streitfall also auch bezogen auf die singapurische A-Ltd.--
wirkt. Es kann gleichermaßen unbeantwortet bleiben, ob auch § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG
2002 und die darin abgeforderte Aktivität der Auslandstochtergesellschaft in ähnlicher
Weise gegen das Unionsrecht verstößt (so z.B. C. Pohl in Hidien/Pohl/Schnitter,
Gewerbesteuer, 15. Aufl., Kap. 7 S. 784; Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 7
Rz 20a; Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 297; derselbe, Außensteuerliche Aspekte der
Gewerbesteuer, Grüne Hefte Nr. 177/2011, S. 14 f.; Quilitzsch, ISR 2014, 193; Güroff in
Glanegger/Güroff, a.a.O., § 9 Nr. 7 Rz 4). Und es soll unbeantwortet bleiben, ob --
bejahendenfalls-- die Drittstaatenwirkung an der sog. Stand still-Klausel des Art. 64 Abs. 1
AEUV scheitern könnte. Schließlich ist auch zu den unspezifisch vorgebrachten
verfassungsrechtlichen Einwendungen der Klägerin nichts weiter auszuführen.
15 5. Die Vorinstanz hat eine dem entgegen stehende Rechtsauffassung vertreten. Die
Sache ist spruchreif. Der angefochtene Steuerbescheid ist antragsgemäß abzuändern.
Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem FA nach
Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
16 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.