Urteil des BFH vom 04.12.2014

Keine Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips bei der Feststellung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.12.2014, IV R 27/11
Keine Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips bei der Feststellung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
Leitsätze
Die Aufteilung des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Feststellung der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG erfolgt
ausschließlich nach dem Verhältnis des der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinns zu dem gesamten Gewinn aus Gewerbebetrieb. Eine fiktive
Zuordnung des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu den nicht der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinnen unter
Heranziehung des Meistbegünstigungsprinzips kommt nicht in Betracht.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG, deren Unternehmensgegenstand der Bau, der Erwerb, der Betrieb und die
Veräußerung von Seeschiffen, insbesondere des MS "L" ist.
2 Zum 1. Januar 2005 optierte die Klägerin zur Tonnagebesteuerung gemäß § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
3
Mit Bescheid vom 13. November 2009 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Gewerbesteuermessbetrag 2008
auf 318 EUR fest. Der Betrag errechnete sich wie folgt:
Gewerbeertrag aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gemäß § 5a Abs. 1 EStG
17.761 EUR
Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG
+ 15.895 EUR
Gewerbeertrag gemäß § 7 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG)
= 33.656 EUR
Gewerbeertrag, abgerundet auf volle 100 EUR
= 33.600 EUR
Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG
./. 24.500 EUR
verbleibender Betrag
9.100 EUR
Steuermessbetrag 3,5 %
318 EUR
4 Mit Bescheid vom 22. Oktober 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2008 stellte das FA
den Gewerbesteuermessbetrag gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG mit 150 EUR fest. Dabei ging das FA davon aus, dass auf Grund der
Regelung in § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG der der Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG unterliegende
Gewerbesteuermessbetrag nur für die anteilig im Gewerbeertrag enthaltenen Sondervergütungen festzustellen sei. Der gemäß § 35 Abs. 1
und Abs. 2 EStG festzustellende Gewerbesteuermessbetrag bemesse sich daher nach dem Verhältnis der im Gewerbeertrag enthaltenen
Sondervergütungen von 15.895 EUR zu dem gesamten Gewerbeertrag von 33.656 EUR (15.895/33.656 x 318 EUR = 150 EUR).
5 Mit ihrem Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die anteilige Kürzung des für § 35 EStG maßgeblichen Gewerbesteuermessbetrags. Bei
der Ermittlung des gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG festzustellenden Gewerbesteuermessbetrags sei das Meistbegünstigungsprinzip zu
beachten. Danach müsse der Gewerbesteuerfreibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 EUR zunächst von dem
anteiligen Gewerbeertrag, soweit er auf den Tonnagegewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG entfällt (hier: 17.761 EUR), abgezogen werden. Der
verbleibende Freibetrag sei sodann von den Sondervergütungen i.S. des § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
(hier: 15.895 EUR) abzuziehen. Davon ausgehend beruhe der Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 318 EUR vollständig auf dem
Gewerbeertrag, der auf die Sondervergütungen entfalle. Die Tarifermäßigung des § 35 Abs. 1 EStG sei deshalb für den gesamten
Gewerbesteuermessbetrag zu gewähren.
6 Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
7 Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Steuerermäßigung gemäß
§ 35 Abs. 1 EStG für die im Gewerbeertrag enthaltenen Sondervergütungen zu gewähren sei, da die Ausschlussregelung gemäß § 5a Abs. 5
Satz 2 EStG sich nur auf die gemäß § 5a Abs. 1 EStG im Gewerbeertrag enthaltenen Tonnagegewinne beziehe. Davon ausgehend sei der
Gewerbeertrag in einen begünstigten, auf die Sondervergütungen entfallenden, und einen nicht begünstigten, auf den Tonnagegewinn gemäß
§ 5a Abs. 1 EStG entfallenden Teil aufzuteilen. Der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG sei sodann unter Berücksichtigung des
von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Zusammenhang mit der Tarifvorschrift des § 34 Abs. 1 EStG angewandten
Meistbegünstigungsprinzips zunächst von dem Teil des Gewerbeertrags abzuziehen, der auf den Tonnagegewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG
entfällt. Da der Gewerbesteuerfreibetrag diese Anteile übersteige, seien sie auch nicht mehr Bestandteil des verbleibenden Betrags, der zur
Grundlage für den Gewerbesteuermessbetrag werde. Der Gewerbesteuermessbetrag sei daher in voller Höhe der Steuerermäßigung gemäß
§ 35 Abs. 1 EStG zu Grunde zu legen. Der Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips stehe der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG
nicht entgegen. Auch aus § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG lasse sich das vom FA gewünschte Ergebnis nicht ableiten. So werde die
Verrechnungsreihenfolge des Freibetrags nach § 11 GewStG nicht durch das Berechnungsschema des Ermäßigungshöchstbetrags gemäß
§ 35 Abs. 1 Satz 3 EStG, sondern nach den Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG unter Berücksichtigung des § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG
entschieden. Zudem habe der BFH in dem Urteil vom 27. September 2006 X R 25/04 (BFHE 215, 176, BStBl II 2007, 694) auch im
Rahmen der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags das Meistbegünstigungsprinzip angewandt.
8 Die vollständigen Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 245 veröffentlicht.
8 Die vollständigen Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 245 veröffentlicht.
9 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
10 Das von der Rechtsprechung entwickelte Meistbegünstigungsprinzip beziehe sich ausnahmslos auf Begünstigungsvorschriften des EStG, die
ihre unmittelbare Wirkung nur bei der Einkommensteuerfestsetzung entfalteten. Durch die wahlweise Zuordnung des gewerbesteuerlichen
Freibetrags bei der Ermittlung der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG würde das Meistbegünstigungsprinzip bei der
Einkommensbesteuerung unzulässig um Merkmale erweitert, die lediglich Bedeutung bei der Ermittlung der Gewerbesteuer hätten.
11 Die Berechnung des FG widerspreche auch dem Wortlaut des § 35 EStG. Die Vorgehensweise des FG sei zudem systemwidrig. Denn die
Gewerbesteuer knüpfe als Objektsteuer an die Merkmale des Gewerbebetriebs an und nicht daran, wie sich der Besteuerungsgegenstand auf
die steuerliche Leistungsfähigkeit der (Mit-)Unternehmer auswirke.
12 Das FA beantragt (sinngemäß),
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13 Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
14 Die von dem FA behauptete eingeschränkte Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips lasse sich durch keinen vernünftigen Rechtssatz
begründen. Auch eine systemwidrige Anwendung des § 35 EStG liege nicht vor. Die Argumentation des FA sei widersprüchlich. Eine
unzulässige Erweiterung des Ermäßigungspotenzials sei nicht erkennbar und die diesbezügliche Berechnung des FA nicht nachvollziehbar.
Auch werde die Regelung des § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG nicht missachtet. Vielmehr werde der Grundsatz der Meistbegünstigung nur richtig
und konsequent angewandt.
15 Der Senat hat in vorliegender Sache durch Gerichtsbescheid vom 14. August 2014 entschieden, der wegen des rechtzeitig gestellten Antrags
der Klägerin auf mündliche Verhandlung als nicht ergangen gilt (§ 90a Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
16 Mit Schriftsätzen vom 19. November 2014 und 2. Dezember 2014 hat die Klägerin nochmals dargelegt, dass aus der Verwendung des
Wortes "soweit" in § 35 Abs. 1 Satz 3 EStG folge, dass --bezogen auf den Streitfall-- nur die gemäß § 5a Abs. 1 EStG nach der Tonnage
ermittelten gewerblichen Einkünfte nicht tarifbegünstigt seien. Die Ermittlung der Höhe der tarifbegünstigten Einkünfte sei, da es an einer
gesetzlich normierten Berechnungsgrundlage fehle, unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips vorzunehmen. Der Berücksichtigung
des Gewerbesteuerfreibetrags gemäß § 11 GewStG stehe auch nicht entgegen, dass der Gewerbesteuermessbescheid und die Feststellung des
Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 1 EStG im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid stünden (§ 35 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Schließlich folge die Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips jedenfalls mittelbar aus dem Urteil des VIII. Senats des BFH vom 6. Juli
2005 VIII R 74/02 (BFHE 210, 323, BStBl II 2008, 180), das noch zu der Tarifbegünstigung des § 32c EStG a.F. ergangen sei.
Entscheidungsgründe
17 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO).
18 1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass über die vorliegend allein streitige Frage, ob und in welchem Umfang Teile des nach den
Vorschriften des GewStG festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags von der Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 EStG ausgenommen sind,
in dem gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren nach § 35 Abs. 2 und Abs. 3 EStG zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteil vom
15. April 2010 IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912).
19 2. Ebenfalls zutreffend hat das FG davon abgesehen, die Gesellschafter der Klägerin nach § 60 Abs. 3 FGO (notwendig) beizuladen.
20 a) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte beizuladen (notwendige Beiladung), wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt
sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht
klagebefugt sind.
21 b) Gegenstand des vorliegenden Klage- und Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß
§ 35 EStG und nicht auch die Feststellung der auf die einzelnen Gesellschafter der Klägerin entfallenden Anteile am
Gewerbesteuermessbetrag. Davon ausgehend sind die Gesellschafter im Streitfall nicht klagebefugt. Im Streit um die Rechtmäßigkeit der
Feststellung des (gesamten) Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG wird die gemäß § 40 Abs. 2 FGO bestehende
Klagebefugnis der Gesellschafter durch die der Klägerin zustehende Klagebefugnis gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO verdrängt (BFH-Urteil in
BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912). Die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG hat zwar
zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Höhe der Anteile der Gesellschafter am festzustellenden Gewerbesteuermessbetrag. Diese
Auswirkungen sind jedoch nur mittelbar und lassen die alleinige Klagebefugnis der Klägerin, ebenso wie bei der Feststellung des Gewinns
der Gesellschaft, unberührt. Eine eigene Klagebefugnis der Gesellschafter gemäß § 48 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 FGO wird dadurch nicht
begründet. Eine solche stünde den Gesellschaftern neben der Klagebefugnis der Klägerin nur zu, soweit auch die Feststellung der auf die
einzelnen Gesellschafter der Klägerin entfallenden Anteile am Gewerbesteuermessbetrag in Streit stünde. Dies ist, wie ausgeführt, nicht der
Fall.
22 3. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass der gemäß § 14 GewStG festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag in voller Höhe für
Zwecke der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG festzustellen ist.
23 a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008,
218) --EStG n.F.-- ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f
und 34g EStG, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag),
bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG um das 3,8-fache des jeweils für den dem
Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags. Gemäß Satz 3 der Vorschrift
sind gewerbliche Einkünfte im Sinne des Satzes 1 die der Gewerbesteuer unterliegenden Gewinne und Gewinnanteile, soweit sie nicht nach
anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ausgenommen sind.
24 b) Eine andere Vorschrift i.S. des § 35 Abs. 1 Satz 3 EStG n.F. ist § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG. Gemäß § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG ist § 35 EStG
nicht anzuwenden. Allerdings ist nach § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG die Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG nur insoweit nicht zu gewähren, als
sie auf den gemäß § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Tonnagegewinn entfällt.
25 Mit Urteil in BFHE 210, 323, BStBl II 2008, 180 hat der VIII. Senat des BFH entschieden, dass diese Regelung sich ausschließlich auf
Gewinne nach § 5a Abs. 1 EStG beziehe und davon die gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG hinzuzurechnenden Sondervergütungen nicht
erfasst würden. Diese Rechtsprechung betraf die Anwendung des § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG i.d.F. des Seeschiffahrtsanpassungsgesetzes vom
9. September 1998 (BGBl I 1998, 2860, BStBl I 1998, 1158) im Hinblick auf den darin enthaltenen Verweis auf die frühere
Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 32c EStG a.F. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und überträgt sie auf
die hier im Streit stehende Regelung in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl
I 2002, 4) und die dort nach dem Wegfall der Tarifbegrenzung aufgeführte Steuerermäßigung nach § 35 EStG (offengelassen noch im BFH-
Urteil vom 19. Juli 2011 IV R 42/10, BFHE 234, 226, BStBl II 2011, 878). Dies hat zur Folge, dass die Gewinne gemäß § 5a Abs. 1 EStG
nicht zu den Einkünften i.S. des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG n.F. gehören und insoweit keine Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 EStG
zu gewähren ist. Umgekehrt ist die Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 EStG für die der Gewerbesteuer unterliegenden
Sondervergütungen gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG zu gewähren.
26 c) Ist in dem Gewerbeertrag, der gemäß § 14 GewStG Grundlage der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ist, sowohl ein nicht der
Steuerermäßigung unterliegender Gewinn, hier gemäß § 5a Abs. 1 EStG, als auch ein der Steuerermäßigung unterliegender Gewinn aus
Gewerbebetrieb enthalten, so ist der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag aufzuteilen und nur insoweit gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG
festzustellen, als er auf die der Steuerermäßigung unterliegenden Einkünfte entfällt.
27 Die Aufteilung des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Feststellung gemäß § 35 EStG erfolgt dabei ausschließlich nach
dem Verhältnis des der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinns zu dem gesamten Gewinn aus Gewerbebetrieb. Eine vorrangige fiktive
Zuordnung des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu den nicht der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinnen, hier
solchen gemäß § 5a Abs. 1 EStG, kommt nicht in Betracht.
28 aa) Gemäß § 7 Satz 3 GewStG gilt der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag gemäß § 7 Satz 1 GewStG. Nach § 7 Satz 1
GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des
Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und
vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Aus dem Wortlaut des § 7 Satz 3 GewStG ergibt sich damit eindeutig,
dass der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn, also auch der Gewinn aus den Sondervergütungen nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG, ohne
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG als Gewerbeertrag fingiert wird und als solcher der Gewerbesteuer
zu Grunde zu legen ist (vgl. bereits BFH-Urteile vom 6. Juli 2005 VIII R 72/02, BFHE 221, 235, BStBl II 2010, 828, und in BFHE 210,
323, BStBl II 2008, 180, sowie vom 26. Juni 2014 IV R 10/11, BFHE 246, 76).
29 bb) Das FA hat den Gewerbesteuermessbetrag gemäß § 14 GewStG in Höhe von 318 EUR festgesetzt. Der Festsetzung hat das FA einen
Gewerbeertrag gemäß § 7 Sätze 1 und 3, § 10 GewStG in Höhe von insgesamt 33.656 EUR zu Grunde gelegt. Dieser entfiel, was zwischen
den Beteiligten unstreitig ist, in Höhe von 17.761 EUR auf einen Gewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG und in Höhe von 15.895 EUR auf
hinzuzurechnende Sondervergütungen gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG.
30 cc) Der gemäß § 14 GewStG festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag ist danach nach dem Verhältnis des auf die hinzuzurechnenden
Sondervergütungen entfallenden Gewinns gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG in Höhe von 15.895 EUR zu dem gesamten Gewinn aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 33.656 EUR gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG festzustellen.
31 dd) Anders als das FG meint, ist der gemäß § 14 GewStG festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag im Streitfall nicht in voller Höhe gemäß
§ 35 EStG festzustellen.
32 Das FG geht unter Berufung auf das Meistbegünstigungsprinzip davon aus, dass bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags i.S. des
§ 35 EStG der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 EUR im Wege einer fiktiven Berechnung vorrangig
bei den nicht der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinnen gemäß § 5a Abs. 1 EStG in Abzug zu bringen sei. Dies hätte im Streitfall zur
Folge, dass der Gewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG in voller Höhe durch die Anrechnung des Freibetrags entfallen wäre und damit der gesamte
festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag fiktiv nur auf den der Steuerermäßigung unterliegenden Sondervergütungen beruhen würde.
33 Dieser fiktiven Berechnung vermag der Senat nicht zu folgen.
34 (1) Für den Aufteilungsmaßstab des gemäß § 35 EStG festzustellenden, der Steuerermäßigung zu Grunde zu legenden
Gewerbesteuermessbetrags kann nicht auf die der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 14 GewStG zu Grunde liegende
Berechnung zurückgegriffen werden. Dies folgt bereits daraus, dass die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 3
Satz 2 EStG für die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 1 EStG den Grundlagenbescheid bildet. Das bedeutet, dass
der in dem Grundlagenbescheid enthaltene Rechtsfolgenausspruch, also ausschließlich der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag, dem
Folgebescheid, hier dem Bescheid über die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG, zu Grunde zu
legen ist (§ 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung). Folge der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids ist zugleich, dass die
legen ist (§ 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung). Folge der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids ist zugleich, dass die
Berechnungsmodalitäten und insbesondere auch die Berücksichtigung des Freibetrags gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG, die der
Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 14 GewStG zu Grunde liegen, in dem Folgebescheid gemäß § 35 Abs. 1 EStG keine
Berücksichtigung mehr finden können. Das Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid kann auch nicht unter Heranziehung des
Meistbegünstigungsprinzips durchbrochen werden. Dadurch würden die der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zu Grunde
liegenden und im Gewerbesteuerrecht verankerten Regelungen unzulässigerweise in das Einkommensteuerfestsetzungsverfahren transferiert,
was durch die Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG gerade vermieden werden soll.
35 Nichts anderes folgt aus dem BFH-Urteil in BFHE 215, 176, BStBl II 2007, 694. Dort hatte der BFH im Rahmen der Ermittlung der
begünstigten Einkünfte i.S. des § 35 Abs. 1 EStG unter Heranziehung des Meistbegünstigungsprinzips entschieden, dass ein
Verlustausgleich vorrangig mit nicht tarifbegünstigten Einkünften zu erfolgen habe. Die Höhe der der Tarifermäßigung unterliegenden
Einkünfte ist allerdings ein Tatbestandsmerkmal des § 35 Abs. 1 EStG und folgt der Ermittlung der Einkünfte nach den Regelungen des
EStG. Vorliegend geht es aber um die Berücksichtigung des Gewerbesteuerfreibetrags im Rahmen der Ermittlung des Steuermessbetrags
gemäß § 11 Abs. 1 GewStG. Die Höhe und die Zuordnung des Freibetrags zu dem maßgeblichen Gewerbeertrag gemäß § 7 Satz 1 GewStG
ist abschließend in § 11 GewStG geregelt.
36 (2) Der Aufteilungsmaßstab für den gemäß § 35 Abs. 2 EStG festzustellenden Gewerbesteuermessbetrag ist daher, soweit der festgesetzte
Gewerbesteuermessbetrag sowohl auf gemäß § 35 EStG begünstigte als auch auf nicht gemäß § 35 EStG begünstigte gewerbliche Einkünfte
entfällt, nur unter Berücksichtigung des § 35 EStG zu bestimmen. Da § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG n.F. ausdrücklich regelt, dass eine
Steuerermäßigung nur insoweit gewährt wird, als gewerbliche Einkünfte im zu versteuernden Einkommen enthalten sind und gemäß § 35
Abs. 1 Satz 3 EStG n.F., wie bereits ausgeführt, die der Gewerbesteuer unterliegenden Gewinne gemäß § 5a Abs. 1 EStG nicht unter den
Anwendungsbereich des § 35 EStG fallen, ist eine Aufteilung des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags, der sowohl die
steuerbegünstigten wie auch die nicht steuerbegünstigten gewerblichen Einkünfte umfasst, entsprechend dem Verhältnis der begünstigten
Einkünfte zu den gesamten gewerblichen Einkünften geboten.
37 4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.
38 Die Sache ist spruchreif. Der in dem Gewerbesteuermessbescheid (Grundlagenbescheid) festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag beträgt
318 EUR. Der Festsetzung hat das FA einen Gewerbeertrag gemäß § 7 Sätze 1 und 3, § 10 GewStG in Höhe von insgesamt 33.656 EUR zu
Grunde gelegt. Dieser entfiel, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in Höhe von 17.761 EUR auf einen Gewinn gemäß § 5a Abs. 1
EStG und in Höhe von 15.895 EUR auf hinzuzurechnende Sondervergütungen gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG. Danach beträgt der
festzustellende Gewerbesteuermessbetrag gerundet 150 EUR (318 EUR x 15.895/33.656 = 150,18 EUR). Dies entspricht der Feststellung in
dem angefochtenen Bescheid. Die Klage war deshalb abzuweisen.