Urteil des BFH vom 29.01.2014

Zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.1.2014, XI R 4/12
Zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine
Leitsätze
1. Leistet ein Unternehmer einen "Zuschuss" zu den Bewirtschaftungskosten seiner von einem
Dritten (Caterer) in dessen Namen und für dessen Rechnung betriebenen Betriebskantine, kann
der "Zuschuss" Entgelt für eine vom Unternehmer bezogene Eingangsleistung
"Kantinenbewirtschaftung" sein (entgegen Abschn. 1.8. Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStAE).
2. Der Unternehmer ist aus einer von ihm bezogenen Leistung "Kantinenbewirtschaftung" nicht
zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese Leistung ausschließlich dazu dienen soll, als sog.
unentgeltliche Wertabgabe seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der
Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin
der X-GmbH (GmbH), die in den Jahren 2002 bis 2004 (Streitjahre) ihre Betriebskantine
durch die Beigeladene bewirtschaften ließ.
2 Die GmbH hatte die Bewirtschaftung ihrer Betriebskantine mit Vertrag vom 11. Dezember
2001 (Bewirtschaftungsvertrag) mit Wirkung ab dem 1. April 2002 der Beigeladenen
übertragen. Diese betrieb die Kantine in den Streitjahren im Rahmen eines gemeinsam
verabschiedeten Budgets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Öffnungszeiten und
Grundkonzept für die Angebotspalette ergaben sich aus dem Bewirtschaftungsvertrag. Die
Beigeladene hatte vertraglich festgelegte Abgabepreise zu beachten. Die GmbH stellte der
Beigeladenen die für die Bewirtschaftung notwendigen Räume, deren Einrichtungen sowie
das Groß- und Kleininventar kostenlos zur Verfügung und sorgte für den Unterhalt der
Räume und des Inventars sowie alle erforderlichen Reparaturen. Darüber hinaus stellte sie
die für den gesamten Betriebsgastronomiebereich notwendige Energie kostenlos zur
Verfügung.
3 Die Beigeladene versorgte die Belegschaft der GmbH gegen Barzahlung mit warmem
Mittagessen, warmer und kalter Zwischenverpflegung, Backwaren, Süßwaren, Artikeln des
täglichen Bedarfs sowie mit kalten und heißen Getränken.
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Im Bewirtschaftungsvertrag sind zum Abrechnungsmodus und zur Rechnungsstellung
sowie zur Vertragsdauer und Kündigung im Einzelnen folgende Regelungen getroffen:
"8. Abrechnungsmodus
8.1 Zugrundegelegt wird der Abrechnungsmodus 'Gemeinsame Budgetierung'.
8.2 Das Jahresbudget bzw. der Jahreszuschuss werden gemeinsam festgelegt, wobei
- die Aufwendungen für den Wareneinsatz
- die Personalkosten einschließlich Personalnebenkosten
- die Betriebsnebenkosten bzw. Gemeinkosten
- die Dienstleistungsgebühr
vereinbart werden.
Für die Erstellung des Budgets für das folgende Geschäftsjahr werden die
betriebswirtschaftlichen Daten des laufenden Geschäftsjahres unter
Berücksichtigung der zu erwartenden Lohn- und Preissteigerungen und die
voraussichtliche Beschäftigtenzahl des Kunden zugrundegelegt.
In der Regel erfolgen Lohnerhöhungen für die Mitarbeiter des Bewirtschafters zu
Beginn eines Kalenderjahres.
Als Geschäftsjahr gilt das Kalenderjahr. Das für das jeweils folgende Geschäftsjahr
gültige Budget wird zwischen den Vertragspartnern drei Monate vor Beginn des
neuen Geschäftsjahres festgelegt und verabschiedet.
8.3 Zuschussregelungen
Für das erste Geschäftsjahr gilt der im Budget vom 01.10.2001 definierte
Jahreszuschuss von DM ... (... EUR ≙ ... EUR/Monat).
In den Folgejahren sollte der Jahreszuschuss kontinuierlich bis auf DM ... verringert
werden (≙ ... EUR ≙ ... EUR/Monat).
9. Rechnungsstellung
9.1 Der Bewirtschafter stellt dem Kunden eine monatliche Rechnung über 1/12 des
vereinbarten, jährlichen Zuschussbetrages, zuzüglich der jeweils gültigen
Mehrwertsteuer.
Sonderveranstaltungen werden gesondert und detailliert abgerechnet.
Die Rechnungsstellung des anteiligen Dienstleistungsbetrages erfolgt am 15. des
Vormonats zum Ersten eines jeweiligen Monats und ist sofort und ohne Abzug im
Voraus fällig.
10. Vertragsdauer und Kündigung
10.1 Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 01.04.2002 in Kraft und wird auf unbestimmte
Zeit abgeschlossen. Eine Kündigung ist jeweils mit einer Frist von 6 Monaten zum
Ende eines jeden Kalenderhalbjahres möglich, jedoch erstmalig am 31.03.2005."
5
Darüber hinaus enthält Anlage 8 des Vertrages u.a. folgende Vereinbarung:
"8.4 Der Zuschuss basiert auf einem Umsatz von netto ... DM = ... EUR.
Bei einem Umsatz von ± 10 % bleibt ein Höchstzuschuss von TDM ... bestehen. Bei
größeren Abweichungen sind die Vertragsparteien verpflichtet, über die
Zuschussregelung in Verhandlung zu treten."
6 Die Beigeladene stellte der GmbH in den Streitjahren für den "Abrechnungsmonat April
2002" eine "Bewirtschaftungspauschale lt. Jahresbudget 2001" in Höhe von ... EUR und im
Folgenden monatlich eine "Bewirtschaftungspauschale" in Höhe von ... EUR sowie eine
"Personalkostenpauschale" in Höhe von ... EUR --jeweils zzgl. 16 % Mehrwertsteuer-- in
Rechnung. Insgesamt beliefen sich die Rechnungen für 2002 auf ... EUR zzgl. ... EUR
Umsatzsteuer und für 2003 und 2004 auf jeweils ... EUR zzgl. ... EUR Umsatzsteuer.
7 Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die
Auffassung, dass der Klägerin hinsichtlich der an die Beigeladene gezahlten
Zuschussbeträge kein Vorsteuerabzug zustehe, weil insoweit kein Leistungsaustausch
angenommen werden könne.
8 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte der Auffassung des Prüfers
und setzte mit Änderungsbescheiden vom 23. November 2007 die Umsatzsteuer für die
Streitjahre dementsprechend fest.
9 Bereits am 22. März 2006 hatte die Beigeladene berichtigte Rechnungen ausgestellt, mit
denen sie die der GmbH bisher erteilten Rechnungen aufhob und dieser gegenüber
nunmehr für April bis Dezember 2002 insgesamt ... EUR sowie für 2003 und 2004 insgesamt
jeweils ... EUR in Rechnung stellte. Umsatzsteuer war in den Rechnungen nicht mehr
ausgewiesen.
10 Die Einsprüche der Klägerin gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide vom
23. November 2007 wurden vom FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2008 als
unbegründet zurückgewiesen.
11 Die Klage hatte Erfolg.
12 Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus,
die gezahlte Pauschale sei Gegenleistung für die an die GmbH von der Beigeladenen
erbrachte Leistung der Kantinenbewirtschaftung und stelle kein zusätzliches Entgelt der
GmbH von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die
verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken an die die Kantine nutzenden Arbeitnehmer
dar.
13 Die Beigeladene habe eine Leistung gegenüber der GmbH erbracht, die es dieser
ermöglicht habe, ihren Beschäftigten eine Kantine bieten zu können, die zu günstigen
Preisen und Konditionen ein breites Angebot an Speisen und Getränken abgebe.
14 Im Streitfall liege die Zahlung eines Gesamtpauschalbetrages vor, der sich --anders als in
dem vom FG Düsseldorf mit Urteil vom 24. April 2009 1 K 4135/07 U, AO (Entscheidungen
der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 601) entschiedenen Fall-- nicht nach der Anzahl der
Tischgäste bemessen habe und davon unabhängig sei.
15 Der Vorsteuerabzug der Klägerin sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die
Beigeladene am 22. März 2006 berichtigte Rechnungen ohne Ausweis von Umsatzsteuer
erstellt habe. Der Vorsteuerabzug falle --wie hier-- dann nicht rückwirkend weg, wenn der
Geschäftspartner die ursprüngliche richtige Rechnung mit Steuerausweis später "berichtige",
indem er die Steuer niedriger oder überhaupt nicht mehr ausweise und diese "Berichtigung"
dazu führe, dass die "berichtigte" Rechnung unrichtig sei.
16 Das FA stützt seine Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.
17 Es bringt vor, der Vorentscheidung stehe § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1
Satz 3 UStG entgegen. Nach Abschn. 12 Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 der Umsatzsteuer-
Richtlinien 2005/2008 (UStR) --nunmehr Abschn. 1.8. Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE)-- sei vorliegend von einer Entgeltzahlung von
dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG auszugehen. Der Dritte --wie hier die GmbH--
sei nicht Leistungsempfänger und deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
18 Die GmbH habe die Zahlungen an die Beigeladene ausschließlich im Interesse ihrer
Arbeitnehmer geleistet, die aufgrund dessen ein Essen zu einem vergünstigten Preis hätten
erwerben können. Dies ergebe sich aus dem Bewirtschaftungsvertrag (Ziff. 8), wonach die
Zahlungen lediglich als Zuschuss im Rahmen einer gemeinsamen Budgetierung geleistet
worden seien. Die wesentliche Verpflichtung der Beigeladenen habe darin bestanden, die
vertraglich festgelegten Abgabepreise zu beachten. Diese hätten ihre Kosten jedoch nicht
decken können, weshalb von der GmbH ein "Kostenausgleich" gezahlt worden sei, um die
von ihr --der GmbH-- vorgegebenen Abgabepreise auf ein wirtschaftlich sinnvolles Niveau
anzuheben.
19 Dagegen könnten die Zahlungen der GmbH keinem gesonderten Leistungsaustausch
"Kantinenbewirtschaftung" zugeordnet werden. Aus dem Bewirtschaftungsvertrag folge nicht,
dass die Beigeladene mit der Bewirtschaftung der Kantine eine konkrete, der GmbH
obliegende Verpflichtung übernommen habe.
20 Das FG habe nicht beachtet, dass es für die insgesamt notwendige Bemessung der Höhe
des Zuschusses, der eine vernünftige Bewirtschaftung durch den Betreiber erst ermögliche,
keinen Unterschied mache, ob der geleistete Betrag --wie im vom FG Düsseldorf (EFG 2010,
601) entschiedenen Streitfall-- "auf ein Essen herunter gebrochen" oder --wie hier-- "im
Gesamten vereinbart" werde.
21 Der Auslegung des Bewirtschaftungsvertrags durch das FG könne auch deshalb nicht
gefolgt werden, weil es in Abhängigkeit von der Höhe des Zuschusses zu einer Erhöhung
oder Minderung der Zahlung des Arbeitnehmers an den Kantinenbetreiber komme. Falle der
Zuschuss entsprechend hoch aus, finde ein unversteuerter Endverbrauch statt, weil die
Speisenlieferungen nur in Höhe der von den Arbeitnehmern selbst erbrachten Zahlungen
versteuert würden.
22 Zudem wäre der Vorsteuerabzug selbst dann zu versagen, wenn man mit dem FG davon
ausginge, dass die GmbH die Eingangsleistung "Kantinenbewirtschaftung" bezogen hätte.
Denn nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 2010 V R 17/10
(BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53) bestehe keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug, wenn
bereits bei Leistungsbezug feststehe, dass die bezogenen Leistungen ausschließlich und
unmittelbar --wie hier mit der Verschaffung des Zugangs der Arbeitnehmer zu verbilligtem
Essen-- für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a UStG verwendet würden.
Gründe für die Annahme, dass die Abgabe von Mahlzeiten nicht unternehmensfremd wäre,
seien im Streitfall nicht erkennbar. Das Vorhalten einer Werkskantine möge zwar zu einem
geordneten Geschäftsablauf beitragen und sich auch auf das Betriebsklima förderlich
auswirken, was jedoch nicht ausreiche, um einen Vorsteuerabzug zu begründen.
23 Bei dem auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden (anteiligen) Zuschussbetrag handele
es sich um keine --die Besteuerung gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausschließende--
"Aufmerksamkeit".
24 Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
25 Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
26 Die zutreffende Würdigung des FG als Tatsacheninstanz folge der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 20/05, BFHE 219, 403, BStBl II
2009, 483), wonach bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem
gegenseitigen Vertrag verpflichtet hätten, grundsätzlich ein Leistungsaustausch vorliege.
27 Die Beigeladene habe einerseits aufgrund des Bewirtschaftungsvertrags an die GmbH durch
das Betreiben der Werkskantine eine Bewirtschaftungsleistung erbracht und als
Gegenleistung das vereinbarte Bewirtschaftungsentgelt erhalten. Andererseits habe sie
entgeltlich Mahlzeiten an die Arbeitnehmer geliefert.
28 Die Endverbrauchsbesteuerung sei gewährleistet, weil in die Bemessungsgrundlage für die
von der Beigeladenen erbrachten Mahlzeitenlieferungen sowohl der von dem jeweiligen
Arbeitnehmer gezahlte Essenspreis als auch das entrichtete Bewirtschaftungsentgelt
einzubeziehen sei.
29 Der Vorsteuerabzug sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine ausschließliche und
unmittelbare Verwendung des Leistungsbezugs für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des
§ 3 Abs. 9a UStG vorliege. Denn die Bewirtschaftung der Kantine sei --was das FG
zutreffend festgestellt habe-- im unternehmerischen Interesse erfolgt und habe dem
optimalen Ablauf des betrieblichen Leistungsprozesses gedient, sodass das hierfür
geleistete Entgelt zu den allgemeinen Kosten gehöre, die als solche Bestandteil der
gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit seien und in die Preise der Ausgangsumsätze einflössen,
was den Vorsteuerabzug eröffne.
30 Jedenfalls lägen Aufmerksamkeiten i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, sodass der
Vorsteuerabzug selbst dann zu gewähren sei, wenn die bezogene
"Bewirtschaftungsleistung" als unentgeltliche Zuwendung an die die Kantine nutzenden
Arbeitnehmer zu beurteilen wäre.
Entscheidungsgründe
31 II. Auf die begründete Revision des FA hin war die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
32 Die Klägerin ist nicht berechtigt, die in den der GmbH zunächst monatlich erteilten
Rechnungen der Beigeladenen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer
abzuziehen. Zwar ist die Würdigung des FG, dass die GmbH Empfängerin einer von der
Beigeladenen erbrachten Leistung "Kantinenbewirtschaftung" sei, revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden. Ein Vorsteuerabzug scheidet jedoch aus, weil bereits bei Bezug dieser
Leistung beabsichtigt war, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche
Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu verwenden. Keiner Entscheidung bedarf, ob
der Vorsteuerabzug (auch) daran scheitert, dass die Rechnungen später berichtigt worden
sind und dabei nunmehr ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis abgerechnet wurde.
33 1. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft bestand in
den Streitjahren 2002 bis 2004 --was außer Streit steht-- eine Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2
Nr. 2 UStG mit der Folge, dass die in den Eingangsrechnungen der Organgesellschaft
ausgewiesene Umsatzsteuer unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG
beim Organträger --dem Unternehmer-- als Vorsteuer abziehbar ist (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil
vom 14. März 2012 XI R 28/09, BFH/NV 2012, 1493, Rz 24, m.w.N.; Bunjes/Korn, UStG,
12. Aufl., § 2 Rz 138, m.w.N.).
34 2. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der in den
Streitjahren 2002 und 2003 geltenden Fassung "die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG
gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen
Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind", als Vorsteuerbeträge
abziehen. Nach der für das Streitjahr 2004 anzuwendenden Fassung des § 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge "die gesetzlich geschuldete
Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für
sein Unternehmen ausgeführt worden sind" abziehen; nach Satz 2 dieser Vorschrift setzt die
Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, "dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a
ausgestellte Rechnung besitzt". Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist mithin, dass der
Unternehmer Leistungsempfänger ist.
35 Auch unionsrechtlich können Unternehmer als Vorsteuer insoweit (nur) die Mehrwertsteuer
abziehen, die für die "von ihnen" erworbenen Gegenstände und empfangenen
Dienstleistungen geschuldet wird (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -
-EuGH-- vom 29. November 2012 C-257/11 --SC Gran Via Moinesti S.R.L.--, Umsatzsteuer-
Rundschau --UR-- 2013, 224, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 80,
Rz 20, 28, m.w.N.).
36 a) Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist grundsätzlich derjenige, der aus
dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (Schuldverhältnis) als Auftraggeber
berechtigt und verpflichtet ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2008 XI B 189/07,
BFH/NV 2008, 830; BFH-Urteile vom 23. September 2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl
II 2010, 243; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 39;
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 2012 1 BvR 1747/11, juris,
Rz 7; EuGH-Urteil vom 20. Juni 2013 C-653/11 --Newey--, UR 2013, 628,
Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 373, Rz 43).
37 Nicht maßgeblich ist dagegen u.a., wem die empfangene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen
ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1994 V R 96/92, BFH/NV 1995, 459, unter II.1.) oder wer
sie bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1995 V R 113/92, BFHE 178, 493, BStBl II
1996, 111, unter II.3.). Die bloße Übernahme der Kosten einer Leistung an einen Dritten führt
nicht zum Recht auf Vorsteuerabzug des Zahlenden (vgl. BFH-Urteile vom 29. Januar 1987
V R 112/77, BFH/NV 1987, 472; vom 28. August 2013 XI R 4/11, BFHE 243, 41, BFH/NV
2013, 2029, Der Betrieb 2013, 2429; s.a. EuGH-Urteil vom 21. Februar 2013 C-104/12 --
Becker--, UR 2013, 220, MwStR 2013, 129, Rz 32).
38 Im Rahmen der Ermittlung, wer Leistungsempfänger ist, ist das Abrechnungspapier nur ein
Beweisanzeichen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 830, m.w.N.).
39 b) Empfänger einer Leistung kann allerdings auch derjenige sein, an den der Leistende eine
Leistung tatsächlich erbracht hat, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein (vgl. BFH-Urteil
vom 1. Juni 1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677; s.a. zum tatsächlich
Leistenden BFH-Urteil vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524).
Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (vgl. zuletzt Urteil --Newey-- in UR
2013, 628, MwStR 2013, 373, Rz 42 und 44 f., m.w.N.).
40 3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die GmbH Empfängerin der von der Beigeladenen
in den Streitjahren erbrachten sonstigen Leistung "Kantinenbewirtschaftung".
41 a) Das FG hat festgestellt, dass sich die Beigeladene vertraglich verpflichtet hatte, die
Kantine der GmbH zu den vereinbarten Bedingungen zu betreiben. Sie hatte hiernach die
von der GmbH vorgegebenen Öffnungszeiten einzuhalten und das vorgegebene Angebot an
Speisen und Getränken zu vorher vereinbarten, festen Preisen bereitzustellen.
42 b) Die Vorinstanz hat dies dahingehend gewürdigt, dass die Beigeladene damit eine
Leistung ("Kantinenbewirtschaftung") gegenüber der GmbH erbracht habe, wodurch diese
ihren Beschäftigten eine Kantine habe bieten können, die zu günstigen Preisen und
Konditionen ein breites Angebot an Speisen und Getränken angeboten habe. Das FG geht
bei dem zu beurteilenden Vorgang davon aus, dass es sich bei der
"Kantinenbewirtschaftung" um einen eigenen, der GmbH unmittelbar zugutekommenden
(wirtschaftlichen) Vorteil gehandelt habe, weil ein breites und zu günstigen Preisen
erhältliches Kantinenangebot einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten
Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt darstelle, während der Vorteil der Mitarbeiter, günstig
essen zu können, sich lediglich aus der gegenüber der GmbH erbrachten Leistung der
Beigeladenen ergebe.
43 c) Diese Würdigung der vom FG auf Grundlage des Inhalts des von ihm in Bezug
genommenen Bewirtschaftungsvertrags getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die im
Übrigen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, ist
möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und gegen Erfahrungssätze; sie bindet
deshalb den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar
2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33, m.w.N.; vom 24. April 2013
XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34, m.w.N.).
44 Wenn das FA dagegen meint, die GmbH habe die Zahlungen an die Beigeladene
ausschließlich im Interesse ihrer Arbeitnehmer geleistet, die vertraglich festgelegten
Abgabepreise hätten die Kosten der Beigeladenen nicht decken können, es mache für die
insgesamt notwendige Bemessung der Höhe des Zuschusses keinen Unterschied, ob der
geleistete Betrag "auf ein Essen herunter gebrochen" oder "im Gesamten vereinbart" werde,
und der Auslegung des Bewirtschaftungsvertrags durch das FG könne auch deshalb nicht
gefolgt werden, weil es in Abhängigkeit von der Höhe des Zuschusses zu einer Erhöhung
oder Minderung der Zahlung des Arbeitnehmers an den Kantinenbetreiber komme, setzt es
lediglich seine Würdigung an die Stelle der vertretbaren Würdigung des FG.
45 d) Die Beurteilung des FG, dass die GmbH Leistungsempfängerin der
"Bewirtschaftungsleistung" ist (ebenso Urteil des FG Düsseldorf vom 3. März
1999 5 K 7909/94 U, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 42), steht im
Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, wonach von einem
Leistungsaustausch auszugehen ist, wenn die öffentliche Hand die Betriebsführung von
Schwimmbädern an einen Privaten überträgt und diesem aufgrund eines gegenseitigen
Vertrags Betriebskostenzuschüsse für die in ihrem Interesse stehende Aufrechterhaltung des
öffentlichen Badebetriebs zahlt (Urteil vom 19. November 2009 V R 29/08, BFH/NV 2010,
701).
46 Im Streitfall steht die Bewirtschaftung der Kantine --vergleichbar der Bewirtschaftung der
Schwimmbäder-- im Interesse der --hier zwar privatwirtschaftlich handelnden-- GmbH, die
hierdurch --wie das FG nachvollziehbar ausgeführt hat-- einen Wettbewerbsvorteil bei der
Suche nach qualifizierten Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt erlangen konnte und hierfür
ein Entgelt entrichtete.
47 e) Soweit die Finanzverwaltung in Fällen, in denen der Arbeitgeber und der Betreiber von
dessen Kantine (Caterer) vereinbaren, dass der Caterer die Preise für die Verpflegung mit
dem Arbeitgeber abzustimmen hat und der Arbeitgeber dem Caterer einen jährlichen
(pauschalen) Zuschuss (Arbeitgeberzuschuss) zahlt, einen Leistungsaustausch zwischen
Arbeitgeber und Caterer verneint, die vom Arbeitgeber in pauschalierter Form gezahlten
Beträge (lediglich) als Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die
Abgabe der Speisen durch den Caterer an die Arbeitnehmer ansieht und den Arbeitgeber als
nicht zum Vorsteuerabzug aus der Zahlung des Zuschusses an den Caterer berechtigt
ansieht (Abschn. 12 Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStR, nunmehr Abschn. 1.8. Abs. 12 Nr. 3
Beispiel 3 UStAE), folgt dem der Senat jedenfalls für den vorliegenden Streitfall nicht.
48 4. Gleichwohl steht der Klägerin der von ihr geltend gemachte Vorsteuerabzug nicht zu.
49 a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Unternehmer nach § 15 Abs. 1 und 2
UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er die von ihm bezogenen Leistungen --im
Streitfall die "Kantinenbewirtschaftung"-- für sein Unternehmen und damit für seine
wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden
beabsichtigt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 29/10, BFHE 241, 438, BStBl II
2013, 840, Rz 18, m.w.N.; zum erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang
zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz vgl. ferner BFH-Urteile in BFHE 232, 243, BStBl
II 2012, 53, Rz 12; vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844,
Rz 21; ferner EuGH-Urteile --Becker-- in UR 2013, 220, MwStR 2013, 129, Rz 20; vom
18. Juli 2013 C-124/12 --AES-3C Maritza East 1--, HFR 2013, 958, MwStR 2013, 475,
Rz 27 f., jeweils m.w.N.).
50 b) Hieran fehlt es im Streitfall.
51 aa) Die GmbH hat die Leistungen der Beigeladenen für eine unentgeltliche Wertabgabe an
ihre Arbeitnehmer bezogen. Anhaltspunkte für einen tauschähnlichen Umsatz i.S. von § 3
Abs. 12 Satz 2 UStG, bei dem die Arbeitsleistung des Dienstverpflichteten durch
Lohnzahlung und zusätzlich durch eine Sachzuwendung vergütet wird (vgl. dazu BFH-Urteil
vom 31. Juli 2008 V R 74/05, BFH/NV 2009, 226; EuGH-Urteil vom 29. Juli 2010 C-40/09 --
Astra Zeneca UK--, Slg. 2010, I-7505, UR 2010, 734), sind weder vorgebracht noch
ersichtlich. Bei einseitigen Sachzuwendungen, die --wie im Streitfall-- ohne Bezug zum
Umfang der durch den betreffenden Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung und
unabhängig von dem hierfür bezogenen Lohn erfolgen, ist die Sachzuwendung kein Entgelt
für die Arbeitsleistung (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 34;
ferner EuGH-Urteile vom 16. Oktober 1997 C-258/95 --Fillibeck--, Slg. 1997, I-5577, UR
1998, 61, Rz 16 ff.; vom 18. Juli 2013 C-210/11 u.a. --Medicom--, HFR 2013, 853, MwStR
2013, 544).
52 bb) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Vorsteuerabzug, weil die
GmbH die von der Beigeladenen erbrachte "Bewirtschaftungsleistung" bereits im
Bezugszeitpunkt nicht für ihre wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und
unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu
verwenden beabsichtigte.
53 (1) Der V. Senat des BFH hat unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung entschieden,
dass der Unternehmer, der --wie im Streitfall-- bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die
bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und
unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden,
nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II
2012, 53, Rz 17). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung aus den dort
genannten Gründen an.
54 (2) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG "die
unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für
Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines
Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen", gleichgestellt. Eine unentgeltliche
Wertabgabe in diesem Sinne liegt --wie hier-- vor, wenn die Leistung des Unternehmers dem
privaten Bedarf der Arbeitnehmer dient und nicht durch besondere Umstände der
wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 232,
243, BStBl II 2012, 53, Rz 27).
55 Aus der Rechtsprechung des EuGH zur Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer (vgl. dazu
Urteil vom 11. Dezember 2008 C-371/07 --Danfoss und AstraZeneca--, Slg. 2008, I-9549, UR
2009, 60, Rz 55 ff.; ferner BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 30) ergibt sich
allgemein, dass Leistungen an Arbeitnehmer, die aus deren Sicht ihren privaten Zwecken
dienen --wie z.B. die Abgabe von Mahlzeiten-- nur dann nicht als Entnahme zu
berücksichtigen sind, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer
daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet
erscheint (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 31; vom 19. Juni
2011 XI R 8/09, BFHE 234, 455, BFH/NV 2011, 2184, Rz 18).
56 (3) Im Streitfall dient die von der GmbH bezogene "Bewirtschaftungsleistung", mit der sie
ihren Arbeitnehmern gegenüber die unentgeltliche Leistung erbracht hat, in ihrer
Betriebskantine zu festgesetzten verbilligten Abgabepreisen günstig essen zu können, deren
privatem Bedarf.
57 Selbst wenn --wie die Klägerin vorbringt und was naheliegt-- die Bewirtschaftung der
Kantine im unternehmerischen Interesse erfolgt ist und dem optimalen Ablauf des
betrieblichen Leistungsprozesses gedient hat, ist weder ersichtlich noch vorgebracht, dass
ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der mit der
Bewirtschaftung verbundenen verbilligten Abgabe von Mahlzeiten ziehen, gegenüber den
Bedürfnissen der GmbH als nur untergeordnet im Sinne der vorgenannten
Rechtsprechungsgrundsätze erscheint. Denn es ist Sache des Arbeitnehmers, für seine
Mahlzeiten zu sorgen, sodass Dienstleistungen, die in der unentgeltlichen --oder wie hier:
verbilligten-- Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer bestehen, unter normalen Umständen
dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer i.S. von Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 26 Abs. 1
der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- dienen (vgl. dazu EuGH-Urteil --Danfoss und
AstraZeneca-- in Slg. 2008, I-9549, UR 2009, 60, Rz 57; zur unentgeltlichen Beförderung vgl.
EuGH-Urteil --AES-3C Maritza East 1-- in HFR 2013, 958, MwStR 2013, 475, Rz 29, jeweils
m.w.N.).
58 Nur in Fällen, in denen die Erfordernisse des Unternehmens im Hinblick auf bestimmte
besondere Umstände --wie z.B. die Bereitstellung von Speisen und Getränken für
Arbeitnehmer im speziellen Rahmen von unternehmensinternen Sitzungen (vgl. dazu EuGH-
Urteil --Danfoss und AstraZeneca-- in Slg. 2008, I-9549, UR 2009, 60, Rz 59) oder die
Arbeitnehmerbeförderung bei bestehender Schwierigkeit auf andere geeignete
Verkehrsmittel zurückzugreifen (vgl. dazu EuGH-Urteil --AES-3C Maritza East 1-- in HFR
2013, 958, MwStR 2013, 475, Rz 29, m.w.N.)-- es gebieten, dass der Arbeitgeber die
betreffende, dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienende Leistung übernimmt, erfolgt
deren Gewährung nicht zur Befriedigung des privaten Bedarfs, sondern zu Zwecken, die
nicht unternehmensfremd sind (vgl. dazu EuGH-Urteile --Fillibeck-- in Slg. 1997, I-5577,
UR 1998, 61, Rz 30; --Danfoss und AstraZeneca-- in Slg. 2008, I-9549, UR 2009, 60,
Rz 58 f.; --AES-3C Maritza East 1-- in HFR 2013, 958, MwStR 2013, 475, Rz 29; ferner BFH-
Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 30, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
59 (4) Der Annahme einer unentgeltlichen Wertabgabe der GmbH an ihre Arbeitnehmer steht im
Streitfall nicht entgegen, dass die Beigeladene die Verpflegungs- und sonstigen Leistungen
an die Arbeitnehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung erbracht hat, sodass
insoweit jeweils ein Leistungsaustausch zwischen der Beigeladenen und dem einzelnen
Arbeitnehmer vorliegt.
60 Denn die hier zu beurteilende unentgeltliche Wertabgabe der GmbH besteht in der ihren
Arbeitnehmern zugewendeten Möglichkeit, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und
Getränke zu erwerben. Diese unentgeltliche Zuwendung tritt neben den Leistungsaustausch
zwischen der Beigeladenen und dem Arbeitnehmer beim Erwerb von Speisen und
Getränken.
61 c) Soweit die Klägerin vorbringt, es lägen im Streitfall lediglich "Aufmerksamkeiten" i.S. des
§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, sodass der Vorsteuerabzug selbst dann zu gewähren sei, wenn
diese bezogene Leistung als unentgeltliche Zuwendung an die die Kantine nutzenden
Arbeitnehmer zu beurteilen wäre, greift dieser Einwand nicht durch.
62 aa) Unterbleibt die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG im Hinblick auf sog.
Aufmerksamkeiten, fehlt es zwar an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit
einem konkreten Ausgangsumsatz (Entnahme), sodass über den Vorsteuerabzug nach der
wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden ist (vgl. dazu BFH-Urteil
in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 23), was vorliegend --bei Steuerpflicht der
Ausgangsumsätze der GmbH-- zum Vorsteuerabzug berechtigen würde.
63 bb) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin handelt es sich bei der den Arbeitnehmern der
GmbH zugewendeten "Bewirtschaftungsleistung" jedoch nicht um "Aufmerksamkeiten" i.S.
des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG.
64 Hinsichtlich der Aufmerksamkeiten in diesem Sinne ist zu beachten, dass das nationale
Recht insoweit zugunsten des Unternehmers, der ansonsten eine Entnahme zu versteuern
hätte, von Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 26 Abs. 2 der
MwStSytRL-- abweicht (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 40).
Entsprechend der Rechtsprechung des BFH zum Lohnsteuerrecht sind daher --wovon die
Finanzverwaltung in Abschn. 12 Abs. 3 Satz 1 UStR, nunmehr Abschn. 1.8. Abs. 3 Satz 1
UStAE ausgeht-- aus Gründen der Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung (vgl.
dazu BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 40) als Aufmerksamkeiten solche
Zuwendungen zu verstehen, die nach ihrer Art und nach ihrem Wert Geschenken
entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu
keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen (vgl. dazu BFH-Urteil
vom 22. März 1985 VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1985, 641, unter 1.b).
65 Dies trifft auf die den Arbeitnehmern zugewendete Möglichkeit, in der Betriebskantine
verbilligt Speisen und Getränke zu erwerben, nicht zu, weil sie nach Art und Umfang nicht
dem entspricht, was im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht wird.
66 5. Es bedarf im Streitfall danach keiner Erörterung, welche Bedeutung der späteren
Rechnungsberichtigung mit Abrechnung nunmehr ohne Steuerausweis zukommt.
67 Es ist fraglich, ob die vom FG unter Bezug auf das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom
25. November 2010 6 K 2114/08, EFG 2011, 746) vertretene Rechtsansicht, dadurch sei die
Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht rückwirkend entfallen, im Lichte der
Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu Urteile vom 15. Juli 2010 C-368/09 --Pannon Gep
Centrum--, Slg. 2010, I-7467, UR 2010, 693; vom 8. Mai 2013 C-271/12 --Petroma Transports
SA--, MwStR 2013, 272, UR 2013, 591) und des BFH (vgl. dazu Urteile vom 24. April 2013
XI R 9/11, BFH/NV 2013, 1457, Rz 26; vom 19. Juni 2013 XI R 41/10, BFHE 242, 258,
BFH/NV 2013, 2041; vgl. zum rückwirkenden Verlust des Anspruchs auf Vorsteuerabzug bei
Widerruf des Verzichts auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG ferner BFH-Urteile vom
1. Februar 2001 V R 23/00, BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673, unter II.5.; vom 6. Oktober
2005 V R 8/04, BFH/NV 2006, 835, unter II.2.; BFH-Beschluss vom 3. April 2013 V B 64/12,
BFH/NV 2013, 1135, Rz 7) zutreffend ist.
68 6. Das Urteil des FG war danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif im Sinne einer
Abweisung der Klage.