Urteil des BFH vom 13.11.2007

BFH (einkommen, kläger, verlustabzug, gabe, berufsausbildung, rechnung, entlastung, subvention, existenzminimum, grund)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 14.3.2008, IX B 247/07
Vorrangige Berücksichtigung des Verlustvortrags vor Abzug von außergewöhnlichen Belastungen verfassungsgemäß
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legen die geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht in einer den
Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dar. Wird nämlich die Verfassungswidrigkeit einer
Norm --vorliegend § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes
1999/2000/2002 i.V.m. § 33a EStG-- gerügt, so ist zur substantiierten Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser
Rechtsfrage eine an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs (BFH) orientierte inhaltliche Auseinandersetzung erforderlich
(ständige Rechtsprechung, BFH-Beschlüsse vom 13. November 2007 VIII B 35/07, BFH/NV 2008, 220; vom 31. Januar
2005 III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081, m.w.N.). Daran fehlt es vorliegend.
2 Im Übrigen besteht die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Verlustabzugs gemäß § 10d Abs. 2 EStG
entgegen der Auffassung der Kläger nicht. Unabhängig davon, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung von
Kindern von Verfassungs wegen nicht genauso behandelt werden müssen wie Aufwendungen für die Sicherung des
Existenzminimums (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1081), sind Abzugsbeträge, die wie der Ausbildungsfreibetrag
nach § 33a EStG dem subjektiven Nettoprinzip Rechnung tragen sollen, nach Maßgabe des Jahressteuerprinzips (vgl.
dazu BFH-Beschluss vom 17. Februar 2005 XI B 138/03, BFH/NV 2005, 1264) darauf ausgerichtet, einem
Steuerpflichtigen zu ermöglichen, aus seinem Einkommen einen aus seinen subjektiven Lebensumständen
erwachsenden Aufwand vorrangig vor einer Steuerzahlung zu decken. Speziell gemäß § 33a EStG soll dem
Steuerpflichtigen sein Einkommen in dem Umfang steuerfrei belassen werden, in dem er es für die Berufsausbildung
seiner Kinder in einem Veranlagungszeitraum bedarf. Dieses Entlastungserfordernis besteht jedoch nicht, wenn das
Einkommen des Steuerpflichtigen ohnehin nicht besteuert wird. Ein Verfassungsverstoß liegt hierin nicht. Denn § 33a
EStG sieht keine positive Subvention, sondern vielmehr eine Steuerentlastung vor. Dass sich diese Entlastung am
Jahressteuerprinzip auszurichten hat, hat der BFH bezogen auf das Existenzminimum (Grund- und Kinderfreibetrag)
bereits entschieden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1264). Art. 6 Abs. 1 GG wird nicht dadurch verletzt, dass beim
Verlustabzug nach § 10d EStG potentielle kindbezogene Steuerermäßigungen unberücksichtigt bleiben (so schon
BFH-Urteil vom 28. Juni 1968 VI R 214/66, BFHE 93, 278, BStBl II 1968, 774).
3 Der Verlustabzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte vor Sonderausgaben und sonstigen dem subjektiven
Leistungsfähigkeitsprinzip Rechnung tragenden Beträgen entspricht im Übrigen der im geltenden
Einkommensteuerrecht angelegten Differenzierung zwischen einem Aufwandsabzug nach Maßgabe des objektiven
Nettoprinzips (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) einerseits und solchen des subjektiven Nettoprinzips andererseits. Der
Verlustabzug zählt zum objektiven Nettoprinzip, § 33a EStG zum subjektiven Nettoprinzip.