Urteil des BFH vom 14.11.2013

Verfassungsmäßigkeit des Abzugs von Kinderbetreuungskosten bei drei unter vierjährigen Kindern - Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 14.11.2013, III R 18/13
Verfassungsmäßigkeit des Abzugs von Kinderbetreuungskosten bei drei unter vierjährigen Kindern
- Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09
Leitsätze
Es ist verfassungsgemäß, dass der Abzug von Kinderbetreuungskosten vom Vorliegen bestimmter
persönlicher Anspruchsvoraussetzungen (Erwerbstätigkeit, Ausbildung, längerfristige Erkrankung,
Behinderung u.ä.) abhängig gemacht wird und auch bei zusammenlebenden Eltern mit drei unter
vierjährigen Kindern keine zwangsläufige Fremdbetreuungsnotwendigkeit angenommen wird.
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2008
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte
aus selbständiger Tätigkeit. Die Klägerin ist ausgebildete Ärztin, war jedoch im Streitjahr nicht
erwerbstätig.
2 Für ihre drei Kinder (J, geb. Dezember 2004, L, geb. Juni 2006, und G, geb. Dezember 2007)
machten die Kläger Kinderbetreuungskosten in Höhe von 6.828,52 EUR geltend. Diese
setzten sich aus Kindergartenbeiträgen für J in Höhe von 2.325 EUR, Aufwendungen für den
Besuch einer Spiel- und Krabbelgruppe durch L in Höhe von 661,50 EUR und den Kosten für
ein ab dem 20. Juli 2008 beschäftigtes Au-Pair-Mädchen in Höhe von 3.842,02 EUR
zusammen.
3 Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom
28. August 2009 zunächst nur Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.550 EUR (= 2/3 von
2.325 EUR) als Sonderausgaben anerkannt hatte, stellte das FA im Einspruchsverfahren mit
Änderungsbescheid vom 18. November 2010 zusätzlich auch die Aufwendungen für die
Spiel- und Krabbelgruppe (661,50 EUR) und für das über drei Jahre alte Kind J 1/3 der Au-
Pair-Kosten (1/3 von 3.842 EUR = 1.280 EUR) in die Berechnung mit ein. Danach ergaben
sich anerkannte Sonderausgaben in Höhe von 2.844 EUR [2/3 x (2.325 EUR + 661,50 EUR +
1.280 EUR)]. Des Weiteren gewährte das FA auf die Aufwendungen für das Au-Pair-
Mädchen eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 600 EUR.
4 Wegen einer in einem anderen Punkt erfolgten Änderung wurde die Einkommensteuer mit
Änderungsbescheid vom 3. Januar 2011 zuletzt auf 47.276 EUR festgesetzt. Den Einspruch
wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 als unbegründet zurück.
5 Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Kläger aus den nicht anerkannten Au-Pair-
Aufwendungen einen weiteren Sonderausgabenabzug in Höhe von 1.707 EUR (= 2/3 von
2.561 EUR) geltend machten, wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
6 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
7 Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Düsseldorf aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid vom 3. Januar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
23. März 2011 dahingehend abzuändern, dass weitere Kinderbetreuungskosten in Höhe von
1.707 EUR angesetzt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.
8 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9 II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Die bei den Klägern angefallenen Kinderbetreuungskosten sind nach dem
Einkommensteuergesetz (EStG) in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung nicht über den
vom FA bereits anerkannten Umfang hinaus steuerlich berücksichtigungsfähig. Auch das
Verfassungsrecht gebietet einen weitergehenden Abzug nicht. Deshalb kommt weder eine
Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Betracht noch besteht Anlass für
eine verfassungskonforme Auslegung.
10 1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass im Streitfall kein im Veranlagungszeitraum
2008 geltender Tatbestand des EStG erfüllt ist, der einen weitergehenden Abzug der als
Kinderbetreuungskosten geltend gemachten Aufwendungen für das Au-Pair-Mädchen
ermöglicht.
11 a) § 4f EStG, der den Abzug erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten im Bereich der
Gewinneinkunftsarten und mithin bei den Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit des
Klägers regelt, ist unanwendbar, weil die zusammenlebenden Kläger nicht beiderseits
erwerbstätig waren (§ 4f Satz 2 EStG). Entsprechendes gilt für einen Werbungskostenabzug
bei der Klägerin nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4f Satz 2 EStG.
12 b) § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist nur insoweit einschlägig, als die Kinder der Kläger im Streitjahr
zwischen drei und sechs Jahre alt waren. Diese Voraussetzung hat das FG nach dem von
ihm festgestellten Sachverhalt zu Recht nur für das im Dezember 2004 geborene Kind J
bejaht.
13 c) Auch der Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG scheidet aus. Die
Vorschrift setzt voraus, dass der nicht erwerbstätige Elternteil sich in Ausbildung befindet,
körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG; zur
Auslegung des Begriffes "krank" s. Senatsurteil vom 5. Juli 2012 III R 80/09, BFHE 238, 76,
BStBl II 2012, 816). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des
FG lagen diese Voraussetzungen bei der Klägerin nicht vor.
14 d) Anhaltspunkte dafür, dass einer der Familienangehörigen im Streitjahr krank, hilflos oder
schwerbehindert war und deswegen i.S. des § 33a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 EStG
die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt erforderlich war, hat das FG ebenfalls nicht
festgestellt.
15 e) Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen hat das FA bereits mit dem in
§ 35a Abs. 2 Satz 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag von 600 EUR berücksichtigt, so dass
hiernach Aufwendungen für die Beschäftigung des Au-Pair-Mädchens jedenfalls nicht in
weitergehendem Umfang zum Abzug zugelassen werden können.
16 2. Die im EStG vorgesehenen Einschränkungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten
verstoßen nicht gegen Grundrechte der Kläger.
17 a) Der Senat hat im Urteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816, unter II.2. die
verfassungsrechtlichen Maßstäbe, an denen die einkommensteuerrechtliche
Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs eines Kindes auszurichten ist, im Einzelnen
dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
18 b) Die gesetzlichen Vorschriften zur Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs genügten im
Streitjahr 2008 den dort dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen.
19 aa) Auch soweit die Au-Pair-Kosten nach keiner der speziellen Vorschriften (§ 4f, § 9 Abs. 5
Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 8, § 33a Abs. 3, § 35a Abs. 2 EStG)
Berücksichtigung fanden, blieben sie nicht unberücksichtigt, da bereits mit dem den Klägern
gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG gewährten Freibetrag für den Betreuungs-,
Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes auch Fremdbetreuungskosten abgedeckt
werden (Senatsurteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816, unter II.2.b aa, m.w.N.).
20 bb) Die in §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG enthaltenen Beschränkungen des
Abzugs dem Grunde nach sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber
war ausgehend von seiner Vereinfachungsbefugnis grundsätzlich berechtigt, den Abzug auf
die typischen Fälle zu beschränken, in denen Kinderbetreuungskosten zwangsläufig
anfallen. Die mit der Beschränkung verbundene Härte, dass im Einzelfall vom Gesetz nicht
erfasste Umstände eintreten können, die eine Fremdbetreuung und die Entstehung
entsprechender Aufwendungen ebenso unabweisbar machen, haben die davon betroffenen
Steuerpflichtigen hinzunehmen.
21 cc) Bezogen auf die im Streitfall zur Beurteilung anstehende Personengruppe der
zusammenlebenden Eltern mit Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
ermöglichen die Tatbestände der §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG den Abzug
von Kinderbetreuungskosten bei Vorliegen der Zwangsläufigkeitsgründe Erwerbstätigkeit,
Ausbildung, längere Erkrankung und Behinderung. In Person eines jeden Elternteils muss
mindestens einer der Gründe verwirklicht sein. Liegt in der Person eines Elternteils ein
solcher Grund nicht vor, dann geht der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass dieser
Elternteil die Betreuung des Kindes übernehmen kann und Aufwendungen für die
Kinderbetreuung nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig entstehen (Senatsurteil in BFHE
238, 76, BStBl II 2012, 816, unter II.2.b cc (1), m.w.N.).
22 dd) Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber die Grenzen seiner
Typisierungsbefugnis nicht dadurch überschritten, dass er für Fälle wie den vorliegenden
keinen rechtlich relevanten Zwangsläufigkeitsgrund angenommen hat.
23 (1) Zwar hat der Senat im Urteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816 (unter II.2.b cc (2),
m.w.N.) ausgeführt, dass ein Bedarf an Fremdbetreuung auch dann unabweisbar entstehen
kann, wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger
Kinder zu betreuen ist.
24 Insoweit kommt es jedoch entgegen der Revisionsbegründung der Kläger nicht darauf an, ob
und gegebenenfalls in welchem Umfang die Kinderanzahl der Kläger den statistischen
Durchschnittswert der Geburtenrate von Frauen im gebärfähigen Alter oder von Familien mit
Kindern überschreitet. Vielmehr setzt die Annahme eines Zwangsläufigkeitsgrundes voraus,
dass die Betreuungssituation im typischen Fall eine Betreuung durch mindestens zwei
Personen erforderlich macht, so dass der nicht erwerbstätige Elternteil die Betreuung
typischerweise nicht in Form der Eigenbetreuung durchführen kann. Für den Senat sind
weder aus dem Revisionsvorbringen noch anderweitig Anhaltspunkte ersichtlich, dass
bereits bei drei Kindern im Alter von bis zu drei Jahren eine Betreuungssituation vorliegt, die
zwangsläufig den Einsatz einer zweiten Betreuungskraft erfordert.
25 (2) Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Streitjahr 2008 über § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG für
Kinder, die das dritte Lebensjahr bereits vollendet haben, ohnehin einen Abzug von
Betreuungsaufwendungen zulässt, der --anders als in § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG-- nicht an
besondere Voraussetzungen in der Person beider Elternteile geknüpft ist. Hierdurch wird ein
steuerlich wirksamer Einsatz von Fremdbetreuungskräften ermöglicht, der den
Eigenbetreuungsaufwand für Familien mit drei Kindern im Alter von bis zu drei Jahren
bereits deutlich reduziert. Entsprechend hat das FA im Fall der Kläger 1/3 der
Aufwendungen für das Au-pair-Mädchen als Betreuungskosten für das Kind J anerkannt.
26 (3) Überdies bezieht das BVerfG, sofern im Zusammenhang mit einer durch kindesbedingte
Aufwendungen verminderten Leistungsfähigkeit die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG gerügt
wird, das gesamte den Regelungskomplex umfassende Normengeflecht in die Prüfung mit
ein, da es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei steht, die kindesbedingte Minderung der
Leistungsfähigkeit entweder im Steuerrecht oder im Sozialrecht zu berücksichtigen (vgl. etwa
Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 7. September 2009 2 BvR 1966/04, BFH/NV
2009, 2123). Insoweit muss vorliegend beachtet werden, dass der Gesetzgeber
entsprechend dem aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag, die
Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen
Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (s. hierzu etwa BVerfG-Beschluss vom
10. November 1998 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter B.I.4.,
m.w.N.), den Betreuungsbedarf in jungen Familien nicht nur mit den Regelungen des
Steuerrechts erfasst. Vielmehr gleicht er die Leistungsfähigkeitseinbuße, die Familien
dadurch erleiden, dass sie teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit
zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder verzichten oder Familientätigkeit und
Erwerbstätigkeit miteinander verbinden, auch durch sozialrechtliche Regelungen aus. So
eröffnet beispielsweise das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der im
Streitjahr geltenden Fassung für ab dem 1. Januar 2007 geborene Kinder dem Berechtigten
gerade die Wahlfreiheit, ob er das Kind vollständig selbst betreut, mit der Folge, dass ihm
das gezahlte Elterngeld verbleibt, oder ob er sich der Hilfe Dritter oder einer
Betreuungseinrichtung bedient, mit der Folge, dass er die ihm staatlicherseits zur Verfügung
gestellten Mittel hierfür verwenden kann. Insoweit werden auch individuelle Besonderheiten
in der Geburtenfolge, wie Mehrlingsgeburten und kurze Geburtenfolgen berücksichtigt (s.
etwa § 2 Abs. 4 und 6 BEEG in der im Streitjahr geltenden Fassung) und
Gestaltungsmöglichkeiten für eine Ausdehnung des Auszahlungszeitraums geschaffen (§ 6
BEEG). Damit werden gerade für Eltern mit Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren
vielfältige Möglichkeiten geschaffen, den Betreuungsbedarf ihrer Kinder zu decken. Ebenso
sah das Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) für vor dem 1. Januar 2007
geborene Kinder (§ 27 Abs. 1 BEEG) unter bestimmten Voraussetzungen einen
Erziehungsgeldanspruch vor, wenn der betreffende Elternteil das Kind selbst betreut und
erzogen und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt hat (§ 1 Abs. 1 BErZGG in der
im Streitjahr geltenden Fassung).
27 (4) Keinen Zwangsläufigkeitsgrund im Hinblick auf eine Fremdbetreuung vermag der Senat
auch aus einer während der Eigenbetreuung von Kindern eingetretenen Schwangerschaft zu
entnehmen. Wie bereits im Senatsurteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816, unter
II.2.b cc (2) ausgeführt, ist die gesetzgeberische Erwägung, wonach eine Schwangerschaft --
sofern in deren Verlauf keine den Krankheitsbegriff erfüllende Komplikationen eintreten--
einer Eigenbetreuung durch die schwangere Mutter nicht entgegensteht, sachlich
nachvollziehbar. Dem stehen auch die Beschäftigungsverbote nach §§ 3 ff. des Gesetzes
zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) nicht entgegen. Wie bereits der in § 1
MuSchG geregelte persönliche Geltungsbereich des Gesetzes zeigt, bezieht das MuSchG
nur Frauen in seinen Schutzbereich ein, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, sowie
weibliche in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte, soweit sie am Stück
mitarbeiten. Gesetzeszweck ist damit der Schutz der (werdenden) Mutter vor Gefahren,
Überforderung und Gesundheitsschädigung am Arbeitsplatz (Zmarlik/Zipperer/Viethen/Vieß,
Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz, 8. Aufl. 1999,
S. 29, 97). Entsprechend schützen die Beschäftigungsverbote der §§ 3 ff. MuSchG nur vor
einem Widerstreit zwischen den Anforderungen aus dem Erwerbstätigkeitsverhältnis und
den Anforderungen aus der Mutterschaft. Nicht hingegen ist aus den
Beschäftigungsverboten des MuSchG zu folgern, dass die (werdende) Mutter vor den aus
einer mehrfachen Mutterschaft folgenden Belastungen bewahrt werden soll. Überdies hat der
Gesetzgeber durch die oben aufgeführten sozialen Fördermaßnahmen nach dem BEEG
auch Gestaltungsmöglichkeiten für die Familie geschaffen, um etwaige Zeiten
eingeschränkter Eigenbetreuungsmöglichkeiten der Mutter anderweitig zu überbrücken.
28 (5) Schließlich sieht der Senat die Entscheidung des Gesetzgebers, die steuerliche
Abzugsfähigkeit von Betreuungskosten zwar von einer Erwerbstätigkeit eines oder beider
Elternteile, nicht hingegen von deren zeitlichem Umfang abhängig zu machen, nicht als
gleichheitswidrig an. Wie der Senat bereits im Urteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816,
unter II.2.b cc (3) ausgeführt hat, war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nur gehalten,
zwangsläufige Aufwendungen für die Kinderbetreuung zum Abzug zuzulassen. Da dem
Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts grundsätzlich die Befugnis zur Vereinfachung und
Typisierung zusteht, ist er berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu
erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen
Sachverhalte zutreffend wiedergibt (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Mai 2013 2 BvR 909/06 u.a.,
Deutsches Steuerrecht 2013, 1228, m.w.N.). Soweit er mit der vorgenommenen Typisierung
einen Abzug von Kinderbetreuungskosten auch im Falle einer nur teilweisen
Erwerbstätigkeit beider Ehegatten ermöglicht hat, ist zum einen zu berücksichtigen, dass
eine allen Einzelfällen gerecht werdende gesetzliche Regelung kaum möglich ist. Denn
insoweit wäre im Hinblick auf die denkbaren Fallgestaltungen (Umfang der jeweiligen
Arbeits- und Urlaubszeiten beider Elternteile, zeitliche Überlappungen der jeweiligen
Arbeitszeiten, Dauer des Arbeitsweges etc.) ein tatsächlich vorhandener zwangsläufiger
Fremdbetreuungsbedarf nur im konkreten Einzelfall feststellbar. Der Gesetzgeber durfte
deshalb einen aus dem Normzweck folgenden Anknüpfungspunkt (Vorliegen eines
Zwangsläufigkeitsgrundes in der Person beider Elternteile) wählen, auch wenn die
steuerliche Begünstigung dadurch zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung eine gewisse
Bandbreite nach oben und unten erfuhr. Zum anderen ist auch insoweit der Gesamtumfang
der gesetzlichen Regelungen zur Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs junger Familien
in den Blick zu nehmen. Hierbei müsste man insbesondere auch den Umstand
miteinbeziehen, dass eine neben der Betreuung ausgeübte teilweise Erwerbstätigkeit beider
Elternteile im Rahmen des Elterngeldes Berücksichtigung findet und hier nachteilige Folgen
haben kann. Denn dort wird --anders als bei einem nicht erwerbstätigen betreuenden
Elternteil-- das Elterngeld nicht aus dem vor der Betreuungszeit erzielten
Erwerbseinkommen berechnet, sondern nur aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem
Einkommen vor und während der Betreuung (§ 2 Abs. 3 BEEG).