Urteil des BFH vom 25.06.2014

Kein Abzug der Leistungen des Nutzungsberechtigten als Sonderausgaben beim Wirtschaftsüberlassungsvertrag - Kein Vertrauenstatbestand bei ungeklärter Rechtslage

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.6.2014, X R 16/13
Kein Abzug der Leistungen des Nutzungsberechtigten als Sonderausgaben beim
Wirtschaftsüberlassungsvertrag - Kein Vertrauenstatbestand bei ungeklärter Rechtslage
Leitsätze
Nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 sind auf einem
Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhende Leistungen des Nutzungsberechtigten an den
Überlassenden nicht als Sonderausgaben abziehbar.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielt aus der Bewirtschaftung des im Eigentum
seines Großvaters stehenden Hofes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. 1989 hatte der
Großvater durch Wirtschaftsüberlassungsvertrag die Bewirtschaftung des Hofes dem Vater
des Klägers überlassen. Nach § 3 des Vertrags verpflichtete sich der Wirtschaftsübernehmer
zur Übernahme aller den Hof betreffenden Steuern und Lasten sowie des Kapitaldienstes der
bei "Pachtbeginn" vorhandenen Belastungen, der Feuerversicherungsprämie für Gebäude
und Inventar, der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband sowie zum Berufsverband und zur
laufenden Gebäudeunterhaltung. Außerdem hatten "die Verpächter" das Recht der freien
Mitbenutzung aller Einrichtungen des Hauses sowie das Recht des freien Ein-, Aus- und
Umgangs im Hause und auf der ganzen Stelle. Falls sie einen eigenen Haushalt gründen
sollten, musste der Wirtschaftsübernehmer im Betrieb gewonnene Lebensmittel in
ausreichender Menge und guter Qualität liefern.
2 Nachdem 1995 zunächst ein anderer Sohn des Hofeigentümers den Vertrag übernommen
hatte, trat mit weiterer Nachtragsvereinbarung vom 30. November 2008 der Kläger als
Wirtschaftsübernehmer in den Vertrag ein. Die 1989 vereinbarten vertraglichen Regelungen
hat er anerkannt und übernommen.
3 In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 erklärte der Kläger nach § 13a des
Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und
machte Versorgungsleistungen aufgrund des Wirtschaftsüberlassungsvertrags in Höhe von
6.160 EUR als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -
-FA--) setzte die Einkommensteuer 2009 ohne Berücksichtigung der dauernden Last fest. Es
handele sich um einen Neuvertrag, bei dem die Leistungen nach dem Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. März 2010 IV C 3-S 2221/09/10004,
2010/0188949 (BStBl I 2010, 227) nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
4 Das Finanzgericht (FG) hat der Klage --nach insoweit erfolglosem Einspruch-- mit dem in
Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1319 veröffentlichten Urteil stattgegeben. Beim
Wirtschaftsüberlassungsvertrag handele es sich um einen familienrechtlichen Vertragstypus
mit erbrechtlichem Bezug, dem in aller Regel die Vermögensübertragung in Vorwegnahme
der künftigen Erbregelung folge oder der durch den Erbfall beendet werde. Deshalb habe die
Rechtsprechung Wirtschaftsüberlassungsverträge Vermögensübergaben gegen
Versorgungsleistungen gleichgestellt (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom
18. Februar 1993 IV R 106/92, BFHE 170, 553, BStBl II 1993, 546, unter II.2.b). An der
Abziehbarkeit der aufgrund von Wirtschaftsüberlassungsverträgen erbrachten Leistungen
habe sich durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das Jahressteuergesetz
2008 --JStG 2008-- (BGBl I 2007, 3150) nichts geändert. Die gegenteilige Auffassung im BMF-
Schreiben in BStBl I 2010, 227, Rz 22 werde dem Zweck der gesetzlichen Neuregelung nicht
gerecht. Wie sich aus der Begründung zu Art. 1 Nr. 5 des Regierungsentwurfs ergebe
(BRDrucks 544/07, S. 66), sollte durch die Gesetzesänderung das Rechtsinstitut der
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen auf seinen Kernbereich, die Übertragung
von Betriebsvermögen, zurückgeführt und lediglich die Übertragung von Privatvermögen
(insbesondere Grundbesitz und Wertpapiervermögen) aus dem Anwendungsbereich des § 10
Abs. 1 Nr. 1a EStG ausgenommen werden.
5 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Zur Begründung
trägt es vor, eine Nutzungsüberlassung ohne Übertragung betrieblicher Substanz erfülle die
Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dessen eindeutigem Wortlaut nicht. Auch
aus der Gesetzesbegründung lasse sich nicht der Wille des Gesetzgebers herleiten, dass der
Sonderausgabenabzug für Wirtschaftsüberlassungsverträge nicht eingeschränkt werden
sollte. Mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sei der Gesetzgeber der
Rechtsprechung entgegengetreten, die die ursprünglich auf Altenteilsleistungen u.ä. bei
Betriebsübergaben abzielende Vorschrift nach und nach ausgedehnt und nicht nur auf
existenzsichernde Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit nahezu allen
Vermögensübertragungen, sondern ebenfalls auf Wirtschaftsüberlassungsverträge
angewendet habe. Der Gesetzgeber habe die Vorschrift auch insoweit auf ihren Kernbereich
zurückführen und nur Vermögensübertragungen begünstigen wollen. Hätte der Gesetzgeber
den Sonderausgabenabzug bei Wirtschaftsüberlassungsverträgen weiterhin erlauben wollen,
hätte er dies in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ausdrücklich geregelt. Für eine über den Wortlaut der
Vorschrift hinausgehende Auslegung bleibe daher kein Raum.
6 Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8 Er verweist darauf, dass durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine
missbräuchliche Steuergestaltung (z.B. durch Übertragung von Wertpapiervermögen)
verhindert werden sollte. Im anerkannten Rechtsinstitut des Wirtschaftsüberlassungsvertrags
könne eine missbräuchliche Steuergestaltung jedoch nicht gesehen werden.
Entscheidungsgründe
9 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
10 Zwar sind die Leistungen des Klägers aufgrund des Wirtschaftsüberlassungsvertrags nicht
als Sonderausgaben abziehbar (unter 1.), es könnte aber die Möglichkeit bestehen, dass sie
gemäß § 13a Abs. 3 Satz 2 EStG geltend gemacht werden könnten (unter 2.).
11 1. Ob die Leistungen des Klägers an seinen Großvater als Sonderausgaben abziehbar sind,
richtet sich nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. des JStG 2008 (n.F.), da der Kläger nach dem
31. Dezember 2007 in den Wirtschaftsüberlassungsvertrag eingetreten ist (vgl. § 52 Abs. 23g
EStG).
12 a) Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. sind auf besonderen Verpflichtungsgründen
beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit
Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer
Betracht bleiben, als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie im Zusammenhang mit der
Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, eines Betriebs
oder Teilbetriebs oder eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH --neben
weiteren Voraussetzungen-- stehen.
13 b) Die Rechtslage nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des § 10 Abs. 1
Nr. 1a EStG war umstritten. Nach der Rechtsprechung des BFH konnte der
Nutzungsberechtigte eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags grundsätzlich die
vertragsgemäß übernommenen Leistungen als Sonderausgaben (dauernde Lasten)
abziehen, sofern es sich nicht um Unterhaltsleistungen handelte (vgl. z.B. BFH-Urteil in
BFHE 170, 553, BStBl II 1993, 546, unter II.2.b). Dieser Wertung lag die Annahme zugrunde,
dass in der Regel ein Wirtschaftsüberlassungsvertrag einer Vermögensübertragung im
Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder dem Erbfall selbst vorangehe. Diese
Rechtsprechung ist im Schrifttum allerdings kritisch aufgenommen worden, da ein
Wirtschaftsüberlassungsvertrag ohne Weiteres nach den Regeln des Pachtvertrags
behandelt werden könne und es keines Sonderrechts bedürfe (z.B. Kanzler, Finanz-
Rundschau --FR-- 1992, 239; Fischer, FR 1993, 575; Kempermann, Deutsches Steuerrecht
2003, 1736).
14 c) Jedenfalls ab der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 sind auf
einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhende Leistungen des Pächters an den
Verpächter nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar.
15 aa) Kennzeichnend für den Vertragstypus der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen sowohl nach altem als auch nach neuem Recht ist u.a., dass
Vermögen in Vorwegnahme der künftigen Erbfolge übertragen wird und die Eltern
wirtschaftlich gesichert werden. Der Vermögensübergeber behält sich in Gestalt der
Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vor, die nunmehr vom
Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen.
16 Bei einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag wird kein Vermögen in Vorwegnahme der
künftigen Erbfolge übertragen. Der Hofeigentümer behält sein Vermögen und überlässt dem
Nutzungsberechtigten lediglich die Nutzung des Vermögens gegen Übernahme
verschiedener Verpflichtungen. Der Nutzungsberechtigte erwirbt auch kein wirtschaftliches
Eigentum. Er kann den Eigentümer nicht im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer
von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen, wie es § 39 Abs. 2
Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung verlangt. Von einem üblichen Pachtvertrag unterscheidet
sich der Wirtschaftsüberlassungsvertrag nur insoweit, als kein monatlicher Pachtzins
ausschließlich in Geld vereinbart wird. Als Entgelt für die Einräumung des Nutzungsrechts
werden dem Eigentümer vielmehr altenteilsähnliche Leistungen, wie freier Umgang auf dem
Hof, Übernahme der Kosten für Strom, Heizung, Wasser, Versicherungen und Beiträge
sowie den Kapitaldienst etc. gewährt. Auch ein monatlicher Geldbetrag kann zur Bestreitung
des Lebensunterhalts des Hofeigentümers bezahlt werden.
17 bb) Nach der Rechtsprechung zu § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. galten die Erwägungen des
Großen Senats des BFH im Beschluss vom 15. Juli 1991 GrS 1/90 (BFHE 165, 225, BStBl II
1992, 78) zur Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen für
Wirtschaftsüberlassungsverträge entsprechend (BFH-Urteil in BFHE 170, 553, BStBl II 1993,
546, unter II.2.b). Dies bedeutet, auch die höchstrichterliche Rechtsprechung ging davon
aus, dass ein Wirtschaftsüberlassungsvertrag noch keine Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. ist. Die entsprechende
Anwendung der Vorschrift wurde damit begründet, es handele sich um einen
familienrechtlichen Vertragstypus mit erbrechtlichem Bezug, dem in aller Regel die
Vermögensübertragung in Vorwegnahme der künftigen Erbregelung folge oder der durch
den Erbfall selbst beendet werde.
18 cc) Anders als § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. regelt § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. die
Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs bei Vermögensübergaben gegen
Versorgungsleistungen detailliert. Der Gesetzgeber hat angeordnet, dass ein
Sonderausgabenabzug nur eröffnet ist für Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der
Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, eines Betriebs
oder Teilbetriebs oder eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn
der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der
Übertragung übernimmt. Der Gesetzgeber hat damit in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab
dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung erschöpfend geregelt, unter welchen Bedingungen
Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abziehbar sind. Er wollte § 10 Abs. 1 Nr. 1a
EStG auf seinen Kernbereich zurückführen und nur Vermögensübertragungen im
Zusammenhang mit Betriebsvermögen begünstigen. Hätte der Gesetzgeber nur die
Übertragung von Privatvermögen (insbesondere Wertpapier- und Immobilienvermögen) aus
dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab dem 1. Januar 2008
geltenden Fassung ausnehmen, einen Sonderausgabenabzug bei
Wirtschaftsüberlassungsverträgen aber zulassen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln
müssen. Für eine über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Auslegung ist somit kein
Raum (so auch Kulosa in Hermann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 86 a.E.;
HHR/Paul, § 13 EStG Rz 49; Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 43, Rz 3
und 72f; Schmidt/Heinicke, EStG, 32. Aufl., § 10 Rz 65; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 13 Rz 94;
Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 10. Aufl., Rz 420k; Stöcker in
Bordewin/Brand, § 10 EStG Rz 319; a.A. Giere in Felsmann, Einkommensbesteuerung der
Land- und Forstwirte, Abschn. A Rz 546a, 693a).
19 dd) Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht obendrein keine Notwendigkeit,
Wirtschaftsüberlassungsverträge Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen
gleichzustellen. Überlässt der Hofeigentümer seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb
zu einem angemessenen Entgelt, sind dessen Aufwendungen für die altenteilsähnlichen
Leistungen als Betriebsausgaben abziehbar (gleichgültig, ob er seinen Gewinn nach § 13
EStG oder § 13a EStG ermittelt; vgl. § 13a Abs. 3 Satz 2 EStG). Selbst wenn im
Wirtschaftsüberlassungsvertrag eine unangemessen niedrige Gegenleistung vereinbart wird,
steht dies der Anerkennung seiner Zahlungen als Betriebsausgaben nicht entgegen. Auch
Zahlungen unterhalb des marktüblichen Lohns bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahen
Angehörigen erkennt die Rechtsprechung als Betriebsausgaben an. Gleiches gilt für die
Zahlung von Darlehenszinsen unterhalb des marktüblichen Zinssatzes (vgl. z.B. Senatsurteil
vom 17. Juli 2013 X R 31/12, BFHE 242, 209, BStBl II 2013, 1015, m.w.N.). Dass ein
höheres als das marktübliche Entgelt nicht steuermindernd geltend gemacht werden kann,
ergibt sich aus § 12 Nr. 2 EStG (vgl. Fischer in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 22 Rz 33; Schmidt/
Kulosa, a.a.O., § 13 Rz 94; Mitterpleininger in Littmann/Bitz/ Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 13 EStG Rz 208; Wissborn, FR 2010, 322).
20 ee) Wie der Streitfall zeigt, ist ein Wirtschaftsüberlassungsvertrag auch nicht stets eine
Vorstufe zur Hofübergabe. Vorliegend ist vielmehr völlig offen, ob der Nutzungsberechtigte,
der Kläger, oder ein anderer, z.B. der Vater oder der Onkel des Klägers, Hoferbe wird.
21 d) Der Grundsatz von Treu und Glauben fordert nicht die Beibehaltung der bisherigen
steuerrechtlichen Behandlung der Versorgungsleistungen aufgrund von
Wirtschaftsüberlassungsverträgen als dauernde Last.
22 aa) Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann
nur in ganz besonders gelagerten Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des
Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem
Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber die
Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (z.B. BFH-Urteile vom
5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, 95; vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163,
478, BStBl II 1991, 610). In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und
Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat
(BFH-Urteile in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, m.w.N.; vom 10. April 1991 XI R 25/89,
BFH/NV 1991, 720, und vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754).
Erforderlich ist eine bestimmte Position oder ein bestimmtes Verhalten des einen Teils,
aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an
seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten (z.B. BFH-
Urteile in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, und in BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754). Ein
schützenswertes nachhaltiges Vertrauen in den Fortbestand der früheren Auffassung ist
demzufolge nur dann und solange gegeben, als der Steuerpflichtige nicht mit ihrer Änderung
rechnen musste oder ihm zumindest Zweifel hätten kommen müssen (z.B. BFH-Urteil vom
23. Februar 1979 III R 16/78, BFHE 127, 476, BStBl II 1979, 455).
23 bb) Im Streitfall fehlt es an einem diesen Grundsätzen entsprechenden
Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger berufen könnte und der ursächlich für seine
Disposition war (Eintritt in den Wirtschaftsüberlassungsvertrag, den ursprünglich sein
Großvater mit seinem Vater und dann mit einem Onkel abgeschlossen hatte).
24 (1) Der Vertrauenstatbestand, auf den der Kläger seine Disposition gründete, war eine BFH-
Rechtsprechung (s.o.), deren gesetzliche Grundlage mit dem Inkrafttreten des JStG 2008,
das die steuerliche Behandlung der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
grundlegend neu regelte, entfallen ist. Ein berechtigtes Vertrauen auf einen Fortbestand der
Rechtsprechung konnte sich bei dem Kläger infolgedessen nicht bilden.
25 (2) Selbst wenn dem Kläger dahingehend gefolgt würde, dass im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses am 30. November 2008 trotz der Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a
EStG zum 1. Januar 2008 unklar gewesen sei, ob auch Leistungen aufgrund eines
Wirtschaftsüberlassungsvertrags zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
berechtigen, fehlt es zumindest an einer ausreichenden Vertrauensbasis für eine Disposition
des Klägers. Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass es bei einer ungeklärten
Rechtslage keinen Vertrauenstatbestand geben kann (vgl. z.B. Urteile vom 18. Februar 1982
IV R 85/79, BFHE 135, 311, BStBl II 1982, 397; vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222,
320, BStBl II 2008, 863, und vom 14. Juli 2009 VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815, jeweils
m.w.N.).
26 e) Es ist auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes geboten, § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. auf Wirtschaftsüberlassungsverträge
entsprechend anzuwenden. Es ist den Wirtschaftsüberlassungsverträgen eigen, dass ihnen
der Vermögensübergang --sei es durch Vollerwerb im Rechtssinne, sei es durch
Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums--, der die Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen gerade auszeichnet, fehlt. Dieser wesentliche Unterschied
rechtfertigt es, beide Vertragstypen unterschiedlich zu behandeln.
27 2. Der Senat kann jedoch nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die
vom Kläger geltend gemachten Altenteilsleistungen an seinen Großvater nach § 13a Abs. 3
Satz 2 EStG abziehbar sind. Feststellungen des FG zu der Frage, wie sich die geltend
gemachten Versorgungsleistungen in Höhe von 6.160 EUR zusammensetzen, fehlen. Dies
wird das FG im zweiten Rechtsgang zu klären haben. Angesichts der Tatsache, dass der
Großvater des Klägers lt. Wirtschaftsüberlassungsvertrag vom 3. Oktober 1989, in den der
Kläger mit Nachtrag vom 30. November 2008 eingetreten ist, lediglich 2,73 ha
landwirtschaftliche Fläche und 2,95 ha hinzugepachtete Fläche überlassen hat, weist der
Senat ergänzend auf § 12 EStG hin.