Urteil des BAG vom 23.02.2010

Auflösungsantrag des Arbeitgebers

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 23.2.2010, 2 AZR 554/08
Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen
Landesarbeitsgerichts vom 22. Mai 2008 - 5 Sa 174/05 - wird zurückgewiesen.
Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen
Landesarbeitsgerichts wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte
zu 2/3.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten - noch - über den Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis gemäß § 9
KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.
2 Der im März 1940 geborene Kläger war seit 1. Dezember 1993 bei der Beklagten als Leiter des
Rechts- und Ordnungsamts beschäftigt. Bei seinem Dienstantritt führte die Beklagte eine
rechtliche Auseinandersetzung mit der R GmbH. Im Streit standen Verpflichtungen aus einem
„Gestattungsvertrag“, der wechselseitige Ansprüche aus dem Betrieb von
Bräunungsanlagen(Solarien) regelte, die in einem Hallenbad der Beklagten aufgestellt worden
waren. Am 13. Dezember 1993 schrieben die von der Beklagten beauftragten Rechtsanwälte an
die R GmbH, hinsichtlich des bestehenden Gestattungsvertrags sei entschieden worden, diesen
unverändert bis zu seiner Beendigung fortzuführen. Eine Vertragsverlängerung komme nicht in
Betracht. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1993 nahm die R GmbH „das Angebot“ an. Am selben
Tag kündigte der Kläger in Unkenntnis der vorstehenden Erklärungen namens der Beklagten den
Gestattungsvertrag „vorsorglich fristlos“. Die R GmbH verklagte daraufhin die Beklagte beim
Landgericht Koblenz auf Zahlung von Erlösen aus dem Betrieb der Bräunungsanlagen in Höhe von
knapp 68.000,00 DM. In dem Rechtsstreit ließ sich die Beklagte durch andere Rechtsanwälte
vertreten. Der Kläger wurde mit der internen Bearbeitung des Vorgangs beauftragt. Mit Schreiben
vom 16. August 1994 legte er gegenüber den neu beauftragten Anwälten seine Auffassung zur
Rechtslage dar. Im Dezember 1994 legten diese das Mandat nieder. Zur Begründung beriefen sie
sich auf divergierende Rechtsauffassungen zwischen ihnen und dem Kläger sowie die
Nichtzahlung eines angeforderten Vorschusses. Der Kläger schaltete nunmehr andere
Rechtsanwälte ein. Im März 1995 unterrichtete er den inzwischen neu gewählten
Oberbürgermeister über den Fortgang des Verfahrens und einen zu erwartenden ungünstigen
Prozessausgang in erster Instanz.
3 Am 3. August 1995 gab das Landgericht der Klage der R GmbH weitgehend statt. Das Urteil
wurde den Prozessvertretern der Beklagten laut deren Empfangsbekenntnis am 7. August 1995
zugestellt. Mit „Hausbrief“ vom 30. August 1995 unterrichtete der Kläger den Oberbürgermeister
über den Sachstand und empfahl unter Hinweis auf die am 7. September 1995 ablaufende
Rechtsmittelfrist, gegen das Urteil des Landgerichts Berufung einzulegen. Mit Schreiben vom
5. September 1995 meldete er gegenüber den erstbeauftragten Rechtsanwälten, wie ebenfalls in
seinem „Hausbrief“ empfohlen, Regressansprüche der Beklagten an. Außerdem fertigte er einen -
vom Oberbürgermeister gebilligten - Entwurf für eine Klage gegen die als zweite beauftragten
Rechtsanwälte, mit der das an diese bereits geleistete Honorar zurückgefordert werden sollte.
4 Mit Schreiben vom 11. September 1995 beanstandete der Kläger gegenüber einer Bürgerin deren
Verhalten gegenüber einem Vollzugsbediensteten der Beklagten. Er kündigte an, bei erneuter
Missachtung eines Halteverbots „über die Führerscheinstelle prüfen zu lassen“, ob sie die
charakterliche Eignung „für die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr“ noch besitze. Auf
eine Beschwerde der Betroffenen erteilte die Beklagte dem Kläger am 10. Oktober 1995 eine
Ermahnung, mit der sie seine Ausführungen als überzogen beanstandete. Mit einer weiteren
Ermahnung vom selben Tag hielt sie dem Kläger vor, einen ihm unterstellten Bediensteten
weisungswidrig nicht als Sachgebietsleiter für Gewerbeangelegenheiten eingesetzt zu haben.
5 Am 11. Oktober 1995 erstellten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine
gutachterliche Stellungnahme zu den Rechtsmittelaussichten in Sachen RML GmbH und dem
Vorgehen des Klägers in dieser Angelegenheit. Sie veranlasste die Beklagte, ihre gegen das Urteil
des Landgerichts Koblenz eingelegte Berufung zurückzunehmen.
6 Durch „Hausbrief“ vom 12. Oktober 1995 und ergänzende mündliche Unterrichtung leitete die
Beklagte gegenüber dem Personalrat das Mitwirkungsverfahren zu einer beabsichtigten
ordentlichen Kündigung des Klägers ein. Am 19. Oktober 1995 äußerte der Personalrat Bedenken.
7 Mit Schreiben vom 24. Oktober 1995 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum
31. Dezember 1995. Sie berief sich auf Schlechtleistungen des Klägers im Zusammenhang mit
der Bearbeitung des Falls R GmbH. Mit Schreiben vom 3. November 1995 entzog sie ihm mit
sofortiger Wirkung seine Befugnisse als Amtsleiter und forderte ihn auf, diese Anordnung
gemeinsam mit dem Oberbürgermeister in der Dienststelle bekannt zu geben.
8 Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Die
Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung
einer Abfindung zum 31. Dezember 1995 aufzulösen.
9 Mit Urteil vom 19. Februar 1999 hat das Arbeitsgericht der Klage ua. mit der Begründung
stattgegeben, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Zugleich hat es die Beklagte zur
Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt und ihren Auflösungsantrag abgewiesen.
10 Mit ihrer Berufung hat sich die Beklagte nur noch gegen ihre Verurteilung zur Weiterbeschäftigung
des Klägers und gegen die Abweisung ihres Auflösungsantrags gewandt. Das
Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 5. Mai 2000(- 10 Sa 247/99 -) der Berufung hinsichtlich
des Weiterbeschäftigungsantrags stattgegeben, wegen des Auflösungsantrags hat es sie
zurückgewiesen. Auf die nur für die Beklagte zugelassene Revision hat der Senat am
27. September 2001 (- 2 AZR 389/00 -) dieses Urteil teilweise aufgehoben und die Sache zur
neuen Entscheidung über den Auflösungsantrag an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
11 Mit Urteil vom 4. September 2003(- 10 Sa 104/02 -) hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der
Beklagten erneut zurückgewiesen. Ebenfalls zurückgewiesen hat es eine Anschlussberufung des
Klägers, mit der dieser ua. (erstmals) begehrt hatte festzustellen, dass die Kündigung vom
24. Oktober 1995 wegen Verstoßes gegen § 28 Abs. 3 SächsGemO unwirksam ist und (erneut)
beantragt hatte, die Beklagte zu seiner Weiterbeschäftigung zu verurteilen. Auf die dagegen
erhobene Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Sächsische Verfassungsgerichtshof mit
Beschluss vom 24. Februar 2005 das Berufungsurteil wegen Verletzung des Anspruchs auf
Gewährung rechtlichen Gehörs insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen hat, und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
12 Die Beklagte hat zur Begründung ihres Auflösungsantrags geltend gemacht, eine gedeihliche
Zusammenarbeit der Parteien sei nicht mehr zu erwarten gewesen. Der Kläger habe bei der
Bearbeitung der Sache R GmbH seine Befugnisse als Amtsleiter überschritten und sei weiterhin
nicht willens, dies einzugestehen. Er vertrete selbst abstruse Rechtsansichten kompromisslos.
Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die Dialogfähigkeit und eine objektive Würdigung
gegenteiliger Rechtspositionen voraussetze, sei angesichts seiner „an Verblendung grenzenden
Selbstherrlichkeit“ ausgeschlossen. Beleg für seine Uneinsichtigkeit seien auch mehrere
Ablehnungsgesuche gegenüber verfahrensbeteiligten Richtern, die der Kläger stets dann
angebracht habe, wenn deutlich geworden sei, dass diese seine Rechtsansichten nicht teilten.
Dadurch habe er sich für die Tätigkeit eines beratenden Juristen in der öffentlichen Verwaltung als
ungeeignet erwiesen. Zudem sei das Vertrauensverhältnis zur Dienststellenleitung und anderen
Mitarbeitern ihrer Verwaltung irreparabel zerstört. Der Kläger habe die Weisungsbefugnis ihres
früheren Oberbürgermeisters in Frage gestellt und sich illoyal verhalten, als er im November 1995
eine „Petition“ mit teils beleidigendem Inhalt unter Umgehung des Dienstwegs - unstreitig -
unmittelbar einzelnen Stadträten zugeleitet habe. Außerdem habe er den Oberbürgermeister laut
eines Zeitungsartikels aus dem Jahr 1997 öffentlich angegriffen, indem er - unstreitig - bei einer
Veranstaltung geäußert habe, die Stadträte sollten sich vom Oberbürgermeister nicht „mit fünf
Worten abspeisen lassen“, sondern ggf. Akteneinsicht verlangen. Mit seiner schriftsätzlichen
Äußerung: „… Die Verletzung einer Verhaltensnorm der SächsGemO ist ebenso ein Bruch des
geschriebenen Rechts wie die Wegnahme einer fremden Sache in Zueignungsabsicht oder das
Entleeren von Fäkalien in ein Gewässer“ habe er den Oberbürgermeister sogar einer Straftat
bezichtigt. Hinzu kämen außergerichtliche Schreiben des Klägers aus den Jahren 2005 und 2006,
mit denen er versucht habe, Druck auf sie auszuüben. Sie enthielten ehrenrührige Behauptungen
über ihren amtierenden Oberbürgermeister. Mit Verweis auf einen auf den 6. August 1995 datierten
„Hausbrief“ habe der Kläger ferner wider besseres Wissen behauptet, den damaligen
Oberbürgermeister bereits vor dem 30. August 1995 über das erstinstanzliche Obsiegen der R
GmbH informiert zu haben. Er habe dadurch dessen Glaubwürdigkeit in Frage stellen wollen. Dies
sei als versuchter Prozessbetrug zu werten.
13 Die Beklagte hat zuletzt beantragt,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des
Gerichts gestellt wird, zum Ablauf des 31. Dezember 1995 aufzulösen.
14 Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, das
Begehren scheitere schon daran, dass die Kündigung vom 24. Oktober 1995 nicht nur
sozialwidrig, sondern auch aus anderen Gründen unwirksam sei. Insbesondere habe die Beklagte
es entgegen § 28 Abs. 3 SächsGemO versäumt, das im Fall einer Entlassung von
Gemeindebediensteten zwingend erforderliche Einvernehmen mit dem Stadtrat herzustellen.
Außerdem fehle es an einer objektiv ausreichenden Unterrichtung des Personalrats über die
Kündigungsgründe; der Grundsatz der subjektiven Determiniertheit finde im Bereich der
öffentlichen Verwaltung keine Anwendung. Die Kündigung sei zudem sittenwidrig. Ebenso wenig
lägen Auflösungsgründe vor. Die ins Persönliche gehenden Beschimpfungen im Zusammenhang
mit seiner beratenden Tätigkeit in Sachen R GmbH entbehrten jeder Grundlage. Mangels
Rückfragen des Oberbürgermeisters zu seinen schriftlichen Ausführungen habe er davon
ausgehen dürfen, dass kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe. Dem Hausbrief vom
30. August 1995 seien inhaltsgleiche Briefe vom 6. August 1995 an den Oberbürgermeister und an
den Verwaltungsausschuss vorangegangen. Der Vorwurf des Prozessbetrugs sei unberechtigt.
15 Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen. Mit der
Revision verfolgt die Beklagte ihren Auflösungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen. Im Wege der Anschlussrevision hat er ferner den Antrag angekündigt, das
Berufungsurteil möge „insoweit abgeändert (werden), als im Tenor der mit dem Berufungsantrag
verfolgte Auflösungsantrag nach KSchG § 9 wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen wird“. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er beantragt, den Auflösungsantrag „wegen
Verstoßes gegen § 28 Abs. 3 der Sächsischen Gemeindeordnung als unzulässig und
unbegründet“ zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
16 Revision und Anschlussrevision haben keinen Erfolg.
17 A. Der Senat ist nicht an einer Überprüfung des Berufungsurteils gehindert. Der Einwand des
Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die Revision zu Unrecht zugelassen, ist unbeachtlich.
Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht
gebunden(§ 72 Abs. 3 ArbGG).
18 B. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat deren Berufung zu
Recht zurückgewiesen. Ihr Auflösungsantrag ist unbegründet. Es liegen keine Auflösungsgründe
iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vor. Ob die Kündigung vom 24. Oktober 1995 nicht nur mangels
sozialer Rechtfertigung, sondern auch aus anderen Gründen iSv. § 13 Abs. 3 KSchG unwirksam
ist, braucht daher nicht entschieden zu werden.
19 I. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag des
Arbeitgebers aufzulösen und diesen zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zur verurteilen,
wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Diese Voraussetzung ist im
Streitfall nicht gegeben.
20 1. Eine Auflösung scheitert nicht schon daran, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien im
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz - unstreitig - bereits beendet
war.
21 a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass ihr Arbeitsverhältnis - sollte es nicht
durch eine weitere ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. November 1995 schon zum
31. März 1996 aufgelöst worden sein - spätestens mit Ablauf des 31. März 2005 geendet hat. Der
Kläger, der im März 2005 sein 65. Lebensjahr vollendete, ist mit Wirkung vom 1. April 2005 in den
Ruhestand getreten und bezieht seither Regelaltersrente.
22 b) Nach § 9 Abs. 2 KSchG ist für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Zeitpunkt
festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung - hier der 31. Dezember 1995 -
geendet hätte. Daraus folgt, dass ein Antrag auf Auflösung nicht mehr gestellt werden kann, wenn
das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits aus anderen Gründen beendet war. Eine
gerichtliche Auflösung kommt nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis zu dem gesetzlich
zwingend vorgeschriebenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat. Andernfalls kann durch das
Urteil nichts mehr gestaltet werden(BAG 20. März 1997 - 8 AZR 769/95 - zu B II 4 b der Gründe,
BAGE 85, 330). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat jedenfalls
nicht vor dem 31. Dezember 1995 geendet.
23 c) Hat das Arbeitsverhältnis zwar erst nach dem gemäß § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden
Zeitpunkt, aber schon vor Erlass des Auflösungsurteils geendet, steht dies einer gerichtlichen
Auflösung nicht entgegen(BAG 24. Mai 2005 - 8 AZR 246/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 114, 362;
Senat 17. September 1987 - 2 AZR 2/87 - zu II 2 a der Gründe, RzK I 11a Nr. 16). Allerdings ist in
einem solchen Fall ein anderer als der sonst vorgesehene Beurteilungszeitpunkt maßgeblich.
Grundsätzlich ist die Begründetheit eines Auflösungsantrags nach den bei Erlass des Urteils
vorliegenden Umständen zu beurteilen (Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 14, EzA
KSchG § 9 nF Nr. 57; 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04 - zu II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 9
Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52). Eine auf deren Grundlage anzustellende zukunftsgerichtete
Prognose kann bei einer schon zuvor eingetretenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht
mehr erfolgen. Daher ist die Prognose anhand der bis zur Beendigung eingetretenen Umstände zu
erstellen und auf den Zeitraum zwischen dem Termin, zu dem die Kündigung gewirkt hätte, wenn
sie sozial gerechtfertigt gewesen wäre, und dem Beendigungszeitpunkt zu erstrecken (BAG
17. September 1987 - 2 AZR 2/87 - zu II 3 b der Gründe, aaO).
24 d) An dieser Rechtsprechung, die in der Literatur vielfach Zustimmung gefunden hat(vgl.
APS/Biebl 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 88; ErfK/Kiel 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 5; v. Hoyningen-
Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 41; SPV/Vossen 10. Aufl. 2010 Rn. 2102; aA
Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 9 Rn. 28), hält der Senat auch in Anbetracht der im
angefochtenen Urteil geäußerten Bedenken fest.
25 aa) Das Landesarbeitsgericht meint, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor einer
Entscheidung über den Auflösungsantrag fehle es schon deshalb an Auflösungsgründen, weil eine
Zusammenarbeit der Parteien, anders als § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorausgesetzt, in keinem Fall
mehr „zu erwarten“ sei. Die Auffassung des Senats sei mit der Zukunftsbezogenheit des
Auflösungsantrags nicht vereinbar und führe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten
Differenzierung. Werde über den Auflösungsantrag noch kurz vor der Beendigung entschieden, sei
ein Prognosezeitraum von ggf. nur wenigen Tagen zugrunde zu legen. Demgegenüber komme es
bei einer Entscheidung nach dem Beendigungszeitpunkt ggf. auf einen Zeitraum von mehreren
Jahren an.
26 bb) Dieser Einwand überzeugt nicht. Er berücksichtigt nicht, dass gerade der Ausschluss einer
Auflösungsmöglichkeit wegen anderweitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu unbilligen
Ergebnissen führen kann. So bliebe der Arbeitgeber auch bei Vorliegen von Auflösungsgründen
grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach Maßgabe von § 615 BGB bis zur Beendigung
des Arbeitsverhältnisses Gehalt zu zahlen, während er andernfalls lediglich eine Abfindung in den
Höchstgrenzen des § 10 KSchG zu zahlen hätte. Auch auf Seiten des Arbeitnehmers kann der
Wegfall eines berechtigten Abfindungsanspruchs zu wirtschaftlichen Nachteilen führen. Dies
könnte eine an der Vereitelung der Auflösung interessierte Partei dazu verleiten, den Prozess,
soweit dies in ihrer Macht steht, über den Beendigungszeitpunkt hinaus zu verzögern, um daraus
finanzielle Vorteile zu ziehen(vgl. Senat 21. Januar 1965 - 2 AZR 38/64 - zu I 1 der Gründe, BAGE
17, 46). Dem kann durch die vom Senat bevorzugte Lösung begegnet werden. Sie trägt überdies
dem gesetzlichen Sanktionszweck der nach § 10 KSchG festzusetzenden Abfindung Rechnung
(vgl. ErfK/Kiel 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 5) und entspricht der Methodik des Schadenersatzrechts
(Senat 21. Januar 1965 - 2 AZR 38/64 - aaO; Tschöpe FS Schwerdtner 217, 242 f.).
27 2. Gleichwohl war das Arbeitsverhältnis nicht aufzulösen. Das Landesarbeitsgericht ist im
Rahmen seiner das Urteil selbstständig tragenden(Hilfs-)Begründung rechtsfehlerfrei zu dem
Ergebnis gelangt, auch bei einem Prognosezeitraum vom 1. Januar 1996 (Ablauf der
Kündigungsfrist) bis zum 31. März 2005 (spätestes Ende des Arbeitsverhältnisses) fehle es an
Auflösungsgründen iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
28 a) Das KSchG ist seiner Konzeption nach ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. An
den Auflösungsgrund sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen(Senat 8. Oktober 2009 -
2 AZR 682/08 - Rn. 13 mwN, EzA KSchG § 9 nF Nr. 57; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 42
ff., AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte
Kündigung Nr. 163). Ein Auflösungsantrag kommt vor allem dann in Betracht, wenn während eines
Kündigungsschutzprozesses zusätzliche Spannungen zwischen den Parteien auftreten, die eine
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen (Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR
682/08 - aaO; 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 65, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte
Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67).
29 b) Auflösungsgründe für den Arbeitgeber können solche Umstände sein, die das persönliche
Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner
Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen.
Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den
Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im
schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die
Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer
gefährdet ist(Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 15, EzA KSchG § 9 nF Nr. 57; 7. März
2002 - 2 AZR 158/01 - zu B II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 42 = EzA KSchG § 9 nF
Nr. 45). In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige
ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber,
Vorgesetzte oder Kollegen (Senat 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04 - zu II 2 c der Gründe mwN, AP
KSchG 1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52).
30 c) Auch das Verhalten des Arbeitnehmers oder seines Prozessbevollmächtigten im
Kündigungsschutzprozess kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dies gilt für
vom Arbeitnehmer nicht veranlasste Erklärungen seines Prozessbevollmächtigten jedenfalls dann,
wenn er sich diese zu eigen macht und sich auch nachträglich von ihnen nicht distanziert (Senat
7. März 2002 - 2 AZR 158/01 - zu B II 2 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 42 = EzA KSchG
§ 9 nF Nr. 45).
31 Dabei ist zu berücksichtigen, dass Erklärungen im laufenden Kündigungsschutzverfahren durch
ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können. Die wertsetzende Bedeutung
der Grundrechte ist auch auf der Rechtsanwendungsebene zu gewährleisten, wenn im Zuge der
Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Normen grundrechtlich geschützte Positionen
berührt werden(BVerfG 15. April 2008 - 1 BvR 1793/07 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 2008,
2424). Deshalb sind bei der Beurteilung, ob aufgrund von Äußerungen des Arbeitnehmers eine
weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber nicht mehr zu erwarten steht, die
grundrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, zu
beachten. Der Grundrechtsschutz besteht unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder
emotional, begründet oder grundlos ist, ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll
oder wertlos gehalten wird. Er bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der
Äußerung. Selbst eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch
nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (BVerfG 16. Oktober 1998 - 1 BvR 1685/92 - zu II 2 a aa der
Gründe, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 24 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 40; 10. Oktober
1995 - 1 BvR 1476/91 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 92, 266). Allerdings wird das Grundrecht
auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht schrankenlos gewährt, sondern durch die
allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt. Mit
diesen muss es ggf. in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden (BVerfG 15. April 2008 -
1 BvR 1793/07 - mwN, aaO; BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 26, AP BGB § 626
Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13).
32 Darüber hinaus ist gerade im Rahmen einer prozessualen Auseinandersetzung zu
berücksichtigen, dass Parteien zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche
Gehör(Art. 103 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder
einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR
963/90 - zu C II 3 der Gründe, NJW 1991, 2074). Anerkannt ist insbesondere, dass ein
Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen
darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger
hätte formulieren können. Das gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Auch dürfen
die Parteien nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne
Weiteres auf der Hand liegt (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - aaO).
33 d) Die Würdigung, ob nach diesen Maßstäben im Einzelfall die Auflösung des Arbeitsverhältnisses
gerechtfertigt ist, obliegt in erster Linie dem Tatsachengericht. Das Revisionsgericht kann aber
nachprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Auflösungsantrag verkannt und
bei Prüfung der vorgetragenen Auflösungsgründe alle wesentlichen Umstände vollständig und
widerspruchsfrei berücksichtigt und gewürdigt hat(vgl. Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 -
Rn. 16, EzA KSchG § 9 nF Nr. 57; 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04 - zu II 1 der Gründe, AP KSchG
1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52). Dem hält die Entscheidung des
Landesarbeitsgerichts stand.
34 aa) Zu Recht hat sich das Landesarbeitsgericht auf die Prüfung solcher Umstände beschränkt, die
bis zum 31. März 2005 eingetreten waren. Erklärungen des Klägers, die dieser nach Beginn
seines Ruhestands abgegeben hat, oder ihm insoweit zuzurechnende Äußerungen seiner Ehefrau
sind ungeeignet, den Auflösungsantrag der Beklagten zu begründen. Das folgt daraus, dass die
Begründetheit des Antrags in Fällen wie dem vorliegenden aus der Sicht des Zeitpunkts der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beurteilen ist. Damit wäre eine - selbst eine nur
unterstützende - Heranziehung von Vorfällen, die sich erst später ereignet haben, unvereinbar.
Hinzu kommt, dass eine Verletzung nachvertraglicher Schutz- und Rücksichtnahmepflichten
wegen einer nach Vertragsende veränderten Pflichtenstruktur keine sicheren Rückschlüsse auf
die Möglichkeit einer gedeihlichen, an den Betriebszwecken orientierten Zusammenarbeit in einem
noch aktiven Arbeitsverhältnis zuließe.
35 bb) Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass die interne Bearbeitung des
Rechtsstreits mit der R GmbH der Beklagten keinen Grund für eine Auflösung des
Arbeitsverhältnisses gab.
36 (1) Der Beklagten war es nicht schon verwehrt, zur Begründung ihres Auflösungsantrags auf
solche Umstände zurückzugreifen, die sie zur Rechtfertigung ihrer sozial ungerechtfertigten
Kündigung vom 24. Oktober 1995 angeführt hatte. Derartige Sachverhalte können jedenfalls dann
zur Begründung eines Auflösungsantrags herangezogen werden, wenn der Arbeitgeber sich - wie
hier - auch noch auf weitere Tatsachen beruft(Senat 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07 - Rn. 71
mwN, AP BGB § 626 Nr. 218).
37 (2) Das Landesarbeitsgericht hat das Verhalten des Klägers in Teilen als vertragswidrig
angesehen. So hat es angenommen, der Kläger habe vor Kündigung des Gestattungsvertrags mit
der R GmbH Rücksprache mit den bereits beauftragten Rechtsanwälten halten müssen.
Außerdem habe er seine Kompetenzen überschritten, als er anschließend Rechtsanwälte selbst
mandatiert habe. Ferner habe er den Oberbürgermeister verspätet über das Urteil des
Landgerichts vom 3. August 1995 unterrichtet und in seinem „Hausbrief“ Bedenken des Gerichts
gegen die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung nicht hinreichend Rechnung getragen.
38 (3) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, dass solcherart Pflichtverletzungen
einer den Betriebszwecken dienlichen Zusammenarbeit der Parteien deshalb nicht
entgegenstanden, weil sie sich durch geeignete Weisungen der Beklagten hätten steuern lassen.
39 (4) Auch der vom Kläger in Sachen R GmbH eingenommene Rechtsstandpunkt als solcher und
die Konsequenz, mit der der Kläger ihn vertreten hat, sind kein Auflösungsgrund. Die von der
Beklagten beauftragten Gutachter haben in ihrer Stellungnahme die Rechtslage als „kompliziert“
bezeichnet und gemeint, die Auffassung des Klägers könne jedenfalls nicht als „völlig abwegig“
bezeichnet werden. Das hat das Berufungsgericht mit nachvollziehbaren Argumenten ebenso
gesehen. Die Erhebung einer Klage auf Rückzahlung von Honorar gegen die zweitbeauftragten
Rechtsanwälte war nicht völlig fernliegend. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass diese
bei Mandatsniederlegung ihren Vorschuss bereits erhalten hatten. Ein „überzogenes Vorgehen“
des Klägers kann ebenso wenig in der Erhebung von Schadensersatzforderungen gegenüber den
ursprünglich beauftragten Rechtsanwälten gesehen werden. Immerhin war deren Schreiben vom
13. Dezember 1993 ein Grund, der aus Sicht des Landgerichts Koblenz zum Unterliegen der
Beklagten im Rechtsstreit mit der R GmbH führte. Zudem waren die betreffenden Schritte mit dem
Oberbürgermeister der Beklagten abgestimmt.
40 cc) Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses war nicht mit Rücksicht auf das sonstige Verhalten
des Klägers geboten. Zwar hat das Berufungsgericht dieses Verhalten als teilweise
unverhältnismäßig, beleidigend oder illoyal qualifiziert. Auch hat es erkannt, dass es nicht ohne
jede Auswirkung auf die Zusammenarbeit der Parteien im Prognosezeitraum geblieben wäre.
Dennoch durfte es davon ausgehen, dass die Parteien aufgrund der besonderen Umstände des
Einzelfalls - etwa des teilweise fehlenden Bezugs zur Tätigkeit des Klägers und des Umstands,
dass der Konflikt durch ein unverhältnismäßiges Vorgehen der Beklagten selbst mit hervorgerufen
worden war - zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit hätten zurückfinden können.
41 (1) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, das Schreiben des Klägers vom 11. September 1995
an eine Bürgerin sei unangemessen und überzogen gewesen. Ferner sei es als Ausdruck einer
illoyalen Haltung gegenüber dem Oberbürgermeister zu bewerten, dass der Kläger zwar ständig
seine Verpflichtungen gegenüber Stadtrat und Gemeinde betont, bei seiner Anhörung durch den
Personalrat aber erklärt habe, Weisungen des Oberbürgermeisters nur unter dem Vorbehalt ihrer
gerichtlichen Prüfung befolgen zu wollen. Entsprechendes gelte für die Äußerungen des Klägers,
mit denen er in einem Zeitungsartikel zitiert worden sei. Es sei überzogen und unsachlich, wenn er
das Vorgehen des Oberbürgermeisters mit dem Wort „abspeisen“ würdige und durch den Hinweis
auf ein Verlangen nach Akteneinsicht Misstrauen säe. Auch habe er durch die Nichtbeachtung des
Verwaltungswegs bei Einreichung seiner Petition im November 1995 versucht, über die Mitglieder
des Stadtrats in unlauterer Weise Druck auf die Verwaltung auszuüben. Unangemessen seien
seine Ausführungen, mit denen er den dem Oberbürgermeister angelasteten Verstoß gegen § 28
Abs. 3 SächsGemO ohne Not mit Straftaten verglichen habe. Das belege, dass der Kläger nicht
immer das rechte Maß finde, angemessen auf möglicherweise zu Recht von ihm beanstandete
Situationen zu reagieren. Aus seinem Prozessverhalten, insbesondere der Begründung von
Ablehnungsgesuchen gegenüber zuständigen Richtern aus dem März und Mai 2003 werde seine
Eigenschaft deutlich, einem Anliegen in unverhältnismäßiger, teils aggressiver und beleidigender
Art Ausdruck zu verleihen.
42 (2) Ob diese Würdigung dem Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung(Art. 5 Abs. 1 GG)
und/oder seinem Petitionsrecht (Art. 17 GG und Art. 35 SächsVerf iVm. § 12 SächsGemO)
ausreichend Rechnung trägt, kann dahinstehen. Auch wenn dies zugunsten der Beklagten
unterstellt wird, musste das Landesarbeitsgericht dem Auflösungsantrag nicht stattgeben.
43 (a) Das fragliche Schreiben vom 11. September 1995 hat die Beklagte zum Anlass genommen,
dem Kläger eine Ermahnung auszusprechen. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass dieser
Vorfall aus ihrer Sicht einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit nicht entgegen steht.
Äußerungen des Klägers anlässlich prozessualer Ablehnungsgesuche hat das
Landesarbeitsgericht zu Recht keine fallübergreifende Bedeutung beigemessen. Das gilt ebenso
für eine in der rechtlichen Argumentation des Klägers mitschwingende „Überheblichkeit“. Aus der
Art und Weise der Prozessführung eines als beratender Jurist beschäftigten Arbeitnehmers in
einem eigenen Kündigungsrechtsstreit lässt sich nicht ohne Weiteres auf dessen Auftreten in
Rechtsstreitigkeiten schließen, die er für seinen Arbeitgeber zu führen hat. Umstände, die eine
andere Betrachtung rechtfertigen könnten, zeigt die Revision nicht auf. Das Landesarbeitsgericht
hat sich - entgegen dem Vorbringen der Beklagten - auch mit einem Brief des Klägers an die
Prozessbevollmächtigten in Sachen R GmbH auseinandergesetzt und - ohne dass dies
revisionsrechtlich zu beanstanden wäre - gemeint, ihm komme kein zu verallgemeinerndes
Gewicht zu. Auch die Vielzahl der zwischen den Parteien geführten Rechtsstreitigkeiten und der
Vorwurf der Revision, der Kläger habe selbst in aussichtsloser Lage Rechtsmittel gegen
Entscheidungen der Vorinstanzen eingelegt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es steht dem
Kläger frei, den Rechtsweg auszuschöpfen.
44 (b) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, zu Lasten der Beklagten sei zudem zu
berücksichtigen, dass diese mit der Kündigung und den sie begleitenden Umständen maßgeblich
zu den Spannungen zwischen den Parteien beigetragen habe, ist nicht zu beanstanden. Sie beruht
auf dem Gedanken, dass es dem Arbeitgeber nicht gestattet ist, sich auf von ihm selbst
herbeigeführte Auflösungsgründe zu berufen(vgl. Senat 2. Juni 2005 - 2 AZR 234/04 - zu II 2 e aa
der Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51; 7. März 2002 - 2 AZR
158/01 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 42 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 45; KR/Spilger 9. Aufl. § 9 KSchG
Rn. 56, 59). Unter diesem Gesichtspunkt ist es vertretbar, dass das Landesarbeitsgericht die
Kündigung - auch im Hinblick auf die umfangreichen Unterhaltspflichten des Klägers - als „rigide“
bewertet und dies damit begründet hat, weder habe der Kläger Kritik hinsichtlich seiner beratenden
und prozessbegleitenden Tätigkeit erfahren, noch sei ihm ausreichend Gelegenheit zur
Verhaltensänderung gegeben worden. Auch die Würdigung, in der Entbindung des Klägers von
seiner Stellung als Amtsleiter liege eine unverhältnismäßige Reaktion, ist nicht zu beanstanden.
Das gilt insbesondere angesichts des Verlangens, der Kläger möge seine Absetzung gemeinsam
mit dem Oberbürgermeister in der Verwaltung bekannt geben. Zu Unrecht rügt die Beklagte, das
Landesarbeitsgericht sei hinsichtlich dieser Erwägung der Verpflichtung zur Neubewertung des
Sachverhalts nach der Aufhebung seines ersten Urteils durch den Sächsischen
Verfassungsgerichtshof nicht ausreichend gerecht geworden. Auch wenn es Passagen aus dem
aufgehobenen Urteil zu großen Teilen wörtlich wiederholt und lediglich eine vom
Verfassungsgerichtshof bemängelte Passage ausgelassen hat, rechtfertigt dies nicht die
Annahme, es habe den Sachverhalt keiner erneuten und eigenständigen rechtlichen Überprüfung
unterzogen. Im Übrigen hat auch die Beklagte den Rechtsstreit nicht mit der gebotenen
Sachlichkeit geführt, soweit sie dem langjährig als Rechtsanwalt tätigen Kläger die fachliche
Kompetenz abgesprochen und behauptet hat, er habe im Rechtsstreit mit der R GmbH „abstruse“
Rechtsauffassungen vertreten.
45 (c) Die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, angesichts der Möglichkeit der Beklagten, auf
das Verhalten des Klägers durch eindeutige Regelungen und sachliche Anweisungen steuernd
einzuwirken, sei durchaus eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit der Parteien zu erwarten
gewesen, ist vertretbar. Ihr steht nicht entgegen, dass es bestimmte Verhaltensauffälligkeiten des
Klägers dessen Persönlichkeitsstruktur zugeschrieben hat. Darin läge allenfalls dann ein
Widerspruch, wenn es von einer mangelnden Steuerbarkeit des beanstandeten Verhaltens
ausgegangen wäre. Das ist nicht der Fall. Ebenso wenig kann den Äußerungen des Klägers zum
Weisungsrecht des Oberbürgermeisters entnommen werden, er sei nicht(mehr) gewillt, diese zu
befolgen. Seine Äußerung, er werde künftige Weisungen ggf. gerichtlich überprüfen lassen, war
erkennbar durch die unerwartete Konfrontation mit der Kündigungsabsicht der Beklagten bedingt
und berechtigt nicht zu der Annahme, er werde sich auch bei Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses eindeutigen Regelungen und Anweisungen verschließen. Das entsprach im
Übrigen der Einschätzung des Personalrats, der die Äußerung und Begleitumstände unmittelbar
wahrgenommen hatte.
46 dd) Das Landesarbeitsgericht hat kein entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten
übergangen oder fehlerhaft gewichtet.
47 (1) Zu Unrecht rügt die Revision, es habe sich nicht mit der Beleidigung eines seinerzeit
zuständigen Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht auseinandergesetzt. Die
Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Gehörsverletzung ist nicht zu erkennen.
48 (2) Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe eine im Schriftsatz des Klägers vom
10. April 2003 enthaltene Äußerung über ihren Oberbürgermeister übergangen, derzufolge dieser
„seine Kommunalerfahrung in einem Rechtssystem erworben hatte, bei dem die sogenannte
sozialistische Gesetzlichkeit eine Nachgiebigkeit des Rechts für politische Ziele erforderte“, hat sie
es versäumt darzulegen, wann und wo sie diese Äußerung zum Gegenstand ihres
Auflösungsbegehrens gemacht hatte.
49 (3) Auf Äußerungen des Klägers im Schriftsatz vom 18. April 2006 und in einer Eingabe an den
Regierungspräsidenten vermag die Beklagte ihren Auflösungsantrag schon deshalb nicht zu
stützen, weil sie die Zeit nach dem 31. März 2005, dem Ende des Prognosezeitraums, betreffen.
50 (4) Das Landesarbeitsgericht hat nicht den Regelungsgehalt des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG als
einer neben § 626 BGB bestehenden Lösungsmöglichkeit des Arbeitgebers verkannt, soweit es
dem am 16. März 2005 verfassten Schreiben des Klägers wegen der alsbaldigen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses keine Bedeutung mehr beigemessen hat. Das Schreiben war unmittelbar an
den amtierenden Oberbürgermeister gerichtet. Eine Außenwirkung kam ihm nicht zu. Der Kläger
befasste sich darin überwiegend mit aus seiner Sicht vorliegenden Amtspflichtverletzungen des
Amtsvorgängers. Eine Mitverantwortung des Adressaten stellte er allenfalls unter dem Aspekt
unterbliebener Mitarbeiterverantwortung „in den Raum“. Anders als die Beklagte meint, kann unter
diesen Umständen nicht angenommen werden, das Schreiben habe sie trotz des unmittelbar
bevorstehenden Endes des Arbeitsverhältnisses zu einer fristlosen Kündigung berechtigt und
müsse daher erst recht als Auflösungsgrund taugen.
51 Unschädlich ist, dass sich das Landesarbeitsgericht nicht näher mit der Frage befasst hat, ob die
Äußerungen des Klägers sein vorangegangenes Verhalten in einem anderen Licht erscheinen
lassen. Der Kläger hat das Schreiben mit dem Hinweis darauf eingeleitet, dass er „am letzten Tag,
an dem mich der Arbeitsvertrag den Bürgern dieser Stadt zum Einsatz für das Gemeinwohl
verpflichtet, … das Résumée ziehen (könne)“. Dies spricht dafür, dass er sich seiner
Mäßigungspflicht im bestehenden Arbeitsverhältnis durchaus bewusst war und sie auch bei
tatsächlicher Beschäftigung beachtet hätte.
52 (5) Ein Auflösungsgrund ergibt sich ebenso wenig aus dem Vorbringen des Klägers zur Erstellung
des „Hausbriefs“ vom 30. August 1995, von dem er unter Vorlage einer bereits auf den 6. August
1995 datierten Ausfertigung behauptete, ihn schon Anfang August dem Oberbürgermeister
zugeleitet zu haben. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, insoweit fehle es an hinreichenden
Indiztatsachen für einen vorsätzlich falschen Prozessvortrag des Klägers. Dem Gericht sei aus
eigener Erfahrung bekannt, dass es seinerzeit(1995) bei der Verwendung einer bestimmten, auch
von der Beklagten genutzten Software häufig zu programmtechnisch bedingten Fehlern bei
Formatierungen und Datierungen gekommen sei. Dem Kläger habe - zumal sehr viel später - die
(richtige) Datierung des Briefs auf den 30. August 1995 nicht mehr bewusst sein müssen. Die
Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe diesen Gesichtspunkt nur nach einem
ausdrücklichen richterlichen Hinweis berücksichtigen dürfen, ist unbegründet. Die Beklagte
übersieht, dass sich der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Juni 2006 auf mögliche
programmtechnische Fehler bei der automatischen Erzeugung des Datums im „Hausbrief“
berufen hatte, ohne dass sie dem entgegen getreten wäre. Unter diesen Umständen stellt es
keinen Verfahrensmangel dar, wenn das Landesarbeitsgericht das klägerische Vorbringen mit
eigenem Wissen vergleicht. Seine Würdigung lässt nicht erkennen, dass es dabei die
ausdrückliche Behauptung des Klägers, das Dokument am 6. August 1995 und nicht erst am
30. August 1995 erstellt zu haben, übergangen hätte. Es brauchte in den Entscheidungsgründen
nicht auf alle Einzelheiten des Vorbringens der Parteien einzugehen, zumal die Behauptung des
Klägers einen Irrtum auf seiner Seite nicht ausschließt. Die Beklagte führt im Übrigen selbst an,
der Kläger habe in seinem Schriftsatz vom 20. August 2003 „klarstellend“ erklärt, seine Angaben
zu einer „vermuteten Absendung des Hausbriefs nahe bei dem 6. August 1995“ seien „ein für
Jedermann erkennbarer Irrtum“ gewesen. Der späteren Modifizierung dieses Vorbringens ist nicht
zu entnehmen, dass der Kläger die Möglichkeit eines Irrtums nunmehr gänzlich ausschließen
wollte.
53 II. Fehlt es an einem Auflösungsgrund iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, kann offen bleiben, ob der
Beklagten ein Auflösungsantrag überhaupt zu Gebote stand. Darauf, ob die Kündigung vom
24. Oktober 1995 aus sonstigen Gründen unwirksam war, wie der Kläger gemeint hat, kommt es
nicht an.
54 1. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur in Betracht,
wenn die Kündigung nicht auch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam
ist(Senat 28. Mai 2009 - 2 AZR 949/07 - Rn. 15; 28. August 2008 - 2 AZR 63/07 - Rn. 27,
BAGE 127, 329). Dabei führt das Vorliegen eines anderen Unwirksamkeitsgrundes iSv. § 13
Abs. 3 KSchG nicht zur Unzulässigkeit des Auflösungsbegehrens wegen Fehlens einer
Prozessvoraussetzung. Es mangelt dem Begehren vielmehr an einer materiellen Voraussetzung
des § 9 Abs. 1 KSchG wie beim Fehlen von Auflösungsgründen iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG
auch. Auf eine bestimmte Prüfungsreihenfolge sind die Gerichte gesetzlich nicht festgelegt. Liegt
nur eine der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG nicht vor, ist der Auflösungsantrag des
Arbeitgebers unbegründet. Einer Erörterung weiterer Voraussetzungen bedarf es dann nicht.
55 2. Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass der Kläger beantragt hat, die
Revision der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihr Auflösungsantrag „wegen
Verstoßes gegen § 28 Abs. 3 der Sächsischen Gemeindeordnung als unzulässig und
unbegründet“ abgewiesen werde. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abweisung des
Auflösungsantrags aus einem bestimmten rechtlichen Grund. Der Streitgegenstand bestimmt sich
durch den Antrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt(vgl. BAG
2. Oktober 2007 - 1 ABR 79/06 - Rn. 18 mwN, EzA ZPO 2002 § 559 Nr. 1). In diesem Rahmen
sind die Gerichte in der rechtlichen Beurteilung frei und nicht an die von den Parteien vorgebrachte
rechtliche Begründung gebunden. Im Übrigen hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit bereits
entschieden, dass die von § 28 Abs. 3 SächsGemO geforderte Herstellung des Einvernehmens
mit dem Stadtrat keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung gegenüber einem
Gemeindebediensteten darstellt (Urteil vom 27. September 2001 - 2 AZR 389/00 - zu II 5 der
Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 41 = EzA ZPO § 322 Nr. 13).
56 C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Der Kläger ist durch das Berufungsurteil
nicht beschwert.
57 I. Die Anschlussrevision stellt, obwohl nicht Rechtsmittel im eigentlichen Sinne, ein Angriffsmittel
dar, mit dem der Anschlussrevisionskläger eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu
seinen Gunsten erstrebt (BGH 11. März 1981 - GSZ 1/80 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 80, 146).
Dies setzt eine Beschwer des Anschlussrevisionsklägers durch das angefochtene Berufungsurteil
voraus (zB Senat 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B IV der Gründe, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 46
= EzA KSchG § 4 nF Nr. 61; 26. Januar 1995 - 2 AZR 355/94 - zu I 2 der Gründe, EzA BGB § 626
nF Nr. 155; BGH 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - zu II der Gründe mwN, LM ZPO § 556 Nr. 29).
58 II. Die Beschwer eines sich gegen den Auflösungsantrag des Arbeitgebers verteidigenden
Arbeitnehmers ist nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für die Beschwer einer beklagten
Partei gelten. Es kommt darauf an, ob das angefochtene Urteil seinem Inhalt nach für ihn nachteilig
ist, er also mit dem Rechtsmittel eine für ihn günstigere Entscheidung herbeiführen kann(vgl. BGH
4. Mai 2000 - VII ZR 53/99 - zu I 3 der Gründe mwN, BGHZ 144, 242). Das bestimmt sich allein
nach dem rechtskraftfähigen Inhalt der angefochtenen Entscheidung (BGH 16. April 1996 - XI ZR
302/95 - zu II 3 der Gründe, NJW-RR 1996, 828). An einer Beschwer fehlt es, wenn sich das
Rechtsmittel allein gegen die Urteilsbegründung wendet und die Partei dieselbe Entscheidung nur
mit einer anderen Begründung erstrebt (BGH 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03 - zu II 1 der
Gründe mwN, NJW-RR 2004, 724; 2. Dezember 1982 - IVb ZR 638/80 - zu I 2 b der Gründe,
BGHZ 82, 246).
59 III. Danach liegt auf Seiten des Klägers eine Beschwer nicht vor.
60 1. Der Kläger strebt zwar, wie er vor dem Senat klargestellt hat, mit der begehrten Abweisung des
Auflösungsantrags als „unzulässig“ nicht etwa - zu seinen eigenen Lasten - ein bloßes
Prozessurteil an. Er will vielmehr erreichen, dass das Auflösungsbegehren der Beklagten aus
einem bestimmten Grund - wegen „sonstiger Unwirksamkeit“ der Kündigung vom 24. Oktober
1995 und insoweit va. wegen eines Verstoßes gegen § 28 Abs. 3 SächsGemO - abgewiesen wird.
Hinsichtlich der Wirkung seiner materiellen Rechtskraft unterscheidet sich das angefochtene von
dem erstrebten Urteil jedoch nicht. Die Gründe für die Abweisung eines Auflösungsantrags
nehmen an der Rechtskraft der Entscheidung nicht teil. Noch weniger sind sie etwa im Tenor des
Urteils auszusprechen. Der Kläger hat mit der Abweisung des gegnerischen Auflösungsantrags
durch das Landesarbeitsgericht voll obsiegt. Mehr könnte er mit seiner Revision nicht erreichen.
61 2. Der Kläger kann eine Beschwer durch das angefochtene Urteil nicht aus der Zurückweisung
seiner Anschlussberufung durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 4. September 2003
herleiten. Dieses Urteil ist insoweit rechtskräftig.
62 D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 iVm. § 92 ZPO.
Kreft
Schmitz-Scholemann
Berger
Dr. Roeckl
K. Schierle