Urteil des BAG vom 29.01.2014

Vereinbarkeit eines tariflichen Anspruchs auf Höhergruppierungsgewinn mit Art. 3 Abs. 1 GG?

Siehe auch:
Urteil des 6. Senats vom 29.1.2014 - 6 AZR 944/11 -
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 29.1.2014, 6 AZR 943/11
Vereinbarkeit eines tariflichen Anspruchs auf Höhergruppierungsgewinn mit Art. 3 Abs. 1 GG?
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Juli 2011 - 8 Sa
300/11 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über Ansprüche auf Höhergruppierungsgewinn.
2 Die im Juni 1952 geborene Klägerin ist seit Juli 1989 als Buchhalterin beim beklagten
Land beschäftigt. Sie ist in der Abteilung Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft D
eingesetzt. Nach dem Arbeitsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem
Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder
ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.
3 Die Klägerin war zunächst in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b der Anlage 1a zum BAT
eingruppiert. Zum 1. Februar 1991 wurde sie in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a der
Anlage 1a zum BAT höhergruppiert, weil ihr eine höherwertige Tätigkeit übertragen wurde.
Aufgrund Bewährungsaufstiegs wurde sie zum 1. Februar 1997 in Vergütungsgruppe IVb
Fallgruppe 2 der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert.
4 Zum 1. November 2006 wurde die Klägerin nach Anlage 2 Teil A des Tarifvertrags zur
Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des
Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in Entgeltgruppe 9 übergeleitet („IVb nach Aufstieg
aus Vb“). Die Zuordnung zu einer der fünf Entgeltstufen der Entgeltgruppe 9 (§ 16 Abs. 1
Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder [TV-L]) richtete sich nach
§§ 5, 6 TVÜ-Länder. Das für die Klägerin ermittelte Vergleichsentgelt betrug 3.107,01 Euro
und lag damit 127,01 Euro über dem Tabellenentgelt der höchsten Entgeltstufe 5 der
Entgeltgruppe 9. Die Klägerin wurde deshalb nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 TVÜ-Länder
einer individuellen Endstufe der Entgeltgruppe 9 zugeordnet (sog. Stufe 5+). Ihre
Vergütung nahm seitdem an Tarifentgelterhöhungen teil.
5 In der Abteilung Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft D arbeitet neben der
Klägerin eine im November 1954 geborene und seit Mai 2003 beim beklagten Land
beschäftigte Buchhalterin (Referenzperson). Auch das Arbeitsverhältnis der
Referenzperson unterfiel ursprünglich dem BAT und wurde zum 1. November 2006 in den
TV-L übergeleitet. Die Referenzperson war zunächst in Vergütungsgruppe Vb
Fallgruppe 1a der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Anders als die Klägerin hatte sie zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-L den Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe IVb
Fallgruppe 2 der Anlage 1a zum BAT noch nicht vollzogen. Zum 1. November 2006 wurde
die Referenzperson nach Anlage 2 Teil A TVÜ-Länder in Entgeltgruppe 9 übergeleitet
(„Vb mit ausstehendem Aufstieg nach IVb“). Das für sie ermittelte Vergleichsentgelt betrug
2.805,46 Euro und lag zwischen den Entgeltstufen 4 und 5 der Entgeltgruppe 9. Daher
wurde sie einer individuellen Zwischenstufe der Entgeltgruppe 9 zugeordnet (sog.
Stufe 4+). Zum 1. November 2008 erfolgte der Aufstieg in die nächsthöhere reguläre
Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 nach § 6 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder.
6 § 8 TVÜ-Länder lautete idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 1. März 2009
auszugsweise:
„…
(2)
1
Beschäftigte, die aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in eine der
Entgeltgruppen 2 sowie 9 bis 15 übergeleitet werden und …, erhalten ab
dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in
ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen
Zwischen- beziehungsweise Endstufe, die sich ergeben hätte, wenn sich ihr
Vergleichsentgelt (§ 5) nach der Vergütung aufgrund der Höhergruppierung
bestimmt hätte.
2
Ein etwaiger Strukturausgleich wird ab dem individuellen
Aufstiegszeitpunkt nicht mehr gezahlt. ...
(3)
1
Abweichend von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gelten die Absätze 1
beziehungsweise 2 auf schriftlichen Antrag entsprechend für übergeleitete
Beschäftigte, die bei Fortgeltung des BAT/BAT-O bis spätestens zum
31. Dezember 2010 wegen Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung
oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die
Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt
ist.
2
In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 erhalten Beschäftigte, die in der
Zeit zwischen dem 1. November 2008 und dem 31. Dezember 2010 bei
Fortgeltung des BAT/BAT-O höhergruppiert worden wären, in ihrer
bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen-
oder Endstufe, die sich aus der Summe des bisherigen Tabellenentgelts und
dem nach Absatz 2 ermittelten Höhergruppierungsgewinn nach bisherigem
Recht ergibt; die Stufenlaufzeit bleibt hiervon unberührt. …
…“
7 Die ursprüngliche Fassung des TVÜ-Länder vom 12. Oktober 2006 hatte in § 8 Abs. 3
lediglich eine Frist bis 31. Oktober 2008 enthalten. Die zitierten Passagen des § 8 TVÜ-
Länder idF vom 1. März 2009 blieben von den späteren Änderungstarifverträgen Nr. 3 vom
10. März 2011 und Nr. 4 vom 2. Januar 2012 bis auf den Stichtag des 31. Dezember 2010
unberührt. Die Tarifvertragsparteien einigten sich mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 3
stattdessen auf den 31. Oktober 2012.
8 Die Referenzperson beantragte am 13. Juli 2009 die Eingruppierung in
Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2, die ihr bei Fortgeltung des BAT seit 2. Mai 2009
zugestanden hätte. Für sie wurde ein Höhergruppierungsgewinn von 292,33 Euro
ermittelt, den sie zusätzlich zum Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L erhielt.
Seit der ab Januar 2011 wirkenden Tarifentgelterhöhung betrug der
Höhergruppierungsgewinn 295,84 Euro.
9 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Ergebnis der Überleitung in den TV-L
verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und das Gebot der gleichen Vergütung für gleiche Arbeit.
Obwohl sie und die Referenzperson die gleiche Tätigkeit ausübten und die
Referenzperson eine deutlich geringere Betriebszugehörigkeit aufweise, erhalte diese
eine erheblich höhere Vergütung. Das sei unter keinem sachlichen Gesichtspunkt
gerechtfertigt. Es handle sich zudem um eine unzulässige Diskriminierung wegen des
Alters iSv. §§ 1, 7 AGG. § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder benachteilige typischerweise ältere
Beschäftigte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-L bereits ihren
Bewährungsaufstieg vollzogen hätten. Die Ungleichbehandlung könne nur durch
Angleichung nach oben kompensiert werden.
10 Die Klägerin erstrebt deswegen für die Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2010
Höhergruppierungsgewinn in Höhe der an die Referenzperson geleisteten Beträge von
monatlich 292,33 Euro brutto, hilfsweise den Höhergruppierungsgewinn der
Referenzperson abzüglich des eigenen individuellen Entgeltanteils von 133,90 Euro
brutto. Für die Zeit ab Januar 2011 will die Klägerin festgestellt wissen, dass ihr der
Höhergruppierungsgewinn der Referenzperson von 295,84 Euro brutto zu zahlen sei,
hilfsweise gekürzt um den eigenen individuellen Vergütungsanteil von 135,51 Euro brutto.
11 Die Klägerin hat beantragt,
1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie 5.847,10 Euro nebst Zinsen von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen aufgeführter,
gestaffelter Höhe zu zahlen;
das beklagte Land hilfsweise zu verurteilen, an sie 3.168,60 Euro nebst
Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen
aufgeführter, gestaffelter Höhe zu zahlen;
2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab Januar 2011 das
ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich des Höhergruppierungsgewinns in
Höhe von derzeit 295,84 Euro zu zahlen;
hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab
Januar 2011 das ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich der Differenz aus dem
Höhergruppierungsgewinn in Höhe von derzeit 295,84 Euro abzüglich
individueller Endstufe in Höhe von derzeit 135,51 Euro zu zahlen.
12 Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Ergebnis der Überleitung in
den TV-L verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und
sei auch keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder
verfolge den Zweck, die Aussicht auf einen im Jahr 2006 noch nicht vollzogenen und unter
Geltung des TV-L auch nicht mehr vollziehbaren Bewährungsaufstieg zu schützen, indem
ein Höhergruppierungsgewinn gewährt werde. Der durch die Überleitung in den TV-L
entstehende Nachteil - der Verlust des Bewährungsaufstiegs - sei im Fall der
Referenzperson möglicherweise überkompensiert worden. Dadurch werde die Klägerin
aber nicht benachteiligt. Sie habe ihren Bewährungsaufstieg bereits unter Geltung des
BAT vollzogen und sei mit dem entsprechend höheren Entgelt in den TV-L übergeleitet
worden. Als Rechtsfolge einer Ungleichbehandlung komme jedenfalls keine Angleichung
nach oben in Betracht. Die Ausdehnung einer in Einzelfällen eingetretenen
Überkompensation auf die Gesamtheit der Beschäftigten widerspreche dem Willen der
Tarifvertragsparteien. Sie hätten mit § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder nur tatsächliche Nachteile
ausgleichen, keine zusätzlichen Vorteile gewähren wollen. Die Klägerin könne auch nicht
verlangen, gerade mit der ausgewählten Referenzperson gleichbehandelt zu werden. Der
Höhergruppierungsgewinn könne je nach Lebensalter und Ortszuschlag geringer oder
höher ausfallen. Die Klägerin habe allenfalls Anspruch darauf, nach denselben
Berechnungsmaßstäben wie die Referenzperson behandelt zu werden, nicht jedoch mit
demselben Berechnungsergebnis.
13 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
14 Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
15 A. Die Revision ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes ordnungsgemäß
ausgeführt.
16 I. Zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung gehört die Angabe der
Revisionsgründe (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Bei einer Sachrüge
muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen,
dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die
Revisionsbegründung muss sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils
auseinandersetzen (st. Rspr., vgl. zB BAG 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11;
16. Juli 2013 - 9 AZR 50/12 - Rn. 11). Hat das Berufungsgericht über mehrere
Streitgegenstände entschieden, muss die Revisionsbegründung sämtliche
Streitgegenstände behandeln, wenn sie die Entscheidung hinsichtlich aller
Streitgegenstände angreifen will (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20). Fehlt
zu einem Streitgegenstand ein Revisionsangriff, ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BAG
19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 13; 24. März 2011 - 6 AZR 691/09 - Rn. 17).
17 II. Nach diesen Maßstäben ist die Revision ordnungsgemäß begründet. Das
Landesarbeitsgericht hat die Abweisung der Anträge auf drei selbständig tragende
Erwägungen gestützt, mit denen sich die Revision in hinreichendem Maß
auseinandersetzt.
18 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, schon die Referenzperson habe aufgrund
einer am Zweck der Tarifnorm orientierten einschränkenden Auslegung von § 8 Abs. 3
TVÜ-Länder keinen Anspruch auf Höhergruppierungsgewinn. Diesen Ansatz greift die
Revision ausdrücklich argumentativ an.
19 2. Das Landesarbeitsgericht hat die Klageabweisung zudem darauf gestützt, dass die
Klägerin selbst bei unterstelltem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und §§ 1, 7 AGG keinen
Anspruch auf den zusätzlichen Vorteil eines Höhergruppierungsgewinns habe. Eine
Beseitigung der Ungleichbehandlung durch eine Anpassung nach oben weite den Kreis
der Anspruchsberechtigten erheblich aus und verletze die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte
Kompetenz der Tarifvertragsparteien, den Dotierungsrahmen für tarifliche Leistungen
festzulegen. Auch diesen Ansatz der Rechtsfolgenbewertung durch das
Landesarbeitsgericht rügt die Revision ausdrücklich und setzt sich mit ihm auseinander.
20 3. Das Landesarbeitsgericht hat die Klageabweisung schließlich damit begründet, die
Klägerin habe die Höhe des Nachteils, der ihr durch die - unterstellte -
Ungleichbehandlung entstanden sei, nicht schlüssig dargelegt.
21 a) Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, der Umfang
des Nachteils der Klägerin lasse sich nicht anhand des Höhergruppierungsgewinns der
Referenzperson bemessen. Bei ihm handle es sich um einen Zufallsbetrag, der
entscheidend von den persönlichen Daten der Referenzperson (Lebensaltersstufe und
Ortzuschlag) bestimmt werde. Maßgeblich könne allein der Höhergruppierungsgewinn
sein, den die Klägerin auf der Grundlage der eigenen persönlichen Daten erzielt hätte,
wenn sie den Bewährungsaufstieg erst in der Zeit seit 1. November 2008 absolviert hätte.
22 b) Die Klägerin hat sich auch mit diesem Begründungsstrang hinreichend befasst. Das
ergibt die gebotene Auslegung ihrer Sachanträge. Ihr vorrangiges Prozessziel ist es
sowohl im Rahmen der Leistungs- als auch der Feststellungsanträge, einen Ausgleich in
Höhe des Höhergruppierungsgewinns der Referenzperson zu erlangen bzw. eine
entsprechende Verpflichtung des beklagten Landes feststellen zu lassen. Hilfsweise stützt
sie sich jedoch auf einen weiteren Lebenssachverhalt, die Berechnungsgrundlagen ihres
eigenen fiktiven Höhergruppierungsgewinns (trotz des vollzogenen
Bewährungsaufstiegs), den sie auf die Maximalhöhe des Höhergruppierungsgewinns der
Referenzperson beschränkt (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
23 B. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht
abgewiesen.
24 I. Die Klage ist auch hinsichtlich der Feststellungsanträge zulässig.
25 1. Die Feststellungsanträge sind in der gebotenen Auslegung ausreichend bestimmt iSv.
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin bezieht sich auf einen Höhergruppierungsgewinn
nach § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder. Sie versteht unter „Grundgehalt“ im
Rahmen der Feststellungsanträge ihre monatliche Vergütung nach Entgeltgruppe 9 in
Stufe 5+ TV-L. Die Berechnungsgrundlagen für die erstrebte Feststellung sind damit
hinreichend konkretisiert.
26 2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Der im Haupt-
und Hilfsverhältnis angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht
vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die gegenwärtigen und
künftigen Ansprüche der Klägerin auf Höhergruppierungsgewinn beizulegen und weitere
Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 -
Rn. 12). Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua.
prozessökonomische Gründe. Die Klägerin war deshalb nicht gehalten, weitere objektiv
gehäufte, auf die monatlichen Beträge des Höhergruppierungsgewinns gerichtete
Leistungsklagen zu erheben (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 24).
27 II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf
Höhergruppierungsgewinn zu.
28 1. Die erhobenen Ansprüche scheitern allerdings nicht bereits daran, dass die
Referenzperson keinen Anspruch auf Höhergruppierungsgewinn aus § 8 Abs. 3 Satz 2
iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder hat. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die der
Referenzperson Ansprüche auf Höhergruppierungsgewinn abspricht, trifft nicht zu.
29 a) Der Wortlaut der § 6 Abs. 1 Satz 4, § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ist
eindeutig. Danach hat die Referenzperson einen tariflichen Anspruch auf den gezahlten
Höhergruppierungsgewinn, ohne dass eine Kappungsgrenze für den
Höhergruppierungsgewinn nach § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder oder
eine Anrechnung des durch den Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder
erlangten Vorteils zu beachten ist. Anhaltspunkte für eine unbeabsichtigte Tariflücke oder
ein Redaktionsversehen bestehen nicht.
30 b) Nichts anderes folgt aus dem Sinn und Zweck von § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1
TVÜ-Länder.
31 aa) Die Regelung soll den Besitzstand von Beschäftigten wahren, die bei Fortgeltung des
BAT aufgrund Bewährungsaufstiegs höhergruppiert worden wären, deren
Aufstiegserwartung sich wegen der Einführung des TV-L aber nicht verwirklichte (vgl.
Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder
Rn. 1; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2011 Teil IV/3 TVÜ-Länder
Rn. 255).
32 bb) Für die Referenzperson führt diese Besitzstandsregelung zu einer Besserstellung
gegenüber den Beschäftigten, die den Bewährungsaufstieg bereits vor Überleitung in den
TV-L vollzogen haben. Diese Besserstellung im Einzelfall ist vom Willen der
Tarifvertragsparteien gedeckt. Das ergibt sich nicht nur aus dem erkennbaren Bestreben
der Tarifvertragsparteien, eine pauschalierende und damit praxisgerechte Regelung zur
Besitzstandswahrung zu schaffen, sondern auch aus der Tarifgeschichte. Die
Tarifvertragsparteien haben sich nicht darauf beschränkt, Vorteile aus
Bewährungsaufstiegen zu schützen, die bei Fortgeltung des BAT spätestens am
31. Oktober 2008 erreicht worden wären. Der zeitliche Geltungsbereich des § 8 Abs. 3
TVÜ-Länder wurde gegenüber der Ursprungsfassung vom 12. Oktober 2006 wiederholt
erweitert. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 1. März 2009 wurde die Frist über
den 31. Oktober 2008 hinaus bis 31. Dezember 2010 und durch den Änderungstarifvertrag
Nr. 3 vom 10. März 2011 erneut bis 31. Oktober 2012 verlängert. Dadurch wurde der Kreis
der Anspruchsberechtigten vergrößert (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand
September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder Rn. 2 f.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese
TV-L Stand April 2011 Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 258).
33 c) Auch die tarifliche Systematik spricht dafür, dass der Regelungsgehalt des § 8 Abs. 3
Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder, wie er sich aus seinem Wortlaut und Zweck sowie
seiner Geschichte ergibt, dem Regelungswillen der Tarifvertragsparteien entspricht. So ist
in § 8 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Länder vorgesehen, dass ein etwaiger Anspruch auf
Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Länder im Augenblick des fiktiven Bewährungsaufstiegs
entfällt. Dem entspricht die Bestimmung des § 12 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder, wonach
Höhergruppierungsgewinne auf einen Strukturausgleich anzurechnen sind. Da ein fiktiver
Bewährungsaufstieg durch den Verlust des Strukturausgleichs mit Nachteilen für den
Arbeitnehmer verbunden sein kann, sieht § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Länder seit dem
Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 1. März 2009 ein Antragserfordernis vor und räumt dem
Arbeitnehmer damit ein Wahlrecht ein. An dem tariflichen Gesamtzusammenhang zeigt
sich, dass die Tarifvertragsparteien den Regelungsgehalt des § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder im
Einzelnen ausgestaltet und der Besitzstandswahrung bewusst Grenzen gesetzt haben.
Angesichts dessen deutet nichts darauf hin, dass sie versehentlich keine Kappungsgrenze
in § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder aufgenommen
haben.
34 d) Dieser Regelungswille der Tarifvertragsparteien steht der Annahme einer
unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den
erkennbar geäußerten Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen
„schaffen“. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte
Tarifautonomie (vgl. nur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 38).
35 2. Das Landesarbeitsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Höhergruppierungsgewinn
dennoch im Ergebnis zu Recht verneint. Die Tarifvertragsparteien überschritten mit ihrem
Regelungskonzept nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht.
36 a) Der Ausschluss von Arbeitnehmern, die den Bewährungsaufstieg bereits absolviert
hatten, von der Begünstigung des Höhergruppierungsgewinns verstößt nicht gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Arbeitnehmer, die den
Bewährungsaufstieg schon unter Geltung des BAT vollzogen hatten, und Arbeitnehmer,
deren Bewährungsaufstieg bei der Überleitung in den TV-L noch ausstand, sind nach dem
Regelungskonzept der Tarifvertragsparteien nicht vergleichbar. Die Tarifvertragsparteien
durften in dieser Weise unterscheiden.
37 aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar
grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte
jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und
sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den
Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der
von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie
weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab.
Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die
Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die
sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 -
6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58).
38 bb) Art. 3 Abs. 1 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen
Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer
Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird (vgl. BVerfG 10. Juli 2012 -
1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; 21. Juli 2010 -
1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 20. September 2012 -
6 AZR 211/11 - Rn. 16; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19).
Verfassungsrechtlich erheblich ist aber nur die Ungleichbehandlung von wesentlich
Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es
grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen
Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG
19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 44; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 59).
39 cc) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand
und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis
zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG
21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400; BAG
16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen
Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von
Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl
zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht
bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG
19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).
Bei der Gruppenbildung dürfen die Tarifvertragsparteien generalisieren und typisieren.
Ihre Verallgemeinerungen müssen allerdings im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm
nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden unvermeidlichen
Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die
Interessenlage von derjenigen abweicht, die die Tarifvertragsparteien als typisch
angenommen haben, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwerwiegend sind
und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR
437/09 - Rn. 23; 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 28, BAGE 134, 160).
40 dd) Nach diesen Grundsätzen steht § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder im
Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG.
41 (1) § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ist - wie bereits ausgeführt - eine
Besitzstandsregelung mit dem Zweck, die unter Geltung des BAT begründete und mit
Einführung des TV-L zunichte gemachte Aussicht auf einen Bewährungsaufstieg
auszugleichen. Diese Zielsetzung ist nicht zu beanstanden. Tarifvertragsparteien sind
berechtigt, soziale Besitzstände und tatsächliche Aussichten, die zu einem bestimmten
Zeitpunkt bestehen, durch tarifliche Besitzstandsregelungen zu schützen (vgl. BAG
17. April 2013 - 4 AZR 770/11 - Rn. 31 mwN). Die Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm.
Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ist geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Sie ist im Regelfall
auch erforderlich und angemessen. Derjenige, der einen Bewährungsaufstieg wegen der
Einführung des TV-L nicht mehr erreichen kann, erhält zum Ausgleich den individuellen
Höhergruppierungsgewinn ab dem Zeitpunkt seines fiktiven Bewährungsaufstiegs
zusätzlich zum Tabellenentgelt des TV-L. Der Arbeitnehmer wird zum Zweck der
Eingliederung in das neue Entgeltsystem mit seinem neuen höheren Entgelt einer
individuellen Zwischen- oder Endstufe zugeordnet, wobei die Stufenlaufzeit unberührt
bleibt. Auf diese Weise bleibt dem Betroffenen sein individueller
Höhergruppierungsgewinn mindestens so lange erhalten, bis er auch nach dem neuen
Entgeltsystem das gleiche Vergütungsniveau erreicht.
42 (2) Wie sich an der konkreten Referenzperson zeigt, kann die Regelung in § 8 Abs. 3
Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder allerdings zu einer Überkompensation der durch
die Einführung des TV-L entstandenen Nachteile führen. Arbeitnehmer mit fingiertem
Bewährungsaufstieg können gegenüber Arbeitnehmern, deren Bewährungsaufstieg sich
bereits unter Geltung des BAT vollzog, bessergestellt sein.
43 (3) Zu einer solchen Überkompensation kommt es jedoch nur in Ausnahmefällen. Sie ist
deswegen weder systemwidrig noch besonders schwerwiegend. Da sie nur unter
Schwierigkeiten vermeidbar wäre, ist sie insgesamt von der Generalisierungs- und
Typisierungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gedeckt.
44 (a) § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder führt lediglich in bestimmten
Fallgestaltungen zu einer Besserstellung von Arbeitnehmern mit fingiertem
Bewährungsaufstieg gegenüber Arbeitnehmern mit bereits unter Geltung des BAT
vollzogenem Bewährungsaufstieg. Diese Konstellationen sind dadurch gekennzeichnet,
dass Arbeitnehmer mit fingiertem Bewährungsaufstieg schon durch die Überleitung in den
TV-L nach § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder iVm. Anlage 2 zum TVÜ-Länder in dieselbe
Entgeltgruppe überführt werden wie Arbeitnehmer mit bereits vollzogenem
Bewährungsaufstieg. Durch die zusammenfassende Überleitung mehrerer BAT-
Vergütungsgruppen in dieselbe Entgeltgruppe des TV-L verlieren Arbeitnehmer mit schon
absolviertem Bewährungsaufstieg ihren „Vergütungsgruppenvorsprung“ gegenüber
Arbeitnehmern mit noch ausstehendem Bewährungsaufstieg. Der durch den
Bewährungsaufstieg erlangte Vorsprung wird hinsichtlich der Eingruppierung nivelliert und
wirkt sich nur noch bei der Bildung des Vergleichsentgelts nach § 5 TVÜ-Länder und der
Stufenzuordnung nach § 6 TVÜ-Länder aus. Erfolgt der fiktive Bewährungsaufstieg des
§ 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder zeitlich nach dem Stufenaufstieg des § 6
Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder und steht dem Arbeitnehmer durch seine Altersstufe oder
seinen Ortszuschlag ein entsprechend hohes Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-Länder zu,
kann es zu einer Besserstellung kommen. Der Arbeitnehmer erreicht durch den
Höhergruppierungsgewinn eine neue individuelle Endstufe und erlangt dauerhaft eine
höhere Vergütung als Arbeitnehmer, die ihren Bewährungsaufstieg bereits unter Geltung
des BAT vollzogen haben (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand
September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder Rn. 66).
45 (b) Die durch § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ausgelöste mögliche
Besserstellung von Arbeitnehmern mit fingiertem Bewährungsaufstieg gegenüber
Arbeitnehmern mit bereits unter Geltung des BAT absolviertem Bewährungsaufstieg ist
damit auf wenige Ausnahmefälle in einer Übergangszeit beschränkt. Daher handelt es
sich weder um eine systemwidrige noch um eine besonders schwerwiegende
Begünstigung von Arbeitnehmern mit fingiertem Bewährungsaufstieg.
46 (c) Hinzu kommt, dass der fingierte Bewährungsaufstieg nach § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm.
Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder nicht ausschließlich mit Vorteilen für die betroffenen
Arbeitnehmer verbunden ist. Der Höhergruppierungsgewinn wird bei Empfängern von
Strukturausgleich angerechnet (§ 12 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder). Auch bei der
Jahressonderzahlung (§ 20 TV-L) kann sich eine Höhergruppierung wegen der nach
Entgeltgruppen gestaffelten Bemessungssätze nachteilig auswirken. Nachteilige Effekte
können ferner eintreten, wenn der Beschäftigte bislang eine persönliche Zulage nach § 14
Abs. 3 TV-L erhält (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2011
Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 275a).
47 (d) Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch Arbeitnehmer mit bereits unter Geltung des
BAT vollzogenem Bewährungsaufstieg unter Wahrung des Besitzstands in den TV-L
übergeleitet wurden. Der aus dem Bewährungsaufstieg erwachsene Vergütungsvorteil
floss in das Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-Länder ein und führte dazu, dass diese
Arbeitnehmer einer höheren Entgeltstufe zugeordnet wurden als Arbeitnehmer mit noch
ausstehendem Bewährungsaufstieg. Sie erlangten also zumindest für eine Übergangszeit
einen Vorteil gegenüber Arbeitnehmern ohne absolvierten Bewährungsaufstieg.
48 (e) Eine Besserstellung von Arbeitnehmern mit fingiertem Bewährungsaufstieg nach § 8
Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder gegenüber Arbeitnehmern mit schon unter
Geltung des BAT vollzogenem Bewährungsaufstieg ließe sich auch nur unter erheblichen
Schwierigkeiten vollständig ausschließen. Eine solche Besserstellung hängt nicht nur vom
Zusammenspiel der Regelungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 und § 6 Abs. 1
Satz 4 TVÜ-Länder ab, sondern insbesondere auch von der Höhe des Vergleichsentgelts
nach § 5 TVÜ-Länder, das an die Altersstufe und den Ortszuschlag des betroffenen
Arbeitnehmers anknüpft. Da die Überleitung in den TV-L vom System der
Besitzstandswahrung ausgeht, müsste eine Anrechnungs- oder Abschmelzungsregelung
nach der Ursache der Überkompensation unterscheiden, damit Arbeitnehmer, die von
einem fingierten Bewährungsaufstieg profitieren, nicht wiederum gegenüber den von § 5
TVÜ-Länder begünstigten Arbeitnehmern benachteiligt würden.
49 b) Ansprüche der Klägerin auf Höhergruppierungsgewinn ergeben sich schließlich nicht
unter dem Gesichtspunkt einer Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 7 Abs. 1 iVm. § 1
AGG.
50 aa) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten
Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses
Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der
Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Um eine unmittelbare Benachteiligung
handelt es sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG
genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer
vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare
Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale
Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten
Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können.
Anderes gilt dann, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein
rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel angemessen und erforderlich sind,
um das Ziel zu erreichen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich schon
tatbestandlich nicht um eine Benachteiligung iSv. § 7 Abs. 1 AGG(vgl. zB BAG
19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 49; 23. April 2013 - 1 AZR 916/11 - Rn. 15).
51 bb) § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder knüpft nicht unmittelbar an das
Lebensalter, sondern an den Umstand eines noch ausstehenden Bewährungsaufstiegs
an. Damit handelt es sich nicht um eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters.
52 cc) Der Senat kann offenlassen, ob die von § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-
Länder getroffene Unterscheidung danach, ob ein Beschäftigter bereits unter Geltung des
BAT seinen Bewährungsaufstieg absolviert hat oder ob der Bewährungsaufstieg noch
aussteht, regelmäßig zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer führt. Eine
mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer wäre jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
53 (1) Eine mittelbare Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals kann nach § 3
Abs. 2 Halbs. 2 AGG durch ein legitimes Ziel und die Wahl verhältnismäßiger Mittel zu
seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden. Rechtmäßige Ziele iSv. § 3 Abs. 2 AGG
können alle nicht diskriminierenden und auch im Übrigen legalen Ziele sein. Die
differenzierende Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, um das legitime Ziel zu
erreichen, und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff
in die Rechte des Benachteiligten darstellen (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR
359/11 - Rn. 42 mwN). Letztlich ist § 3 Abs. 2 AGG eine spezialgesetzliche Ausprägung
des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BAG 8. Dezember 2011 -
6 AZR 319/09 - Rn. 27, BAGE 140, 83).
54 (2) Daran gemessen wäre eine mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer durch § 8
Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die
Tarifvertragsparteien haben im Rahmen der ihnen zukommenden Generalisierungs- und
Typisierungsbefugnis eine Regelung getroffen, die den sozialen Besitzstand von
Arbeitnehmern mit noch ausstehendem Bewährungsaufstieg sichern soll. Sie haben damit
ein legitimes Ziel mit verhältnismäßigen Mitteln verfolgt, wie sich aus den Ausführungen
zu Art. 3 Abs. 1 GG ergibt.
55 C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Fischermeier
Gallner
Spelge
Matiaske
Koch