Urteil des AG Köln vom 30.08.2007

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Amtsgericht Köln, 222 C 399/06
Datum:
30.08.2007
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abteilung 222
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
222 C 399/06
Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von
172,96 € für den Zeitraum vom 30.05.2006 bis zum 06.09.2006 zu zah-
len.
2.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages
von 172,96 € in der Hauptsache erledigt ist.
3.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird wechselseitig
nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch
Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu
vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere
Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Eigentümerin, die Beklagte war Mieterin einer Wohnung im 3.
Obergeschoss des Hauses E.str. in Köln. Grundlage des Mietverhältnisses war ein
schriftlicher Wohnraummietvertrag vom 22.11.2002. Ursprünglich ist der Mietvertrag auf
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Mieterseite durch die Beklagte und die Zeugin T. abgeschlossen worden. Die Zeugin T.
ist im Jahre 2003 einvernehmlich aus dem Mietverhältnis ausgeschieden. Auf
Klägerseite wurde das Mietverhältnis durch den verstorbenen Ehemann der Klägerin
abgeschlossen. Dieser ist während des laufenden Rechtsstreits verstorben, die Klägerin
hat das Verfahren als Klägerin aufgenommen.
§ 9 des Mietvertrages der Parteien enthielt die Verpflichtung des Mieters, nach einem
bestimmten Fristenplan Schönheitsreparaturen durchzuführen. Die Fristen waren dabei
"in der Regel" einzuhalten. § 19 des Mietvertrages sah vor, dass der Vermieter bei Ende
des Mietverhältnisses berechtigt war, anteilige Kosten für Schönheitsreparaturen zu
fordern, wenn die Fristen gem. § 9 des Mietvertrages noch nicht abgelaufen waren. Die
Höhe der Zahlungsverpflichtung erhöhte sich dabei anhand von starren Fristen je länger
keine Schönheitsreparaturen in den Wohnräumen durchgeführt worden waren. Wegen
aller weiteren Einzelheiten des Mietvertrages der Parteien wird auf den zu den Akten
gereichten Mietvertrag (Bl. 4 ff d. A.) Bezug genommen.
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Das Mietverhältnis wurde durch die Beklagte mit Schreiben vom 30.10,.2005 zum
30.01.2006 gekündigt. An diesem Tag wurde die Wohnung auch durch die Beklagte
zurückgegeben. Zuvor hatte die Beklagte auf einer Fläche von 220 m² in sämtlichen
Räumen die Raufaser entfernt. Die Wohnung verfügt über ca. 300 m² Wandfläche
insgesamt.
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Der verstorbene Kläger holte nachfolgend ein Angebot bei der C. GbR über
Malerarbeiten in der Wohnung E.str. ein. Dieses Angebot verhielt sich über einen
Gesamtrenovierungsaufwand in Höhe von 5.693,48 € Brutto. Von den Positionen des
Kostenvoranschlages (Bl. 35, 36 d. A.) rechnete der verstorbene Kläger sodann die
Positionen 5 und 8, die sich über Schönheitsreparaturen in Bad und Küche verhielten,
heraus. Diese waren bereits bei Ende des Mietverhältnisses im Hinblick auf den
Zeitablauf fällig. Es verblieb ein Betrag von 5.275,88 €. Der Kläger forderte die Beklagte
auf, 3/5 dieses Betrages im Hinblick auf die Abgeltungsklausel in § 19 des Mietvertrages
an ihn zu zahlen. Weiterhin forderte der Kläger die Beklagte auf, Schadenersatz für den
Austausch einer Isolierglasscheibe in Höhe von 137,75 € sowie für die Beschädigung
eines Waschbeckens in Höhe von 172,96 € zu zahlen.
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Mit der vorliegenden Klage verfolgt jetzt die Klägerin dieses Begehren weiter, nachdem
vorgerichtliche Aufforderungen ergebnislos blieben. Im Hinblick auf neuere
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Wirksamkeit von Abgeltungsklauseln hat
die Klägerin ihr Hauptbegehren im Hinblick auf den Kostenvoranschlag der Firma C.
weiterhin auf das Argument gestützt, dass die Beklagte den geltend gemachten Betrag
als Schadenersatz schulde.
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Diese - neuerliche - Klagebegründung erfolgte mit Schriftsatz vom 08.12.2006, mithin
mehr als 6 Monate nach Rückgabe der Wohnung.
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Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Begehren sei gerechtfertigt. Zwar könne sie ihr
Hauptsachebegehren nicht mehr auf die Abgeltungsklausel stützen, da diese nach der
neuerlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam sei. Die Beklagte
schulde den geltend gemachten Betrag jedoch als Schadenersatz. Das großflächige
Abreißen der Raufasertapete begründe nämlich einen Schadenersatzanspruch zu ihren
Gunsten. Die Fensterscheibe sei bei Beginn des Mietverhältnisses in Ordnung und bei
dessen Ende blind gewesen, so dass die Beklagte hierfür ebenfalls Schadenersatz
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schulde. Dies gelte entsprechend für das Waschbecken, dieses habe bei Ende des
Mietverhältnisses mehrere Risse aufgewiesen.
Nach Rechtshängigkeit der Klage sind durch die Beklagtenseite 172,96 € an den
verstorbenen Kläger gezahlt worden. Die Klage ist daher klägerseits in Höhe dieses
Teilbetrages für erledigt erklärt worden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.476,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2006
abzüglich am 06.09.2006 gezahlter 172,96 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte wendet sich gegen das Klagevorbringen und macht geltend, dass der
Klägerin kein Zahlungsanspruch zustehe. Soweit die Klägerin in der Hauptsache
nunmehr Schadenersatz fordere, fehle es bereits an einem Schaden, da die Klägerin
ohnehin zur Renovierung der Wohnung verpflichtet gewesen sei. Weiterhin erhebt die
Beklagte die Einrede der Verjährung. Hinsichtlich der Fensterscheibe gelte, dass diese
bereits bei Beginn des Mietverhältnisses "blind" gewesen sei.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T. und D. im Wege der
Rechtshilfe. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschriften des Amtsgerichts Karlsruhe und des Amtsgerichts Nürnberg
vom 31.01.2007 bzw. 27.02.2007 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist lediglich hinsichtlich des zuerkannten Zinsanspruches begründet.
Weiterhin war in Höhe des Teilbetrages von 172,86 € die Erledigung des Rechtsstreits
festzustellen.
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Die Klägerin hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 172,86 € aus §
280 BGB im Hinblick auf die Beschädigung des Waschbeckens. Dieser Anspruch ist
letztlich durch die Zahlung der Beklagten nach Rechtshängigkeit anerkannt worden. Die
zuerkannten Zinsen folgen aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
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Die weitergehende Klage war demgegenüber abzuweisen. Die Klägerin begehrt noch
den Ersatz anteiliger Kosten gemäß dem Kostenvoranschlag der Firma C. sowie die
Zahlung von Schadenersatz im Hinblick auf die Beschädigung einer Fensterscheibe. Im
einzelnen gilt hierzu.
20
1.
21
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung anteiliger Kosten gem. dem
Kostenvoranschlag der Firma C. besteht nicht.
22
a.
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Ein derartiger Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus der Abgeltungsklausel in § 19
des Mietvertrages der Parteien. Die Quotenabgeltungsklausel enthält nämlich, dies im
Gegensatz zu der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in § 9 des
Mietvertrages, sogenannte starre Fristen. In § 19 des Mietvertrages ist starr
ausgewiesen, zu welchem Zeitpunkt, welcher konkrete Prozentsatz der Kosten eines
Kostenvoranschlages zu erstatten ist. Derartige Quotenabgeltungsklauseln sind nach
der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam (BGH WM 2006,
677).
24
b.
25
Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von
Schadenersatz in der mit der Klage geltend gemachten Höhe aus §§ 280, 281 BGB. Ein
derartiger Schadenersatzanspruch ist möglich, unbeschadet der Frage, ob der Mieter zu
einer Endrenovierung oder zu einem Ausgleich nach einer Abgeltungsklausel
verpflichtet war, wenn eine Wohnung nach Ende eines Mietverhältnisses
Beschädigungen aufweist, die über einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache
hinausgehen. Die Klägerin stützt sich hier darauf, dass die Beklagte in großem Umfang
die Raufasertapete von den Wänden in ihrer vormaligen Wohnung entfernt hat. Dies
stellt sich ihrer Auffassung nach als Beschädigung der Mietsache dar. Die Beklagte
verweist aber zu Recht darauf, dass unbeschadet aller weiteren Fragen der Klägerin
kein Schaden entstanden ist, den sie als Schadenersatzforderung geltend machen
kann. Zu beachten ist nämlich, dass die Beklagte keine Durchführung von
Schönheitsreparaturen schuldete. Die nach § 9 des Mietvertrages fälligen
Schönheitsreparaturen in Bad und Küche, das Mietverhältnis dauerte über 3 Jahre an,
sind gerade nicht Gegenstand der Klageforderung. Diese hatte die Klägerin bzw. der
verstorbene Kläger schon bei ihrer ursprünglichen Klagebegründung, gestützt auf die
unwirksame Abgeltungsklausel, "herausgerechnet". Die weiteren
Schönheitsreparaturen waren bei Ende des Mietverhältnisses nicht fällig mangels
Zeitablauf und daher von der Beklagten nicht durchzuführen. Eine Ausnahme wäre nur
dann gegeben, wenn das Wohnverhalten der Beklagten, oder aber die von ihr selber
durchgeführte "Renovierung", nämlich das Herunterreißen der Raufasertapete in
wesentlichen Teilen der Wohnung, dazu geführt hätte, dass die Klägerin deutlich früher
gezwungen wäre, Schönheitsreparaturen durchzuführen oder ihr ein höherer Aufwand
bei von ihr selber durchzuführenden Schönheitsreparaturen entstanden wäre. Dies ist
aber hier nicht der Fall. Die Beklagte verweist insoweit zu Recht darauf, dass die
Klägerin selber mit Schriftsatz vom 27.10.2006 eingeräumt hat, dass die von der
Beklagten nicht abgerissene Raufasertapete "alt und mehrfach überstrichen" war. Zwar
hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.06.2007 dies im Hinblick auf die bereits
heruntergerissene Tapete relativiert. Sie führt jedoch nicht nachvollziehbar aus, warum
gerade die heruntergerissene Tapete "gut" gewesen sein sollte. Es bestand mithin
ohnehin die Notwendigkeit, die Tapete abzureißen und durch neue zu ersetzen, ohne
dass hierzu der äußere Anlass, da Herunterreißen durch die Beklagte, zu einer
besonderen Beschleunigung geführt hätte. Ein Schadenersatzanspruch scheidet mithin
aus.
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Ob der Schadenersatzanspruch nicht ohnehin verjährt ist, er wurde erstmals geltend
gemacht, als die Wohnung mehr als 6 Monate zurückgegeben war, oder ob die
ursprüngliche Klageeinreichung zu einer Hemmung der Verjährungsfrist führte, bedarf
daher keiner näheren Ausführung.
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2.
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Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines
Betrages von 137,75 € für den Austausch einer Isolierglasscheibe. Hier macht die
Klägerin geltend, dass die Scheibe während der Mietzeit der Beklagten eine
Beschädigung erlitt, die ihren Austausch erforderlich gemacht habe. Das Vorbringen der
Klägerin genügt grundsätzlich den Anforderungen an die Darlegung eines
Schadenersatzanspruches. Begehrt ein Vermieter nach Ende eines Mietverhältnisses
die Zahlung von Schadenersatz durch den Mieter wegen einer Veränderung oder
Verschlechterung der Mietsache, ist es erforderlich, dass der Vermieter den Zustand der
Mietsache bei Mietbeginn und bei Mietende präzise beschreibt und darlegt, welche
Veränderung oder Verschlechterung eingetreten ist (Blank-Börstinghaus, Miete, § 548
BGB a. F. Rdz. 3). Der Klägerin ist es aber nicht gelungen, den ihr obliegenden Beweis
zu führen. Die Beklagte hat sich nämlich dahin gehend eingelassen, die Beschädigung
habe bereits bei Beginn des Mietverhältnisses vorgelegen. Die beiden hierzu durch das
Gericht bzw. im Wege der Rechtshilfe vernommenen Zeugen haben unterschiedliche
Angaben gemacht. Nach der Aussage des Zeugen D., hierbei handelt es sich um einen
Vormieter der Beklagten, lag bereits eine Trübung der Glasscheibe vor. Die Zeugin T.
vermochte sich dagegen an derartige Beeinträchtigungen nicht zu erinnern. Das Gericht
sah letztendlich keinen Anlass, eine der genannten Aussagen zu bevorzugen. Beide
Zeugen hatten als Bewohner der Wohnung unmittelbaren Einblick, so dass keiner der
beiden Zeugen über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügte. Anlass dafür, dass einer
Zeugen bewusst falsch ausgesagt hat, sind ebenfalls nicht zu erkennen. Die
Beweisaufnahme hatte damit kein eindeutiges Ergebnis. Dies geht zu Lasten der
beweisbelasteten Klägerin.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert:
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