Urteil des AG Kerpen vom 17.02.2004

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Amtsgericht Kerpen, 22 C 483/03
Datum:
17.02.2004
Gericht:
Amtsgericht Kerpen
Spruchkörper:
Abteilung 22
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 C 483/03
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.068,40 e nebst 5 % Zinsen
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Als Sicherheit genügt stets eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche
Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer öffentlich-rechtlichen
Sparkasse oder einer sonstigen, als Zoll- oder Steuerbürge
zugelassenen beziehungsweise dem Einlagensicherungsfonds
angeschlossenen Bank.
Dem Beklagten bleibt vorbehalten, die Vollstreckung aus dem Urteil auf
den Nachlaß zu beschränken.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus. Der Bruder des Beklagten, der am 24.2.2003
verstorben ist, befand sich bei der Klägerin in stationärer Behandlung. Darüber verhält
sich eine Rechnung der Klägerin vom 27.9.2002 über einen Gesamtbetrag von 2.068,40
e.
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Nachdem die vor dem Beklagten berufenen Erben die Erbschaft nach Herrn L (dem
Erblasser) ausgeschlagen haben, ist der Beklagte (zusammen mit einem weiteren
Bruder) Erbe seines Bruders geworden.
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Nachdem der Beklagte zunächst seine Verteidigungsbereitschaft nicht zureichend
angezeigt hatte, ist er durch Versäumnisurteil vom 29.12.2003 antragsgemäß verurteilt
worden (vgl. Bl. 23 f. GA). Gegen das Versäumnisurteil hat der Beklagte Einspruch
eingelegt.
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Die Klägerin beantragt nun,
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das Versäumnisurteil vom 29.12.2003 aufrecht zu erhalten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen, hilfsweise, ihm
vorzubehalten, seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken.
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftwechsel der Parteien sowie auf das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.2.2004 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist begründet und das Versäumnisurteil mithin aufrecht zu erhalten.
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Durch den Einspruch des Beklagten ist der Rechtsstreit in das Stadium vor der Säumnis
des Beklagten zurückversetzt worden.
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Unerheblich ist dabei, daß der Beklagte den Einspruch (vgl. Bl. 26 GA) nicht
unterschrieben hat. Das Gericht verkennt dabei nicht, daß nach der herrschenden
Meinung ein Einspruch nur dann wirksam sein soll, wenn er unterschrieben worden ist
(vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 339 Rz. 2). Dem ist allerdings
entgegenzuhalten, daß nach ganz herrschender Meinung die Schriftform auch durch ein
unterschriebenes Fax gewahrt wird (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 130 Rz. 18
m.w. Nachw.). Einer Nachsendung des Originals bedarf es dabei nicht (vgl. Greger,
a.a.O.). Damit muß aber unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung auch ein nicht
unterschriebener Einspruch als zulässig angesehen werden. Denn entscheidend ist
insofern, daß einem Fax angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten kein
höherer Beweiswert zukommt, als einem nicht unterschriebenen Schriftstück. So stellt
es heute kein technisches Problem dar, Unterschriften einzuscannen und diese sodann
unter einen x-beliebigen Text zu setzen. Auf die gleiche Weise können auch ganze
Schreiben (mit entsprechendem Briefkopf etc. pp.) zusammengesetzt werden. Derartige
Schreiben können sodann mit einem herkömmlichen Faxgerät oder auch aus dem
Computer versandt werden, ohne daß für den Empfänger die Manipulation erkennbar
wäre. Damit steht aber zugleich fest, daß der Beweiswert eines (unterschriebenen)
Faxes nicht weiter reicht, als derjenige eines nicht unterschriebenen Briefes: beiden
Formen kommt nämlich letztlich keinerlei Beweiswert zu. Vielmehr mag allenfalls
angenommen werden, daß eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit dafür existieren mag,
daß ein Fax vom Unterzeichner gefertigt und von diesem auch gesendet wurde.
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Verfügt somit aber das (unterschriebene) Fax über keinen höheren Beweiswert, als der
nicht unterschriebene Brief, so gebietet Art. 3 GG, beide Eingaben auch gleich zu
behandeln (ebenso auch Greger, a.a.O., § 130 Rz. 7 ff., 21 f.).
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Als Erbe von Herrn L trifft den Beklagten jedoch gemäß § 1967 Abs. 1 BGB die
Verpflichtung zum Ausgleich der Nachlaßverbindlichkeiten.
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Dem Beklagten kommt dabei jedoch die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß
zugute, §§ 1990 f. BGB, 780 ZPO.
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So hat das Gericht aufgrund der Ausführungen des Beklagten im Termin und aufgrund
seines persönlichen Auftretens keinerlei Zweifel daran, daß der Nachlaß des
Verstorbenen als dürftig im Sinne von § 1990 Abs. 1 BGB anzusehen ist. Nach den
glaubhaften Darlegungen des Beklagten existiert praktisch kein nennenswerter
Nachlaß. Dies wird auch der Grund dafür gewesen sein, daß sowohl die Tochter des
Verstorbenen wie auch seine Geschwister (mit Ausnahme eines Bruders des Beklagten,
L1), die neben dem Beklagten als Erben berufen waren, die Erbschaft ausgeschlagen
haben. Bei dieser Sachlage ist aber davon auszugehen, daß die Anordnung einer
Nachlaßverwaltung wie auch die Eröffnung eines Nachlaßinsolvenzverfahrens als nicht
tunlich im Sinne von § 1990 Abs. 1 BGB angesehen werden muß. Gemäß § 1990 Abs. 1
BGB kann der Beklagte daher die Befriedigung der Gläubiger - hier der Klägerin -
insoweit verweigern, als der Nachlaß nicht ausreicht. Da sich der Beklagte auf die
Dürftigkeitseinrede berufen hat, ist sie ihm im Urteil gemäß § 780 ZPO vorzubehalten.
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Die prozessualen Entscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.
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Streitwert: 2.068,40 e
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