Urteil des AG Kerpen vom 29.03.2005

AG Kerpen: vertrag mit schutzwirkung zugunsten dritter, treu und glauben, zugehör, haftpflichtversicherung, abtretung, schadenausgleich, markt, schadenersatz, aktivlegitimation, gerichtsakte

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Kerpen, 22 C 364/04
29.03.2005
Amtsgericht Kerpen
Abt. 22
Urteil
22 C 364/04
Beauftragt der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte einen
Sachverständigen zur Ermittlung des entstandenen Sachschadens, so ist
die hinter dem Schädiger stehende Haftpflichtversicherung nicht als
geschützter Dritter in den Vertrag zwischen dem Geschädigten und dem
Sachverständigen eingebunden.
(Anmerkung: Die eingelegte Berufung - Aktz. beim LG Köln zunächst 11
S 188/2005, sodann 13 S 154/05 - wurde nach intensiver Erörterung in
der Sitzung vom 28.9.2005 zurückgenommen.)
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den
Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Als Sicherheit genügt stets eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche
Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer öffentlich-rechtlichen
Sparkasse oder einer sonstigen, als Zoll- oder Steuerbürge
zugelassenen beziehungsweise dem Einlagensicherungsfonds
angeschlossenen Bank.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, nimmt den Beklagten, einen
Sachverständigen, auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte wurde anläßlich eines Verkehrsunfalls von dem Zeugen H. (fortan auch:
Auftraggeber) damit beauftragt, die Höhe des dem Zeugen entstandenen Sachschadens zu
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beziffern. In seinem Gutachten führt der Sachverständige mit Blick auf den Restwert des
beschädigten Wagens aus:
"
Stellungnahme zum Restwert
Die Ermittlung des Restwertes am regionalen Markt ergab für das beschädigte
Kraftfahrzeug einen Restwert von:
Euro 1.800,00
inkl. MwSt."
Noch bevor der klägerischen Versicherung das Gutachten des Sachverständigen vorlag,
veräußerte der Beklagte den beschädigten Wagen zu dem im Gutachten angegebenen
Restwert. Die Klägerin leistete auf der Basis des Gutachtens an den Zeugen H. vollen
Schadenersatz.
Mit ihrer Klage nimmt sie den Sachverständigen in Regreß.
Sie behauptet, daß der Restwert von dem Sachverständigen zu niedrig angesetzt worden
sei. Dazu meint sie, daß sich der Sachverständige nicht darauf habe beschränken dürfen,
den regionalen Markt abzufragen. Vielmehr hätten auch Restwertbörsen, die insbesondere
im Internet nachgefragt werden können, bei der Ermittlung des Restwertes überprüft
werden müssen. Sie behauptet, daß bei gehöriger Abfrage von Alternativangeboten
zumindest der mit der Klage geltend gemachte Betrag als zusätzlicher Restwert hätte erlöst
werden können.
Weiter meint die Klägerin, daß ihr der Sachverständige zum Schadenersatz verpflichtet sei,
weil sie in den Schutzbereich des Vertrages, der zwischen dem Beklagten und dem
Auftraggeber geschlossen wurde, einbezogen sei.
Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.890 € nebst 5 % Zinsen über dem (jeweiligen)
Basiszinssatz seit dem 2.8.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, den regionalen Markt zutreffend erfaßt zu haben. Er meint, daß von ihm keine
darüber hinausgehenden Nachforschungen hätten angestellt werden müssen und es dem
Geschädigten auch nicht zumutbar sei, sich auf andere Märkte verweisen zu lassen. Es sei
daher auch nicht zu beanstanden, daß er bei der Restwertermittlung nicht auf sog.
"Internetbörsen" zurückgegriffen habe.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftwechsel der Parteien sowie auf das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2005 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist nicht begründet.
Nach Auffassung des Gerichts fehlt es der Klägerin bereits an einer Anspruchsgrundlage.
Unstreitig bestehen zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine vertraglichen
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Ansprüche. Da zwischen den Parteien auch keine "vorvertraglichen" Beziehungen
bestanden haben, kann die Klägerin den ihr (angeblich) entstandenen Vermögensschaden
nach dem Haftungssystem des BGB grundsätzlich nur dann mit Erfolg geltend machen,
wenn ihr der Beklagte aus Delikt haften sollte. Dies wird von der Klägerin nicht verkannt
und geltend gemacht, daß ihr der Beklagte aus einem sogenannten "Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter" einstandspflichtig sei.
Diese Rechtsfigur ist - in Anlehnung an §§ 328 ff. BGB - von der Rechtsprechung entwickelt
worden. Hintergrund für die damit einhergehende Haftungserweiterung ist, daß das System
von vertraglicher und deliktischer Haftung als unbefriedigend empfunden worden ist (vgl.
Zugehör, Berufliche "Dritthaftung" - insbesondere der Rechtsanwälte, Steuerberater,
Wirtschaftsprüfer und Notare in der deutschen Rechtsprechung, NJW 2000, 1601). Der
Geschädigte findet sich gleichsam im "Niemandsland" zwischen einer vertraglichen und
einer deliktischen Haftung (Zugehör, a.a.O. unter Bezugnahme auf Schwichtenberg,
ZvglRWiss 91 [1992], 290).
Die Rechtsprechung hat sich zunächst noch bemüht, den Kreis der danach
Ersatzberechtigten eng zu ziehen. So wurde namentlich verlangt, daß der
Vertragsgläubiger dem Dritten eine besondere "Fürsorgepflicht" entgegen zu bringen hatte
(vgl. Zugehör, a.a.O., S. 1603). Inzwischen ist die Rechtsprechung darüber hinaus
gegangen und geht davon aus, daß selbst eine "Gegenläufigkeit der Interessen" (also ein
Interessengegensatz zwischen dem Vertragsgläubiger und dem Dritten) der Annahme
eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht entgegenstehen soll (vgl.
Zugehör, a.a.O. mit Nachw.).
Das Gericht vermag bei der hier vorliegenden Fallkonstellation (entgegen der wohl
herrschenden Meinung, vgl. speziell zu Kfz.-Sachverständigen: LG Koblenz, Urt. v.
7.4.2003 - 6 S 432/01 -, VersR 2003, 1050; LG Köln, Urt. v. 26.6.2002 - 9 S 34/02 -, NZV
2002, 513 und LG Gießen, Urt. v. 4.7.2001 - 1 S 357/00 -, NJW-RR 2002, 751;
Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 328 Rz. 34 - jeweils mit weiteren Nachw. -) einen
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin nicht anzunehmen.
In welchem Umfang Dritte als geschützte Personen in einen Vertrag einbezogen werden,
ist im Wege der Vertragsauslegung zu klären. Maßgebliche Eckpunkte für eine zutreffende
Bestimmung des Kreises der geschützten Personen sind dabei die beteiligten Interessen
und der Grundsatz von Treu und Glauben. Da der Vertrag den Anknüpfungspunkt für die
Haftung bilden soll, ist es unumgänglich, zunächst die Interessen der an dem Vertrag
beteiligten Personen näher zu untersuchen. Ergibt sich bei der Würdigung dieses
Vertragsverhältnisses, daß der Dritte nicht geschützt werden soll, so scheidet nach
Auffassung des Gerichts von vornherein die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung
zu seinen Gunsten aus. Fehlt nämlich beiden Vertragspartnern eine entsprechende
Willensrichtung, so liefe die Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter auf eine reine
Fiktion hinaus, die sodann nur noch dem Zweck dienen würde, Haftungslücken zu
überdecken, die als ungerecht empfunden werden könnten (vgl. zu dem
"Gerechtigkeitsempfinden" als Triebfeder für die Ausgestaltung der Haftung mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter auch Zugehör, a.a.O. S. 1602).
Aus den vorstehenden Erwägungen läßt sich bereits ableiten, daß die Klägerin hier nicht in
Schutzbereich des Vertrages fällt, der zwischen dem Auftraggeber und dem Beklagten
geschlossen wurde.
Einer solchen Einbeziehung steht aus Sicht des Beklagten schon die Überlegung
entgegen, daß dies zu einer - nicht bezahlten - Haftungserweiterung führen würde (vgl.
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auch dazu Zugehör, a.a.O., S. 1605). Einen unmittelbaren Vergütungsanspruch hat der
Beklagte nur im Verhältnis zu seinem Auftraggeber. Diesem haftet er für eine
Schlechterfüllung aus § 280 BGB. Würde nun auch die Klägerin in den Vertrag einbezogen
werden, so würden sich zwar die Haftungsrisiken ausweiten, der Beklagte könnte dafür
aber kein höheres Honorar verlangen. Die Erweiterung des Risikos macht dabei der
vorliegende Fall ganz deutlich: Geht der Beklagte in seinem Gutachten von einem zu
hohen Restwert aus, so droht ihm ein Schadensersatzanspruch seines Auftraggebers.
Setzt er den Restwert demgegenüber zu niedrig an (wie hier von der Klägerin behauptet),
so droht eine Inanspruchnahme im Außenverhältnis.
Spricht somit schon die Interessenlage des Schuldners der vertraglichen Leistung gegen
die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, so gilt nichts anderes,
wenn man auf die Interessenlage des Auftraggebers blickt. Denn dieser hat - natürlich - ein
Interesse daran, daß der Sachschaden, der ihm bei dem Unfall entstanden ist (sein soll)
durch den Gutachter möglichst hoch - und keinesfalls zu niedrig - bewertet wird. Allerdings
steht der Auftraggeber - was nicht verkannt werden darf - insofern in einem gewissen
Interessenkonflikt, als er gleichzeitig ein Interesse daran haben wird, daß der Schadenfall
möglichst reibungslos abgewickelt wird. In keinem Fall hat der Geschädigte freilich ein
Interesse daran, die gegnerische Haftpflichtversicherung als geschützten Dritten in den
Gutachtervertrag einbezogen zu wissen. Denn es geht dem Geschädigten allemal
ersichtlich nur um eigene, nicht aber um fremde Interessen. Denn selbst wenn man im Blick
behält, daß der Geschädigte an einer realistischen Beurteilung des Restwertes interessiert
sein mag, so ist dies doch eben nur Folge der oben dargestellten Überlegung, daß dies
einer zügigen Abwicklung des Schadenfalles förderlich sein kann.
Wie wenig der Geschädigte am "Schutz" der gegnerischen Versicherung interessiert ist,
zeigt sich dann in tatsächlicher Hinsicht auch darin, daß es häufig genug zwischen den
Geschädigten und den Unfallversicherungen zu streitigen Auseinandersetzungen über die
Höhe des auszugleichenden Schadens kommt. Es führt daher auch kein Weg an der
Erkenntnis vorbei, daß sich der Geschädigte und die gegnerische Unfallversicherung
bereits vorprozessual mit widerstreitenden Interessen gegenüberstehen.
Nach der Rechtsprechung soll diese Gegenläufigkeit der Interessenlage (hier: zwischen
dem Auftraggeber einerseits und der Haftpflichtversicherung andererseits) nicht unbedingt
gegen die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sprechen. Mit
Zugehör (vgl. a.a.O. und weiter auf S. 1604 re. Spalte und am Ende seiner
Zusammenfassung auf S. 1609) bleibt allerdings festzuhalten, daß die Gegenläufigkeit der
Interessen als wichtiges Indiz gegen die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter spricht.
Wie wenig interessengerecht die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter ist, wird auch deutlich, wenn man bedenkt, daß die Haftpflichtversicherung im
Grunde nur an die Stelle des Schädigers selbst tritt. Steht etwa hinter dem
Schadenverursacher (z.B. einem Radfahrer) keine Haftpflichtversicherung und holt der
Geschädigte ein Gutachten über den ihm entstandenen Schaden ein, so ist die Annahme
eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (hier also des Schädigers) gänzlich
fernliegend. Denn auch hier gilt, daß weder der Geschädigte noch der Gutachter an einer
Einbeziehung des Dritten in den Vertrag irgendein Interesse besitzen. Nichts anderes gilt
aber, wenn hinter dem Schädiger eine Haftpflicht- oder eine Pflichtversicherung steht.
Neben der bereits untersuchten Interessenlage kommt weiteren Gesichtspunkten ein
erhebliches Gewicht bei.
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So ist die Ausweitung der Rechtsprechung ohne Zweifel vor dem Hintergrund zu
betrachten, als unerträglich angesehene Haftungslücken zu überbrücken. Die Annahme
einer "vertraglichen Haftung ohne Vertrag" verliert daher spätestens dort ihre Berechtigung,
wo der "Geschädigte" in der Lage ist, seine Interessen zureichend eigenverantwortlich
wahrzunehmen. Der Dritte muß daher nicht nur ein wirtschaftliches, sondern ein
berechtigtes Interesse an der Haftung des vertraglich Verpflichteten besitzen (vgl. auch
dazu Zugehör, a.a.O., S. 1603 re. Spalte).
Ein solches berechtigtes Interesse vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Denn die Versicherung ist auch ohne die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zu
ihren Gunsten zureichend abgesichert.
Eine erste Absicherung der Haftpflichtversicherung wird bereits dadurch herbeigeführt, daß
sie nach zutreffender Ansicht einen Anspruch darauf hat, das Gutachten mit den
Ausführungen zum Restwert von dem Geschädigten vorgelegt zu bekommen, bevor dieser
endgültige Fakten schafft (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 249 Rz. 24 m.w.
Nachw.). Auf diese Weise muß der Versicherung die Gelegenheit gegeben werden,
günstigere Verwertungsmöglichkeiten nachzuweisen. Für das Gericht ist daher auch nur
schwer nachvollziehbar, daß die Klägerin hier vollen Ersatz geleistet hat ohne zuvor das
Gutachten studiert zu haben.
Weiter ist zu bedenken, daß die Versicherung dem Geschädigten gegenüber nur zum
Schadenausgleich gegen Abtretung der ihm gegebenenfalls gegenüber Dritten
zustehenden Ansprüche verpflichtet ist. Hat nun der Gutachter seine vertraglichen
Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Feststellung des Restwertes verletzt und den Wert
des Fahrzeuges zu niedrig angesetzt, so entsteht dem Geschädigten dadurch ein (weiterer)
Schaden, wenn er das Fahrzeug auf der Basis des Gutachtens (zu preiswert) veräußert.
Dieser Schaden realisiert sich freilich bei dem Geschädigten deshalb nicht, weil für ihn der
Restwert nur eine Rechenposition darstellt: Je höher nämlich der Restwert ist, um so
geringer fällt sein Anspruch gegenüber der Haftpflichtversicherung aus.
Diese Kompensation entlastet den Gutachter jedoch nur auf den ersten Blick. Denn unter
normativen Gesichtspunkten kommt dieser Schadenausgleich dem Gutachter nicht zugute,
weil sich auch sonst ein Schädiger nicht (mit Erfolg) darauf berufen kann, daß der Schaden
aufgrund der Leistung durch einen Dritten nicht eingetreten sei (vgl. dazu
Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Vorbem. v. § 249 Rz. 131 ff.). Im Verhältnis zum
Geschädigten bleibt daher der Anspruch in voller Höhe bestehen.
Dieser Anspruch geht nicht kraft Gesetzes auf die Versicherung, die hinter dem Schädiger
steht, über. Die Vorschrift des § 67 VVG ist nicht einschlägig, da zwischen dem
Geschädigten (Auftraggeber) und der Versicherung (hier: Klägerin) kein Vertragsverhältnis
besteht. Der Anspruch auf Abtretung folgt aber zumindest aus § 812 Abs. 1 BGB: Denn der
Geschädigte (Auftraggeber) wäre auf Kosten der Klägerin ungerechtfertigt bereichert, wenn
bei ihm der Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten (Gutachter) verbliebe,
obwohl er aufgrund der Leistung der Versicherung schadlos gestellt worden ist. Steht aber
dem Geschädigten mithin aufgrund der fehlerhaften Bewertung ein
Schadensersatzanspruch gegenüber dem Gutachter zu, so ist es Sache der Versicherung,
sich diesen Anspruch (Zug um Zug gegen Ausgleich des Schadens oder gegebenenfalls
auch erst später) abtreten zu lassen. Aus abgetretenem Recht kann sodann der Gutachter
auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Der Vorteil dieser Lösung gegenüber der Konstruktion über einen Vertrag mit
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Schutzwirkung zugunsten Dritter liegt zunächst darin, daß er sich systematisch richtig in
das Haftungssystem einordnen läßt. Insbesondere wird vermieden, daß die Annahme
eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu einem konturlosen Instrument wird,
um "gerecht empfundene Lösungen" zu erreichen.
Weiter spricht entscheidend für den hier vorgeschlagenen Weg, daß dem
Sachverständigen etwaige Einwendungen erhalten bleiben, welche diesem gegenüber
seinem Auftraggeber zustehen können. So kann es im Einzelfall z.B. durchaus sein, daß
der Sachverständige gegenüber dem Geschädigten hinsichtlich der Restwertbestimmung
"mit offenen Karten" gespielt hat und der Geschädigte keinen Wert auf eine korrekte
Bemessung des Wertes gelegt hat, um seinerseits beim Händler einen höheren Rabatt
beim Kauf eines neuen Wagens herausholen zu können (lesenswert zu der jeweiligen
Interessenlage ist dabei der von der Klägerseite freundlicherweise zur Gerichtsakte
gereichte Aufsatz von Peine, Restwert: Wirtschaftliche Interessen versus Schadenrecht, SP
12/02, 419 ff.). In einem solchen Fall kann aber auch der Schadenausgleich letztlich nur
unter Einbeziehung sowohl des Unfallgeschädigten als auch des Gutachters zutreffend
verteilt werden, wobei der Versicherung dabei durchaus noch Rückgriffsansprüche
gegenüber dem Unfallgeschädigten zustehen können (wenn nämlich der Gutachter und der
Unfallgeschädigte kollusiv zu Lasten der Versicherung "gemauschelt" haben sollten).
Festzuhalten bleibt damit, daß der Ausgleich des Schadens, der mit einer falschen
Berechnung des Restwertes zusammenhängen kann, letztlich nur über eine Abtretung des
Anspruchs - und damit gleichsam über das Dreieck (unter Einbeziehung des
Geschädigten) - zutreffend ausgeglichen werden kann. Ein Direktanspruch der
Versicherung kommt demgegenüber nicht in Betracht.
Das Gericht hat bereits anläßlich der Terminierung ausführlich dargelegt, daß (nach seiner
Auffassung) ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin hier nicht angenommen
werden kann und es daher an der Aktivlegitimation der Klägerin fehlen dürfte. Erneut wurde
dies in der mündlichen Verhandlung erörtert. Bei dieser Sachlage wäre es aber Sache der
Klägerin gewesen, sich um eine Abtretung etwaiger Ansprüche zu bemühen; aus Gründen
der Neutralität hat sich das Gericht nicht in der Lage gesehen, der Klägerin einen Hinweis
zu erteilen.
Die prozessualen Entscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1
ZPO.