Urteil des AG Düsseldorf vom 06.02.2007

AG Düsseldorf: erneuerung, verwaltung, versammlung, bauleitung, beschlussfähigkeit, akontozahlung, entlastungsbeschluss, gefahr, abschlag, rücklage

Amtsgericht Düsseldorf, 290 II 113/06
Datum:
06.02.2007
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
290 II 113/06
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
durch die Richterin am Amtsgericht X
am 06.02.2007
b e s c h l o s s e n:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt der Beteiligte zu 1).
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert wird auf 62.980,00 € festgesetzt.
G r ü n d e:
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I.
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Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die eingangs bezeichnete
Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Verwalterin die Beteiligte zu 3) ist.
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Im vorliegenden Verfahren ficht der Beteiligte zu 1) Beschlüsse der
Eigentümerversammlung vom 11.5.2006 zu TOP 2a), 4c) und 4d) an. Insofern
beanstandet er zunächst, dass nicht mehr als 5.000/stel Anteile in der Versammlung
waren.
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Die Beteiligten zu 2) nehmen dazu Bezug auf einen Beschluss der
Eigentümerversammlung vom 14.6.2005 zu TOP 11.
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Zu TOP 2a) wurde die Hausgeldabrechnung 2005 genehmigt. Insofern beanstandet der
Beteiligte zu 1) eine Rücklagenentnahme von 4.640,00 € als Akontozahlung für
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Beteiligte zu 1) eine Rücklagenentnahme von 4.640,00 € als Akontozahlung für
Bauleitung. Die dieser Position zugrunde liegende Bauleitung wurde von einem
Angestellten der Beteiligten zu 5) übernommen. Zu TOP 4c) wurde eine Erneuerung der
Sprinkleranlage in der Tiefgarage mit einem Kostenumfang von ca. 20.000,00 € und zu
TOP 4d) eine Sonderumlage von 35.000,00 € für die Erneuerung der Sprinkleranlage
und Instandsetzung der Autoaufzüge Tiefgarage beschlossen, die von den Nutzern der
Stellplätze aufzubringen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll
Bezug genommen.
An den 65 Einstellplätzen der Tiefgarage besteht nach der Teilungserklärung ein
Sondernutzungsrecht. § 5 Abs. 1 der Teilungserklärung bestimmt, dass die
Sondernutzungsberechtigten verpflichtet sind, die besonderen Einrichtungsanlagen des
ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftseigentums instand zu halten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Teilungserklärung (Bl. 77 ff. GA) Bezug
genommen.
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Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, die Versammlung sei nicht beschlussfähig gewesen.
Kosten für eine angebliche außerordentliche Tätigkeit der Verwaltung könne diese als
gesondertes Honorar nicht verlangen. Die Tiefgarage sei Gemeinschaftseigentum, so
dass die Kosten für deren Instandhaltung von allen Wohnungseigentümern zu tragen
seien. Die Sprinkleranlage diene auch dem Wohnungseigentum.
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Der Beteiligte zu 1) beantragt,
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die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11.5.2006 zu Ziffer 2a), 4c) und
4d) für ungültig zu erklären.
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Die Beteiligten zu 2) beantragen,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Die Beteiligten zu 2) sind der Ansicht, die Sprinkleranlage diene allein der Tiefgarage
und sei reparaturbedürftig. Dies folge aus einem Gutachten vom 14.2.2006 (Bl. 121 ff.
GA). In der Eigentümerversammlung habe zudem ein Angebot vom 7.2.2006
vorgelegen. Die Verwaltung habe weitere Angebote angefordert. Zwei andere
Unternehmen hätten sich nicht in der Lage gesehen, ein Angebot für die Erneuerung
abzugeben. Die Berechtigung für das zu Lasten der Instandhaltungsrücklage
abgebuchte Honorar beruhe auf einem Beschluss der Eigentümerversammlung vom
14.6.2005 zu TOP 4a).
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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II.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Vorab ist klarzustellen, dass die angefochtenen Beschlüsse nicht mangels
Beschlussfähigkeit für ungültig zu erklären sind. Die Wohnungseigentümerversammlung
vom 11.5.2006 war mit 2.827 von 10.000/stel Miteigentumsanteilen beschlussfähig. Die
Beschlussfähigkeit folgt aus dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom
14.6.2005 zu TOP 11. Hier hat die Eigentümergemeinschaft beschlossen, dass die
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Wohnungseigentümerversammlung 2006 ohne Berücksichtigung der vertretenen
Anteile beschlussfähig ist. Dieser Beschluss ist nicht nichtig.
Zwar steht er im Widerspruch zur Teilungserklärung. Denn § 18 Abs. 3 bestimmt, dass
die Wohnungseigentümerversammlung beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der
stimmberechtigten Wohnungseigentümer und Miteigentumsanteile vertreten sind. Ist die
Versammlung hiernach nicht beschlussfähig, so hat der Verwalter eine zweite
Versammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen. Diese ist dann in jedem Fall
beschlussfähig. Hierauf ist in der Einladung besonders hinzuweisen.
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Ungeachtet dessen ist der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.6.2005 zu
TOP 11 nicht mangels Beschlusskompetenz nichtig.
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Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (abgedruckt in NJW 2000, Seite 3500 ff.)
unterscheidet zwischen gesetzes- oder vereinbarungswidrigen sowie gesetzes- oder
vereinbarungsersetzenden Beschlüssen einerseits und gesetzes- oder
vereinbarungsändernden Beschlüssen andererseits. Gesetzes- oder
vereinbarungsändernde Beschlüsse sind mangels Beschlusskompetenz der
Wohnungseigentümerversammlung nichtig, während die übrigen Beschlüsse lediglich
anfechtbar sind (vgl. BGH, a.a.O., Seite 3501).
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Der Bundesgerichtshof hat damit einen Nichtigkeitsgrund der absoluten
Beschlussunzuständigkeit postuliert. Diese absolute Beschlussunzuständigkeit macht
einen Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern sogar nichtig. Diese Nichtigkeit ergibt
sich aus der Tatsache, dass die Wohnungseigentümer von der gesetzlichen
Kompetenzzuweisung nicht durch Mehrheitsbeschluss, sondern nur durch Vereinbarung
abweichen können. Folglich handelt es sich hier um alle Beschlussgegenstände, die
nach dem Gesetz einer Vereinbarung zugewiesen sind. Dies gilt für alle
Dauerregelungen, die eine Vereinbarung abändern. Nicht davon betroffen sind
Einzelfallregelungen bzw. punktuelle Beschlüsse. Sie sind nur anfechtbar.
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Im vorliegenden Fall beinhaltet der Beschluss der Eigentümerversammlung vom
14.6.2005 zu TOP 11 jedoch nur eine solche Einzelfallregelung und zwar eine
Regelung für die Eigentümerversammlung im Jahre 2006. Insofern handelt es sich um
einen eine Vereinbarung ersetzenden Beschluss, der zwar anfechtbar war, jedoch nicht
nichtig ist.
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Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.5.2006 zu Ziffer 2a) betreffend die
Genehmigung der Hausgeldabrechnung 2005 ist nicht zu beanstanden. Der Beteiligte
zu 1) hat insofern lediglich die Rücklagenentnahme von 4.640,00 € als Akontozahlung
für Bauleitung beanstandet. Insofern kann offen bleiben, ob die Verwaltung berechtigt
war, diesen Betrag der Rücklage zu entnehmen. Denn in einer Jahresabrechnung sind
alle tatsächlichen Kosten, die in dem betreffenden Wirtschaftsjahr angefallen sind,
einzubuchen und zwar unabhängig davon, ob sie zu Recht oder zu Unrecht angefallen
sind. Sollte die Verwaltung nicht berechtigt gewesen sein, einen derartigen Betrag zu
entnehmen, wäre das allenfalls für ihre Entlastung erheblich. Den Entlastungsbeschluss
hat der Beteiligte zu 1) jedoch nicht angefochten.
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Der Beschluss zu TOP 4c) betreffend die Erneuerung der Sprinkleranlage ist nicht zu
beanstanden. Die Beteiligten zu 2) haben ein Gutachten der XXX vom 14.2.2006,
basierend auf einem Bericht über die wiederkehrende Prüfung der Sprinkleranlage,
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vorgelegt. Ausweislich dieses Gutachtens wurden Mängel festgestellt, die zu einer
Beeinträchtigung der Löschanlage führen können. Der Gemeinschaft wurde eine Frist
zur Behebung dieser Mängel bis zum 30.6.2006 gesetzt. Nach dem unbestrittenen
Vortrag der Beteiligten zu 2) hat die Gemeinschaft sodann in der
Eigentümerversammlung darüber diskutiert, ob man zunächst 9.600,00 € für eine
Überprüfung des Rohrleitungsnetzes auf sich nimmt mit der Gefahr, dass die
Rohrleitungen dann ohnehin hätten ausgetauscht werden müssen, oder ob man sich
sogleich zur Erneuerung der Sprinkleranlage für 20.000,00 € entsprechend dem
vorliegenden Angebot entscheidet. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass der
Beschluss zur Erneuerung der Sprinkleranlage Grundsätzen ordnungsgemäßer
Verwaltung widersprechen sollte.
Der Beschluss wurde mit den stimmberechtigten Tiefgarageneigentümern gefasst. Dies
ist nicht zu beanstanden, da ausweislich der Teilungserklärung, § 5 Abs. 1, die
Sondernutzungsberechtigten verpflichtet sind, die besonderen Einrichtungen und
Anlagen des ihrem Sonderrechts unterliegenden Gemeinschaftseigentums instand zu
halten. Die Sprinkleranlage dient erkennbar auch allein der Tiefgarage. Ausweislich des
zur Akte gereichten Gutachtens vom 14.2.2006 erstreckt sich die Brandschutzanlage
(Sprinkleranlage) ausschließlich auf die Parkebene 2 im Untergeschoss.
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Der Beschluss zu TOP 4d) zur Erhebung einer Sonderumlage von insgesamt 35.000,00
€ zur Finanzierung der unter 4c) beschlossenen Erneuerung der Sprinkleranlage und
der unter 4b) beschlossenen Mängelbeseitigung an den Autoaufzügen entspricht
ebenfalls Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da gemäß § 5 Abs. 1 der
Teilungserklärung die Sondernutzungsberechtigten der Tiefgaragenstellplätze für die
Instandsetzung der Autoaufzüge und der Sprinkleranlage zuständig sind.
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Die Ausführungen der Beteiligten zu 2) im Schriftsatz vom 17.1.07 waren für die
Entscheidung nicht von Bedeutung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
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Danach war es billig, die Gerichtskosten des Verfahrens dem Beteiligten zu 1) als
Unterlegenem aufzuerlegen.
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Für die Überbürdung außergerichtlicher Kosten bestand hingegen kein Anlass. Es
entspricht in Wohnungseigentumsangelegenheiten der Regel, dass jeder Beteiligte
seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Außergewöhnliche Umstände, die
eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, sind im vorliegenden Verfahren nicht
zu Tage getreten.
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Der Geschäftswert wurde wie folgt festgesetzt:
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Zu TOP 2a) auf 4.640,00 € (beanstandete Position) zuzüglich 44.590,00 € (rund
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25 % des restlichen Abrechnungsvolumens),
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zu TOP 4c) auf 5.000,00 € (25 % von 20.000,00 €),
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zu TOP 4d) auf 8.750,00 € (25 % von 35.000,00 €),
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insgesamt 62.980,00 €.
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Zu TOP 4c) und d) war unter Berücksichtigung des Interesses der Beteiligten ein
angemessener Abschlag zu machen und der Geschäftswert somit auf jeweils 25 % der
beschlossenen Maßnahme festzusetzen.
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