martina heck

16.06.2016

Hunde-OP-Versicherung: Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Dass die Klauseln eines Versicherungsvertrages vor Vertragsabschluss genau studiert werden sollten, musste ein Hundehalter nun schmerzlich erfahren.

Das Landgericht Heidelberg hat nämlich seine Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Heidelberg zurückgewiesen, mit dem seine Klage auf Erstattung von Tierarztkosten in Höhe von EUR 3.386,01 gegen seine Hunde-OP-Versicherung abgewiesen wurde.

Die beklagte Versicherung bietet Hunde-OP-Schutz-Versicherungen an, die sie wie folgt bewirbt:

Hier die Leistungen der Tierversicherung im Überblick:

Übernahme der Kosten für medizinisch notwendige Operationen bei Krankheit oder nach Unfall des Hundes – je nach Vereinbarung – nach dem 1fachen oder 2fachen Satz der tierärztlichen Gebührenordnung (GOT).

(…)

Der Kläger ist Halter eines irischen Wolfshunds und hat diesen bei der Beklagten eine Hunde-OP-Schutz-Versicherung abgeschlossen. Gemäß Versicherungsschein gelten für diese Versicherung die Allgemeinen Bedingungen der Uelzener für die Tierkrankenversicherung von Hunden (ABKH 2004).

Die ABKH 2004 enthalten folgende Regelungen:

§ 2 Versicherte Gefahren und Kosten

Tritt bei einem versicherten Tier eine Veränderung des Gesundheitszustands innerhalb der Vertragslaufzeit auf, die einen chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose erforderlich macht, so ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer die durch tierärztliche Rechnung nachgewiesenen Kosten

a) folgender Operationen (*):

(…)

B 3.4 Femurkofpresektion

B 3.6 Luxation, operative Reposition

(…)

Die Kostenerstattung erfolgt gemäß der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).

(…)

(*) = Die genannten Kennziffern entstammen der Gebührenordnung für Tierärzte in der Fassung vom 1.August 1999.

Unter § 3 der ABKH 2004 sind nicht versicherte Gefahren und Kosten durch Auflistung von 11 Unterpunkten aufgeführt. In den ABHO 2010 wurde der § 3 um folgende Ziffer 12 ergänzt:

Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Aufwendungen für:

(…)

12. In § 2 a) nicht aufgeführte Operationen.

Am 16.02.2014 erlitt der Hund eine akute Fermurkopfluxation nach Trauma. Der Kläger stellte ihn am selben Tag seiner Haustierärztin vor. Diese überwies den Hund in die Tierklinik, wo er operiert wurde. Während der Operation zeigte sich, dass wegen der Schwere der Weichteilverletzungen eine hüftgelenkserhaltende Operation nicht möglich war. Eine Reposition der Luxation schied wegen der Größe des Hundes aus. Sollte eine Euthanasie nicht in Betracht kommen, kam nach Auffassung der Tierklinik nur eine Implantation einer Endoprothese in Betracht. Diese wurde durchgeführt. Die Kosten der Operation einschließlich Vor-und Nachbehandlung belaufen sich auf 5.320,06 EUR. Der Kläger hat hiervon die Materialkosten der Hüftgelenksprothese in Höhe von 1.625,25 EUR zuzüglich 12 % Mehrwertsteuer abgezogen und macht im Verfahren 3.386,01 EUR geltend.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass sich aus § 2 ABKH 2004 nicht ergebe, dass nur die dort genannten Operationen versichert seien. Ein solcher Hinweis finde sich in § 3 ABKH 2004 nicht, obwohl dieser Paragraf die nicht versicherten Gefahren regele. Zudem seien bei dem Hund A. im Rahmen des Einsatzes der Hüftgelenksprothese eine Femurkopfresektion sowie eine operative Reposition einer Luxation durchgeführt worden. Diese Leistungen seien in § 2 a ABKH 2004 aufgeführt, so dass ihre Kosten einschließlich der Kosten der Vor- und Nachbehandlung zu erstatten seien. Ferner hat er die Meinung vertreten, die Beklagte müsse jedenfalls aufgrund ihrer Werbeaussagen für die Behandlungskosten aufkommen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich erwidert, § 2 a ABKH 2004 enthalte einen Positivkatalog, der sich an der Gebührenordnung für Tierärzte orientiere. Entscheidend für die Erstattungsfähigkeit sei, wie die Operation nach der Gebührenordnung erfasst werde. Hier seien die Femurkopfresektion und die operative Reposition nur Durchlaufstadien gewesen, abgerechnet worden sei entsprechend Ziffer B 3.15 der tierärztlichen Gebührenordnung nur die Implantation einer Endoprothese. Diese sei in § 2 a ABKH 2004 nicht aufgeführt, so dass weder Operation noch Vor- oder Nachbehandlung erstattungsfähig seien. Ihre Werbeaussagen seien nicht Vertragsbestandteil geworden.

Das Amtsgericht Heidelberg hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Landgerichts Heidelberg ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Operationskosten nicht aus § 2 Satz 1 a), Satz 3 ABKH 2004.

Bei § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 handelt es sich um einen Positivkatalog. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Regelung, die von der Erstattungsfähigkeit der Kosten „folgender“ Operationen spricht und dann eine Vielzahl von Operationen unter Zufügung der Kennziffer nach der GOT im Einzelnen aufführt. Gerade die Verwendung des Begriffs „folgender Operationen“ macht deutlich, dass es sich nicht um eine nur beispielhafte Aufzählung handelt. Keine andere Beurteilung ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 3 ABKH 2004. § 3 ABKH 2004 zählt enumerativ Fälle auf, in denen eine Kostenübernahme ausgeschlossen ist. Dem Wortlaut der Regelung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich daraus im Umkehrschluss eine Erstattungsfähigkeit aller anderen, in § 3 ABKH 2004 nicht genannten Operationen ergibt. Dies widerspräche auch der eindeutigen Regelung des § 2 Satz 1 a) ABKH 2004. Soweit § 3 ABHO 2010 nunmehr in Ziffer 12 bestimmt, dass Aufwendungen für in § 2 a nicht aufgeführte Operationen nicht erstattet werden, handelt es sich nicht um eine inhaltliche Änderung der Versicherungsbedingungen, sondern nur um eine Klarstellung.

Bedenken gegen die Wirksamkeit des in § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 vereinbarten Positivkatalogs bestehen nicht. Insbesondere liegt in der Verwendung dieser allgemeinen Geschäftsbedingung durch die Beklagte keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Zum einen hängt die Ersatzfähigkeit der Operation nicht vom Zufall, sondern allein von der Art der Verletzung und der sich daraus ergebenden Indikation einer Operation ab. Zum anderen führt der verwendete Positivkatalog nicht zu einer Aushöhlung des Versicherungsschutzes. § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 erfasst eine Vielzahl von gängigen Operationen. Die Ausnahme bestimmter – kostenintensiver – Operationen erscheint daher auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Versicherungsnehmers vertretbar.

Eine Erstattungsfähigkeit der durchgeführten Operation scheidet aus, da die von der Tierklinik abgerechnete Implantation einer Endoprothese im Positivkatalog des § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 nicht aufgeführt ist. Die Implantation einer Endoprothese stellt einen eigenen Gebührentatbestand dar gem. Ziffer B 3.15 GOT. Dieser Gebührentatbestand ist in § 2 Satz 1 a) ABKH jedoch nicht aufgezählt. Soweit der Kläger meint, dass er stattdessen die Kosten für die in § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 erwähnte Femurkopfresektion (Kennziffer B 3.4) und die Reposition der Luxation (Kennziffer B 3.6) verlangen kann, da diese Leistungen von der Tierklinik ebenfalls erbracht worden seien, verkennt er Systematik und Inhalt des § 2 ABKH 2004. Aus § 2 Satz 3 ABKH 2004, wonach die Kostenerstattung gemäß der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) erfolgt, sowie aus der Beifügung der Kennziffern der Operationen gemäß der GOT ergibt sich, dass eine Erstattungsfähigkeit entsprechend der GOT vereinbart wurde. Erstattungsfähig sind die Kosten für eine Operation daher nur dann, wenn für diese Leistung nach der GOT Gebühren abgerechnet werden dürfen. Daran fehlt es hier für die Femurkopfresektion und die Reposition der Luxation. Femurkopfresektion und Reposition der Luxation wurden lediglich im Rahmen der operativen Implantation der Endoprothese durchgeführt, sozusagen als Durchlaufstadien. Für diese Teilleistungen durfte die Tierklinik neben der Gebühr für die Implantation der Endoprothese gem. § 5 GOT keine Gebühren berechnen.

Mangels Erstattungsfähigkeit der Operation gem. § 2 Satz 1 a) ABKH 2004 besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Vor- und Nachbehandlung gem. § 2 Satz 1 b) und c) ABKH 2004. Aus der systematischen Stellung von § 2 Satz 1 b) und c) ABKH 2004 ergibt sich, dass die Kosten der Vor- und Nachbehandlung nur für versicherte Operationen erstattet werden.

Schließlich kann der Kläger – so das Landgericht Heidelberg – auch aus den Werbeaussagen der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Operations- und Behandlungskosten herleiten.

Es erscheint nach Auffassung des Landgerichts Heidelberg bereits zweifelhaft, ob die Werbeaussage aus der Sicht eines objektiven Empfängers so verstanden werden kann, dass die Kosten aller medizinisch notwendigen Operationen ersetzt werden. Denn die Beklagten spricht in ihrer Werbung nur von Leistungen der Versicherung „im Überblick“ und „je nach Vereinbarung“, ferner bezieht sie sich auf die tierärztliche Gebührenordnung. Diese Formulierungen legen es nach Ansicht der Kammer nahe, dass der an der Versicherung interessierte Verbraucher mit einer Konkretisierung des Versicherungsinhalts und verschiedenen Leistungsausschlüssen rechnen und sich gegebenenfalls hierüber vor Vertragsschluss informieren muss.

Jedenfalls ist die Werbeaussage aber nicht Vertragsbestandteil geworden. Es fehlt an jeglichem Tatsachenvortrag des Klägers zu übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien. Weder hat der Kläger vorgetragen, dass sich die Parteien ausdrücklich darauf geeinigt haben, dass die Werbeaussage in den Versicherungsvertrag miteinbezogen werden sollte, noch, dass er den Versicherungsvertrag gerade mit Blick auf die Werbeaussage der Beklagten geschlossen hat und dies für die Beklagte erkennbar war und von ihr hingenommen wurde.

Landgericht Heidelberg, Urteil vom 27.04.2016 – 1 S 47/15